THW Kiel verliert nach großem Kampf in Barcelona
Der THW Kiel hat dem FC Barcelona am Donnerstagabend einen großartigen Kampf geliefert, musste am Ende aber trotzdem dem Gegner erneut gratulieren: Ein Woche nach der 26:32-Heimniederlage verlor der THW Kiel auch die zweite Vorrunden-Begegnung gegen die Katalanen. Dabei waren die Kieler bis fünf Minuten vor dem Ende noch in Schlagdistanz, mit einem 5:0-Lauf machte der Tabellenführer der Gruppe B dann allerdings alles klar. Letztlich feierten die Katalanen mit dem 29:25 (13:12) ihren 49. Sieg in Folge in der EHF Champions League und der heimischen Liga. Bester Kieler Akteur im Palau Blaugrana war Torhüter Niklas Landin mit 15 Paraden, Miha Zarabec war mit 5/1 Treffern bester Torschütze der Kieler.
Harald Reinkind erzielt 9.000 Kieler Königsklassen-Tor
Guter Einstand: Sunnefeldt holte unter anderem einen Siebenmeter heraus
Die Kieler, die ihren Aufenthalt in der spanischen Mittelmeer-Metropole aufgrund der Corona-Pandemie so kurz wie möglich gestalteten und deswegen erst am Spieltag anreisten, starteten stark in die Begegnung: Hendrik Pekeler und Sander Sagosen machten mit dem 2:0 klar, dass sich die Zebras für diese Begegnung im Palau Blaugrana einiges vorgenommen hatten. Wie schon eine Woche zuvor bestimmten dann die Torhüter das Geschehen: Reihenweise kauften Niklas Landin und Kevin Möller den Angreifern die Würfe ab, trotzdem blieben die Kieler vorn. Allerdings verpassten sie es - beispielsweise dreimal nacheinander durch den glücklosen Magnus Landin, mehr Abstand zwischen sich und die Gastgeber zu bringen. Auch Harald Reinkind scheiterte ein ums andere Mal an Möller, hielt die Schwarz-Weißen mit seinem Treffern zum 6:5 und 7:6 aber in Führung. Dieser siebte Kieler Treffer bescherte dem norwegischen Linkshänder einen Eintrag in die Geschichtsbücher der EHF Champions League: Es war der 9000. Treffer, den die Zebras in ihrer Königsklassen-Geschichte erzielten. Diese magische Marke hatte zuvor nur Barca übertroffen.
THW holt Drei-Tore-Rückstand auf
Sven Ehrig erzielte zwei Tore
Die Kieler blieben dominant, verpassten durch Ekbergs vergebenen Siebenmeter aber erneut, sich weiter abzusetzen. Nach Zarabec' 8:7 ging es dann Barca-Schnell: Makuc, der für den angeschlagenen Cindric ins Team gerückt war, traf zum Ausgleich, eine falsche Sperre, und Dolenec erzielte nach 21 Minuten die erste Führung für die Gastgeber, die diese nach einem THW-Fehlpass und einer Parade von Möller gegen Wiencek bis auf 11:8 ausbauten (23.). Drei Minuten, vier Gegentore - doch selbst das ließ die Kieler an diesem Abend nicht von ihrem Weg abkommen. Jicha brachte den jungen Sven Ehrig für Ekberg und den jungen Sunnefeldt für Sagosen - beide arbeiteten beim 9:11 zusammen, der Schwede holte den Siebenmeter, den Zarabec frech per Heber verwandelte, zum 10:11 heraus, wenig später traf Ehrig noch einmal zum 11:12, ehe Rune Dahmke sogar den neuerlichen Ausgleich erzielten konnte. Makuc nach No-Look-Pass von Palmarsson erzielte dann aber doch noch die knappe 13:12-Führung für Barca.
Beide Teams können sich nicht absetzen
Kapitän Duvnjak und die Zebras stemmten sich mit aller Macht gegen die Niederlage
Der zweite Durchgang startete mit einer Möller-Parade gegen Zarabec und dem 14:12 durch Dika Mem - dann übernahmen aber wieder die Zebras das Ruder: Sagosen nach Schneller Mitte, Landin mit einer seiner Glanztaten gegen Palmarsson, Dahmke und Weinhold: Der THW lag beim 15:14 wieder vorn, erarbeitete sich vor allem in der Defensive ein Übergewicht - aber immer dann, wenn man Barca einen Wirkungstreffer hätte verpassen können, war Möller zur Stelle. So blieben die Kieler bis zum 17:16 zwar vorn, konnten aber durch das Auslassen von Chancen nicht höher in Führung gehen und die Gastgeber dadurch noch mehr unter Druck setzen. Die nutzten weiter jede sich ihnen bietende Möglichkeit zu schnellen Toren, konnten sich ihrerseits aber nicht absetzen, weil der THW Kiel mit allem, was in ihm steckte, dagegen hielt. Ein Abnutzungskampf, in dem Dahmke nach einem furiosen Duvnjak-Pass per Dreher beim 22:23 (52.) den Anschluss herstellte.
4:0-Lauf der Gastgeber zur Entscheidung
Traf zum 22:23-Anschluss: Rune Dahmke
Allerdings: Die Kieler kamen nicht mehr ins Tempospiel, mussten hart für jeden ihrer Treffer arbeiten. Das rächte sich nun: Barca-Coach Pascual brachte Fabregas und Palmarsson nach langen Verschnaufspausen zurück, schickte einen ausgeruhten N'Guessan in den Angriff. Gemeinsam mit dem beweglichen Makuc gelang den Katalanen nun, was die Zebras zuvor erfolgreich verhindern konnten: Sie konnten die THW-Defensive mit Fabregas hinterlaufen, Räume schaffen, Lücken reißen. Die Folge: Ein 4:0-Lauf zum 27:22 (56.), bei dem auch das Glück den Schwarz-Weißen nicht hold war. Dreimal scheiterten sie in diese Phase am Pfosten, zweimal hielt Möller. Die Partie war entschieden, Barca machte einen riesigen Schritt in Richtung Gruppensieg, während der THW Kiel auf Platz vier der Gruppe B verharrt und am kommenden Mittwoch in Veszprem die nächste Herkulesaufgabe vor der Brust hat.
Sonntag Spitzenspiel in Göppingen
Am Freitagmorgen geht es für die Zebraherde per Charterflug direkt zurück in die Landeshauptstadt. Noch am frühen Nachmittag wird THW-Trainer Filip Jicha seine Mannschaft zum Training bitten, denn die nächste große Herausforderung wartet bereits am Sonntag: Dann empfängt der Tabellen-Fünfte Frisch Auf! Göppingen den THW Kiel zum Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Die Schwaben, zu Hause bisher unbesiegt, sind mit derzeit vier Minuspunkten in Lauerstellung hinter dem Spitzentrio aus Zebras, Rhein-Neckar Löwen und den Flensburgern (alle zwei Minuspunkte). Zuletzt besiegte Frisch Auf! in der "Hölle Süd" die HSG Wetzlar - und will am Sonntag um 16 Uhr gegen den THW Kiel nachlegen. "Das wird ein sehr schweres Spiel", sagt THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. "Göppingen ist gut drauf und wird alles in dieses Spiel legen. Wir wollen und müssen dagegen halten, denn wir wollen unbedingt die Punkte mit nach Kiel bringen!" Sky überträgt live aus der EWS-Arena. Weiter geht's in Göppingen, Kiel!
EHF Champions League, 8. Spieltag: Barça - THW Kiel: 29:25 (13:12)
Barça: Perez de Vargas (5 Siebenmeter, 2/2 Paraden), Möller (1.-60., 17 Paraden); Entrerrios (1), Sorhaindo, Dolenec (4/3), Arino (3), Janc (1), N'Guessan (3), Gomez (1/1), Thiagus Petrus, Mem (3), Pascual (1), Palmarsson (1), Makuc (4), Fabregas (6), Frade; Trainer: Pascual
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 15 Paraden), Quenstedt (2 Siebenmeter, 1/1 Paraden); Ehrig (2), Duvnjak, Sagosen (3), Reinkind (4), M. Landin, Sunnefeldt, Weinhold (2), Wiencek, Ekberg (4/2), Dahmke (3), Zarabec (5/1), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Vaidas Mazeika / Mindaugas Gatelis (LIT)
Zeitstrafen: Barça: 2 (Sorhaindo (31.), Mem (34.)) / THW: 2 (Pekeler (4.), Wiencek (52.))
Siebenmeter: Barça: 5/4 (Quenstedt hält Dolenec (33.)) / THW: 5/3 (Perez de Vargas hält Ekberg (17.) und Zarabec (39.))
Spielfilm: 0:2 (2.), 2:2 (5.), 2:3, 5:6, 7:8 (20.), 11:8 (23.), 11:10 (24.), 12:10, 12:12 (27.), 13:12;
14:12, 14:15 (34.), 16:17 (37.), 18:17 (39.), 18:18, 20:18 (41.), 22:20 (47.), 23:22 (52.), 27:22 (56.), 28:24, 29:25.
Zuschauer: keine (Palau Blaugrana, Barcelona)
Stimmen zum Spiel
THW-Trainer Filip Jicha: Vergangene Woche und heute waren zwei verschiedene Partien. Wir haben heute sehr viel besser als zu Hause gespielt, und auch Barca war heute besser. Die Jungs haben einen super Kampf hingelegt, und wir waren insgesamt viel schlauer als im Hinspiel. In den Schlüsselmomenten ist es uns allerdings nicht gelungen, die Tore zu machen. Hinzu kam, dass wir in der entscheidenden Phase dreimal nicht das Kreisläufer-Spiel unterbinden konnten. Ich bin sehr traurig über diese Niederlage, aber wir müssen weiter an uns arbeiten. Am Sonntag haben wir in der Bundesliga schon das nächste wichtige Spiel. Glückwunsch an Barca zum verdienten Sieg.
Barça-Trainer Xavi Pascual: Es war uns sehr wichtig, diese beiden Partien zu gewinnen. Denn jetzt sind wir ganz dicht dran, die Gruppenphase auf Platz eins oder zwei zu beenden. Heute hat jeder meiner Spieler der Mannschaft helfen können. Deshalb bin ich sehr glücklich.
THW-Linkshänder Steffen Weinhold: Das war ein richtig hartes Match, das lange ausgeglichen war. Wir hatten eine gute Defensive und von Niklas eine super Torhüterleistung, und wir haben an uns geglaubt. In den entscheidenen Momenten im gesamten Spiel gab es aber immer Kleinigkeiten. Da wurde mal ein Abpraller nicht geholt, dann wurde ein technischer Fehler gemacht oder eine Chance liegengelassen. Deshalb kann man die Niederlage nicht an einem Punkt festmachen, wir haben es einfach nicht geschafft, uns auch mal mit zwei, drei Toren abzusetzen. Und wir kamen in der zweiten Halbzeit nicht mehr in unser Tempospiel. Diese Tore über die erste und zweite Welle haben uns in der zweiten Hälfte gefehlt. Das war dann der Unterschied.
Barca-Rückraumspieler Domen Makuc: Wir haben sehr gut in der Defensive gestanden und konnten so viele Gegenstöße erfolgreich laufen. Wir haben heute gezeigt, wie wir als Team spielen können.
THW-Kapitän Niklas Landin: Wir haben 60 Minuten gut gekämpft. Trotzdem gab es diese Momente im Spiel, in denen wir nicht fokussiert waren. Dafür ist Barca dann aber einfach zu stark. Heute haben wir uns mit ihrer zweiten Welle, in der sie mit viel Dampf durch die Mitte aufs Tor kommen, sehr schwer getan. Da konnten wir vor allem im zweiten Durchgang nicht mehr dagegenhalten, und so haben sie ein bisschen die Luft aus unserem Spiel genommen.
THW-Rechtsaußen Sven Ehrig: Wir wollten unbedingt gewinnen, wollten dadurch oben in der Tabelle wieder anklopfen. Auch wenn ich zwei Tore im Palau Blaugrana geworfen habe, bin ich vor allem enttäuscht. Wir waren am Ende einfach zu inkonsequent in unseren Abschlüssen. Das wurde knallhart von Barcelona bestraft.