
Zebras bleiben ungeschlagen: Partie gegen die Löwen gedreht und Heim-Punkt geholt
Das war nichts für schwache Nerven: Vier Minuten vor dem Abpfiff lag der THW Kiel am Sonntag in der Wunderino Arena mit drei Toren gegen die Rhein-Neckar Löwen zurück, die Mannheimer steuerten in der 56. Minute beim 30:27 einem Sieg beim Tabellenführer entgegen. Doch die Zebras zogen den Kopf noch aus der Schlinge, verdichteten die Abwehr und holten sich so noch einen Punkt: Der im Schlussspurt überragende Andreas Wolff wurde zur Wand, und vorne traf Elias Ellefsen á Skipagötu viermal in Folge. So endete die Partie mit einem 31:31 (16:16), weil á Skipagötu die erneute Führung der Gäste durch Baijens mit energischem Solo ausglich, für Jubel auf den Rängen sorgte. So fahren die Kieler ungeschlagen am Samstag zum Derby nach Flensburg und treffen dort auf eine ebenso ungeschlagene SG.
Skpiagötu mit zehn Treffern
Die Kieler gewannen einen Punkt, auch wenn sie 14 Sekunden vor dem Abpfiff noch einmal in Ballbesitz kamen, das Spielgerät aber nicht im Tor der Badener mehr unterbringen können. Harald Reinkinds Wurf wurde von Mannheims überragenden Torhüter David Späth (16 Paraden) unschädlich gemacht. Dennoch: Der THW verteidigte mit diesem Unentschieden seine Tabellenführung in der DAIKIN Handball-Bundesliga, reist als Spitzenreiter am kommenden Sonnabend ins Nordderby zur ebenfalls noch ungeschlagenen SG Flensburg-Handewitt. Elias Ellefsen á Skipagötu, mit zehn Toren bester THW-Schütze, ordnete das Unentschieden "nicht als Katastrophe", ein. "Wir wollten natürlich gewinnen, müssen aber mit dem Punktgewinn leben. Jetzt kommt Flensburg. Das ist ein ganz anderes Spiel, alles fängt von vorne an. Wir freuen uns alle auf das Nordderby."
THW Kiel ohne Perez de Vargas, Pekeler und Madsen
Während die Gäste in Bestbesetzung aufliefen, fehlten den Kielern neben ihren Langzeitverletzten Hendrik Pekeler (Achillessehne) und Gonzalo Perez de Vargas (Kreuzbandriss) auch Linkshänder Emil Madsen. Wegen anhaltender Knieprobleme konnte der Däne, zweitbester Kieler Torschütze in dieser Saison, nicht eingesetzt werden. Der Start in die Partie geriet zäh, auch in den Anfangsminuten standen die beiden Torhüter bereits im Mittelpunkt. Andreas Wolff zeichnete sich nach 60 Sekunden mit dem ersten von insgesamt drei gehaltenen Siebenmetern aus, auf der anderen Seite stand Wolffs Nationalmannschaftskollege David Späth einem Torerfolg von Harald Reinkind im Wege. Ein weiterer Siebenmeter für die Gäste brachte erst in der vierten Minute die Tor-Zählmaschine ins Laufen. Moré verwandelte dieses Mal sicher. Die Antwort ließ aber nicht lange auf sich warten: Eric Johansson tankte sich gegen die Löwen-Abwehr durch, traf zum 1:1. Auf der anderen Seite traf Dani Baijens per Doppelschlag, Mannheim führte 3:1 und untermauerte damit die Ansprüche, etwas Zählbares aus Kiel mitnehmen zu wollen.
Zwei Teams auf Augenhöhe
Doch die Zebras kamen schnell zurück: Nach einem erneuten Trauanspiel des färingischen Mittelmanns glich Lukas Laube zum 3:3 aus. Beide Teams agierten weiter auf Augenhöhe, die Löwen verschleppten im Positonsangriff das Spiel und leisteten sich wenige Fehler, sodass das berühmt-berüchtigte Tempospiel der Zebras selten richtig Fahrt aufnahmen konnte. Trotzdem sorgte Elias Ellefsen à Skipagötu für Glanzpunkte: Der Färinger glänzte mit großartigen Anspielen, traf selbst spektakulär und war von der Gäste-Abwehr häufig nur durch rüde Fouls zu bremsen, die aber kaum geahndet wurden. Auf der anderen Seite erwischte Nationalspieler Jannik Kohlbacher einen Sahnetag: Die Kieler Abwehr bekam den Löwen-Kreisläufer kaum in den Griff, der von seinen Rückraumspielern auch immer perfekt in Szene gesetzt wurde. Weil sich auch Dani Baijens in bester Spiellaune befand, blieben beide Teams bis zum 8:8 in der 14. Minute auf Augenhöhe. Die erste Zwei-Tore-Führung für die Hausherren warfen dann Laube und Johansson heraus. Die "weiße Wand" machte Krach, doch die Löwen ließen auch diesen Druck an sich abperlen.
Unentschieden zur Pause
Die Löwen bissen zurück, gingen nach Späths Paraden und einem 3:0-Lauf durch Kohlbacher, Moré und Baijens selbst in Front. 12:14 leuchtete es nach 22 Minuten auf der Anzeigentafel. Wenig später hieß es 13:15, doch Harald Reinkind nahm sich ein Herz, wuchtete den Ball zweimal in Folge ins Löwen-Netz. 15:15. Der THW Kiel hätte sogar mit einem Vorsprung in die Halbzeit gehen können. Doch nach Bence Imre, der den ersten Siebenmeter für die Kieler verworfen hatte, scheiterte jetzt auch Magnus Landin von der Strafwurflinie. So blieb es nach den Treffern von Imre für Kiel und Moré, der für die Gäste traf, beim 16:16 zur Pause.
Löwen gewinnen die Oberhand
Per Doppelschlag durch Johansson und Laube, nach tollem Johansson-Anspiel, sorgten die Zebras kurz nach dem Wechsel für positive Stimmung auf den Rängen, doch absetzen konnten sich die Zebras nicht: Weil Chancen liegengelassen wurden, außerdem David Späth zum großen Rückhalt der Mannheimer avancierte. Zudem brauchte à Skipagötu eine Pause, um seinem Team in der Schlussphase wieder helfen zu können. So ging es weiter: Der THW Kiel legte ein Tor vor, die Löwen glichen aus. 24:24 hieß es nach 44 Minuten, aber plötzlich hatten die Zebras kein Trefferglück mehr: Späth war in den Zebra-Köpfen. Die Gäste nutzten sechs torlose Kieler Minuten, um ihrerseits auf 28:25 davonzuziehen. Die Gäste waren in dieser Phase einfach effektiver. Kohlbacher war nicht zu bremsen, Baijens nutzte seine Chancen ebenfalls. Filip Jicha drückte sieben Minuten vor de Ende auf den Buzzer, bat angesichts des Drei-Tore-Rückstands zur Auszeit.
Zebras drehen Drei-Tore-Rückstand in ein Remis
Wenig später war à Skipagötu erneut nur mit einem Foul zu bremsen. Dieses Mal gab es den Siebenmeter. Johansson schnappte sich den Ball, zeigte, dass er auch von der Linie treffen kann: Die Kieler robbten sich auf zwei Tore heran, lagen wenig später aber mit 27:30 zurück, weil auch der sonst so treffsichere Imre an Späth scheiterte. Doch die wenigen Fans, die sich dreieinhalb Minuten vor dem Ende schon auf den Weg zum Parkplatz machten, sollten diese Entscheidung bitter bereuen: Jicha schickte die Abwehr nun ganz offensiv raus, mit viel Druck sollte das "kleine Wunder" noch geschafft werden. Duvnjak stahl den Ball, Elias à Skipagötu traf. Andreas Wolff als letzte Instanz verhinderte nun die Entscheidung für die Gäste, hielt erst gegen den freien Groetzki und kaufte Larsen einen weiteren Löwen-Siebenmeter ab. Und Elias Ellefsen à Skipagötu war nach der kurzen Verschnaufspause wieder auf der Höhe: Er traf zum 30:30, die "weiße Wand" hielt es nicht mehr auf den Sitzen. Und auch wenn der finale Wurf nicht den Weg ins Tor fand, war das 31:31 ein Sieg für die Moral. Die Mentalitätsmonster aus Kiel sind zurück.
Derby am Samstag in Flensburg
Die nächste Partie der Kieler hat es wieder in sich: Am Samstag steht das Derby bei der SG Flensburg-Handewitt an. Die Mannen von der dänischen Grenze haben nach einem etwas holprigen Start inzwischen richtig Fahrt aufgenommen und stellen den gefährlichsten Angriff der DAIKIN HBL. Die Zebras indes wollen alles dafür tun, nach zuletzt vier Derby-Niederlagen in Folge ausgerechnet auswärts vielleicht den Spieß umdrehen zu können. Anwurf in Flensburg ist um 15:40 Uhr, neben dem Handball-Streamingdienst Dyn ist das Duell der beiden Erzrivalen auch in der ARD im Free-TV zu sehen. Danach starten die Zebras am Dienstag um 18:45 Uhr (live bei Dyn und DAZN) in Montpellier in die EHF European League, ehe die MT Melsungen am Samstag, 18.10., in Kiel zu Gast ist. Für diese Begegnung gibt es unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT noch Resttickets. Weiter geht’s aber erst einmal in Flensburg, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN HBL, 7. Spieltag: THW Kiel – Rhein-Neckar Löwen: 31:31 (16:16)
THW Kiel: Nowottny (n.e.), Wolff (1.-60., 14/3 Paraden); Duvnjak, Reinkind (5), Landin (1/1), Överby, J. Dahmke (n.e.), Laube (5), Johansson (7/1), Ankermann (n.e.), R. Dahmke, Zerbe, Bilyk, á Skipagötu (10), Imre (2), Nacinovic; Trainer: Jicha
Rhein-Neckar Löwen: Jensen (1 Siebenmeter, keine Parade), Späth (1.-60., 16/2 Paraden); Larson, Timmermeister (1), Nothdurft (3), Jacobsen, Sandell, Heymann, Steenaerts, Moré (3/2), Groetzki (2), Thrastarson (1), Jaganjac, Baijens (6), Aspenbäck (5), Kohlbacher (9); Trainer: Machulla
Schiedsrichter: Christian vom Dorff/ Fabian vom Dorff
Zeitstrafen: THW: 1 (Nacinovic (15.)) / RNL: 3 (Groetzki (27.), Jacobsen (43.), Nothdurft (50.))
Siebenmeter: THW: 4/2 (Späth hält Imre (18.), Landin vorbei (27.)) / RNL: 5/2 (Wolff hält 2x Moré (2., 47.) und Larson (59.))
Spielfilm: 0:1, 1:1, 1:3 (6.), 3:3 (7.), 5:6, 7:6 (12.), 8:8, 10:8 (15.), 11:9, 12:11 (20.), 12:14 (21.), 13:15, 16:15 (28.), 16:16;
2. Hz.: 18:16, 18:18 (35.), 1^:21 (39.), 24:23 (44.), 24:26 (50.), 25:26, 25:28 (52.), 27:30 (55.), 30:30 (59.), 30:31, 31:31.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich habe meiner Mannschaft zum Punktgewinn gratuliert, der auf unserem Weg vielleicht noch Gold wert sein könnte. Das war von der Struktur her ein echtes Spitzenspiel. Leider hatten wir Phasen, in denen wir das Kreisläuferspiel nicht in den Griff bekommen haben. Kohlbacher ist eine Weltklasse für sich, der auch dann noch die Abwehrv hinterläuft, wenn eigentlich dafür kein Platz ist. Das das müssen wir natürlich trotzdem besser machen. Der fehlende Zugriff in der Abwehr war ein Thema, das andere unser Tempo: Wir haben es nicht geschafft unser Tempo hochzudrehen, hatten mit nur 49 Angriffen den zweitschlechtesten Wert der Saison. Dann hatte David Späth einen guten Tag, zum Glück hat sich Andreas Wolff dann in den letzten fünf Minuten auch richtig hochgeschraubt: So konnten wir uns mit einem Punkt belohnen, auch wenn es mit dem letzten Wurf sogar zwei hätten werden können. Aber das wäre vielleicht auch zuviel gewesen. So nehmen wir den Punktgewinn gerne mit, der uns in unserem Prozess - zumal ohne Emil Madsen - weiterbringen wird.
Löwen-Trainer Maik Machulla: Das Resultat ist vom Spielverlauf her schon enttäuschend. Wir wissen aber auch, dass wir in Kiel gespielt haben und hier viel passieren kann. Ich bin mir aber sicher, dass wir nach der Hälfte der Rückfahrt feststellen werden, dass wir stolz auf diesen Punkt und die Art und Weise, wie dieser erspielt wurde, sein können. Wir haben für jede Situation Lösungen gefunden, haben immer wieder unseren Kreis gefunden. Am Ende können wir den Deckel draufmachen, verpassen das aber. Eine Top-Mannschaft wie Kiel nutzt dann jede Möglichkeit, um noch einmal zurückzukommen. In Punkto Einstellung und Cleverness haben wir uns aber nichts vorzuwerfen, ich bin extrem stolz, dass wir gezeigt haben, auch auswärts mit einer Top-Mannschaft mithalten zu können.