
Starke Zebras bieten Füchse die Stirn aber Meister holt Super Cup nach Siebenmeterwerfen
Der amtierende Pokalsieger THW Kiel hat dem Deutschen Meister beim Super Cup im ausverkauften SAP Garden in München die Stirn geboten. Am Ende gewannen die Füchse Berlin das packende Duell nach Siebenmeterwerfen glücklich mit 34:33 (31:31, 19:14) und holten sich damit nach dem Erfolg im Vorjahr zum zweiten Mal den ersten Titel der Saison. Die Zebras, die einen Fünf-Tore-Rückstand zur Pause dank eines überragenden Andreas Wolff und eines bärenstarken Elias Ellefsen à Skipagötu (8 Tore) mit einer fantastischen zweiten Hälfte egalisierten, hatten letztlich sogar die Chance, die Partie nach 60 Minuten zu entscheiden - Kleinigkeiten verhinderten dies aber. "Wir sind traurig, nichts mit nach Hause zu bringen, können trotzdem aber viel Gutes aus diesem Spiel mit in die Saison nehmen", sagte Kapitän Rune Dahmke nach der Partie.
"Wir sind bereit, Vollgas zu geben"
Die Zebras hatten nach einer grandiosen Aufholjagd in der zweiten Halbzeit schon eine Hand am Supercup. Dann fehlte das Glück, Schiedsrichterentscheidungen spielten eine Rolle und am Ende entschied das Siebenmeterwerfen: Nach einem mitreißenden Handball-Drama mit Tempo, Rasse und Klasse war Rune Dahmke war nur kurz enttäuscht über die unglückliche Niederlage. Vielmehr freute er sich über die großartige Leistung seiner Mannschaft. Man habe in der ersten Halbzeit Probleme im Rückzug gehabt. "An diesen Stellschrauben haben wir nach der Pause gearbeitet, uns schnell herangekämpft und uns eine verdiente Führung erarbeitet", so der 32-Jährige. "Wenn wir zwei Konter kurz vor Schluss reinmachen, gewinnen wir die Partie. Leider hat das nicht geklappt. Aber mir macht unsere Leistung heute Mut, wir sind bereit, Vollgas zu geben und eine gute Saison zu spielen."
Zebras werden für Berliner Foul bestraft
Rune Dahmke ließ unerwähnt, dass das Schiedsrichtergespann Robert Schulze/Tobias Tönnies zumindest einen mitentscheidenden Anteil am Spielausgang hatte. Beim Stand von 29:28 in der 55. Minute für Kiel traf Füchse-Spieler Fabian Wiede den Kieler Eric Johansson, der nahezu die komplette Saison-Vorbereitung verpasst hatte, bei einer Abwehraktion mit der Hand im Gesicht. Der Kieler ging zu Boden, die Schiedsrichter schauten sich das Geschehen per Video-Beweis genau an - und entschieden auf "keine Strafe". Dabei war klar zu sehen, dass Wiede Johansson getroffen hatte, nach dem Spiel auch fair vor den Fernsehkameras erklärte, dass genau das geschehen sei. Wie auch immer: Wiede blieb auf der Platte, Eric Johansson, in dieser Phase Kiels bester Spieler im Angriff, musste das Feld für drei Angriffe verlassen, weil er behandelt worden war. Das ist die geltende Regel. Und dennoch: Der THW Kiel wurde für ein Berliner Foul bestraft.
À Skipagötu drückt Spiel den Stempel auf
Doch von Anfang an: Vor dem Anpfiff herrschte Erleichterung im THW-Lager: Eric Johansson (Knie), Emil Madsen (Wadenbeinköpfchen) und Petter Överby (Hexenschuss) saßen von Beginn an auf der Bank, waren bereit für Kurzeinsätze. THW-Trainer Filip Jicha setzte zunächst auf Harald Reinkind auf Halbrechts, Nikola Bilyk begann auf der halblinken Position. Beide waren in der vergangenen Saison von Verletzungen geplagt kaum zum Einsatz gekommen, hatten in der aktuellen Saisonvorbereitung aber mit guten Leistungen wieder ins Team zurückgefunden. Auf der Mittelposition startete Elias Ellefsen à Skipagötu. Der junge Färinger drückte dem Kieler Angriffsspiel von Beginn an seinen Stempel auf: Er war der Turbo im THW-Spiel, drückte aufs Tempo und sorgte mit gekonnten Anspielen und eigenen Treffern bis zum 10:10 in der 15. Minute dafür, dass die Kieler auf Augenhöhe mit den Berlinern blieben.
Berlin dreht vor der Pause auf

SuperCup 2025
Beide Mannschaften boten den begeisterten Fans ein Handballspiel auf Weltklasse-Niveau. Selbst Fußball-Altstar Felix Magath, ein bekennender Handball-Anhänger, zeigte sich vor den TV-Kameras begeistert. Jeder könne sehen, dass die Handballer mit deutlich mehr Leidenschaft agieren als die Fußballer, "hier wird extrem um den Sieg gekämpft, da ist immer Action, immer was los. Das macht einfach unheimlich Spaß", freute sich Magath. Ein Schlag auf die rechte Wurfhand von à Skipagötu sorgte dann für eine verletzungsbedingte Auszeit für den THW-Mittelmann, die sein Team vorübergehend aus dem Rhythmus brachte. Die Berliner nutzten einige technische Fehler, kamen vor allem durch Mathias Gidsel zu Toren. Andreas Wolff, der im THW-Tor zu großer Form auflief, stoppte manchen Füchse-Angriff mit großartigen Reflexen, doch allzu oft landete der Ball danach wieder bei den Hauptstädtern. Pech, denn so konnte auch Wolff den 7:2-Lauf der Berliner letztlich nicht verhindern.
Fünf Tore Rückstand beim Seitenwechsel
Zwölf lange Minuten gelang den Zebras, bei denen nun auch Emil Madsen und Youngster Rasmus Ankermann Spielzeit erhielten, kein Feldtor. Hinzu kam, dass den THW-Schützen am Siebenmeterstrich die Coolness fehlte: Bence Imre, Lukas Zerbe und Magnus Landin scheiterten jeweils an Füchse-Keeper Milosavljev. Gidsel netzte in der 24. Minute zum 16:11 und einer ersten Fünf-Tore-Führung für Berlin ein, mit dem 14:19 aus THW-Sicht wurden die Seiten gewechselt.
Zebras zünden den Tore-Turbo
Die ersten Minuten der zweiten Hälfte gerieten dann zur Zebra-Show: Die Kieler zündeten den Tore-Turbo. Zweimal Johansson, á Skipagötu traf in Überzahl ins leere Berliner Tor, und Neuzugang Veron Nacinovic vollendete den Kieler 4:0-Lauf, der den THW in der 34. Minute auf 18:19 heran und wieder ins Spiel zurück brachte. Trotz geringer Trainingszeiten spielten sich jetzt Madsen und Johansson in den Vordergrund. Rune Dahmke traf sehenswert, Andreas Wolff nagelte seinen Kasten zu, immer verbal unterstützt von seinem Kollegen auf der Bank, Gonzalo Perez de Vargas. Der noch verletzte Neuzugang vom FC Barcelona war im ständigen Austausch mit dem deutschen Nationaltorhüter.
Unentschieden nach 60 Minuten
Ein Doppelschlag von einem weiteren THW-Neuzugang sorgte in der 34. Minute dann für die 24:23-Führung der Kieler. Lukas Laube traf zunächst ins leere Füchse Tor, anschließlich brachte Kiels Kreisläufer das glänzende Zuspiel von à Skipagötu maßgerecht im Füchse-Tor unter. Die Kieler rissen das Spiel jetzt an sich: Johansson nahm das Heft in seine Hände, netzte in der zweiten Halbzeit fünfmal ein, traf in der 49. Minute zum 27:24. Laube brachte seine Farben nach 53 Minuten mit 29:26 nach vorne. Die Zebras waren auf Titelkurs. Dann aber folgte der Schlag ins Gesicht von Eric Johansson und die erstaunlichen Entscheidungen des Schiedsrichtergespannes. Zudem fehlte den Zebras auch das Spielglück: Laube scheiterte am Pfosten, Lasse Ludwig entschärfte einen Gegenstoß von Imre. Berlin drehte das Spiel auf 31:30, kassierten 60 Sekunden vor dem Abpfiff aber noch das 31:31 durch Imre, der von der Rechtsaußenposition großartig vollstreckte.
THW im Glücksspiel Siebenmeterwerfen glücklos
Die Zebras erkämpften sich danach in der Defensive mit großem Einsatz das direkt folgende Siebenmeterwerfen. Und das wurde zu dem erwarteten Glücksspiel, das die Füchse letztlich für sich entschieden. Kiels überragender Torhüter Andreas Wolff hatte zweimal gehalten, gegen Lichtlein und gegen Gidsel. Auf der anderen Seite scheiterte Emil Madsen an der Torlatte, Bence Imre an Torhüter Milosavljev. 2:3 stand es, als Elias Ellefsen à Skipagötu als letzter Kieler antrat - und an Füchse-Keeper Ludwig scheiterte. Ausgerechnet der Färinger, der das THW-Spiel grandios gelenkt und mit acht herausragenden Treffern dafür gesorgt hatte, dass die Zebras mit den Füchsen auf Augenhöhe blieben.
Donnerstag Liga-Auftakt beim HC Erlangen
Die Saison ist also offiziell gestartet, jetzt fiebert man in Kiel dem Liga-Auftakt entgegen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Heimat geht es für den THW Kiel wieder in den Süden: Am Donnerstag sind die Zebras am 1. Spieltag der DAIKIN Handball-Bundesliga beim HC Erlangen gefordert. Die Erlanger, bei denen Ex-Zebra Ole Rahmel seit dieser Spielzeit als Sportmanager fungiert, wollen nach einem schwierigen Jahr und dem erst am letzten Spieltag perfekt gemachten Klassenerhalt gleich ein Zeichen setzen und wollen den Zebras einen ganz heißen Tanz liefern. Die Partie wird um 19 Uhr in der PSD Bank Nürnberg Arena angepfiffen, und der Handball-Streamingdienst Dyn überträgt wie gewohnt live. Am 3.September sind die Kieler dann endlich wieder zu Hause zu sehen: Für den Heimauftakt gegen die HSG Wetzlar gibt es unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT noch Tickets. Weiter geht’s aber erst einmal in Nürnberg, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Bernd Dunstheimer
Super Cup: Füchse Berlin - THW Kiel: 34:33 (31:31, 19:14)nach Siebenmeterwerfen
Füchse Berlin: Ludwig (49.-60. und zwei Siebenmeter, 5/1 Paraden), Milosavljev (1.-49 und drei Siebenmeter, 10/4 Paraden); Wiede (4/1), Darj (1), Prantner, Andersson (4), Arino (2), Gröndahl (1/1), Lichtlein (4), Gidsel (8), Freihöfer (6/3), Langhoff, Herburger (1), West av Teigum (2), Marsenic (1); Trainer: Siewert
THW Kiel: Nowottny (n.e.), Wolff (1.-60., 17/2 Paraden); Duvnjak, Reinkind (2), Landin (1/1), Överby, Laube (4), Johansson (5), Ankermann, Dahmke (1), Zerbe (2/2), Madsen (2/1), Bilyk, á Skipagötu (8), Imre (5), Nacinovic (3); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Robert Schulze / Tobias Tönnies
Zeitstrafen: Berlin: 4 (Andersson (4.), Marsenic (29.), Herburger (30.), Gidsel (41.)) / THW: 5 (Duvnjak (20.), Imre (22.), Överby (27.), 2x Nacinovic (43., 50.). Laube (60.))
Siebenmeter: Berlin: 2/2 / THW: 5/2 (Milosavljev hält Imre (4.), Zerbe (24.), Landin (30.))
Spielfilm: 2:1 (1.), 2:3, 3:4 (3.), 5:4 (6.), 7:6 (8.), 7:8 (10.), 9:8 (13.), 10:10 (14.), 13:10 (20.), 13:11, 16:11 (24.), 17:13, 19:13 (29.), 19:14;
19:18 (33.), 20:19, 22:19 (37.), 23:21 (39.), 23:24 (43.), 24:27 (49.), 26:27 (51.), 26:29 (53.), 29:29 (56.), 29:30, 31:30 (59.), 31:31.
Siebenmeterwerfen: Freihöfer verwandelt, Madsen an die Latte, Wolff hält Lichtlein, Milosavljev hält Imre, Wiede verwandelt, Zerbe verwandelt, Gröndahl verwandelt, Ludwig hält à Skipagötu
Zuschauer: 10298 (ausverkauft) (SAP Garden, München)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Gratulation an Frank Bohmann, sein Team und die DAIKIN HBL zu diesem tollen Event. Das war ein würdiger Beginn der neuen Spielteit. Ich muss mein Team nach der ersten Halbzeit, in der wir Probleme mit der Qualität hatten gegen Berliner mit ihrer Weltklasse, meine große Anerkennung aussprechen. Meine Jungs hatten Laune, Spielwitz, die Persönlichkeiten waren da - darauf sollten wir aufbauen. Ich bin trotzdem nicht geblendet von dem Spiel. Wir haben noch viel Arbeit vor uns mit unserem neuen Mittelblock, der das heute ordentlich gelöst hat. Leider haben wir das Spiel nicht zugemacht, als wir die Chance dazu hatten, und leider haben wir sechs Siebenmeter verworfen. Trotzdem habe ich den Jungs gratuliert zu dieser starken Leistung und dazu, dass sie Charakter, Persönlihkeit und Gesicht gezeigt haben. Jaron und seiner Mannschaft möchte ich natürlich gratulieren und freue mich auf eine spannende Saison.
THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Tolle Veranstaltung, tolle Atmosphäre, tolle Halle - ein würdiger Start in eine hoffentlich denkwürdige Saison. Das gesamte Spiel lässt mich sehr zuversichtlich in die Zukunft blicken: Wir haben Charakter gezeigt, was gegen ein Team wie die Füchse Berlin nicht einfach ist, haben den Kopf trotz des Rückstandes oben behalten und das Spiel gefühlt auch gedreht. Das nehmen wir mit in die Saison - wir sehen uns!
Füchse-Trainer Jaron Siewert: Wir sind megahappy, die Saison mit einem Titel zu starten. Nichtsdestotrotz war das Spiel Spitz auf Knopf. Wenn man den Verlauf der zweiten Hälfte sieht, ist es fast glücklich, dass wir überhaupt ins Siebenmeterwerfen kommen. In der ersten Halbzeit war ich sehr glücklich, wie wir gespielt haben. Es war dann relativ fahrlässig, wie wir in die zweite Hälfte gestartet sind. Nach dem Drei-Tore-Rückstand haben wir Charakter gezeigt, haben noch einmal alles reingehauen. Im Siebenmeterwerfen könnte man auch eine Münze werfen, und die ist zum Glück auf unsere Seite gefallen. Der Pokal sollte aber nicht über die Fehler der zweiten Halbzeit hinwegtäuschen.
Berlins Vorstand Sport, Stefan Kretzschmar: Respekt an den THW Kiel, der mit viel Tempo in der zweiten Halbzeit noch einmal richtig aufgedreht hat. Andi Wolff war eine der Persönlichkeiten, die solch einem Spiel den Stempel aufdrücken. Lasse Ludwig auch, er nimmt am Ende wichtige Bälle weg. Beide Teams haben den kompletten Kader genutzt. Ich habe heute einen starken THW Kiel gesehen, es war ein tolles Event für München und wir sind glücklich, den Pokal mitzunehmen. Wir freuen uns auf die Saison.