KN-Treffen mit Dule: "Ich finde in Kiel eigentlich alles schön!"
Die "Color Magic" läuft aus, doch es ist kalt, es nieselt. Bis 2020? Wieso eigentlich? Schauen Sie sich doch mal um, Herr Duvnjak! Das Wetter ist so durchwachsen wie die Saison der Zebras. Der 27-jährige Kroate strahlt trotzdem: "Glaub es mir oder glaub es nicht: Es war nie ein Thema zu gehen. Ich finde in Kiel eigentlich alles schön." Im Sommer 2014 kam der Welthandballer (2013) und Champions-League-Sieger mit dem HSV (2013) aus Hamburg. Apropos Welthandballer, kein guter Gesprächsstart an der Förde, denn sofort insistiert Duvnjak: "Das war 2013, das bedeutet nichts. Jeder Tag ist eine neue Aufgabe, und ich glaube, ich habe in meiner Entwicklung noch Luft nach oben." Die Luft scheint ihm zuletzt manchmal auszugehen auf dem Feld. Duvnjak reibt sich auf bis zur Erschöpfung, spielte zuletzt trotz Außenbandriss, zieht hier die Fäden in der Rückraum-Mitte, übernimmt da in entscheidenden Momenten Verantwortung als Vollstrecker. Und auch wenn ihm ein Freund einmal sagte, er würde in der ersten Minute eines Spiels genau so aussehen wie in der 60., muss sich Duvnjak im Zebra-Dress in dieser Saison oft schinden bis weit über das Ertragbare hinaus. Dann steht er da, hat die Hände auf die Knie gestützt, der Schweiß rinnt, der Gesichtsausdruck ist unmittelbar nach dem Abpfiff leer. Duvnjak ist Leidtragender, weil der THW-Bank in dieser Saison die Breite fehlt. Ist Leidtragender, weil andere gingen, die Zebras mitten im Umbruch stecken. Und einer wie Duvnjak wird sich vor Angeboten aus dem Ausland nicht retten können. Angebote, die der Ausweg wären aus der Schinderei. "So habe ich nie gedacht. Ich fühle mich richtig, richtig wohl in Kiel. Und auch die 10 000 Fans bei jedem Spiel sind ein Grund für mich zu bleiben." Das wäre also geklärt: Der kroatische Handballstar, der in 156 Länderspielen 521 Tore für sein Land erzielte, Vize-Weltmeister (2009) und Vize-Europameister (2008, 2010) wurde und 2012 in London Olympia-Bronze holte, will bleiben. Und zwar aus voller Überzeugung. Er genießt offenbar - so paradox das klingt - seine neue Freiheit. Denn auch in der Vorsaison, sagt sein Trainer Alfred Gislason, habe Duvnjak die Lücken der zuweilen verletzten Jicha und Palmarsson phänomenal geschlossen. Sich dann aber nach deren Rückkehr immer wieder zurückgezogen, ins zweite Glied begeben. Insofern ist die Aufopferung des Kroaten auch ein Aufblühen. Aufblühen, weil Gislason ihn unangefochten zu Regisseur Nummer eins machte. "Alfred schenkt mir Vertrauen, das freut mich richtig. Und ich gebe es zurück, bin wie ein Zug, gebe in jedem Spiel immer 100 Prozent." Und Duvnjak hat auch Vertrauen: in den Umbruch, in die Zukunft, dass weitere Neuzugänge verpflichtet werden. "Wir haben auch diese Saison eine super Mannschaft, auch wenn es schwer war, so viele neue Spieler einzubauen. Wir brauchen Zeit. Mit Santos, Bilyk und Wolff werden wir eine junge, hungrige Mannschaft haben. Und ich glaube auch, dass noch ein weiterer Rückraumspieler hinzukommen wird." Der Mann aus dem ostkroatischen Dakovo wollte eigentlich Sportlehrer werden, wie sein Vater. Jetzt ist er Profi-Handballer in Kiel. Auf Auswärtsfahrten teilt er sich mit Christian Dissinger ("Unfassbar, wie gut er geworden ist") ein Zimmer. Und mit Freundin Lucija teilt er sein Leben. Duvnjak lacht: Außer wenn er schläft, versteht sich. Familienplanung? "Wir denken von Tag zu Tag." Aber Kinder wolle er unbedingt und wird mit Lucija schließlich mindestens in Düsternbrook bleiben, bis er 32 ist. Hobbys? Schlafen natürlich, und Sport in jeder Ausprägung. Beim Fußball am liebsten Borussia Dortmund und der FC Liverpool. Mit Lucija verbringe er viel Zeit, auch mit seinem Teamkollegen Marko Vujin und dessen Freundin Tijana, regelmäßiger Kaffee dürfe da natürlich nicht fehlen. Beim gemeinsamen Weihnachtsfest, auch mit Familie Anic, gab’s Fisch und kroatische Sarma (Kohlrouladen), ehe die Feiertage mit den Eltern erst vom 28. Dezember an in Zagreb nachgeholt wurden. Denn da hat auch für Duvnjak die Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Polen (15. bis 31. Januar) begonnen. "Die Erwartungen in meinem Land sind hoch, wir standen seit zehn Jahren immer im Halbfinale. Aber Favorit sind wir sicher nicht." Stolz sei er, wenn er für sein Land spiele. Sein großer Traum: "Ich möchte so gern Olympiasieger werden." Nach der EM kehrt der 27-Jährige nach Kiel zurück. Hier will er bleiben. Duvnjak ist keiner, der geht, wenn die Zeiten etwas schwerer werden. Auch, weil er in Kiel noch große Träume hat: "Das Triple. Mit dem THW." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 04.01.2016, Foto: Archiv/Sascha Klahn)