Spitzenspiel vor Weihnachten: Mittwoch kommen die Löwen
Toft Hansen: "Unsere Fans wissen Bescheid!"
"Über die Bedeutung des Spitzenspiels gegen die Rhein-Neckar Löwen muss man wohl keine weiteren Worte verlieren", sagt THW-Kapitän Rene Toft Hansen. "Jeder einzelne Spieler und unsere Fans wissen Bescheid." Sein Teamkollege Niclas Ekberg freut sich auf die Partie gegen eine der besten Mannschaften der Liga. "Allein das ist Motivation genug", schwört der Kieler Flügelflitzer seine Mannschaft und die Fans gleichermaßen auf das Kräftemessen mit den Badenern ein. Einen vorentscheidenden Charakter, der dem Spitzenspiel seit Wochen von zahlreichen Medien zugeschrieben wird, sieht Ekberg allerdings nicht: "Ich schaue mir die Tabelle erst nach der Saison an. Denn egal wer zwischendurch ganz oben steht -nur wer am Ende Erster ist, ist auch Deutscher Meister." An Rechenspielen will sich Ekberg also nicht beteiligen: "Unsere Konzentration gilt einzig und allein dem Spitzenspiel und dann der Partie beim Bergischen HC."
THW ohne Drei - Gensheimer verletzt
Beim Rekordmeister werden auf jeden Fall die Langzeitverletzten Torsten Jansen und Patrick Wiencek sowie Dominik Klein, der sich gegen Flensburg eine Kreuzband-Zerrung zuzog, fehlen. Gebangt wird um den Einsatz von Mittelmann Domagoj Duvnjak, der sich zusätzlich zu seinem Bänderriss im Fuß in Lemgo eine Oberschenkel-Blessur abholte und früh auf die Bank musste. Den "Löwen" wird in Kiel wohl ihr Kapitän fehlen: Uwe Gensheimer laboriert an einer Achillessehnen-Reizung und einem Muskelfaserriss in der Wade. "Die Löwen sind auch ohne Gensheimer gefestigt genug. Er ist ein Faktor in ihrem Spiel, aber nicht der entscheidende", sieht Steffen Weinhold im Fehlen von Gensheimer keinen Nachteil für den Tabellenführer. Gensheimer hatte zuvor auch seinen EM-Verzicht bekannt gegeben: "Ich werde die nächsten Wochen pausieren und hoffe, dass dann zum Start der Rückrunde wieder alles okay ist. Das ist natürlich bitter, aber man muss da auch mal Vernunft walten lassen."
Duvnjak hofft auf einen Hexenkessel
Domagoj Duvnjak baut auf die Unterstützung durch die THW-FansAm Mittwoch wollen die Kieler diesen Vorsprung auf zwei Punkte eindampfen. Allerdings wartet der THW Kiel seit drei Spielen auf einen Sieg gegen die Mannheimer. Zuletzt verloren die Kieler, die in der Bundesliga-Gesamt-Bilanz mit 17 Siegen bei einem Unentschieden und fünf Niederlagen (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv) weiterhin die Nase vorn haben, das Hinspiel in der SAP-Arena nach einem 7:13-Halbzeitrückstand und starker Aufholjagd doch noch klar mit 20:24 (siehe Spielbericht). Auch das wollen die "Zebras" im eigenen Hexenkessel am Mittwoch wieder gerade rücken: "Wir werden alles geben, um unseren Fans und uns ein vorweihnachtliches Geschenk zu machen", kündigt Spielmacher Domagoj Duvnjak, der nach dem Spitzenspiel zum Live-Interview in der Fan-Arena erwartet wird, an. "Wir müssen gegen die Löwen unseren besten Handball zeigen. Mit unseren Fans im Rücken haben wir dann eine Chance, diese zwei enorm wichtigen Punkte zu holen."
Rechtzeitiges Erscheinen empfohlen
18 Siege in Serie
Auch, damit sich in seiner letzten Spielzeit bei den Rhein-Neckar Löwen der Traum von mindestens einem großen Titel erfüllt. Der Vertrag des Linksaußen läuft im Sommer 2016 aus, schon früh gab der 29-Jährige seinen Wechsel zur französischen Millionentruppe Paris Saint Germain bekannt. Auch für ihren Kapitän haben die "Löwen" mit viel Biss und Elan die erste Saisonhälfte in der DKB Handball-Bundesliga gemeistert. Die Mannschaft von Trainer Nikolaj Jacobsen machte auch nach den Abgängen von Niklas Landin und Bjarte Myrhol dort weiter, womit sie im vergangenen Jahr aufgehört hatte: mit Siegen in Reihe. Saisonübergreifend erst nach 18 Erfolgen in Serie mussten die Badener wieder ihrem Gegner gratulieren.
Bisher erst eine Saison-Niederlage
KN: Der nötige Hunger
Mannheim. Nikolaj Jacobsen weiß, wie sich Erfolg anfühlt. Nikolaj Jacobsen weiß, wie Erfolg geht. Der 44-jährige Trainer der Rhein-Neckar Löwen hat als Spieler in seiner Zeit beim THW Kiel zwischen 1998 und 2004 fast alles gewonnen. Dreimal wurde die "Zaubermaus" auf Linksaußen mit den Zebras deutscher Meister (1999, 2000, 2002), holte zweimal den DHB-Pokal (1999, 2000), zweimal den EHF-Cup (2002, 2004). Der Däne erzielte in 213 Spielen für Kiel insgesamt 1346 Tore, ist bis heute mit einem Schnitt von 6,5 Toren pro Spiel der effektivste Kieler in der Bundesliga-Historie. Und nun schickt sich ausgerechnet der ehemalige Ostseehallen-Publikumsliebling an, dem THW den Meistertitel zu entreißen? Und das vielleicht schon am Mittwoch (18.30 Uhr, Sparkassen-Arena), wenn der Tabellenführer (34:2 Punkte) beim Kieler Verfolger (30:6) gastiert? Jacobsen winkt ab, lacht, sagt: "Man darf so ein Spiel nicht überschätzen. Es gibt nur zwei Punkte zu gewinnen. Oder zu verlieren." So wie im Hinspiel (24:20 für die Löwen), als die mit Abstand sattelfesteste Deckung der Liga (398 Gegentore in 18 Spielen) in der ersten Halbzeit nur sieben Zebra-Tore zuließ. Als Alfred Gislason den Gegner mit einem siebten Feldspieler aus der 3:3-Deckung in die defensive 6:0 zwang, um sich dann doch irgendwie auch daran die Zähne auszubeißen. "Kleinigkeiten werden auch am Mittwoch entscheiden", sagt Jacobsen. "Die bessere Abwehr, der bessere Torwart, das Tempospiel." Von einer Vorentscheidung will der Löwen-Chef indes nichts wissen. "Wenn wir gewinnen? Dann wäre das ein Riesenschritt in Richtung Meisterschaft. Für eine Vorentscheidung ist die Liga aber viel zu stark." Außerdem muss auch die wichtigste Personalie dieser Tage bei allen Prognosen mit ins Kalkül gezogen werden: Uwe Gensheimer. Der 29-jährige Löwen-Kapitän und Spielmacher der Nationalmannschaft fällt wegen eines Muskelfaserrisses in der rechten Wade und einer Reizung der rechten Achillessehne auch für die Europameisterschaft im Januar in Polen aus. "Er ist ein Verlust. Als Spieler, das ist die eine Seite", so Jacobsen. "Aber als Mensch ist er auch von unglaublichem Wert, treibt die Mannschaft nach vorne." Definitiv werde Linksaußen Gensheimer am Mittwoch nicht dabei sein, auch nicht als Siebenmeterschütze. Eine Spezialaufgabe, die nun auch noch der König der Löwen übernimmt: Andy Schmid. Der 32-jährige Schweizer, der seit 2010 in Mannheim unter Vertrag steht (und bis mindestens 2018 bleiben wird), ist in der aktuellen Saison nicht nur zuweilen genialer Spielmacher, sondern nach Gensheimer (121 Tore) mit 84 Treffern auch zweitbester Löwen-Schütze in der Bundesliga. "In meinen Augen ist Andy Schmid der beste Spielmacher in der Bundesliga. Er verbindet beide Qualitäten als torgefährlicher Akteur und als Gestalter", schwärmt Nikolaj Jacobsen. Schmid oder Kiels Domagoj Duvnjak? Vom Duell der beiden Regisseure könnte am Mittwoch viel abhängen. Oder von der Leistung der Abwehrreihen. "Wir müssen gegen Kiel auch einen Alternativplan haben", weiß Jacobsen. Und den hat er, lässt seine Mannschaft nicht nur in einer 6:0-Abwehr decken, sondern neben der 3:3- auch in einer 5:1-Aufstellung mit dem Ex-Kieler Hendrik Pekeler als Speerspitze. "Und die jungen Spieler wie Harald Reinkind oder Mads Mensah Larsen haben heute mehr Erfahrung als in der Vorsaison, übernehmen mehr Verantwortung." Man dürfe so ein Spiel "nicht überschätzen", so Jacobsen. Aber wer wird denn nun Meister? Und warum? Die Antwort ist eindeutig: "Wir", sagt die "Zaubermaus", die sich anschickt dem Titelverteidiger, der einst seine Heimat war, die Schale zu entreißen. "Wir, weil wir eine eingespielte Mannschaft sind. Wir, weil die Mannschaft den nötigen Hunger hat, es endlich zu schaffen", ist sich Nikolaj Jacobsen sicher. "Wir, weil wir die beste Abwehr der Liga haben." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2015)
KN: "Ganz Kiel will diesen Sieg"
Kiel. Es ist das Spiel des Jahres, zumindest der Saison: Der THW Kiel kämpft heute Abend (18.30 Uhr) gegen die Rhein-Neckar Löwen um den Anschluss an den Spitzenreiter und die womöglich letzte Chance auf die deutsche Meisterschaft. Bei einem Sieg trennen die beiden Kontrahenten nur noch zwei Punkte. Einen Tag bevor das letzte Türchen im Adventskalender geöffnet werden darf, wollen die Zebras die Tür zur Titelverteidigung wieder aufstoßen und ihren Fans ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk machen. "Ganz Kiel will diesen Sieg", sagt THW-Kapitän René Toft Hansen. "Und wir werden alles dafür tun, ihn zu holen." Die Stadt fiebert dem Showdown entgegen, die Partie ist seit Monaten ausverkauft. Den 120 Löwen-Anhängern, die ihr Team in den Norden begleiten, werden mehr als 10 000 Zebra-Fans gegenüberstehen - "Wir brauchen die Fans und ihre Unterstützung", sagt Rune Dahmke, dem die Stimmung in Kiel nicht verborgen geblieben ist. "Jeder weiß, um was es geht. Vor wichtigen Spielen merkt man das bei uns in der ganzen Stadt", beschreibt der Linksaußen. "Schon vor Wochen ging es nur um diese Partie, wenn ich auf Handball angesprochen wurde." Nicht nur Kiel und Mannheim sind im Bann des vorweihnachtlichen Spitzenspiels: Mehr als 100 Journalisten haben sich akkreditiert, auch das dänische Fernsehen wird wieder live aus der Sparkassen-Arena berichten. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig werden in der Halle die Daumen drücken, auch HBL-Präsident Uwe Schwenker lässt sich das Duell der Giganten nicht entgehen. Sport 1 erhofft sich für die TV-Übertragung mehr als 300 000 Zuschauer, das Hinspiel in Mannheim sahen 380 000 Menschen im Fernsehen, gemeinsam mit der Partie SC Magdeburg gegen die Löwen Spitzenwert in dieser Saison (Durchschnitt: 240 000 Zuschauer). Es ist also angerichtet für den Höhepunkt des ersten Saisonabschnitts, für ein echtes Handball-Spektakel, für ein richtungweisendes Spiel in der Bundesliga. Denn für den THW geht es nicht nur darum, die Niederlage aus dem Hinspiel (20:24) wieder gutzumachen - wollen die Zebras noch ein ernstes Wörtchen um die Meisterschaft mitreden, ist ein Sieg Pflicht. Dann würden die Kieler nur noch zwei Punkte von den Löwen trennen, bei einer THW-Niederlage wären es sechs. Ohne ein weiteres direktes Duell und angesichts des besseren Torverhältnisses der Mannheimer scheint der Zug Meisterschaft in diesem Falle abgefahren zu sein. Auch an den Spielern geht die Anspannung nicht vorbei. "Wir sind heiß. Aber wir wissen, dass alles passen muss", sagt Dahmke. Im Hinspiel passte vor allem in der ersten Halbzeit wenig bis gar nichts, zur Pause lag der THW mit 7:13 zurück. Auch zuletzt im Pokal gegen Flensburg passte bei den Zebras nicht alles. "Wir müssen es so machen wie im letzten Spiel und den Spielen vor Flensburg: Mehr bewegen, ohne Ball viel laufen und die Abwehr vor Aufgaben stellen", erläutert Dahmke. Der Ausfall seines Nationalmannschaftskameraden Uwe Gensheimer beim Gegner verändert die Kräfteverhältnisse in seinen Augen nicht. "Uwe ist ein Ausnahmespieler. Aber die Löwen haben immer noch ein starkes Gesamtpaket", meint Dahmke. Enorm wichtig für das Spiel der Mannheimer ist Mittelmann Andy Schmid. Der Schweizer, laut Dahmke "einer der Besten der Liga", ist Dreh- und Angelpunkt - ihn gilt es in den Griff zu bekommen. "Wenn wir das schaffen, haben wir viel vom Löwen-Angriff eingeschränkt, das muss der Weg sein", sagt Dahmke. "Wir müssen gegen die Löwen unseren besten Handball zeigen", sagt auch Domagoj Duvnjak. Der Kroate ist nach seinem Außenbandriss weiter angeschlagen, zog sich in Lemgo außerdem eine Oberschenkelblessur zu. Seine Konstitution wird vor allem in der Kieler Abwehr entscheidend sein, ohne Duvnjak ist eine offensive Deckung kaum vorstellbar. Die Leistung des THW gegen Veszprem hat gezeigt, dass dies zu kompensieren ist - wenn die Fans in der Sparkassen-Arena für einen echten Heimvorteil sorgen. "Mit unseren Fans im Rücken können wir diese zwei enorm wichtigen Punkte holen", sagt Duvnjak und stellt entschlossen fest: "Ich denke nur daran, dass wir gewinnen, und wir werden auch gewinnen." (Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 23.12.2015)