Das letzte Heimspiel für vier Kieler: Ein emotionaler Abend mit Dauer-Gänsehaut

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Das letzte Heimspiel für vier Kieler: Ein emotionaler Abend mit Dauer-Gänsehaut

Das letzte Heimspiel des THW Kiel in der Saison 2022/2023 - es war einer dieser besonderen Abende, die es so wohl nur in der Wunderino Arena gibt. Bei der Verkündung der Vertragsverlängerung von Harald Reinkind bis 2027 drohte angesichts des Jubels das Dach der ehrwürdigen Arena abzuheben, dann peitschten 10285 Fans im Zusammenspiel mit den Zebras ihre Mannschaft 60 Minuten lang bedingungslos nach vorn, drehte "La Ola" ihre Runden, ehe es beim Abschied von Yannick Fraatz, Sander Sagosen, Miha Zarabec und Niklas Landin anders emotional wurde. Das letzte Heimspiel der Saison - es war ein Abend mit Dauer-Gänsehaut. 

In Kiel weiß man, wann es darauf ankommt

Yannick Fraatz und Freundin Sophie

In Kiel wissen die Fans des Handball-Rekordmeisters, wann es darauf ankommt. Nie war die "weiße Wand" in dieser Saison weißer als an diesem letzten Heimspiel-Abend, nie war in dieser Spielzeit die Stimmung besser. Die 10.285 Zuschauer brannten am Mittwochabend ein atmosphärisches Feuerwerk ab, halfen ihrer Mannschaft über eine schwierige Anfangsphase gegen den "Lieblingsgegner" HSG Wetzlar hinweg, ließen sich von alles ins Spiel werfenden Zebras aus den Sitzen reißen, feierten und pushten gleichzeitig - bis Magnus Landin den finalen Heimtreffer der Saison zum 38:23-Erfolg im Kasten der Hessen versenkte. Die Zebras bedankten sich mit La Ola, noch Minuten nach Abpfiff wurden sie gefeiert, auch wenn es "nur" ein Riesenschritt in Richtung Titel war. "Jetzt haben wir eine Hand an der Schale, zum Hochhalten braucht man aber zwei", sagte THW-Kapitän Domagoj Duvnjak, "jetzt wollen wir am Sonntag in Göppingen alles klar machen. Wir alle hoffen, dass wir Sonntag mit der Meisterschale wieder hierher kommen und mit Euch Fans feiern!"

Landin: "Das war meine beste Handballzeit"

Abschied mit Familie: Niklas Landin mit Tochter Silje, Frau Liv und Sohn Pelle

Mit dem Abdunkeln des Lichts begann der anders emotionale Teil. Der Teil, den nicht nur Sander Sagosen später als "unwirklich" bezeichnen sollte: "Ich habe es noch nicht realisiert, dass das heute das letzte Mal gewesen sein soll, dass ich im THW-Trikot in diese geile Halle einlaufe." In die gleiche Kerbe schlug auch Niklas Landin, der insgesamt acht Jahre das THW-Trikot trug und fortan in seiner Heimat bei Aalborg Handbold das Tor hüten wird: "Ich wollte das heute wie ein normales Heimspiel in den letzten acht Jahren angehen, mich nicht in diesem 'ein letztes Mal' verlieren", sagte der zweifache Welthandballer, "um es kurz zu machen: Ich habe es nicht geschafft. Es war ein sehr emotionaler Tag. Ich kann es gar nicht fassen, nie wieder hier ein Heimspiel zu haben. Es war eine große Ehre, hier zu spielen. Das war meine beste Handballzeit - das hier ist die geilste Halle und der geilste Verein der Welt!" Die ersten ein, zwei Monate sei es schwer gewesen, in Kiel anzukommen, gestand Landin, der an der Förde zum Besten seiner Zunft wurde. "Aber die dann folgenden sieben Jahre und zehn Monate werde ich nie vergessen." Sein Dank richtete Landin mit einem breiten Grinsen an die Mannschaft: "Auch wenn ich manchmal asozial zu Euch auf dem Spielfeld war, so mag ich euch eigentlich doch alle. Aber manchmal hatte ich es eben im Kopf."

Sagosen: "Diese Mannschaft ist so besonders"

Sander Sagosen mit Viktor Szilagyi und Aufsichtsratschef Dr. Marc Weinstock

Gefühlt niemand der Fans verließ die Arena vor der Zeremonie, noch ein letztes Mal wollten die 10.285 schwarz-weißen Anhänger nicht nur Landin, sondern auch Yannick Fraatz, Sagosen und Miha Zarabec hochleben lassen und in Erinnerungen schwelgen. Fraatz, der erst im Herbst kam, nun zum Bergischen HC zurückkehrt und sich mit zwei Treffern gegen Wetzlar verabschiedete, bedankte sich bei der Mannschaft, die ihm die Anfangs-Nervosität genommen habe: "Ihr habt mir das Leben wirklich leicht gemacht - ich werde die Zeit hier nie vergessen!" Sagosen, der vor drei Jahren nach Kiel kam und aufgrund der Corona-Krise lange Zeit auf sein erstes Heimspiel in einer ausverkauften Kieler Arena warten musste, fiel der Abschied nicht leicht. "Es war mein Traum, in diesem Trikot vor Euch Fans zu spielen. Der THW Kiel bleibt immer ein großer Teil meines Handballer-Herzens", sagte der Norweger, der mit den Zebras 2020 zum ersten Mal in seiner Karriere die Champions League gewann, und fügte an: „Ich habe Höhen gehabt, ich hatte Tiefen mit meiner Verletzung. Aber es hat mir immer einen Riesen-Spaß gemacht." An seine Teamkollegen gewandt, stockte Sagosen kurz die Stimme: "Diese Mannschaft ist so besonders, ich habe jede Sekunde mit Euch genossen. Es war mein Highlight, mich euch spielen zu dürfen."

Zarabec: "Ich bin riesig stolz, dass ich hier sein durfte"

Gehen nach Plock: Miha Zarabec und Freundin Zala

Miha Zarabec, der ab der kommenden Saison für den Champions-League-Teilnehmer Orlen Wisla Plock spielt, verabschiedete sich so, wie er sich in die Herzen der Fans spielte: Immer mit einem Hauch Verschmitztheit und immer mit einem Lächeln auf den Lippen: An die Mannschaft gerichtet, sagte Zarabec grinsend: "Wenn ich das zu meinem Abschied so sagen darf: Wir haben überhaupt nicht hart trainiert, Ihr könnt nächstes Jahr bestimmt noch eine Schippe draufpacken." Um dann ein wenig ernster hinzuzufügen: "Ich bin riesig stolz, dass ich hier beim THW Kiel sein durfte. Auch wegen Euch Fans: Ihr seid so krass, und ich werde euch richtig vermissen!" Das beruht mit Sicherheit auf Gegenseitigkeit - Kiel wird seine vier Bald-Ex-Zebras ebenso vermissen. Mit einer Ehrenrunde verabschiedete sich die Mannschaft von ihren Fans - aber nicht, ohne noch eine wichtige Botschaft loszuwerden. Duvnjak. "Wir haben noch nicht fertig!"