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WM 2017: Deutschland mit Kantersieg gegen Chile

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WM 2017: Deutschland mit Kantersieg gegen Chile

Zweites Spiel, zweiter Sieg - so darf es gerne weitergehen! Die deutsche Nationalmannschaft gewann am Sonntagnachmittag bei der WM in Frankreich - auch dank phänomenaler 16 Paraden von Andi Wolff und sieben Treffern von Rune Dahmke - mit 35:14 (17:6) gegen Chile. Bester Torschütze für das DHB-Team in Rouen war Jannik Kohlbacher, der sogar acht Tore erzielte.

Beide Trainer setzen auf Rotation

Nach dem Kraftakt zum Auftakt gegen Ungarn stellte Bundestrainer Dagur Sigurdsson seine Mannschaft gegen den vermeintlichen Underdog aus Südamerika kräftig um. So durften Tobias Reichmann sowie die beiden Zebras Andi Wolff und Rune Dahmke durchspielen, nachdem sie am Freitag noch 60 Minuten auf der Bank Platz nehmen mussten. Doch auch Mateo Garralda, einstiger Star des spanischen Handballs und nun Nationaltrainer in Chile, rotierte nach dem sensationellen Auftakterfolg gegen Weißrussland mächtig durch, ließ seine vermeintliche erste Sieben mit den Feuchtmann-Brüdern erst einmal auf der Bank und stattdessen die zweite Garnitur beginnen.

DHB-Team lässt sich nicht überraschen

Jannik Kohlbacher war mit acht Treffern bester Schütze gegen Chile.Wenn Garralda mit diesem Schachzug die Bad Boys aus dem Konzept bringen wollte, dann gelang ihm dies indes nicht. Aufbauend aus der gewohnt kompakten 6:0-Deckung legte die deutsche Mannschaft von Beginn an vor. Nur ein bis zwei eigene Angriffe brauchte das DHB-Team, um sich an die sehr offensive 3:3-Deckung der Chilenen zu gewöhnen. Der Europameister spielte schnell, fand zu Beginn häufig den freien Patrick Wiencek am Kreis, der bis zum 5:2 (9.) bereits drei Mal erfolgreich war. Allzu oft mussten die Bad Boys aber gar nicht über das gebundene Spiel zum Erfolg kommen - vielmehr ergaben sich aufgrund von geblockten Würfen und Steals in der Deckung etliche Gelegenheiten, über Gegenstöße und die zweite Welle einfachen Toren zu kommen. Allerdings ließ Deutschland in der Anfangsviertelstunde noch viele erstklassige Gelegenheiten gegen den gut aufgelegten Rene Oliva zwischen den Pfosten liegen. Aber dennoch führte das DHB-Team, bei dem Kapitän Uwe Gensheimer nur zu vier Siebenmetern aufs Parkett kam, bis zur 21. Spielminute schon deutlich mit 12:4 - obwohl mittlerweile die chilenischen Stammspieler aufs Parkett gekommen waren.

Hektische Phase mit Drux-Verletzung

Allerdings geriet die deutsche Mannschaft nach Hinausstellungen gegen Wiencek und Jannik Kohlbacher für fast zwei Minuten in doppelte Unterzahl. In dieser hektischen Phase der Partie verletzte sich der Berliner Paul Drux im Angriff am Fußgelenk. Da die lettischen Schiedsrichter die Partie nicht unterbrachen, wurde diese nur noch hektischer. Doch ein starker Andreas Wolff mit gleich zwei Glanztaten in Unterzahl und eine zum richtigen Zeitpunkt genommene Auszeit von Sigurdsson beruhigten die kurzzeitig erhitzten Gemüter wieder. Bis zum Pausenpfiff bauten die Bad Boys - allerdings nun ohne den verletzten Drux - den Vorsprung noch weiter auf 17:6 aus.

Deutschland behält Fuß auf Gaspedal

Auch nach dem Seitenwechsel ließ das DHB-Team nicht nach. Während Patrick Wiencek früh seinen verdienten Feierabend hatte und im Mittelblock von Simon Ernst ersetzt wurde, schraubten insbesondere Rune Dahmke und Jannik Kohlbacher ihre Torekonten weiter nach oben. Lediglich eine Schrecksekunde gab es noch für die Fans des Europameisters, als Ernst und Tobias Reichmann im chilenischen Torkreis zusammenprallten. Nach kurzer Behandlungspause für den Rechtsaußen von KS Kielce gab es aber Entwarnung.

Am Dienstag gegen Saudi-Arabien

Letztlich siegte das DHB-Team auch in der Höhe verdient mit 35:14 und konnte Kräfte für den weiteren Turnierverlauf sparen. Weiter geht es am Dienstag, wenn der Europameister gegen Saudi-Arabien (17:45 Uhr, live auf http://handball.dkb.de) erneut haushoher Favorit ist. Alles läuft auf ein Duell mit Kroatien um den Gruppensieg hinaus, zumal Domagoj Duvnjak und Co. am Samstagabend mit 31:28 gegen Ungarn erfolgreich waren.

Statistik: Chile - Deutschland 14:35 (6:17)

Chile: Barrientos (31.-43., 1 Parade), Garcia (bei einem Siebenmeter, keine Parade), Oliva (1.-30., 43.-60., 9 Paraden); Ceballos, Er. Feuchtmann (1), Baeza, Reyes (1/1), Kaniu, Frelijj (2), Em. Feuchtmann (2), E. Salinas (2), R. Salinas (1), H. Feuchtmann (1), Moll (2), Lopez (1), Donoso (1)

Deutschland: Heinevetter (n.e.), Wolff (1.-60., 16 Paraden); Gensheimer (4/4), Lemke, Wiencek (3), Reichmann (2), Fäth, Groetzki, Häfner (3), Dahmke (7), Kühn (4), Ernst (3), Pieczkowski (1), Kohlbacher (8), Drux

Schiedsrichter: Licis/Sondors (Lettland)
Siebenmeter: 2/1:4/4 (R. Salinas an den Pfosten (22.))
Zeitstrafen: 6:6 Minuten (Er. Feuchtmann (18.), Frelijj (36.), R. Salinas (55.) - Pieczkowski (20.), Wiencek (22.), Kohlbacher (22.))
Spielverlauf: 0:2, 1:2, 1:3 (5.), 2:3, 2:7 (13.), 3:7, 3:11 (21.), 4:11, 4:15 (27.), 6:15, 6:17; 6:18, 7:18, 7:19, 8:19, 8:21 (36.), 9:21, 9:25 (44.), 10:25, 10:26, 11:26, 11:28 (51.), 12:28, 12:30, 13:30, 13:34, 14:34, 14:35.
Zuschauer: 5000 (Kindarena, Rouen (FRA))

KN: Spaziergang über die Anden

Rouen. Pflichtaufgabe gelöst: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat die Andenrepublik Chile bei der Weltmeisterschaft in einem lockeren Spaziergang in die Schranken gewiesen. Das 35:14 (17:6) war mit 21 Toren Vorsprung nicht nur der bis dato höchste Sieg bei den Titelkämpfen in Frankreich, sondern untermauerte bestenfalls auch die Gold-Ambitionen der Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Jannik Kohlbacher (8 Tore) und der Kieler Rune Dahmke (7) avancierten zu den treffsichersten Akteuren im Team des Deutschen Handballbundes (DHB). Irgendwann in Halbzeit zwei schweift der Blick von THW-Kreisläufer Patrick Wiencek in Richtung Videowürfel an der Decke der mit 5317 Zuschauern gut gefüllten Kindarena in Rouen. "Oh, so lange noch", denkt sich der Kreisläufer. Es ist ein eintöniges, kein schlechtes Spiel zweier Mannschaften, die ungleicher kaum sein könnten. Der Bundestrainer lässt rotieren, bietet Simon Ernst nicht nur in der Deckung, sondern auch als Spielmacher auf. Auf den Flügeln ersetzen Rune Dahmke (links) und Tobias Reichmann (rechts) Kapitän Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki. Wenn es bis zum 17:6 zur Pause etwas zu bemängeln gibt, dann allerhöchstens die Chancenverwertung. Die deutschen Angreifer ermöglichen Chiles Torwart Rene Oliva so manchen Moment, den er nie mehr vergessen wird. Oliva pariert Dahmke (7.), Kohlbacher (14.), Reichmann (18.). Der im vergangenen Jahr überragende Rechtsaußen wirkt unzufrieden, verzagt, während Dahmke sich nach leichten Anfangsschwierigkeiten in WM-Form schießt. Und die Chilenen? Die rotieren auch, sparen sich ihre Kräfte für das wichtige Duell mit Saudi-Arabien um den Achtelfinaleinzug. Das Team des Spaniers Mateo Garralda versucht sich in einer offensiven 3:3-Abwehr, doch den Deutschen fällt es leicht, das Konstrukt auszuhebeln, mit zwei 4:0-Runs auf 7:2 (13.) und 11:3 (21.) davonzuziehen. "Nach einer Viertelstunde ist so ein Spiel schon entschieden", sagt Rune Dahmke später. "Aber Mitleid kommt trotzdem nicht auf. Für Chile ist es doch auch schön, hier dabei zu sein." Nein, der Europameister spielt die Partie "seriös herunter" (Wiencek), "humorlos, aber mit Spaß" (DHB-Vize Bob Hanning), hat mit Andreas Wolff, der für Silvio Heinevetter ins Tor rückt und 60 Minuten durchspielt, einen überragenden Rückhalt. Nach jedem Gegentor scheint Wolff einen Besen fressen zu wollen. "Wenn ein Spiel so früh gewonnen ist, braucht man eben einen Ansporn." Am liebsten hätte der Kieler den Gegner bei weniger als zehn Toren gehalten. Es sind sechs vor, acht nach der Pause, was zur Nebensache gerät, weil sich der Berliner Paul Drux nach 23 Minuten am Sprunggelenk verletzt, umknickt, abends behandelt werden muss. Bis zum Abend gibt es noch keine genaue Diagnose. Kohlbacher und Dahmke drücken der zweiten Halbzeit ihren Stempel auf, beim 25:9 (43.) kommt doch Mitleid auf. Wolff hält weiter mit unglaublicher Coolness die Bälle, veredelt diesen Tempo-Spaziergang über die Anden. Weitere Lichtblicke: Ernst, der im Laufe des Spiels erneut Kai Häfner auf Halbrechts entlastet, und Kohlbacher auf den Halbpositionen in der Deckung. Mit einem weiteren Erfolg am Dienstag (17.45 Uhr) gegen Außenseiter Saudi-Arabien hätte die Mannschaft von Dagur Sigurdsson die K.o.-Phase vorzeitig erreicht. (Von Timo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 16.01.2017)