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Deutschland mit knapper Niederlage zum EM-Auftakt

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Deutschland mit knapper Niederlage zum EM-Auftakt

Die Hürde Spanien war zum Auftakt der Handball-Europameisterschaft etwas zu hoch für die junge deutsche Handball-Nationalmannschaft: Gegen den Titelfavoriten erwischte die DHB-Auswahl einen Traumstart, geriet jedoch noch vor der Pause zum Teil deutlich ins Hintertreffen. Mit viel Einsatz kämpfte sich die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson immer wieder heran. In den entscheidenden Momenten fehlte dann aber ein wenig die Cleverness. So freuten sich die Spanier über ein hart erkämpftes 32:29 (18:15) im ersten Spiel der Gruppe C. Bester Torschütze der deutschen Mannschaft war der Kieler Christian Dissinger mit sechs Treffern.

Traumstart in die Partie

Die deutsche Mannschaft startete furios in das Turnier: Mit den drei Kielern Christian Dissinger, Rune Dahmke und Steffen Weinhold in der Startformation legte die DHB-Auswahl richtig los, führte mit 5:3 (5.) und hätte bei besserer Chancenverwertung sogar weiter weg ziehen können. Aber auch so zwang der couragierte Auftritt der Sigurdsson-Sieben Spaniens Coach Manolo Candenas zur frühesten Auszeit des bisherigen Turnierverlaufs. Diese zeigte Wirkung: Fortan engte die spanische Defensive das Spiel der deutschen Mannschaft mehr ein, die nun Probleme hatte, zum Torerfolg zu kommen. Nach neun Minuten führten die Spanier mit 7:6, was die deutsche Mannschaft aber zum 9:7 konterte. Nach zwölf Minuten sah es richtig gut aus für das deutsche Team.

Montag gegen Schweden

Die deutsche Mannschaft schaffte es dann noch, das Ergebnis moderat zu gestalten. Christian Dissinger, mit 48 Minuten am längsten eingesetzter DHB-Spieler, markierte insgesamt sechs Treffer, Steffen Weinhold steuerte drei Tore zum Ergebnis bei, und Rune Dahmke traf bei seiner Turnierpremiere im DHB-Dress einmal ins Tor. Andreas Wolff hielt zehn zum Teil spektakuläre Bälle.
Weiter geht es für die deutsche Mannschaft am Montag: Um 20:30 Uhr (live in der ARD) trifft die DHB-Auswahl auf die schwedische Nationalmannschaft mit dem Kieler Rechtsaußen Niclas Ekberg. Im beheizten Stimmungstempel Handballbahnhof, der zum Auftakt gegen Spanien von rund 400 Fans besucht wurde, haben sich für Montag wieder zwei Stars des Rekordmeisters angekündigt: Um 19.30 Uhr startet dort das Programm mit den beiden ehemaligen Nationalspielern Christian Sprenger und Nikolas Katsigiannis. Der Eintritt ist frei! 

EM, 1. Spieltag, 16.01.16: Spanien - Deutschland: 32:29 (18:15)

Spanien: Sterbik, Perez de Vargas; Gurbindo (2), Maqueda (3), Tomas (6), Raul Entrerrios (1), Aguinagalde (1), Ugalde (1), Canellas (3), Morros (1), Garcia (1), Rivera (7/3), Guardiola (3), Mindegia, Del Arco (3), Dujshebaev  Deutschland: Lichtlein, Wolff; Sellin, Lemke (1), Reichmann (5/3), Wiede (1), Pekeler (2), Weinhold (3), Strobel, Schmidt (4), Fäth (4), Dahmke (1), Ernst, Pieczkowski (2), Dissinger (6), Kohlbacher Schiedsrichter: Pichonn/Reverret (Frankreich) Zeitstrafen: 10:14 Minuten (Gurbindo/4, Entrerrios/4, Tomas – Pekeler/4, Lemke, Reichmann, Weinhold, Schmidt, Pieczkowski) Rote Karte: Maqueda (30.) Siebenmeter: 3/5:3/3 (Guardiola, Dujshebaev verwerfen) Spielfilm: 2:4 (6.), 7:6 (10.), 7:9 (12.), 10:10 (16.)  18:11 (23.), 18:15;
21:18 (37.),  25:22 (45.), 26:25 (47.), 31:26 (57.), 32:29. Zuschauer: 5000 in Breslau 

11:2-Lauf der Spanier in elf Minuten

Es folgten die Minuten, die den Spielverlauf auf den Kopf stellen und schließlich eine schwere Hypothek werden sollten: Viran Morros und Gedeon Guardiola verhinderten im spanischen Mittelblock die Anspiele an den Kreis, die junge deutsche Mannschaft machte Fehler: Gegenstoß um Gegenstoß rollte auf das DHB-Tor zu, aus einem 7:9-Rückstand machten die Iberer bis zur 23. Minute eine 18:11-Führung - ein 11:2-Lauf der Spanier in elf Minuten, der weh tat. Doch geschlagen gab sich die DHB-Auswahl nicht, baute auf die Paraden des eingewechselten Andreas Wolff und eine aggressivere Abwehr: Mit Erfolg. Reichmann per Siebenmeter und Steffen Weinhold mit einem Doppelpack gaben der Hoffnung auf einen siegereichen Turnierstart beim 15:18 zur Pause neue Nahrung. Schmerzhaft wurde es für Weinhold nach dem Halbzeitpfiff: Maqueda warf im einen Freiwurf mitten ins Gesicht und bekam dafür die Rote Karte.

Deutschland bleibt dran, kommt aber nicht vorbei

In Überzahl verpasste es die DHB-Auswahl aber zunächst, weiter zu verkürzen. Garcia traf nach klarem Stürmerfoul an Weinhold zum 19:15. Immer dann, wenn die deutsche Mannschaft am Drücker war, stand Arpad Sterbik den Aufholbemühungen im Weg - oder aber der Pfosten rettete den Turnierfavoriten. Weil auf der anderen Seite aber Wolff zum Teil unglaubliche Paraden zeigte, blieb die DHB-Auswahl dran. Erik Schmidts 25:27 konterte Canellas aber aus dem Stand, und trotzdem wäre auch kurz vor Schluss noch ein Sieg drin gewesen: Aber dem stand Sterbik im Weg - er verhinderte Pieczkowskis Anschlusstreffer zum 27:28. In Unterzahl, die deutsche Abwehr wurde im Vergleich zu den Spaniern vor allem im zweiten Durchgang hart bestraft, machte Tomas mit dem 30:26 alles klar.

KN: Verflixte sieben Minuten

Breslau. Furioser Beginn, siebenminütiger Blackout, Kampfgeist und am Ende leere Hände: Die deutschen Handballer sind mit einer Niederlage gegen Spanien in die Handball-Europameisterschaft in Polen gestartet. Nach dem 29:32 (15:18) am Sonnabendabend vor 6000 Zuschauern in der Jahrhunderthalle von Breslau trauerten die Spieler von Bundestrainer Dagur Sigurdsson am Sonntag dem möglichen Sieg gegen den zweimaligen Weltmeister hinterher. Gewiss, das mit einem Durchschnittsalter von nicht einmal 25 Jahren mit Abstand jüngste Team des Turniers sei gegen die routinierten Spanier Außenseiter gewesen. Aber - da waren sich im Anschluss alle einig - die Spanier waren ein schlagbarer Gegner. Doch was war passiert? Eine knappe Viertelstunde lang entwickelte sich ein offener Schlagabtausch im furiosen Galopp. Deutschland lag mit 9:7 in Führung, bis zum 10:10 (16.) blieb die Partie ausgeglichen, ehe verflixte sieben Minuten bis zum 11:18 (23.) das komplette Gefüge von Dagur Sigurdsson aushebelten. Tempogegenstoß-Pässe in des Gegners Hände, allzu riskante Anspiele an den Kreis, Missverständnisse im Positionsspiel - sieben Minuten, die reichten, um den Iberern Selbstvertrauen einzuhauchen. Werbewirksam hatten sich die Spanier um den Kieler Joan Canellas ("Ich habe Rückenprobleme, bin aber glücklich, dass ich der Mannschaft helfen konnte") vor der EM Kraft von einer Hexe erhofft, war die "Magia de los Hispanos" auf sie übergegangen. Doch so richtige Zündkraft entwickelte der Titelaspirant erst in diesen ominösen sieben Minuten. Gedeon Guardiola und Viran Morros de Argiola zementierten den Mittelblock, die Halben stachen immer wieder zerstörerisch hervor. Im Tor bewies Arpad Sterbik seine Klasse. Die Spanier waren es schließlich auch, die die Deutschen wieder ins Spiel brachten. Zuerst stellte der deutsche Kapitän Steffen Weinhold mit zwei Treffern Leaderqualitäten unter Beweis (15:18; 30.), dann wurde er bei einem abschließenden Freiwurf von Jorge Maqueda am Kopf getroffen, ging bewusstlos zu Boden. "Ich habe den Ball nur noch in mein Gesicht fliegen sehen, dann war ich weg." Maqueda ging auch, aber mit Rot endgültig in die Kabine, nach der Pause spielten eine Minute lang nur vier Spanier gegen sieben Deutsche. Vielleicht der Knackpunkt, denn dieses kapitale Überzahlspiel endete nur mit einem 1:1, und so reichten Andreas Wolffs tolle Paraden und die Tore von Christian Dissinger in der Folgezeit nie zum Ausgleich. Zebra Dissinger avancierte mit sechs Treffern erneut zum besten Schützen. Und Wolff, der sich lange von Rechtsaußen Victor Tomas hatte narren lassen, setzte mit einer Wahnsinnsparade gegen Tomas (48.) das Zeichen zur Wende. Erik Schmidt traf zum 25:27, der eingewechselte Niclas Pieczkowski zum 26:28 (51.), doch drei spanische Tore in Folge zum 26:31 (57.) sowie einige unglückliche Entscheidungen des französischen Schiedsrichtergespanns sorgten für die Entscheidung. "Ich ärgere mich über die Niederlage. Wenn man sieht, wie Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen getroffen wurden, dann muss man sagen, dass Spanien einen kleinen Bonus hatte. Diesen Respekt müssen wir uns wohl erst noch erarbeiten", zürnte Bundestrainer Sigurdsson. Enttäuschung, Stolz, Zuversicht - am Sonntag mäanderte eine eigentümliche Gefühlsmischung durch die Sätze der deutschen Nationalspieler. "Nicht die bessere, sondern die erfahrenere Mannschaft hat gewonnen", konstatierte Kreisläufer Hendrik Pekeler. Kapitän Steffen Weinhold übte sich im Gleichgewicht aus Selbstkritik ("Die Summe unserer technischen Fehler waren der Hauptgrund für die Niederlage") und Zuversicht ("Unseren Kampfgeist müssen wir jetzt in die nächsten Spiele mitnehmen"). "Eine schlechte Phase wie in der ersten Halbzeit dürfen wir uns auf diesem Niveau nicht erlauben. Wir haben am Limit gespielt. Außer in den paar Minuten in der ersten Halbzeit", ergänzte Christian Dissinger. "Wir wollen beide Spiele gewinnen. Jetzt müssen wir zeigen, wie gut wir wirklich sind." Jetzt, das ist heute, wenn die deutsche Mannschaft um 20.30 Uhr auf Schweden trifft. In einem "ersten kleinen Endspiel", wie Teammanager Oliver Roggisch am Sonntag betonte. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 18.01.2016)