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KN: Dissinger zeigt in Plock seine Qualitäten

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KN: Dissinger zeigt in Plock seine Qualitäten

Plock/Kiel. Wäre Christian Dissinger auf dem Spielfeld so cool wie am Sonnabend nach dem 37:23-Kantersieg des THW Kiel in der Champions League bei Orlen Wisla Plock – Zebra-Trainer Alfred Gislason hätte schon viel früher so viel Freude an dem 23-jährigen Youngster gehabt wie in Polen. Da saß der Halblinke nach Schlusspfiff lässig in der Pressekonferenz und diktierte den polnischen Journalisten auf Englisch in die Feder: "Wir haben heute sehr schnell gespielt und sind sehr glücklich über diesen Sieg. So ein positives Match ist gut für die kommenden Aufgaben." Später, auf seine persönliche Leistung angesprochen, stapelte Dissinger tief: "Ich würde dieses Spiel nicht überbewerten. Wir hatten mehr erwartet von Plock, und dann kommt ein Sieg mit 14 Toren dabei raus."

Der Sprit im Kieler Angriffsmotor

Dabei könnte es irgendwann einmal, womöglich am Ende dieser Saison, heißen: Damals in Plock, im Oktober 2015, da ist bei Christian Dissinger der Knoten geplatzt. Noch am Mittwoch zuvor, im Spitzenspiel gegen die Löwen, war die Kieler Nummer 15 ein- und nach einem unglücklichen, etwas tollpatschig anmutenden Ballverlust gleich wieder ausgewechselt worden. Gislason wollte kein Risiko eingehen und seinen Schützling vielleicht auch schützen. Zugegeben, auch in Polen hakte es zunächst, nach nur 25 Sekunden verfehlte Dissingers erster Wurf sein Ziel. Noch zu oft versucht es der gebürtige Ludwigshafener mit Gewalt, stemmt seine 2,02 Meter und 102 Kilogramm dann fast aus dem Stand in die Höhe und legt alle Kraft in seinen rechten Arm. "Er setzt sich im Spiel zu sehr unter Druck, will immer alles sofort", weiß auch Alfred Gislason. An seinem Vertrauen zu Dissinger und dessen Fähigkeiten ändert das allerdings nichts. In Polen bekam Dissinger die Zeit, die er braucht. Er, der unfreiwillig auch zu einer Art Blitzableiter der Fans geworden ist. Man sei aus dem Traum von einer Verpflichtung eine Superstars wie Mikkel Hansen aufgewacht, und bekommen habe man Christian Dissinger, dieses unbeschriebene Blatt vom TuS N-Lübbecke. Eben dieser Christian Dissinger zeigte in der Orlen-Arena von Plock, dass er auch im Abwehr-Mittelblock neben René Toft Hansen eine echte Alternative sein könnte. Beherzt griff er zu, verschob, ackerte und kassierte ein Lob von seinem Kapitän: "Er hat gut gespielt. Das hat viel gebracht. Disse hat seine Sache auch im Mittelblock gut gemacht. Das bedeutet so viel, dass Duvnjak und Canellas mehr Pausen bekommen. Ich war richtig zufrieden." Im Angriff standen drei Tore am Ende drei Fehlversuchen gegenüber. Entscheidend war an diesem Abend allerdings nicht die Quote. Vielmehr erwies sich Dissinger in der Mineralöl-Stadt Plock unentwegt als Sprit im druckvollen Kieler Angriffsmotor. "Das hat mir gut gefallen. Er ist auch in der Abwehr eine echte Option. Diese Leistung zeigt er jeden Tag im Training", befand Gislason. Dissinger bewegte sich sicher, gefährlich im Positionsspiel, bewies zudem gutes Auge, beispielsweise bei einem Sahne-Anspiel auf den am Kreis auftauchenden Domagoj Duvnjak, das dieser zum 9:2 verwertete. Der Rückraum-Riese hat das Vertrauen seines Trainers nie infrage gestellt, nicht vor und nicht nach dem verkorksten Löwen-Auftritt. Krankheitsbedingt sei er zuletzt etwas geschwächt gewesen. "Aber in Plock hatte ich ein gutes Gefühl auf dem Feld." Trotzdem bleibt der 23-Jährige selbstkritisch: "Im Training läuft es bei mir richtig gut. Im Spiel konnte ich das bisher noch nicht zu 100 Prozent umsetzen." Alfred Gislason ist von seinem Halblinken so überzeugt, dass ihm sogar das Mittel der Übertreibung recht ist: "Christian hat in Plock vielleicht nur 30 Prozent von dem gezeigt, was er im Training zeigt." (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 13.10.2015, Foto: Archiv/Sascha Klahn)