Spiel drei in fünf Tagen: THW Kiel gewinnt Kraftakt gegen den HC Erlangen

Bundesliga

Spiel drei in fünf Tagen: THW Kiel gewinnt Kraftakt gegen den HC Erlangen

Was für eine Ernergieleistung der Zebras! Im dritten Spiel innerhalb von 98 Stunden haben die Kieler zwei wichtige Zähler in der DAIKIN Handball-Bundesliga eingefahren. Für den HC Erlangen dürfte der THW Kiel einen albtraumhaften Klang für Spieler, Umfeld und Fans haben: 19 Spiele, 19 Niederlagen - gegen den Handball-Riesen aus dem Norden gab's für die Franken bisher rein gar nichts zu holen. Und auch der 20. Versuch endete am Donnerstagabend in der Wunderino Arena mit einer Niederlage für das Team von Trainer-Urgestein Martin Schwalb. Die Mentalitäts-Zebras trotzten dem Spielplan, spulten ihr Pensum mit schweren Beinen herunter und gewannen schließlich mit 28:24 (12:9) Toren. Bester Kieler Torschütze war Eric Johansson, der achtmal ins Erlanger Tor traf und als Antreiber wichtige Impulse setzte.

Wiencek glücklich über den Sieg

Es war ein Arbeitssieg mit müden Beinen und Köpfen, aber unterm Strich zählten die Punkte. In der Tabelle der DAIKIN Handball-Bundesliga kletterte der THW damit von Rang fünf auf Platz drei, bleibt mittendrin im Kampf um die Königsklasse. "Wir haben mit vier, fünf Toren geführt, aber auch Fehler gemacht, Bälle weggeworfen. Was erklärbar ist, aber trotzdem konnten wir uns so nicht entscheidend absetzen", analysierte Kapitän Patrick Wiencek treffend. "Es fehlten wohl auch ein paar Körner. Wir sind jetzt glücklich, das Spiel gewonnen zu haben. Einen Schönheitspreis haben wir damit allerdings nicht verdient." Kiels Personalsorgen sind überschaubar geworden. Gegen Erlangen fehlte erneut Kapitän Domagoj Duvnjak, der weiterhin Probleme mit seiner Wade hat. Harald Reinkind und Nikola Bilyk sind zurück im Kader, suchen mit Kurzeinsätzen den Anschluss nach langwierigen Verletzungen. 

Johansson setzt den Maßstab

Den Maßstab setzte Eric Johansson: drei Torwürfe, drei Tore. Nach 2:27 Minuten lagen die Kieler mit 3:1 vorn. Der 24-jährige Schwede traf dabei aus allen Lagen, startete mit einem Hammer aus dem Rückraum, ließ einen überragenden Dreher folgen und netzte schließlich nach Tempogegenstoß zum dritten Mal gegen Ex-Zebra Dario Quenstedt ein. Ein Start nach Maß für Kiels durchschlagkräftiges Rückraum-Ass. Überragend präsentierte sich zudem die THW-Abwehr um den Mittelblock mit Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek oder Petter Överby. Die Gäste liefen sich immer wieder fest, produzierten technische Fehler, scheiterten zudem am erneut gut aufgelegten Tomas Mrkva im THW-Tor. Lediglich fünf Tore brachten die Erlanger bis zur 22. Minute zustande. Bis zum Seitenwechsel parierte der 36-jährige Tscheche sieben Bälle, wehrte in der 29. Minute auch einen Strafwurf von Bissel ab.

Knappe Pausenführung

Aber die Kieler taten sich schwer. Kein Wunder nach der extremen Belastung mit drei Spielen in nur fünf Tagen. Gut, dass Johansson kaum zu bremsen war, beim 8:5 in der 16. Minute bereits seinen fünften Treffer erzielte. Allerdings stellte sich Quenstedt vor seiner ehemaligen Kulisse viel Respekt, war im ersten Durchgang ein guter Rückhalt seiner Mannschaft. Er sorgte dafür, dass die Gäste auf Tuchfühlung blieben. Dabei schien es nach dem erfolgreichen Tempogegenstoß zum 12:6 von Bence Imre in der 24. Minute auf einen deutlichen Vorsprung hinauszulaufen. Erlangen aber konterte, fand nach dem 3:0-Lauf durch die Tore von Metzner, Wagner und Bissel ins Spiel zurück. Der 12:9-Pausenstand entsprach nicht wirklich dem Spielverlauf, den Gästen, die einmal mehr mit langen Angriffen ihr Glück suchten, war das aber sicherlich egal.

Kieler mit Rückraumwucht gegen massive HCE-Deckung

Den besseren Start in Halbzeit zwei erwischten erneut die Kieler. Magnus Landin erzielte sein erstes Tor, traf zum 14:9 von Linksaußen. Angekurbelt von Elias Ellefsen á Skipagötu, der mit viel Tempo versuchte, Lücken im massiven Erlanger Deckungsverband zu finden, drückten die Zebras aufs Tempo. Wenig später war erneut Johansson zur Stelle, sorgte per raffiniertem Dreher für das 14:9. Wenig später aber war der Vorsprung erneut zusammengeschmolzen. Olsson und Nissen verkürzten auf 14:11. Gut, dass die Zebras in der Abwehr weiterhin kräftig zupackten, dem Tabellen-Vorletzten nur wenig gestatteten. Gut auch, dass Emil Madsen sich nun ein Herz nahm und auf seine Wurfqualitäten besann. Der Däne erzielte seinen ersten Treffer im Spiel zum 15:11 in der 35. Minute. Madsens Druck von Halbrechts war auch deshalb so wichtig, weil Erlangen jetzt auch in der Abwehr besser agierte, nur wenige Lücken zuließ. In der 40. Minute wurde es doch noch einmal ganz eng, Metzner setzte sich durch, traf zum 17:15.

Zebras packen den Deckel drauf

Magnus Landin hatte die richtige Antwort, traf von Linksaußen präzise zum 18:15. Á Skipagötu erhöhte auf 19:15. Es folgten die starken Minuten von Emil Madsen, der dreimal unnachahmlich aus dem Handgelenk abzog, trocken in die Erlanger Maschen traf. Als der Däne in der 49. Minute zum 23:18 einnetzte, sah es erneut nach einer Vorentscheidung aus. Erlangen aber ließ nicht locker. Grömmels Treffer zum 21:24 ließ den Gästen alle Optionen offen. Filip Jicha rief zur Auszeit, brachte Andreas Wolff für Mrkva. Es war ein Wechsel mit Folgen. Wolff parierte zweimal großartig gegen Grömmel und Metzner, vorne netzte Madsen unter Zeitnot ein, und als Lukas Zerbe in der vorletzten Minute beim letzten THW-Siebenmeter eiskalt blieb und zum 28:24-Endstand traf, waren die letzten Voraussetzungen für den kurzen Siegertanz in Weiß geschaffen - dafür reichte die Kraft am Ende der Wahnsinns-Fünf-Tage-Woche mit drei Spielen.

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn 

DAIKIN Handball-Bundesliga, 20. Spieltag: THW Kiel – HC Erlangen: 28:24 (12:9)

THW Kiel: Mrkva (1.-52., 9/1 Paraden), Wolff (52.-60. und 1 Siebenmeter, 4/1 Paraden); Reinkind (1), Landin (2), Överby, Wiencek (1), Johansson (8), Dahmke, Zerbe (1/1), Kutz (n.e.), Madsen (6), Bilyk, Pekeler (1), á Skipagötu (5), Imre (3/1); Trainer: Jicha
HC Erlangen: Quenstedt (1.-60., 12/1 Paraden), Zecher (n.e.); Kos (2), Nissen (3), Överjordet, Scheerer, Büdel, Bissel (6/3), Bezjak (1), Metzner (2), Steinert (1), Wagner (5), Olsson (1), Gebala, Gömmel (1); Trainer: Schwalb

Schiedsrichter: Martin Thöne / Marijo Zupanovic
Zeitstrafen: THW: 3 (2x Johansson (16., 39.), Wiencek (32.)) / HCE: 1 (Gebala (40.))
Siebenmeter: THW: 3/2 (Quenstedt hält Imre (8.)) / HCE: 5/3 (Mrkva hält Bissel (30.), Wolff hält Bissel (57.))
Spielfilm: 2:1, 3:2 (5.), 5:2 (9.), 7:4, 8:5 (16.), 10:6, 12:6 (24.), 12:9 (28.);
2. Hz: 14:9 (33.), 14:11, 15:12 (35.), 17:12 (38.), 17:15 (40.), 19:16, 22:16 (46.), 22:18 (49.), 24:19 (51.), 25:22 (54.), 27:22 (55.), 28:24.
Zuschauer: 9.944 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Nach dem dritten Spiel in fünf Tagen möchte ich einfach ‚wow‘ zu meiner Mannschaft sagen, so wie sie das durchgezogen hat. Sie hat versucht, die letzten Reserven aus sich herauszuholen. Deshalb bin ich sehr stolz auf die zwei Punkte und froh über den Sieg, denn der HC Erlangen hat sich im Winter verstärkt und war zuletzt immer knapp dran. Unser Motto war heute: das Spiel überleben und zwei Punkte holen, schönen Handball konnte man im Vorfeld nach dem Ritt der vergangenen Tage eigentlich nicht erwarten. Trotzdem bin ich überrascht, was nach der Weltmeisterschaft und dem Programm der ersten Wochen hier in Kiel noch in den Jungs steckt. Jetzt gebe ich ihnen 48 Stunden Zeit, mentale Frisch zu tanken. Denn das ist das Allerwichtigste.

HCE-Trainer Martin Schwalb: Ich denke, wir haben ein sehr engagiertes Spiel gezeigt. In der Abwehr haben wir uns nach anfänglichen Schwierigkeiten eingegroovt, haben uns als Gemeinschaft bewegt und den THW Kiel sogar vor Probleme gestellt. Allerdings hat unser Gegenstoßspiel fast nicht stattgefunden, im Angriff haben wir das hingegen gut gemacht, wenn wir in Bewegung blieben und Mut zum Tor hatten. Auch wenn es bei einer Niederlage komisch klingt: Das war heute top, das habe ich auch der Mannschaft gesagt, denn wir haben alles, was wir haben, in die Waagschale geworfen.