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35:31 gegen den Titelfavoriten Kielce: THW Kiel wahrt weiße Königsklassen-Weste

Champions League

35:31 gegen den Titelfavoriten Kielce: THW Kiel wahrt weiße Königsklassen-Weste

Dramatik, Tempo, Rasse, Handball der Extraklasse: Der THW Kiel und Industria Kielce zeigten im vierten Gruppenspiel der Machineseeker EHF Champions League alles, was diese Sportart zu bieten hat. Und die Zebras sogar noch ein bisschen mehr: Sie gewannen die hochklassige Partie am Mittwochabend nach 60 grandiosen Minuten vor 6071 völlig begeisterten Zuschauern in der Wunderino Arena mit 35:31 (15:16). Die Kieler bleiben in der Gruppe A der Königsklasse damit weiter verlustpunktfrei, führen diese mit 8:0 Punkten an. "Eine Momentaufnahme, wenn auch eine schöne", kommentierte Routinier Niclas Ekberg die Tabellenführung, "für uns war heute allerdings nur wichtig, dass wir diese starke Mannschaft aus Kielce in unserer Halle schlagen."

Á Skipagötu wird zum "Player of the match" gewählt

Die Halle kochte nach dieser Darbietung, in der feinster Sport und ein Kampf um jeden Zentimeter von beiden Seiten präsentiert wurde. Etwas Wasser in den Wein gossen allerdings die dänischen Schiedsrichter: Sie verteilten in einer hart geführten, aber keineswegs brutalen Partie satte 15 (!) Zeitstrafen an beide Teams, sodass nur selten ein klassisches Handball-Sechs-gegen-Sechs zustande kommen konnte. Einer aus der Zebraherde strahlte trotzdem nach Abpfiff noch mehr als die anderen Kieler Siegertypen: Elias Ellefsen á Skipagötu, der sieben Treffer erzielte und damit gemeinsam mit Eric Johansson die THW-Torjägerkrone an diesem Abend hielt, wurde von der EHF zum "Player of the Match“ gewählt. Der 21-jährige Neuzugang von den Faröer Inseln war neben seinen wichtigen Torerfolgen auch überragender Anspieler und mit seiner Beweglichkeit Alptraum der polnischen Beton-Abwehr.

Tomas Mrkva wird zum Rückhalt

Die Handball-Überflieger von KS Industria Kielce, die zuletzt zweimal im Champions-League-Finale standen, hielten das Spiel nur in der ersten Halbzeit in ihren Händen. Sie lagen zur Pause verdient in Front. Doch dann waren sie dem Tempo und Einfallsreichtum der Kieler nicht mehr gewachsen, scheiterten zudem immer wieder an THW-Torhüter Tomas Mrkva, der insgesamt elf Bälle parierte und zum großen Rückhalt seiner Mannschaft avancierte. Die Kieler gewannen damit zum zweiten Mal in Folge gegen das Weltklasse-Team von Trainer Talant Dujshebaev, hübschten ihre immer noch deutlich negative Bilanz gegen die Polen damit weiter auf. Doch alles auf Anfang: Während THW-Trainer Filip Jicha weiterhin auf seine verletzten Spieler Steffen Weinhold und Vincent Gerard verzichten musste, hatte Kielces Trainer-Legende Talant Dujshebaev seinen Sohn und Spielmacher Alex sowie den ehemaligen Kieler Torhüter Andreas Wolff nicht dabei.

Hohes internationales Format

Beide Teams agierten von Beginn an konzentriert, verzeichneten eine geringe Fehlerquote und boten eine Partie auf hohem internationalen Format. Der THW startete mit Samir Bellahcene zwischen den Pfosten. Doch die ersten 30 Minuten standen nicht im Zeichen der Torhüter, Bellahcene hatte seine Hände, genau wie sein Gegenüber Walach, nur einmal am Ball, musste in der 22. Minute Platz machen für Tomas Mrkva. Domagoj Duvnjak, anfangs auf der Spielmacherposition, eröffnete den Torreigen, Eric Johansson ließ mit großartigem Stemmer in den linken Torwinkel das 2:0 folgen, Gebala traf zum 2:1 für die Polen, und Petter Överby brachte die Kieler erneut mit zwei Toren in Front. Doch die Polen spulten ihr Pensum unbeeindruckt herunter: Moryko und Tournat waren zur Stelle, glichen zum 3:3 aus.

Gäste führen zur Pause

Die Zebras hatten dann vor allem ihre Probleme mit Kielces Spielmacher Karacic, der kluge Anspiele aus der Hand zauberte. Selbst war er ebenfalls torgefährlich, fiel aber auch durch provokante Aktionen auf. Die Kieler blieben gelassen, Vor allem Eric Johansson hatte stets Antworten parat. Die erste Führung von Tournat zum 6:7 glich der Schwede mit einem Kracher aus dem Rückraum aus. Beide Mannschaften agierten auf Augenhöhe. Als Filip Jicha Elias Ellefsen á Skipagötu auf die Platte schickte, wurde das THW-Spiel noch schneller, noch unberechenbarer. Dennoch legten die Gäste vor, führten nach 21 Minuten beim 12:10 erstmals mit zwei Toren, verzeichneten eine Trefferquote von 92 Prozent. Magnus Landin mit seinem dritten Tor im dritten Versuch verkürzte auf 12:13, Niclas Ekberg blieb an der Siebenmeterlinie wieder einmal eiskalt, versenkte den Ball zum 13:13 in Kielces Maschen. Eric Johansson traf kurz vor dem Pausenpfiff dann zum 15:15, Sickos Tor zum 15:16 beendete hoch intensive erste 30 Minuten.

Zebras übernehmen das Zepter

THW-Abwehr-Ass Patrick Wiencek musste dann gleich nach dem Wechsel auf die "Strafbank", Karacic hatte auch diese Zeitstrafe provoziert. Die Kieler überstanden diese Phase: Mit einem sehenswerten Solo setzte á Skipagötu das erste Ausrufezeichen, das er mit seinem Führungstreffer zum 17:16 sofort unterstrich. Die Zebras erwischten jetzt ihre beste Phase: Tomas Mrkva wurde im THW-Tor zur Wand, und mit einem Doppelschlag - zwei sehenswerten Toren von Linksaußen - brachte Rune Dahmke die Kieler mit 19:17 nach vorne. Überragend dann auch die Flugeinlage von Rune Dahmke, als er beim Rückzug einen weiten Ball "erflog", die Grundlage für die erste Drei-Tore-Führung durch den Treffer von Patrick Wiencek schuf. Die Fans in der Wunderino-Arena waren aus dem Häuschen, feierten nach 44 Minuten und den Treffern von Nikola Bilyk und Eric Johansson die erste Vier-Tore-Führung. Nahi und Sicko brachten die Gäste wieder heran. Doch Niclas Ekberg, der nach Foul an Bilyk, erneut an der Siebenmeterlinie stand, verwandelte sicher. Der THW führte 24:21.

Kieler haben perfekte Antworten parat

Immer dann, wenn Gefahr bestand, dass Kielce den Zebras zu dicht auf das Fell rücken könnte, hatte der THW Kiel perfekte Antworten parat. Á Skipagötu blieb ein Faktor. Harald Reinkind traf aus dem rechten Rückraum, glänzte zudem mit großartigen Anspielen. So war es der Norweger, der nach dem 26:27-Anschluss der Gäste (51.) für Ruhe sorgte, und Niclas Ekberg verwandelte seine Siebenmeter weiter ungerührt. Beim 29:26 (52.) war wieder etwas Luft zwischen Kiel und Kielce. Als Petter Överby nach fantastischem Gurbindo-Steal den Ball ins leere polnische Tor schleuderte, Hendrik Pekeler in der Abwehr mit einem Monster-Block rettete, "Skippy" zum 32:27 traf und Harald Reinkind den Ball in der 57. Minute zum 33:27 ins Tornetz schmetterte, war die Vorentscheidung gefallen.

THW mit schwerem Auswärtsspiel vor der Brust

Die Polen suchten ihr Glück mit offensiver Deckung, provozierten weitere Foulspiele. Am Sieg der Kieler war aber nicht mehr zu rütteln. Mit einem fulminanten Kracher in den Torwinkel zum 35:31 beendete Eric Johansson den kämpferischen Kieler Gala-Auftritt und ließ sich mit seinen Teamkollegen von den Fans feiern. Die Freude über den doppelten Punktgewinn und den Sieg gegen eine der Top-Mannschaften der Machineseeker EHF Champions wird aber bereits am Donnerstagmittag wieder der konzentrierten Arbeit weichen. Denn schon am Samstag sind die Kieler wieder in der LIQUI MOLY HBL gefordert: Beim SC DHfK Leipzig steht ihnen ein schweres Auswärtsspiel bevor. Anwurf in der Quarterback Immobilien Arena ist um 16 Uhr, Dyn überträgt die Partie live. Das nächste Heimspiel der Kieler ist erst am Sonntag, 22. Oktober. Dann geht es in der Wunderino Arena gegen den TBV Lemgo Lippe. Für diese Partie gibt es noch Tickets unter www.thw-tickets.de , in der THW-FANWELT und bei CITTI. Weiter geht’s in Leipzig, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

Machineseeker EHF Champions League, 4. Spieltag: THW Kiel – Industria Kielce 35:31 (15:16)

THW Kiel: Mrkva (19.-60., 11 Paraden), Bellahcene (1.-19., 1 Parade); Ehrig, Duvnjak (1), Reinkind (5), Landin (3), Øverby (3), Wiencek (1), Ekberg (4/4), Johansson (7), Dahmke (2), Gurbindo, Wallinius (n.e.), Bilyk (2), Pekeler, á Skipagøtu (7); Trainer: Jicha
Industria Kielce: Walach (1.-60., 7 Paraden), Blazejewski (n.e.); Olejniczak (1), Kounkoud, Sicko (7/1), Tournat (7), Karacic (4), Moryto (6/2), D. Dujshebaev (1), Thrastarson (1), Stenmalm, Gebala (1), Karalek, Nahi (3); Trainer: T. Dujshebaev

Schiedsrichter: Mads Hansen / Jesper Madsen
Siebenmeter: THW: 4/4 / Kielce: 3/3
Zeitstrafen: THW: 8 (Duvnjak (13.), 2x Øverby (19., 57.), Gurbindo (27.), 2x Wiencek (31., 60.), Johansson (34.), Bilyk (60.)) / Kielce: 7 (Olejniczak (7.), 2x Karalek (9., 19.), D. Dujshebaev (21.), 2x Gebala (26., 50.), Kounkoud (52.))
Spielfilm: 2:0 (3.), 3:1, 3:3 (6.), 5:4, 5:6 (13.), 7:8, 10:10 (19.), 10:12 (21.), 11:13, 13:13 (27.), 15:15 (30.), 15:16;
2. Hz.: 16:16, 17:17, 20:17 (40.), 21:19, 23:19 (43.), 23:21, 26:23 (48.), 26:25, 27:26 (51.), 29:27 (52.), 33:27 (57.), 34:28, 34:31 (60.), 35:31.
Zuschauer: 6071 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha:Wir sind sehr stolz, dass wir diese Kampf gewonnen haben. Ich glaube, dass auch meine Spieler stolz darauf sind, denn wir haben viel Energie auf das Spielfeld gebracht und richtig gekämpft. Die Wende gegen diese starke Mannschaft aus Kielce, vor der wir einen gehörigen Respekt haben, war möglich, weil Tomas Mrkva uns mit einigen Paraden ins Gegenstoß-Spiel bringen konnte, das war der Schlüsselmoment für unseren Sieg. Ich bin glücklich, dass sich meine Spieler für ihren Einsatz belohnen konnten und wir deshalb die Halle heute mit einem guten Gefühl verlassen können. Ab morgen starten wir dann die harte Arbeit für das nächste schwere Spiel.

Kielces Coach Talant Dujshebaev: Wir haben 60 Minuten gekämpft, mit diesem Aspekt kann ich zufrieden sein. Aber mit der zweiten Halbzeit bin ich nicht zufrieden. Wir haben zu viele leichte Fehler gemacht, und Tomas Mrkva war mit vielen Glanzparaden zur Stelle. Er hat Kiel die Möglichkeit gegeben, in Führung zu gehen. Mit einem guten Torhüter und einer guten Leistung ist es dann einfacher, so ein Spiel nach Hause zu bringen. Wir müssen unsere Lehren aus diesem Spiel ziehen und weiter hart arbeiten.

Kielces Rückraumspieler Haukur Thrastarson: Wir haben die zweite Halbzeit sehr schlecht gespielt. Wir haben viele Fehler gemacht, und - natürlich - hat Mrkva Kiel geholfen, dieses Spiel zu gewinnen. Wir müssen daraus lernen und weiter arbeiten.

THW-Kapitän Nikola Bilyk: Wir haben ein schweres Spiel gegen eine der besten Mannschaften in Europa gespielt. Es ist immer gut, gegen Mannschaften wie Kielce zu gewinnen. Aber wir werden weiter arbeiten. Heute freuen wir uns über die zwei Punkte und diesen wichtigen Sieg. Denn das, was wir heute gezeigt haben, war die Art und Weise, wie wir uns in unseren Heimspielen präsentieren wollen.