THW Kiel verspielt durch Unentschieden in Elverum Platz drei in der Gruppe
Die Belohnung für die Reisestrapazen der vergangenen Tage blieb aus: Nach dem harterkämpften Bundesligaerfolg am Sonntag bei m TBV Lemgo Lippe reichte es für den THW Kiel in seinem letzten Gruppenspiel der Machineseeker EHF Champions League beim norwegischen Titelträger Elverum Handball in einer jederzeit spannenden Partie nur zu einem 26:26 (12:11) Unentschieden. Die Zebras landen damit in der Gruppe B auf Tabellenrang vier, weil der punktgleiche Konkurrent um Rang drei, HBC Nantes, ein 28:28 bei Pick Szeged schaffte und aufgrund des gewonnenen direkten Vergleichs mit den Zebras die Nase vorn behielt. Der Kieler Achtelfinal-Gegner, Tabellenfünfter der Gruppe A, steht erst am Donnerstagabend fest. Aktuell ginge es gegen den rumänischen Titelträger Dinamo Bukarest.
Ekberg-Comeback mit drei Toren
Verletzungsbedingt hatte THW-Trainer Filip Jicha zuletzt mit Harald Reinkind und Yannik Fraatz lediglich zwei Linkshänder im Aufgebot, in Norwegen stand überraschend Niclas Ekberg wieder im Kader. Der Schwede hatte sich vor zweieinhalb Wochen im Spiel gegen Kielce schwer am Knöchel verletzt, machte zuletzt aber schnelle Fortschritte und war am Dienstag in den THW-Flieger eingestiegen. Und, gute Nachricht: Ekberg lief nicht nur für die Siebenmeter aufs Spielfeld, sondern mischte Ende des ersten Durchgangs und in der zweiten Hälfte auch wieder auf dem Spielfeld mit, traf insgesamt dreimal ins Tor der Norweger. Der Schwede war damit einer von fünf Kielern, die dreimal erfolgreich waren. Für die Norweger, die das Remis in der mit 2.400 Fans total ausverkauften Terningen-Arena von Elverum überschwänglich feierten, war Tobias Groendahl mit fünf Treffern erfolgreichster Torschütze. Zum Helden der großartigen Kulisse, zu der auch 70 lautstarke Kieler Fans mehr als beitrugen, avancierte dagegen Torhüter Emil Imsgard, der insgesamt 17 schwere Bälle abwehrte und phasenweise zum Albtraum für Kiels Angreifer wurde.
Elverums Torhüter im Mittelpunkt
Petter Överby, Harald Reinkind, Sander Sagosen: Drei Norweger standen in Reihen der Kieler auf heimatlicher Spielfläche, dazu gesellte sich mit Eric Johansson ein Zebra-Youngster, der im vergangenen Jahr noch die weißen Trikots der Gastgeber trug, vor fast genau zwölf Monaten in der EHF Champions League achtmal gegen seinen neuen Verein getroffen hatte. In der Terningen-Arena waren viele Freunde, die ihren Eric im neuen THW-Trikot oder den nahe Elverum aufgewachsenen Petter Överby spielen sehen wollten. Doch zunächst stand Emil Imsgard im Mittelpunkt, Elverums Torhüter brachte es auf eine Quote von 50 Prozent, hatte seine Hände auch an den Strafwürfen vorn Niclas Ekberg und Magnus Landin. Vier Minuten mussten die Kieler Fans zunächst auf das erste THW-Tor warten. Yannick Fraatz traf nach trefflichem Zuspiel von Nikola Bilyk zum 1:1, Bilyk traf selbst zum 2:1 und Ekberg per Strafwurf zum 3:2 - sie brachten die Zebras dennoch in Front. Porkelsson und Gröndahl ließen die stimmgewaltige Kulisse dann über Elverums Doppelschlag zum 4:3 jubeln.
Starker Mrkva ebnet Weg zur Halbzeitführung
Filip Jicha setzte zunächst auf Tomas Mrkva zwischen den THW-Pfosten, der Tscheche bedankte sich für das Vertrauen, zeigte ebenfalls eine großartige Leistungen und legte mit seiner siebten Glanztat nach 21 Minuten die Basis für Kiels erste Drei-Tor-Führung: Rune Dahmke war zur Stelle und netzte zum 9:6 ein. Grund genug für Börge Lund, dem ehemaligen Kieler auf Elverums Trainerbank, zur Auszeit zu rufen. Eine Pause, die die Norweger nutzten, Gröndahl brachte sie auf 8:9 heran, Petter Överby erzielte dann das 10:8, Tomas Mrkva machte zudem den Strafwurf von Hedberg unschädlich. Doch die Zebras verloren in der hitzigen Atmosphäre ihren Faden, kassierten kurz vor dem Pausenpfiff durch Borzas den 11:11-Ausgleich. Immerhin war Niclas Ekberg noch zur Stelle, erzielte von Rechtsaußen die verdiente Kieler 12:11-Halbzeitführung in einem zwar fehlerträchtigen, aber unglaublich intensiven Spiel, in denen sich beide Mannschaften nichts schenkten.
Packende zweite Hälfte
Der Schwede eröffnete den Torreigen der zweiten Hälfte dann auch mit seinem Siebenmeter-Treffer zum 13:11. Hektisch ging es weiter, die Norweger waren hochmotiviert, kämpften um jeden Meter, um jeden Ball. Der junge Andersson hämmerte die Kugel zum 13:12 ins Kieler Netz, Petter Överby und Harald Reinkind hielten dagegen. 15:13 stand es nach 38 Minuten für den Favoriten aus Kiel. Doch erneut Andersson und Thorsen hielten die Gastgeber auf Tuchfühlung. Und weil sich Imsgard im Elverum-Kasten weiter steigerte und mit seinen Paraaden gegen frei vor ihm auftauchende Kieler auch eine Unterzahl seiner Mannschaft wettmachte, lagen die Norweger nach Thorsens Treffer zum 17:16 wieder vorn. Eric Johansson schnaufte dann laut durch, als er wenig später mit seinem ersten Tor den Ausgleich erzwang. Doch Elverum hatte stets Antworten, führte nach 45 Minuten mit 21:19, Filip Jicha fieberte mit, sah "Gelb" und das erneute Remis durch Fraatz zum 21:21.
Remis reicht nicht für Platz drei
Der Kieler Jubel hatte nur kurz Bestand, Gröndahl ließ Elverum erneut davonziehen. 22:24 nach 54 Minuten aus Kieler Sicht. Gut, dass Miha Zarabec zwei Glanzpunkte setzte, per Solos den Gleichstand zum 24:24 herstellte. Jetzt hatten die Kieler Oberwasser. Als Hendrik Pekeler, großartig von Harald Reinkind in Szene gesetzt, die erneute Kieler Führung zum 26:25 erzielte, schien der Favoritensieg wieder möglich. Dann traf Gröndahl zum 26:26, Kiel hatte in den letzten 30 Sekunden Ballbesitz, den finalen Wurf setzte dann Sander Sagosen: Kiels Rückraum-Ass scheiterte jedoch - am besten Mann auf dem Feld: Torhüter Imsgard. Ein Remis, das mit Blick auf das zweite Spiel noch ärgerlicher wurde. In Szeged spielte Nantes ebenfalls nur unentschieden, holte sich durch den Punktgewinn und den gewonnenen direkten Vergleich gegen die Zebras aber Platz drei in der Hammer-Gruppe B.
Heimspiel gegen Magdeburg-Bezwinger Leipzig am Sonntag
Am kommenden Sonntag steht für die Kieler das erste von einer ganzen Reihe an Heim-Spitzenspielen in der Wunderino Arena auf dem Plan. Auch wenn die Tabellenplatzierung des SC DHfK Leipzig nicht auf eine Top-Partie schließen lässt, so sind die Sachsen doch so etwas wie die Mannschaft der Stunde in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Die Leipziger haben nach dem Trainerwechsel im November acht ihrer zehn Partien gewonnen, darunter fiel am vergangenen Wochenende auch der verdiente 33:32-Sieg gegen den Meister SC Magdeburg. Auf die Zebras wartet am Sonntag ab 16:05 Uhr also ein schwerer Brocken vor der Nationalmannschaftspause. Für die Begegnung gibt es in der THW-FANWELT und online unter www.thw-tickets.de noch einige wenige Tickets. Weiter geht’s gegen Leipzig, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
Machineseeker EHF Champions League, 14. Spieltag: Elverum Handball – THW Kiel:26:26 (11:12)
Elverum Handball: Imsgard (1.-60., 17/2 Paraden), Mizera (n.e.); Blomgren (4), Hedberg (2), Hübert Larsen, Thorsen (2), Awad (3), Borzas (1), Fingren, Gröndahl (5/2), Porkelsson (2), Cuenca (1), Langaas (2), Heldal (2), Berg (1); Trainer: Lund
THW Kiel: N. Landin (46.-60., 2 Paraden), Mrkva (1.-46., 11/1 Paraden); Duvnjak (1), Sagosen (3), Reinkind (2), M. Landin, Øverby (2), Wiencek (1), Ekberg (3/2), Fraatz (3), Johansson (1), Dahmke (3), Zarabec (2), Schwormstede (n.e.), Bilyk (3), Pekeler (2); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Daniel Accoto Martins / Roberto Accoto Martins (Portugal)
Zeitstrafen: Elverum: 3 (Fingren (37.), Cuenca (44.), Langaas (50.)) / THW: 4 (Sagosen (27.), 2x Reinkind (35., 43.), Johansson (49.))
Siebenmeter: Elverum: 4/2 (Gröndahl an den Pfosten (27.), Mrkva hält Heldal (34.)) / THW: 5/2 (Imsgard hält Ekberg (11.) und M. Landin (28.), M. Landin an den Pfosten (28.))
Spielfilm: 1:0, 1:2 (6.), 2:3, 4:3 (13.), 5:5, 5:7 (18.), 6:9 (21.), 8:10, 10:10 (29.), 11:11 (30.), 11:12;
11:13, 13:15 (36.), 16:15 (39.), 18:18 (44.), 20:18 (46.), 21:19, 21:21 (47.), 24:22 (53.), 24:24 (55.), 25:26 (59.), 26:26 (60.).
Zuschauer: 2420 (Terningen Arena, Elverum (NOR))
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Wir sind sehr enttäuscht, dass wir hier nicht gewinnen konnten. Auf dem Feld habe ich ein kämpfendes Elverum-Team mit einem sehr guten Torhüter gesehen, und von meinen Jungs ist niemand heute an die Leistung der Gastgeber herangekommen. Mit einer Abschlussquote wie heute gewinnt man keine Spiele. Da muss sich jeder hinterfragen, ob er genug investiert hat, mit genug Energie geworfen oder die richtige Entscheidung getroffen hat. Wir hatten die Chancen, nutzen diese aber nicht. Das ist richtig bitter, und das macht mich auch wütend. Nur dann, wenn wir unsere Leistung bringen, werden wir das Achtelfinale überstehen.
Elverums Trainer Börge Lund: Danke an Kiel und Filip für ein sehr intensives Match, wir sind natürlich glücklich, wie das Spiel gelaufen ist. Wir haben gut in der Abwehr gespielt, und im Angriff wichtige Tore erzielt. In dieser fantastischen Atmosphäre heute zu spielen mit dieser Arena hat uns die Gedanken an das verlorene Pokalfinale am Sonntag vergessen lassen. Wir haben einen Big Point gegen ein Top-Top-Team gewonnen, so endet die Gruppenphase mit einem guten Resultat. Ich wünsche Kiel alles Gute für die Zukunft bei allem, was da jetzt noch an harten Aufgaben kommt.
THW-Torhüter Tomas Mrkva: Glückwunsch an Elverum zum fantastischen Spiel. Wir wollten hier unbedingt gewinnen, aber es hat nicht funktioniert. Die Enttäuschung ist riesig, und wir müssen die Gründe hierfür finden. Es war hier eine Riesen-Atmosphäre, die der Heimmannschaft sehr geholfen hat.
Elverums Torhüter Emil Imsgard: Es war richtig gut, dass wir zeigen konnten, auf der größten Bühne abliefern zu können. Es war eine außergewöhnliche Stimmung in der Halle, die uns sehr geholfen hat.
THW-Rückraumspieler Sander Sagosen: Wir haben nur ein Auswärtsspiel in der EHF Champions League gewonnen. Das geht so nicht, das ist nicht unser Anspruch.
THW-Kreisläufer Hendrik Pekeler: Wir haben uns gute Chancen herausgespielt, sind dann aber immer wieder frei vorm Tor gescheitert. So konnten wir uns nie absetzen. Dann ist Elverum sogar in Führung gegangen, und wir konnten die Partie kurz vor Schluss noch drehen, vergeben dann aber den letzten Angriff. Das ist ein bitteres Unentschieden, das tut weh. Wir haben auf den dritten Platz geschielt, Nantes spielt nur unentschieden, und wir können das nicht nutzen – das ist doppelt bitter.