32:29 im Königsklassen-Topspiel: Erster Sieg gegen Kielce seit fast zwölf Jahren
Am 6. März 2011 feierte Schwarz-Weiß zuletzt einen Sieg gegen Industria Kielce. Der heutige THW-Trainer Filip Jicha traf vier-, sein Co-Trainer Christian Sprenger zweimal 36:29-Erfolg, bei dem damals Andreas Palicka im Kasten der Kieler eine entscheidende Rolle spielte. Jetzt, fast zwölf Jahre später, war es erneut ein THW-Torhüter, der seiner Mannschaft den Weg zum Sieg ebnete: Tomas Mrkva war überragender Akteur der Zebras, wehrte insgesamt 15 Bälle ab und war vor allem in der schwierigen Schlussphase ein wichtiger Rückhalt seiner Mannschaft. Am Ende triumphierte der THW Kiel vor 7774 Fans in der Wunderino Arena nach einer grandiosen ersten Halbzeit und temporeichen 60 Minuten mit 32:29 (22:13) Toren, revanchierte sich damit für die 37:40-Hinspielniederlage und festigte zumindest Rang vier in der Vorrunden-Tabelle.
Ekberg trifft und verletzt sich
Nein, zu den Lieblingsmannschaften des THW zählt Industria Kielce sicher nicht. Nur sehr wenige Teams in der Handball-Welt verzeichnen eine positive Bilanz gegen den deutschen Rekordmeister. Die Mannschaft von Trainer-Legende Talant Dujshebaev gehört dazu. Acht Niederlagen standen vor der Partie am Donnerstagabend in der Machineseeker EHF Champions League lediglich drei THW-Siegen gegenüber. Mit der Unterstützung ihrer Fans verschönerten die Zebras jetzt diese trübe Bilanz. Bester Kieler Schütze war Niclas Ekberg, der achtmal ins Tor der Polen traf. Der Schwede erlitt in der Schlussphase allerdings eine Verletzung, knickte bei einem Rettungsversuch mit dem rechten Fuß um und wurde vom medizinischen Personal mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Kabinen begleitet. Für Industria Kielce traf Rechtsaußen Dylan Nahi am besten, sechsmal setzte der Franzose den Ball ins Kieler Tor.
Pekeler: "Wir schielen jetzt auf Platz drei"
"Auch wenn Kielce einige Spieler ersetzen musste, hat die Mannschaft eine Riesen-Qualität. Wir sind sehr froh über diesen Sieg", freute sich THW-Abwehrchef Hendrik Pekeler und blickte zugleich nach vorn: "Wir schielen jetzt natürlich auf Platz drei der Gruppe. Die Chance darauf haben wir uns heute erhalten." Es war erst die zweite Niederlage der Gäste in der Champions-League-Gruppe B, die erste kassierte das Dujshebaev-Team gegen den FC Barcelona. "Wir wollen trotz der Niederlage Gruppensieger werden", sagte Talant Dujshebaev, und ergänzte: „Das ist und bleibt unser Ziel.“
Furioser Zebra-Start
Filip Jicha setzte gegen den polnischen Serienmeister von Beginn an auf Torhüter Tomas Mrkva, und der tschechische Landsmann des THW-Trainers stoppte die torhungrige Angriffsreihe der Gäste mit zahlreichen Glanzparaden am Stück, stach sein Gegenüber, Ex-Zebra Andreas Wolff, deutlich aus. Wolff musste kurz vor dem Pausenwechsel gar seinem Kollegen Mateusz Kornecki Platz zwischen den Pfosten machen, stand dem Kieler Angriffswirbel oft nur hilflos gegenüber. Die Kieler starteten furios in die Partie, Eric Johansson brachte den THW nach 20 Sekunden in Führung, Harald Reinkind und Steffen Weinhold erhöhten schnell auf 3:1. Nach sehenswerten Treffern von Eric Johansson, Patrick Wiencek sowie Yannick Fraatz lagen due Zebras nach sieben Minuten bereits mit 6:2 vorne. Und der Zebra-Express machte weiter Dampf. Rune Dahmke erzielte nach einer weiteren Mrkva-Parade per Tempogegenstoß die erste Fünf-Tore-Führung zum 10:5.
Zebras am Rande der Perfektion
Tournat und Gebala verkürzten zwar auf 8:11, doch nach dem 14:10 durch Sander Sagosen, der Siebenmeter-Parade von Niklas Landin gegen Moryto, Niclas Ekbergs Doppelschlag in der 22. Minute und Rune Dahmkes frechem Dreher zum 17:10 waren die Kieler nach 24 Minuten und dem 4:0-Lauf enteilt. Dujshebaev wechselte sein Team durch, doch die Kieler blieben am Drücker, spielten wie aus einem Guss. Harald Reinkind traf aus dem Rückraum, Patrick Wiencek vom Kreis - und nach den Treffern von Ekberg und Wiencek hatten die Zebras zum Pausenpfiff neun Tore zwischen sich und den letztjährigen Königsklassen-Finalisten gelegt. Die Vorarbeit für die Kieler Torflut leistete immer wieder Tomas Mrkva, aber auch die aufmerksame Deckung des THW Kiel sorgte für reihenweise Ballgewinne, während vorn konsequent abgeschlossen wurde. Ein nahezu perfekter Auftritt des THW Kiel in den ersten 30 Minuten.
Kielce rührt Beton an
Kiels Schlussmann startete auch mit einer Glanzparade gegen den frei vor ihm auftauchenden Sicko in Halbzeit zwei, die THW-Fans in der WunderinoArena jubelten. Machtlos war der Tscheche dann gegen den Strafwurf von Karacic. Wenig später traf Hendrik Pekeler vom Kreis, und Niclas Ekberg per Siebenmeter machte es ihm nach: Der THW führte mit 24:14, lag zehn Tore von. Eine Vorentscheidung schon in der 34. Minute? Nicht gegen die Weltklasse-Mannschaft von Kielce, die nun in der Abwehr aggressiver zupackte, die Zebras zu Fehlern zwang und mit schnellen Händen Anspielversuche unterband. Zudem kassierte Patrick Wiencek seine zweite Zeitstrafe, wurde vorsichtshalber nicht mehr in der Abwehr eingesetzt. Filip Jicha musste umstellen. Die Folge: Kielce übernahm die Regie, rührte in der Abwehr weiter Beton an und nutzte eigene Torchancen eiskalt. Nach einem 6:0-Lauf in neun Minuten waren die Polen wieder auf Tuchfühlung, Tournat erzielte in der 43. Minute das 20:24 - das Top-Spiel war wieder ein Top-Spiel!
Mrkva hält den Sieg fest
Rune Dahmke beendete die siebenminütige Kieler Durststrecke schließlich mit seinem Tor zum 25:20. Alex Dujshebaev und Co. ließen indes nicht locker, kamen Tor um Tor heran, und als Sicko in der 53. Minute gar auf 27:29 verkürzte, war der Ausgang der Partie wieder offen. Kielce nahm seine letzte Auszeit, während die Zebras längst in den Kampfmodus geschaltet hatten und unbedingt die zwei Zähler holen wollten. Der Wille der Schwarz-Weißen? Ungebrochen. Selbst nach Ekbergs Verletzung zogen die Zebras weiter an einem Strang. Und die Schlussphase ging mit der Unterstützung von den Rängen an die Gastgeber. Die Zebras hatten die Köpfe wieder oben, auch ein wenig Glück beim verwandelten Siebenmeter von Magnus Landin zum 30:27. Als dann Miha Zarabec sein Solo unter Zeitdruck zum 31:27 vollendete, Tomas Mrkva mit einer Monster-Parade gegen den frei vor ihm auftauchenden Daniel Dujshebaev sowie Moryto zur Stelle war und Yannick Fraatz den Schlusspunkt zum 32:29 setzte, stand die Arena Kopf, ein wichtiger Sieg war unter Dach und Fach gebracht.
Weiter geht’s mit einem Doppelpack
Am Wochenende können die Zebras nach den zwei kraftraubenden Top-Partien direkt nach der WM ein wenig Durchschnaufen: Da der HSV Hamburg keine Arena zur Verfügung hat, wurde das Gastspiel des THW Kiel in der Hansestadt in den Mai verlegt. Doch bereits kommende Woche geht es wieder richtig rund: In Szeged steht am Donnerstag das erste Endspiel im Kampf um Platz drei in der Machineseeker EHF Champions League an, DAZN überträgt ab 18:45 Uhr live. Am Freitag kommen die Kieler wieder in der Landeshauptstadt an, und am Samstag geht es in der Wunderino Arena um die ersten LIQUI MOLY HBL-Punkte des Jahres: Zu Gast ist ab 20:30 Uhr der Aufsteiger ASV Hamm-Westfalen. Karten für diese Begegnung gibt’s an allen bekannten Vorverkaufsstellen, online unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT direkt an der Arena. Weiter geht’s in Szeged, Kiel!
Machineseeker EHF Champions League, 11. Spieltag: THW Kiel – KS Industria Kielce 32:29 (22:13)
THW Kiel: N. Landin (2 Siebenmeter, 1/1 Parade), Mrkva (1.-60., 15 Paraden); Duvnjak, Sagosen (2), Reinkind (4), M. Landin (1/1), Øverby, Weinhold (1), Wiencek (3), Ekberg (8/2), Fraatz (2), Johansson (2), Dahmke (5), Zarabec (1), Bilyk, Pekeler (3); Trainer: Jicha
Industria Kielce: Kornecki (25.-60., 7 Paraden),Wolff (1.-25. Und 1 Siebenmeter, 6 Paraden); Sanchez, Wiaderny, Sicko (5), A. Dujshebaev, Tournat (4), Karacic (4/2), Moryto (5/1), D. Dujshebaev (2), Stenmalm, Gebala, Karalek (3), Nahi (6); Trainer: T. Dujshebaev
Schiedsrichter: Jonas Eliasson / Anton Palsson
Zeitstrafen: THW: 4 (Pekeler (14.), 2x Wiencek (21., 36.), Weinhold (57.)) / Kielce: 1 (Gebala (34.))
Siebenmeter: THW: 3/3 / Kielce: 4/3 (Landin hält Moryto (19.))
Spielverlauf: 1:1 (2.), 3:1, 6:2 (7.), 8:5 (10.), 10:5, 11:6 (12.), 11:8, 13:8 (17.), 13:10 (17.), 17:10 (24.), 19:13 (27.), 22:13;
22:14, 24:14 (35.), 24:20 (42.), 26:21 (47.), 27:23, 27:25 (50.), 29:25 (51.), 29:27 (53.), 31:27 (58.), 32:29.
Zuschauer: 7774 (Wunderino Arena)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Wir sind richtig glücklich, dass wir Kielce nach so langer Zeit endlich mal wieder besiegen konnten. Es war die längste Kieler Durststrecke gegen eine europäische Top-Mannschaft. In der ersten Halbzeit haben wir fast alles richtig gemacht und hatten 32 Würfe auf das Tor. In der zweiten Halbzeit waren es nur noch 16 Würfe, und wir machen nur noch zehn Tore. Kielce hat wie die Hölle gekämpft und uns gestoppt. Aber am Ende ist unser Gegner ein Champions-League-Finalist und eine der besten Mannschaften auf diesem Planeten, das hat er dann gezeigt. Wir müssen aus unseren Fehlern lernen, freuen uns bis morgen früh aber über diese zwei sehr wichtigen Punkte.
Kielces Trainer Talant Dujshebaev: Glückwunsch an den THW Kiel. Wenn du die erste Halbzeit mit neun Toren verlierst, wird es richtig schwierig. Aber meine Spieler haben alles gegeben, um zurück zu kommen. Das war ein großartiger Kampf, aber Mrkva hat unglaubliche Paraden gezeigt. Er war der Kieler Schlüssel zum Sieg. Wir werden alles für Platz eins geben, aber manchmal ist life is life.
Kielces Torhüter Andreas Wolff: Glückwunsch an den THW Kiel zu diesem verdienten Sieg. Wir haben in der ersten Halbzeit zu lange geschlafen, die Hypothek aus den ersten 30 Minuten war einfach zu groß, um hier noch zu punkten. Wir haben einen großartigen Team Spirit gezeigt und haben tapfer gekämpft. Aber unsere Bemühungen wurden dann durch Tomas Mrkva gestoppt.
THW-Torhüter Tomas Mrkva: In der zweiten Halbzeit hat Kielce gezeigt, was es für eine großartige Mannschaft ist, die immer zurückkommen kann. Am Ende aber war es für uns gerade nach dem Spiel am Sonntag immens wichtig, zwei Punkte zu holen. Das haben wir geschafft. Ich möchte mich bei unseren brillanten Zuschauern bedanken, die uns mit dieser Atmosphäre enorm geholfen haben.