KN: Zurück in die Zukunft
Stuttgart/Kiel. Man stelle sich einmal vor, man sei am Donnerstag irgendwann so gegen 19 Uhr aus einem monatelangen Koma erwacht oder wahlweise wie Marty McFly in "Zurück in die Zukunft" mit dem Fluxkompensator aus der Vergangenheit eingetroffen. Es hätte sich in den folgenden 60 Minuten beim Spiel des TVB Stuttgart gegen den THW Kiel ein wohliges Gefühl der Vertrautheit breitgemacht angesichts einer Zebra-Darbietung voll vergangener Stärken und souveräner Konsequenz im Tun.
Wiedererstarkter THW Kiel empfängt am Sonntag RK Celje
Und so mischte sich nach dem Gewinn der nächsten zwei Bundesliga-Punkte und vor dem Gruppenspiel in der Champions League gegen RK Celje (Sonntag, 17 Uhr, Sparkassen-Arena) auch Trotz in die Aussagen der Kieler Spieler, die es genossen, endlich wieder über eine Siegesserie sprechen zu dürfen. Die schweren Zeiten, betonte Regisseur Miha Zarabec, seien endgültig vorbei. Torwart Niklas Landin stellte fest: "Fast jeder Angriff hatte ein Tor als Ergebnis. Irgendwann glaubt der Gegner nicht mehr an den Sieg." Genau das war zuletzt in der Krise anders, als der THW wie ein angeschlagener Boxer von Halle zu Halle gereicht wurde und man zusehen konnte, wie das Selbstbewusstsein aus den Leibern der Spieler von Chefcoach Alfred Gislason kroch. Das 36:24 in der Porsche Arena sprach eine andere Sprache. Den Württemberger Wild Boys wurde in einer solchen Windeseile der Zahn gezogen, dass sogar der gerne (selbst-) kritische Abwehr-Stratege René Toft Hansen zuvorderst zu betonen drängte: "Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Es läuft richtig gut, die Stimmung ist gut." Um sogleich zu ergänzen: "Aber: Wir machen noch immer zu viele Fehler. Gegen Top-Teams wird so etwas bestraft."
Apropos Top-Teams: Ist der slowenische Meister RK Celje, am Sonntag Gegner in der Königsklasse, nach den Abgängen von Top-Stars wie Blaz Janc, Blaz Blagotinsek oder Neu-Kieler Miha Zarabec bereits wieder ein solches? Gislason spricht von einem "starken Gegner, der zu Hause Kielce und Brest geschlagen und das Spiel in Paris lange offengehalten hat". Nach den Belastungen der vergangenen Tage (Toft Hansen: "Nach der Brest-Reise war ich tot. Zum Glück war Montag frei. Ich freue mich jetzt auf meine Familie") freuten sich am Freitag alle auf ihre heimischen Betten, waren mit den Köpfen aber schon beim kommenden Europa-Duell.
Mit Insiderwissen kann Spielmacher Zarabec bestechen, er kennt die Slowenen ganz genau. In Stuttgart bekam der 26-Jährige viel Einsatzzeit von seinem Coach, bestach durch Tempo und Spielwitz, assimiliert sich zusehends in der Zebraherde, in der es bislang besonders im Zusammenspiel mit den Halben noch hakte. "Ich weiß, was ich kann und was ich brauche. Jeder Mittelmann braucht Spielzeit, mindestens 30 Minuten pro Spiel. Ich fühle mich sehr gut", sagte Zarabec. Trotz großer Verletzungssorgen in Celje erwartet auch der Spielmacher ein enges Match: "Celje kommt ohne Druck. Die spielen einen schnellen Handball mit vielen Gegenstößen. Aber wir wissen, was die machen. Ich kenne ihre Taktik gut. Wir müssen selbst ins Tempo kommen und ruhig sein im Kopf. Dann gewinnen wir."
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 11.11.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)