
Zebras bezwingen Wetzlar: Temporeicher THW Kiel mit erfolgreichem Heim-Auftakt
Schwarz-weißer Jubel auf den Rängen, große Freude auf dem Parkett: Der THW Kiel ist großartig in die neue Spielzeit der DAIKIN Handball-Bundesliga gestartet. Nach dem gelungenen Saisonauftakt mit dem 31:29 beim HC Erlangen feierten die Zebras am Mittwochabend in der Wunderino-Arena vor 9920 Fans im zweiten Spiel den zweiten Sieg. Sie siegten nach einer konzentrierteren Vorstellung in der zweiten Halbzeit mit 34:30 (16:15) über die HSG Wetzlar. Ein Riesen-Spiel machte Routinier Domagoj Duvnjak, der dem Angriff in der ersten Halbzeit Struktur verlieh, selbst dreimal traf und im zweiten Durchgang in der Defensive die HSG Wetzlar vor große Probleme stellte. Bester Torschütze beim Sieger war indes Emil Madsen, der achtmal traf. Auffällig agierte auch Mittelmann Elias Ellefsen á Skipagötu, der genau wie Lukas Zerbe in der zweiten Halbzeit kam. Beide gaben dem Kieler Angriffsspiel neue temporeiche Impulse, beide trafen je sechsmal.
Lob vom Gegner für Kieler Fans
Die Mittelhessen, die gegen den THW Kiel stets zu überraschen wissen, haben acht neue Spieler, sind eine andere, starke Mannschaft geworden. Mit dem überraschenden 33:33 gegen die SG Flensburg-Handewitt hatte das Team von Trainer Momir Ilic bereits beim Saisonstart ein erstes Ausrufezeichen gesetzt, in Kiel zeigten sie über weite Strecken ebenfalls eine starke Partie, fanden gegen die in der zweiten Halbzeit überragend auftrumpfenden Zebras aber keine Gegenmittel. "Wir haben in der zweiten Halbzeit die Abwehr umgestellt, jeder hat um jeden Meter gekämpft. Andy Wolff hat uns zudem mit großartigen Paraden Luft verschafft", analysierte Kapitän Domagoj Duvnjak. Josip Simic, wichtige Stütze der HSG-Mannschaft erwähnte auch die großartige Atmosphäre in der Wunderino-Arena. "Als der THW in der Abwehr auf 5:1 umstellte, Dule mit seinen langen Armen für Unruhe bei uns sorgte, kam auch die Halle. Die Zuschauer haben einen großen Druck auf uns ausgeübt. Sie waren achter Mann auf dem Feld", so Wetzlars Rückraum-Ass.
Kieler Verletzten-Trio auf der Tribüne
Wie schon gegen Erlangen mussten die Kieler neben ihren Langzeitverletzten Hendrik Pekeler (Achillessehne) und Gonzalo Perez de Vargas erneut auf Neuzugang Veron Nacinovic verzichten. Der 24-jährige Abwehrspezialist laboriert weiterhin an seiner verletzten Schulter aus dem Supercupspiel gegen Berlin. Rechtsaußen Lukas Zerbe, beim Auftakt in Nürnberg ebenfalls vorzeitig mit einer Sprunggelenksverletzung ausgefallen, drückte in der ersten Halbzeit zunächst die THW-Bank, kam dann für Bence Imre und spielte sich in einen Rausch. Gästetrainer Momir Ilic wurde indes herzlich von den Kieler Fans begrüßt. Der beliebte Serbe trug vier Jahre das THW-Trikot, war Zimmerkollege von Filip Jicha und Teil des glorreichen THW-Teams, das sich 2011 mit der makellosen 68:0-Punktejagd in die Handball-Historie warf. Bei seiner Rückkehr in die Wunderino-Arena hatte der neue HSG-Coach ebenfalls mit Verletzungsproblemen zu kämpfen, so fiel auch Mittelmann Mappes aus, der von Vistorop aber gut vertreten wurde. Überhaupt boten die Hessen über lange Strecken eine starke Leistung.
"Dule" lieferte einmal mehr ab
Die Zebras starteten gut in die Partie, blockten den ersten Gästeangriff, gingen durch Rechtsaußen Bence Imre - glänzend bedient von Emil Madsen - mit 1:0 in Front. Madsen war nach dem Ausgleich von Simic auch zum 2:1 zur Stelle, das THW-Angriffsspiel nahm, angetrieben von Mittelmann Domagoj Duvnjak, Fahrt auf. THW-Trainer Filip Jicha hatte der Anfangs-Nervosität seiner jungen Mannschaft die geballte Erfahrung von Duvnjak entgegen gesetzt, und der Kapitän lieferte. Traf selbst, legte vor, setzte Nadelstiche in der Abwehr. Peter Överby erzielte in der fünften Minute die erste Zwei-Tore-Führung, der Zebras dann war Eric Johansson zweimal aus dem Rückraum erfolgreich, erneut war Överby zur Stelle: 5:3. Und die Kieler machte weiter Dampf – unterstützt von Torhüter Andreas Wolff, der Theiß einen Strafwurf abkaufte. Der folgende Doppelschlag von "Dule" brachte die 8:5-Führung, wenig später stand es 9:6.
Knappe Pausenführung
Wetzlar aber ließ sich nicht abschütteln, profitierte von technischen Fehlern der Schwarz-Weißen, Suljakovic steigerte sich im Tor der HSG. Nach 18 Minuten hatten sich die Gäste auf 10:11 herangekämpft. Zwei Glanztaten von Bence Imre sorgten dann für noch mehr Stimmung in der Arena, der junge Ungar verwandelte zunächst aus schwierigem Winkel, leitete dann den Kempa zum 13:10 ein. Emil Madsen warf sich in die Vorlage, riss die nach getaner, filligraner Arbeit die Arme zum Torjubel hoch. Fünf Minuten vor dem Pausenpfiff war Wetzlar dann wieder dra:, Theiß erzielte das 14:14. Filip Jicha reagierte, sorgte für eine Tempoverschärfung im Angriff, indem er Elias Ellefsen á Skipagötu brachte. Die letzten Minuten der ersten Halbzeit standen aber im Zeichen von Andreas Wolff. Mit einer Glanzparade verhinderte Kiels Torhüter die erste mögliche Gästeführung gegen Zacharias, dann war er gegen Weimar zur Stelle. Dass die Zebras mit der knappen 16:15-Führung in die Kabinen gingen, war dann das Verdienst á Skipagötu, der sich auf schnellen Beinen gegen die HSG-Deckung durchsetzte.
Zebras ziehen davon
Bis zum 18:18 in der 36. Minute blieben die Gäste auf Augenhöhe. Die Umstellung der THW-Abwehr trug dann schnell Früchte. Domagoj Duvnjak nervte die HSG-Angreifer in der hybriden 5:1-Formation als Spitze der THW-Defensive, klaute Bälle, fütterte das THW-Angriffsspiel, in dem á Skipagötu die überragende Form der ersten Saisonspiele mit großartigen Leistungen unterstrich. Der junge Färinger war Anspieler, ständiger Unruheherd und großartiger Torschütze in eine Person. Von seinen Anspielen profitiert vor allem auch Lukas Zerbe: Der THW-Rechtsaußen war stark im Rückzug, hatte vorne nahezu eine 100-Prozent-Quote. Da Andreas Wolff weiterhin auftrumpfte, vorne jeder THW-Angriff von Erfolg gekrönt wurde, legten die Zebras einen makellosen 6:0-Lauf aufs Parkett - auch getragen von der "weißen Wand". Die THW-Fans unterstützten ihre Mannschaft nach Leibeskräften und übten lautstark Druck auf die Gäste aus: Nach 43 Minuten waren die Zebras auf 26:19 davon galoppiert.
18-jähriger Ankermann feiert Bundesliga-Debüt
Spannend blieb es trotzdem, die Gäste duckten sich nicht weg, glaubten an ihre Chance, Punkte aus Kiel zu entführen. Mit einem nahezu perfekten 7-gegen-6 verbesserte sich die Trefferquote der Gäste, Fehler im Kieler Angriff halfen zusätzlich: In der 47. Minute hatte Akapko, Cavor und Co. ihre Farben auf 23:27 herangebracht. Zeit für Filip Jicha für die nächste Auszeit, in der der Coach die richtigen Knöpfe bei seinen Jungs drückte. Die Folge: Der THW Kiel besann sich auf seine Stärken, Lukas Zerbe glänzte nach Madsen-Pass mit großartigem "Einläufer"-Tor. Á Skipagötu sorgte mit einem "Bowling"-Unterarmwurf für Jubel. Lukas Laube erzielte seine ersten Tore in neuer Heimumgebung, und Harald Reinkind verhinderte ein Gegentor mit großartigem Rückzug: Nach 53 Minuten und einem weiteren Á Skipagötu-Treffer waren die Zebras erneut auf sieben Tore enteilt. 34:27, die Heim-Punkte waren im Kasten! Und noch einmal gab es großen Grund zum Jubel auf den Rängen: Nachwuchsmann Rasmus Ankermann, vor der Partie für seine WM-Goldmedaille mit der deutschen U19-Auswahl geehrt, feierte seine ersten Spiel-Minuten in der DAIKIN HBL in der Halle, in der er einst als Kind seine Idole von der Tribüne aus anfeuerte. I-Tüpfelchen auf einem rundum gelungenen Heimauftakt der Kieler Zebras!
"Kleines Derby" am 13. September in Kiel
Das kommende Wochenende können die Zebras noch einmal durchschnaufen, bevor auf sie in der Wunderino Arena die nächste schwierige Aufgabe der noch jungen Saison wartet: Am Samstag, 13. September, ist um 20 Uhr der Handball Sport Verein Hamburg zu Gast in Kiel. Die Hamburger sind gut in die Spielzeit gestartet und wollen auch an der Förde für Furore sorgen. Das „kleine Derby“ gegen die Hanseaten gehört zu den Klassikern der DAIKIN HBL und wird auch bei der kommenden Auflage viele Emotionen bieten. Der Handball-Streamingdienst Dyn überträgt wie gewohnt live, noch gibt es aber auch Eintrittskarten für die Arena unter www.thw-tickets.de, bei CITTI und in der THW-FANWELT. Mit dem „Küstenkracher-VIP-Paket“ kann man sich zudem einen spektakulären Handballabend mit allem Drum und Dran gönnen. Weiter geht’s gegen Hamburg, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN HBL, 2. Spieltag: THW Kiel - HSG Wetzlar: 34:30 (16:15)
THW Kiel: Nowottny (n.e.), Wolff (1.-60., 15/1 Paraden); Duvnjak (3), Reinkind, Landin, Överby (2), Laube (2), Johansson (3), Ankermann, Dahmke (1), Zerbe (6), Madsen (8), Bilyk, á Skipagötu (6), Imre (3); Trainer: Jicha
HSG Wetzlar: Suljakovic (1.-60., 8/1 Paraden), Pantel (n.e.); Grahovac (2), Vistorop (1), Theiß (2), Simic (6), Ahouansou (7), Akakpo (3), Weimer, Müller, Löwen, Zacharias (1/1), Cavor (7), Nafea; Trainer: Ilic
Schiedsrichter: Fabian Friedel / Rick Herrmann
Zeitstrafen: THW: 1 (Landin (23.)) / HSG: 5 (2x Ahouansou (9., 18.), Akakpo (20.), Grahovac (37.), Zacharias (56.))
Siebenmeter: THW: 3/2 (Suljakovic hält Imre (16.)) / HSG: 3/1 (Wolff hält Theiß (9.), Zacharias vorbei (23.))
Spielfilm: 1:0, 2:2 (3.), 5:3 (6.), 6:5, 8:5 (8.), 9:6, 9:8 (12.), 11:8, 11:10 (17.), 13:10 (19.), 13:12, 14:14 (25.), 16:15;
2. Hz.: 17:15 (32.), 17:17 (33.), 18:18, 25:18 (42.), 26:19 (43.), 26:21 (44.), 27:23 (47.), 29:25 (49.), 31:25 (50.), 33:26 (53.), 34:27 (56.), 34:30.
Zuschauer: 9920 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Wir nehmen die Glückwünsche gerade gegen Wetzlar gerne an. Ich muss meiner neuformierten Mannschaft gratulieren, mit welcher Willenskraft und Energie sie dieses Spiel bestritten hat. Bei 9:6 verpassen wir zwei Riesen-Chancen, weiter davonzuziehen. Stattdessen kommen wir in eine Phase, in der wir uns mit dem Abschluss schwer getan, einige Technische Fehler produziert haben und insgesamt gegen die beiden wurfstarken Ahouansou und Cavor Probleme hattebn. In der zweiten Hälfte haben wir mit der 3-2-1 eine Phase erzwungen, in der wir Ahouansou und Cavor ein bisschen aus dem Spiel nehmen und Wetzlar aus der Ruhe bringen konnten. Dann sind wir mit den Emotionen weggezogen, und die Achse aus Elias und Emil hat gegen das brutale Tempo der Wetzlarer mit ebensolchem reagiert. Ich habe meiner Mannschaft gesagt, dass sich jeder beim THW Kiel über solche Siege freuen muss, denn sie sind in dieser Liga nicht selbstverständlich. Ich habe auch unsere Fans gesehen, die das Engagement unserer neuer Mannschaft sehr honoriert haben. Die Erkenntnis ist aber auch, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Wir wollen uns mit unserer neuen Mannschaft selbst in den Vordergrund stellen und eine „Wir-gegen-alle“-Mentalität entwickeln. Jetzt haben sich die Jungs, die in der gesamten Vorbereitung bis heute nur zwei freie Tage haben, und ihre Familien ein freies Wochenende verdient.
HSG-Trainer Momir Ilic: Gratulation an Filip und den THW Kiel zum verdienten Sieg. Ich bin sehr froh, dass hier alles und alle wieder zu sehen. Zum Spiel: Wir haben gut gekämpft und vor allen Dingen im ersten Durchgang gut mitgehalten, mit dieser Halbzeit bin ich sehr zufrieden. Mit 17 verworfenen Bällen und den vielen klaren Chancen, die Wolff vereitelt hat, hast Du hier in Kiel aber keine Chance. Und auch auf die Umstellung der Kieler auf die offensive Deckung haben wir nicht gut reagiert, da haben wir einfache Tore kassiert – und dann ist es in dieser Halle schwer, noch einmal zurückzukommen. Aber: Wir haben bis zum Ende gekämpft und Charakter gezeigt, Sonntag geht’s weiter.