
Mit Tempo, Leidenschaft und weißer Wand: Wacher THW Kiel besiegt Lemgo 35:29
Der THW Kiel bleibt hungrig, kämpft auf der Zielgeraden der DAIKIN Handball-Bundesliga weiter um jeden Meter und schlug den TBV Lemgo Lippe am Donnerstagabend in einem begeisternden Spiel mit 35:29 (18:17). Rund 10000 Fans in der Kieler Wunderino-Arena waren total begeistert von einer leidenschaftlich geführten Handball-Gala, an der auch der Gast mit einer starken Leistung großen Anteil besaß. Am Ende gewannen die Zebras mit viel Tempo, der fantastischen Unterstützung ihrer "weißen Wand" und zwei überragenden Rückraum-Spielern: Eric Johansson (9 Tore) und Emil Madsen (11) trafen nicht nur insgesamt 20 Mal, sondern rissen mit viel Einsatz Lücken, setzten ihre Mitspieler in Szene und waren wie ihre Mitspieler unglaublich wach.
Nikola Bilyk erstmals seit fünf Monaten wieder dabei
Jubel gab's schon vor der Partie: Nach fünfmonatiger Pause kehrte Rückraum-Ass Nikola Bilyk in den THW-Kader zurück. Nach seiner Oberschenkelverletzung soll der Österreicher behutsam wieder an das Team herangeführt werden, Trainer Filip Jicha schickte den 28-Jährigen dann in der 55. Minute aufs Parkett: Nikola Bilyk hatte sichtlich Freude bei seiner Rückkehr aufs Bundesliga-Parkett, glänzte zunächst mit einem gekonnten Zuspiel auf Patrick Wiencek, das zu einem Siebenmeter für Kiel führte. Dann setzte Bilyk seinem Kurzauftritt die Krone mit einem ganz ausgeschlafenen Dreher an Torhüter Kastelic vorbei zum 34:28 auf. Die Folge: Riesen-Jubel bei jedem einzelnen THW-Spieler auf dem Feld und auf der Bank, und natürlich waren auch die THW-Fans begeistert: Sie feierten erst den Rückkehrer und wenig später die gesamte Mannschaft nach der Handball-Gala euphorisch.
Besonderes Spiel auch für Lukas Zerbe
Ein besonderes Spiel war es auch für Lukas Zerbe, der zu Saisonbeginn aus dem Lipperland an die Förde gewechselt war. Der Kieler Rechtsaußen traf gegen seine ehemaligen Mitspieler viermal, zweimal war der 29-Jährige von der Siebenmeterlinie erfolgreich. "Es ist natürlich immer etwas Besonderes, gegen seinen Heimatverein und die ehemaligen Mannschaftskameraden zu spielen", sagte Zerbe. "Daher bin ich besonders froh, dass wir das Spiel gewonnen haben. Entscheidend war, dass wir Mitte der zweiten Halbzeit die von uns erzwungenen Ballverluste von Lemgo mit wichtigen Toren ausgenutzt haben." In der Tat war es das erwartet schwere Spiel gegen einen Gegner, der in der Bundesliga-Rückrunde zu den stärksten Teams zählt, manchen Hochkaräter bereits aufs Kreuz gelegt hatte. Die Kieler starteten konzentriert, hatten nach der schnellen 2:0-Führung durch - natürlich - Johansson und Madsen zunächst die Nase vorn. Nach sechs Minuten und dem dritten Treffer des glänzend aufgelegten Madsen legten sie das 5:2 vor, doch die Lipperländer kämpften sich dank starker Defensive schnell in die Partie zurück. Sie sorgten nach einem 3:0-Lauf in der 9. Minute für den ersten Ausgleich, Simak war in der neunten Minute zur Stelle, traf zum 5:5.
Tempohandball und spielerische Feinheiten
Fortan schenkten sich beide Teams nichts, bolzten Tempo, hatten jeweils stets Antworten auf gute gegnerische Aktionen parat. Zumeist legten die Zebras vor. Lemgo reagierte mit effektivem Tempospiel, hatte in Tim Suton einen starken Regisseur und Vollstrecker, mit Samuel Zehnder einen nervenstarken Siebenmeterschützen. Außerdem traf der Schweizer zunächst auch zuverlässig von Linksaußen. Auf der anderen Seite hielten Domagoj Duvnjak, Johansson und Madsen das Heft des Handelns in der Hand. Madsen glänzte vor allem in der ersten Halbzeit als eiskalter Vollstrecker, schenkte dem TBV acht Tore in den ersten 30 Minuten ein. Vor allem die wuchtigen Treffer des Dänen ließen die Zebras stets knapp vorne liegen. So wechselten die Teams mit dem knappen 18:17 die Seiten. Defensiv-Liebhaber kamen - anders als beim Kieler 23:22 im Hinspiel - nicht unbedingt auf ihre Kosten: Tempohandball und spielerische Feinheiten begeisterten die Zuschauer, die Torhüter auf beiden Seiten bekamen nur selten ihre Hände an die Bälle.
Rückenwind der "weißen Wand"
Der Start in den zweiten Abschnitt stand vor allem im Zeichen von Johansson, der jetzt die Zügel an sich riss, überragender Passgeber und Torschütze gleichermaßen war. Weil auf beiden Seiten jetzt auch die Torhüter mitspielten, zum Rückhalt wurden, blieb die Partie weiter eng. Beim TBV war weiter Verlass auf Zehnder, und als Hutecek in der 44. Minute auf 23:24 verkürzte, waren die Gäste wieder dran. Ein letztes Mal allerdings. Denn fortan waren die Gastgeber Herr im eigenen Haus, bekamen nach zahlreichen umstrittenen Entscheidungen des Schiedsrichter-Gespanns nun auch den Rückenwind der kompletten "weißen Wand" auf den Rängen. Tomas Mrkva wurde zum starken Rückhalt im THW-Tor, Duvnjak gelang ein wichtiger Ballklau mit anschließendem Torerfolg, wenig später traf "Dule" sehenswert per Aufsetzer zum 27:24.
Großartiger Handballabend mit siegreichen Zebras
Die Stimmung auf den Tribünen explodierte, auf dem Feld nutzten die Zebras die Unterstützung ihrer Fans: Patrick Wiencek traf glücklich zum 28:24. Wenig später hatte Rune Dahmke den Kopf oben, sah das leere TBV-Tor und brachte seine Farben gegen die mit dem siebten Feldspieler agierenden Ostwestfalen aus 36 Metern (!) mit 29:24 in Front. Eine Vorentscheidung in der 49. Minute. Die Schlussphase geriet dann zur Johansson-Gala, der Schwede war nicht zu bremsen, netzte insgesamt neunmal ein. Beim 32:26 in der 54. Minute kam dann die Zeit für Nikola Bilyk, THW-Trainer Filip Jicha gab auch dem jungen Henri Pabst ein paar weitere Bundesliga-Minuten. Der THW-Youngster bedankte sich mit dem Treffer zum 35:29, setzte den Schlusspunkt hinter einen großartigen Handball-Abend.
Weiter geht's Sonntag in Potsdam
Für die Zebras geht es am Samstag nach dem Abschlusstraining per Bus nach Potsdam, wo am Sonntag die nächste Aufgabe in der schwersten Liga der Welt auf den THW Kiel wartet. Der Aufsteiger 1. VfL Potsdam möchte seinen Fans in der ausverkauften MBS-Arena ein starkes Spiel gegen den Rekordmeister zeigen und wird ohne mentalen Druck und mit viel Selbstbewusstsein in die Partie gehen, die live bei Dyn und im Free-TV bei Welt.tv zu sehen sein wird. Danach rückt dann der Europapokal in den Fokus: Bei den Maschinensucher EHF Finals in der Barclays Arena treffen die Zebras am 24. Mai im Halbfinale auf die bärenstarke französische Top-Mannschaft Montpellier HB. Für die an die "weiße Wand" angrenzenden Blöcke U 18 und U1 gibt es noch Karten im freien Vorverkauf im EHF-Ticketshop. Weiter geht’s aber am Sonntag in Potsdam, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN Handball-Bundesliga, 29. Spieltag: THW Kiel - TBV Lemgo Lippe 35:29 (18:17)
THW Kiel: Mrkva (24.-60., 6 Paraden), Wolff (1.-24. und zwei Siebenmeter, 2 Paraden); Duvnjak (3), Landin, Överby, Wiencek (3), Pabst (1), Johansson (9), Dahmke (2), Zerbe (4/2), Kutz (n.e.), Madsen (11), Bilyk (1), Pekeler, á Skipagötu (1), Imre (n.e.); Trainer: Jicha
TBV Lemgo Lippe: Möstl (1.-40., 9 Paraden, Kastelic (40.-60., 3 Paraden); Hutecek (5), Theilinger, Zehnder (10/6), Brosch, Simak (2), Schagen (2), Carstensen, Suton (6), Versteijnen (3), Wagner (1), Faust, Herseklioglu, Petrovsky; Trainer: Kehrmann
Schiedsrichter: Lucas Hellbusch / Darnel Jansen
Zeitstrafen: THW: 3 (2x Wiencek (14., 19.), á Skipagötu (25.) / TBV: 1 (Suton (20.))
Siebenmeter: THW: 2/2 / TBV: 6/6
Spielfilm: 1.Hz.:2:0, 3:2 (5.), 5:2, 5:5 (9.), 7:7, 9:9 (16.), 11:10, 13:10 (20.), 15:12 (22.), 16:13 (25.), 16:15 (25.), 18:17;
2. Hz: 19:17, 23:21 (40.), 24:23 (41.), 26:24 (46.), 29:24 (49.), 32:25 (51.), 32:28 (57.), 34:28 (59.), 35:29 .
Zuschauer: 9989 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: THW-Trainer Filip Jicha: Das war ein sehr intensives Spiel, und unser maximaler Respekt vor Lemgo hat sich bestätigt. Der TBV ist ein sehr, sehr unangenehmer Gegner, und das Spiel war total ausgeglichen. Meine Mannschaft hat gute Aktionen gezeigt und vor allen Dingen sehr viel Geduld bewiesen. Das ist nicht einfach gegen Lemgo, da haben einige Teams auch schon die Nerven verloren. Wir nicht, deshalb bin ich wirklich froh über die zwei Punkte und die Leistung. Und ich bin richtig froh, dass Niko nach so langer Zeit zurück ist und diese Rückkehr mit einem Tor gekrönt hat. Ich wollte ihm zwei Angriffe geben, es sind drei geworden – und man hätte erleben müssen, wie Niko eben in der Kabine gefeiert wurde. Ich hatte ihn gestern nach dem Training gefragt, ob er heute mitspielen möchte. Die Ärzte haben grünes Licht gegeben, und er hat mir signalisiert, bereit dafür zu sein. Morgen wird er den Einsatz heute merken, da werden wir sehen, wie es ihm geht. Er muss jetzt kontinuierlich weiter auftrainieren, dann können wir vorsichtig auch die Belastung steigern.
Hervorheben möchte ich heute Emil und Eric. Das war eine Weltklasse-Leistung der beiden mit viel Intensität in den Zweikämpfen und viel Verantwortung. Ein bisschen war es wie in alten Zeiten, in denen Rückraum links und Rückraum rechts die meisten Tore machen – von den beiden waren es heute 20. Insgesamt war es wichtig, dass wir die letzte Saisonetappe mit dem weiteren Highlight in Hamburg jetzt mit einem Sieg gestartet haben.
Lemgos Trainer Florian Kehrmann: Heute war ein sehr intensives Spiel, beide Teams haben sehr leidenschaftlich gespielt und mit tollen Aktionen die Zuschauer begeistert. Wir hätten nicht so viele Fehler machen dürfen, wenn wir heute etwas aus Kiel hätten mitnehmen wollen. Gerade Mitte der zweiten Halbzeit machen wir ein, zwei Fehler zuviel, die Kiel dann Sicherheit geben. Ich bin dennoch stolz auf meine Mannschaft: Wir haben uns heute hier toll präsentiert.