Ein toller Jahresabschluss: THW Kiel feiert mit den Fans einen 34:20-Kantersieg gegen Hannover
Was für ein Handballabend in der Wunderino Arena: Erst verlängerten Samir Bellahcene und der Kieler "Jung" Rune Dahmke ihre Verträge, dann brannten die Zebras ein Tempo-Feuerwerk mit etlichen Handball-Leckerbissen ab. Die Erinnerung an den 9. November, als der THW Kiel bei der TSV Hannover-Burgdorf eine 33:36-Niederlage kassierte und mit insgesamt zehn Minuspunkten die Rückreise nach Kiel antrat, verblassten angesichts des furiosen Kieler Spiels in einer fantastischen Atmosphäre. Die Zebras nahmen eindrucksvoll Revanche, spielten die Männer von Trainer Prokop mit einer kämpferischen und spielerischen Glanzleistung regelrecht an die Wand und feierten einen überzeugenden 34:20 (14:8)-Triumph. 10285 Fans in der ausverkauften Wunderino Arena waren völlig aus dem Häuschen, freuten sich über ein großartiges Handballspiel als Einstimmung auf die kommenden Fest-Tage.
Zebras seit neun Spielen ungeschlagen
Beste Voraussetzungen also für ein schönes Weihnachtsfest für Spieler und THW-Fans, weisen die Zebras doch sechs Wochen nach der Schlappe in Hannover noch immer eben diese zehn Punkte auf der Minusseite auf. Seit nunmehr neun Spielen sind die Kieler wettbewerbsübergreifend ungeschlagen, bauten ihre Siegesserie in der LIQUI MOLY HBL auf inzwischen sieben Partien aus. Die Zebras verdienten sich den Jubel der heimischen Fans in der Kieler Arena. Kapitän Domagoj Duvnjak erinnerte bei seinen Weihnachtsgrüßen nach der Partie an seine Worte vom vergangenen Jahr: "Viele haben damals nach einigen Niederlagen an uns gezweifelt. Dann sind wir Meister geworden. Ich kann heute nichts versprechen", sagte "Dule", "aber wir alle hier auf der Platte wollen, dass unsere Siegesserie weitergeht."
Verlängerungen sorgen für Stimmungs-Orkan
Klar, dass die Worte des THW-Kapitäns begeistert aufgenommen wurden, nach einer Berg- und Talfahrt zu Saisonbeginn haben sich die Zebras mit Kampf und guten Leistungen zurück in die Spur gespielt. Die Fans standen ihrem Team auch in schweren Zeiten zur Seite. Glanzvolle Siege machen es aber deutlich einfacher - wie gegen Hannover. Beste Torschützen am Mittwochabend waren der Färinger Elias á Skipagötu und der Schwede Karl Wallinius. Beide Rückraumspieler netzten sechsmal im TSV-Tor ein. Ein starker Rückhalt war zudem Torhüter Tomas Mrkva, der den gegnerischen Angreifern mit insgesamt 14 Paraden den Zahn zog, damit die Basis für Kieler Tempoangriffe schuf. Die "weiße Wand" jubelte aber bereits, als die Zebras noch keinen Ball angefasst hatten: Die Vertragsverlängerungen von Samir Bellahcene und Rune Dahmke entfachten einen Orkan unter dem Arena-Dach, der eine grandiose, atmosphärische Basis für die kommenden 60 Minuten war.
Verheißungsvoller Start
Ein verheißungsvoller Start gegen jene Mannschaft, die den THW Kiel vor wenigen Wochen in der ersten Halbzeit mit beeindruckendem Tempospiel beherrscht hatte. Die Kieler hatten ihre Lehren gezogen: Vor eigener Kulisse zogen sie von Beginn an ein dichtes Abwehrgestrüpp auf, packten mit dem starken Mittelblock Patrick Wiencek/Hendrik Pekeler als Zentrum der Abwehr energisch zu, ließen Hannover keinen Zentimeter Raum. Zwar legten die Gäste durch Jonathan Edvardsson das schnelle 1:0 vor, es sollte aber die einzige Führung für die Mannschaft von Trainer Christian Prokop bleiben. Eric Johansson war zur Stelle, erzielte per Stemmwurf den Ausgleich, Pekeler brachte Kiel in Führung, bevor Kulesh ein letztes Mal für die Gäste egalisierte. 2:2 stand es nach vier Minuten. Beide Abwehrreihen drückten der Partie jetzt ihren Stempel auf, Nikola Bilyk setzte sich dennoch energisch durch, traf zum 3:2, Rune Dahmke war wenige Sekunden später zur Stelle, setzte den Ball energisch von seiner Linksaußen-Position in die Maschen, 4:2.
Hannover sucht Antworten, Kiel hat sie
Hannover suchte nach Antworten, fand sie aber kaum noch. Dafür hatten die Zebras diese parat. Der starke Pekeler setzte sich am Kreis durch, und als Harald Reinkind sein Solo gegen drei Hannoveraner erfolgreich abschloss, führte der THW mit 6:3. Der Fokus aber war weiterhin auf konsequente Abwehrarbeit gerichtet. Die erledigten die Zebras mit Bravour. Auf schnellen Beinen, wenn erforderlich, half auch mal ein Hechtsprung zum Ballgewinn. Dahmke demonstrierte Einsatzwillen pur. Und Tomas Mrkva steigerte sich im Kieler Tor von Minute zu Minute, machte auch den ersten Siebenmeter von Maximilian Gerbl unschädlich. Steffen Weinhold wurde von Trainer Filip Jicha ins Rennen geschickt, Kiels Linkshänder bedankte sich spontan mit seinem Treffer zum 8:5.
Wallinius trifft per direktem Freiwurf
Als Ekberg per Siebenmeter einwarf, Pekeler in der 19. Minute zum 10:6 traf, schlug Prokop auf den Buzzer, wollte drohendes Unheil mit einer Auszeit abwenden. Doch der THW-Express ließ sich nicht mehr aufhalten, kam mehr und mehr in Fahrt, nahm die begeisterte Fangemeinde mit auf seinen Siegeszug. Jubel kurz vor dem Pausenpfiff, als á Skipagötu trocken abzog, den Ball zum 13:8 in den Torwinkel jagte. Noch lauter wurde es dann direkt mit dem Pausenpfiff: Freiwurf für Kiel, Karl Wallinius schnappte sich das Wurfgerät, knickte über die Hüfte ab und traf zum 14:8. Halbzeit, die Stimmung war grandios. Beste Voraussetzungen also für den Start in die zweiten 30 Minuten. Tomas Mrkva setzte mit drei Glanzparaden am Stück für die ersten Höhepunkte. Steffen Weinhold erhöhte zum 15:8, á Skipagötu veredelte die Abwehr-Glanztat von Dahmke zum 16:8. Und als Ekberg dann zweimal in Folge einnetzte, seinen Ballklau im leeren TSV-Tor unterbrachte, griff Prokop schon in der 38. Minute zur nächsten Auszeit.
Trickkiste und Tore-Rausch
Doch die Kieler gaben keine Ruhe, gossen weiter Beton in ihre Abwehr, zauberten im Angriff, dass es eine wahre Freude war. Eric Johansson vollendete ein grandioses Solo zum 19:10, á Skipagötu schloss seinen Tempogegenstoß krachend zum 20:10 ab. Die erste Kieler Zehn-Tore-Führung. Apropos krachend: Beim 24:14 jagte der junge Färinger den Ball bei drohendem Zeitspiel mit 123 km/h in die Maschen. Und die Kieler ließen nicht locker: Karl Wallinius spielte sich in einen Rausch, traf aus jeder Position, ließ sich von den Fans feiern. Elias á Skipagötu wollte nicht nachstehen, packte ebenfalls seine Trickkiste aus. Sein Treffer im Fallen mit dem Rücken zum Tor zum 26:15 - magisch. Fehlversuche? Fehlanzeige. Eine Torejagd, die am Ende ein 34:20 brachte - und die Arena in einen minutenlangen Freudentaumel stürzte.
Danke und Weihnachtsgrüße für die Fans
Im Anschluss an die Partie wurde es noch einmal emotional: THW-Kapitän Domagoj Duvnjak bedankte sich in seiner traditionellen „Weihnachtsansprache“ nicht nur bei den Kieler Partnern und Sponsoren, sondern auch direkt bei den THW-Fans für ihre Unterstützung im Jahr 2023: „Ihr alle habt uns geholfen, dass wir uns als Mannschaft finden konnten. Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich an die Stimmung denke“, so der Kapitän. „Mit Euch gemeinsam haben wir wieder in die Spur gefunden. Und so freuen wir uns auf das Jahr 2024. Wir freuen uns auf die vielen Spiele, in denen wir zeigen können, dass wir es besser können als am Anfang der Saison.“ Danach wünschten alle Kieler Handballer noch „frohe Weihnachten“ – dann war das schwarz-weiße Handballjahr Geschichte. Weiter geht’s am 7. Februar 2024 mit der Top-Partie gegen den Meister-Favoriten SC Magdeburg (jetzt Tickets sichern!). Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
LIQUI MOLY HBL; 18. Spieltag: THW Kiel - TSV Hannover-Burgdorf 34:20 (14:8)
THW Kiel: Mrkva (1.-50., 14/1 Paraden), Bellahcene (50.-60. und ein Siebenmeter, 3 Paraden); Ehrig, Duvnjak, Reinkind (2), M. Landin (1), Øverby (1), Weinhold (2), Wiencek (2), Ekberg (5/1), Johansson (3), Dahmke (1), Wallinius (6), Bilyk (1), Pekeler (4), á Skipagøtu (6); Trainer: Jicha
TSV Hannover-Burgdorf: Gade (46.-60., 2 Paraden), Quenstedt (1.-46., 11 Paraden); Vujovic, Michalczik, Kulesh (5), Strmljan (3), Edvardsson (2), Gerbl (4/3), Hanne, Brozovic (2), Fischer (2), Feise, Ayar (1), Büchner (1); Trainer: Prokop
Schiedsrichter: Sebastian Grobe / Adrian Kinzel
Siebenmeter: THW: 1/1 / TSV: 4/3 (Mrkva hält Gerbl (11.))
Zeitstrafen: THW: 4 (Pekeler (13.), 2x Weinhold (16., 23.), Landin (33.)) / TSV: 2 (2x Fischer (17., 20.))
Spielfilm: 0:1 (1.), 2:2 (5.), 4:2 (8.), 6:3 (11.), 8:5 (16.), 10:7 (20.), 12:7 (25.), 12:8, 14:8;
2. Hz.: 16:8, 18:10 (37.), 20:10 (39.), 20:12, 22:14 (43.), 28:16 (52.), 30:17 (54.), 31:19 (57.), 34:19 (60.), 34:20.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin heute sehr glücklich, dass wir gewonnen haben. Mir hat unser Energielevel unglaublich gefallen. Wir waren natürlich sehr gewarnt, weil Hannover eine starke Saison spielt - und durch unsere Erfahrungen im Hinspiel. Aber wir haben uns heute vor unseren eigenen Fans mit einem großen Willen, flink und mutig präsentiert. Deshalb freue ich mich über den Sieg in dieser Höhe. Und ich freue mich über den Luxus, dass meine Jungs zum ersten Mal überhaupt ein Weihnachtsfest zu Hause mit der Familie feiern können. Ich möchte mich heute ausdrücklich bei unseren Fans in dieser Kult-Arena bedanken. Das hat einen Riesen-Spaß gemacht. Ich weiß, dass ich unsere Fans sehr selten lobe. Aber ich schätze es sehr, wie unsere Fans unsere Jungs in der schweren Phase unterstützt haben. Vielen Dank dafür, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!
TSV-Trainer Christian Prokop: Diese verdiente Niederlage hat sich heute schon in der ersten Minute abgezeichnet. Man hat das Energielevel der Kieler gespürt, sie waren sehr bereit. Dann kamen die clever platzierten Meldungen über die Vertragsverlängerungen, die für Feuer gesorgt haben. Und dieses Feuer hat sich auf die Kieler Spieler übertragen. Bei uns war leider das Gegenteil der Fall. Wir hatten kein Tempo, haben vor der THW-Abwehr zu zaghaft nach Lösungen gesucht und diese nicht gefunden. Selbst in Überzahl nicht. Auch die zweite Halbzeit ist schnell erzählt. Wir haben verschiedene Aufstellungen probiert und trotzdem keine Lösungen gefunden. Jetzt fahren wir zurück nach Hannover und müssen schnell den Fokus für das Spiel am Freitag gegen Melsungen wiederfinden.