THW Kiel macht den nächsten Schritt: Wichtiger Auswärtserfolg bei den Rhein-Neckar Löwen

Bundesliga

THW Kiel macht den nächsten Schritt: Wichtiger Auswärtserfolg bei den Rhein-Neckar Löwen

Die Zebras sind weiter hellwach und total fokussiert im packenden Rennen um die Top-Positionen in einer der spannendsten LIQUI MOLY HBL-Saisons der vergangenen Jahre: Am Mittwochabend umkurvte der THW Kiel auch das nächste extrem sperrige Hindernis, gewann in der erstmals seit vier Jahren mit 13 200 Fans ausverkauften SAP-Arena von Mannheim gegen den frisch gekürten DHB-Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen mit 31:27 (15:11) Toren und festigte damit seine Tabellenführung in der stärksten Liga der Welt. Klar, dass die Kieler nach der Partie von ihren vielen angereisten Fans lautstark gefeiert wurden, selbst ihre Freude über diesen wichtigen Erfolg ausgelassen nach außen trugen. Bester Torschütze in Reihen der Zebras war Sander Sagosen, der siebenmal ins Mannheimer Tor traf. "Wir freuen uns sehr über diesen Sieg", sagte der Norweger, "ich persönlich genieße jedes Spiel in diesem Trikot." 

Ein absolutes Spitzenspiel

Nikola Bilyk traf vier Mal

Es war das erwartet schwere Spiel für die Zebras. Temporeich, voller Dynamik, Intensität und Spannung. Und das Spitzenspiel war fair: Die guten Schiedsrichter Brodbeck/Reich verteilten lediglich zwei Zeitstrafen, beide gegen den THW, der vor allem in der Abwehr eine bärenstarke Leistung bot, Löwen-Spielmacher Juri Knorr gut in den Griff bekam und mit Niklas Landin einen großartigen Rückhalt im Tor hatte. "Wir hatten uns auf Knorr eingestellt, die Mitte zugestellt, so dass er kaum Raum für seine Würfe und Anspiele fand", erläuterte Sander Sagosen Filip Jichas Matchplan. Bester Torschütze bei den Gastgebern war der Ex-Kieler Lukas Nilsson, der achtmal traf, fair eine Zeitstrafe gegen Niclas Ekberg abwendete, aber am Ende natürlich nicht glücklich war: "Schade, dass wir dieses tolle Spiel verloren haben", ärgerte sich der Schwede. Nilsson hatte THW-Torhüter Landin als Matchwinner gesehen: "Niklas hat wieder einmal gezeigt, dass er immer dann da ist, wenn es eng wird für Kiel. Das setzte sich auch negativ in unseren Köpfen fest. Aber: Kiel hat verdient gewonnen."

Karl Wallinius ist zurück in der Zebraherde

Dabei musste THW-Trainer Filip Jicha neben dem Langzeitverletzten Sven Ehrig auch auf Steffen Weinhold verzichten: Der Linkshänder unterzog sich am vergangenen Mittwoch in Zürich einer Operation an der verletzten Schulter und wird in dieser Saison leider nicht mehr zum Einsatz kommen. Allerdings meldete sich ein anderer Langzeitverletzter zurück: Karl Wallinius. Der 24-jährige Schwede stand zuletzt am 26. Dezember gegen Minden für die Kieler auf der Platte, wurde dann Mitte Januar wegen anhaltender Knie-Beschwerden operiert. Gegen die Rhein-Neckar Löwen feierte der Sommer-Zugang nun sein Comeback in der Zebraherde.

Hellwache Zebras starten gut

Bester Torschütze: Sander Sagosen

Allerdings musste Wallinius bei den Löwen noch nicht aktiv eingreifen. Jicha startete mit seiner gewohnten Anfangsformation, Nikola Bilyk in der Mitte, auf den Halbpositionen fingen Eric Johansson und Harald Reinkind an. Im Mittelpunkt stand allerdings zunächst einmal mehr Niklas Landin: Der dänische Ausnahmekönner im Kieler Tor hielt gegen Juri Knorr. Dann war für Uwe Gensheimer ebenfalls Endstation bei dem baumlangen Kieler Schlussmann, dreimal in Folge stoppte Landin den Löwen-Linksaußen. Niclas Ekberg und Nikola Bilyk veredelten Landins Glanztaten in eine 3:1-Führung. Dann aber hatten die Kieler Wurfpech, scheiterten an dem guten Appelgren im Mannheimer Tor oder verzettelten sich. So antworteten die Löwen mit einem 3:0-Lauf, lagen nach zehn Minuten durch Treffer von Groetzki (2) und dem ersten Tor von Gensheimer mit 4:3 vorn. Die Zebras ließen sich nicht aus der Ruhe bringen, Nikola Bilyk glich zum 4:4 aus, der bärenstarke "Alleinunterhalter" Harald Reinkind traf nach prima Johansson-Anspiel zum 5:5, und als Nilsson die Löwen erneut in Front brachte, antworteten die Kieler mit einem 3:0-Lauf: Sander Sagosen, Rune Dahmke und nochmals Sagosen mit Naturgewalt aus dem rechten Rückraum brachten die Zebras nach 16 Minuten mit 8:6 Toren in Front.

4:0-Lauf zur deutlichen Halbzeitführung

Kieler spielten wie aus einem Guss: Eric Johansson

Eine Führung, die die Zebras fortan nicht mehr aus den Händen gaben. Weil sie mit Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek einen grandiosen Mittelblock stellten, außerdem grandios im Rückzug agierten und auf jede Aktion der Gastgeber eine Antwort fanden. Juri Knorr erzielte sein erstes Tor erst in der 16. Minute, raufte sich die Haare ob der grandiosen Kieler Abwehrleistung mit den sensationellen Reflexen von Landin als letzter Instanz. So stürmten die Zebras in den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit von 9:8 auf 13:8 davon, ein sehenswerter Doppelschlag von Miha Zarabec per Solo und Schlagwurf war dabei, außerdem trafen Harald Reinkind und Patrick Wiencek: In der SAP-Arena wurde es sehr ruhig, Trainer Sebastian Hinze nahm seine Auszeit. Allein am Spielgeschehen änderte sich nichts, mit 15:11 für Kiel wurden die Seiten gewechselt.

Löwen kommen besser aus der Pause

Die ersten Minuten der zweiten Halbzeit standen dann im Zeichen von Lukas Nilsson, der dreimal in Folge traf. Und als Kohlbacher in der 37. Minute zum 17:18 einnetzte, wurde die SAP-Arena wieder wach. Der THW Kiel aber betätigte sich umgehend als Stimmungstöter: Niclas Ekberg verwandelte den ersten Strafwurf für die Zebras eiskalt zum 19:17, Nilsson verkürzte noch einmal, doch dann hatten die um jeden Abwehrzentimeter kämpfenden Zebras alles wieder im Griff: Patrick Wiencek traf zum 20:18, Nikola Bilyk großartig und mit Wucht zum 21:18. Als Niklas Landin den frei vor ihm auftauchenden Patrick Groetzki düpierte, hatten sich die Zebras aus dieser brenzligen Situation befreit. Patrick Wiencek ließ ein Traumtor per Rückhandwurf folgen. Und als Magnus Landin in der 44. Minute den Ball humorlos in die lange obere Ecke des Löwen-Gehäuses schmetterte, war der alte Vier-Tore-Vorsprung wiederhergestellt.

Ehemaliger Mannheimer schrauben den Deckel auf diesen wichtigen Erfolg

Feierte den Erfolg mit seinen Zebras: Niklas Landin

Die letzten Minuten waren dann purer Kieler Willen gegen nicht aufsteckende Mannheimer - mit einem weiteren Hauptdarsteller: Domagoj Duvnjak sammelte Steal um Steal und entnervte damit das Löwen-Aufbauspiel. Niklas Landin und dem abgezockten Spiel der Kieler, die sich auch durch die offensive Deckung der Gastgeber und Paraden von David Späth nicht mehr irritieren und vom Siegkurs abbringen ließen, waren weitere Pluspunkte in einer dennoch spannenden Schlussphase, in der die Löwen sich nicht abschütteln ließen. Reinkind und Hendrik Pekeler, beide wie Landin einst im Mannheimer Trikot, schraubten schließlich den Deckel auf diesen extrem wichtigen Erfolg, den sie mit einem Siegertanz und dem Dank an die vielen schwarz-weißen Fans im riesigen Rund feierten.

Nächstes Spitzenspiel am kommenden Sonntag

Die Reihe der Top-Spiele reißt nicht ab: Am kommenden Sonntag hat der THW Kiel die TSV Hannover-Burgdorf zu Gast in der Wunderino Arena. Die „Recken“ von der Leine sind auf dem Weg nach oben und haben in dieser Saison jeden Topclub vor große Herausforderungen gestellt. Auch die Zebras mussten im Hinspiel alles in die Waagschale werfen, um nach einem beinahe aussichtslos wirkenden Rückstand noch mit 29:27 zu gewinnen. „Hannover ist ein richtig starker Gegner, den viele Außenstehende vielleicht nicht so auf der Rechnung haben“, sagt THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. „Deshalb brauchen wir am Sonntag unbedingt auch wieder die Unterstützung unserer ‚weißen Wand‘ wie in den vergangenen Top-Spielen!“ Für die Begegnung gibt es in der THW-FANWELT, an allen bekannten Vorverkaufsstellen, bei CITTI, famila und online unter www.thw-tickets.de noch einige Eintrittskarten. Weiter geht’s gegen Hannover, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Marco Wolf

LIQUI MOLY HBL, 28. Spieltag: Rhein-Neckar Löwen - THW Kiel 27:31 (11:15)

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (1.-47., 10 Paraden), Späth (47.-60., 4 Paraden), Birlehm (n.e.); Gensheimer (1), Kirkelökke (4), Timmermeister, Knorr (4/2), Helander (3), Lagergren (1), Groetzki (3), Forsell Schefvert (1), Michaelski, Horzen, Gislason, Nilsson (8), Kohlbacher (2); Trainer: Hinze
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 15/1 Paraden), Mrkva (n.e.); Duvnjak, Sagosen (7), Reinkind (5), M. Landin (2), Øverby, Wiencek (4), Ekberg (3/1), Fraatz (n.e.), Johansson (2), Dahmke (1), Zarabec (2), Wallinius (n.e.), Bilyk (4), Pekeler (1); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Zeitstrafen: RNL: / THW: 2(Øverby (48.), M. Landin (59.))
Siebenmeter: RNL: 3/2 (Landin hält Gensheimer (3.)) / THW: 1/1
Spielverlauf: 0:1, 1:1 (4.), 1:3 (7.), 4:3 (10.), 6:5 (13.), 6:8 (16.), 8:9 (19.), 8:13 (26.), 9:13 (27.), 11:15;
12:15, 13:17 (33.), 15:18 (34.), 17:18 (39.), 18:19, 18:21 (41.), 19:23 (44.), 21:24, 21:26 (49.), 22:27 (53.), 24:27 (55.), 26:29 (58.), 27:31.
Zuschauer: 13200 (ausverkauft) (SAP Arena, Mannheim)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: An erster Stelle möchte ich den Rhein-Neckar Löwen zum Pokalgewinn gratulieren, das hat bei uns für sehr viel Respekt gesorgt: Wir waren gewarnt. Nach der Nationalmannschaftspause war die Vorbereitung nicht optimal. Wir wollten uns in der Summe aber mit Ausstrahlung präsentieren und unser Ding durchziehen – egal, wie es steht. Und dafür muss ich meiner Mannschaft ein Lob aussprechen. Wir machen einen 4:0-Lauf vor der Pause, dann kommen die Löwen besser aus der Kabine - es war ein sehr offenes Spiel. Ich bin heute ein sehr glücklicher Trainer, dass wir gegen diesen Gegner vor ausverkauftem Haus gewinnen konnten.

RNL-Trainer Sebastian Hinze: Wir haben 55 Minuten ein gutes Spiel gemacht. Nicht perfekt, aber gut. Wir haben gut verteidigt, hatten ein gutes Torhüterspiel. Unser Tempospiel war nicht so gut, Kiel war stark im Rückzug. Im Positionsangriff hatten wir die Breite, aber unsere Probleme, wenn Kiel uns unterbrochen hat. Den Minus-4-Lauf dürfen wir uns nicht erlauben gegen Kiel. Diese Hypothek haben wir in der zweiten Halbzeit nicht aufholen können. Der Schlüssel war die erste Hälfte, wir hätten eine perfekte zweite Halbzeit spielen müssen, um das wieder zu drehen.

THW-Linksaußen Rune Dahmke: Das war eine brutale Kampfleistung von uns. Ich finde, dass wir über weite Strecken gute Lösungen gefunden haben, obwohl es sicherlich nicht unser bestes Spiel der Saison war. Wir waren aber zu einhundert Prozent gewillt, dass hier heute erfolgreich über die Bühne zu bringen, haben alles reingelegt und uns auch nach der Schwächephase Anfang der zweiten Halbzeit schnell gefangen. Das zeigt den Charakter der Mannschaft. Dass es ein "Vier-Punkte-Spieltag" war, ist natürlich schön. Aber wir wissen ganz genau, dass wir noch sieben Spiele haben. In dieser Liga ist es unfassbar dieses Jahr, was alles passieren kann. Trotzdem freuen wir uns, dass wir durch unseren Sieg unseren Vorsprung ein wenig ausbauen konnten. Jetzt wollen wir nicht nachlassen und unser Ding durchziehen. Hannover wird extrem schwer. Wir hatten im Hinspiel große Probleme, haben oft gegen die Mannschaft sehr enge Spiele. Das Gute ist, dass wir zu Hause spielen und unsere "weiße Wand" im Rücken haben, sodass wir gemeinsam mit unseren Fans mit voller Power in dieses Spitzenspiel gehen und alles in die Waagschale werfen können. Ich weiß, wenn unsere Mannschaft an die Schmerzgrenze geht, haben wir gegen jeden Gegner die Chance, zu gewinnen. Und das wollen wir am Sonntag!