Auswärtssieg in Mannheim: THW Kiel spielt auch im nächsten Jahr in der Königsklasse!

Bundesliga

Auswärtssieg in Mannheim: THW Kiel spielt auch im nächsten Jahr in der Königsklasse!

Geschichte wiederholt sich. In einem wahren Handball-Drama feierte der THW Kiel zum Saisonabschluss am 27. Juni 2021 das 25:25 bei den Rhein-Neckar Löwen, die Zebras wurden Meister, weil Löwen-Kapitän Andy Schmid die letzte Chance vergab. Der Schweizer Ausnahmehandballer stand am Mittwochabend erneut im Mittelpunkt, das vorletzte Saisonspiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga war der Abschied von seinem Heim-Publikum. Die Zebras wurden mit einer großartigen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit erst zum Party-Crasher, um dem Ausnahmehandballer dann in einer Gänsehaut-Aktion großen Respekt zu zollen. Dann wurde auch noch kurz in Schwarz-weiß gejubelt: Auch ohne ihre schwer verletzten Stars Hendrik Pekeler und Sander Sagosen zeigten die Kieler eine Top-Partie, gewannen in der Mannheimer SAP-Arena mit 33:26 (14:15) Toren und sicherten sich schon vor dem letzten Spieltag den für die kommende Saison so wichtigen zweiten Platz.

Ehrenvoller Abschied für Andy Schmid 

Für Andy Schmid war es das letzte Spiel vor heimischen Publikum.

Die Kieler erwiesen sich trotz des Sieges fremder Halle als großartiger Gast, der die Abschieds-Feierlichkeiten für Andy Schmid mit einer herausragenden Geste einleitete: 30 Sekunden vor dem Abpfiff des gut leitenden Schiedsrichterinnen-Gespanns Tanja Kuttler/Maike Merz warfen die Zebras Andy Schmid den Ball zu, der gab ihnen das Spielgerät zurück, ehe die Zebras das Spielen einstellten, sich applaudierend im Halbkreis aufstellten, um dem Schweizer einen ehrenvollen Abschied zu ermöglichen. Die Löwen taten es ihnen gleich, und so verrannen die letzten Sekunden der Partie mit Ovationen für den fünfmaligen Liga-MVP. Tränen flossen bei Spielern und Zuschauern, es waren bewegende Momente, die auch dem Handball-Haudegen Schmid, zwölf Jahre stets mit feiner Klinge auf dem Bundesliga-Parkett agierend, nahegingen. "Nie war mir eine Sieben-Tore-Niederlage so egal wie heute", sagte der 38-Jährige mit Blick auf sein Publikum, "wenn eine ganze volle Halle deinen Namen ruft, dann ist das etwas ganz Besonderes." Schmid nannte auch noch den Grund für die Niederlage in seinem letzten Heimauftritt vor ausverkaufter SAP-Arena: "Niklas Landin hat uns heute den Hintern aufgerissen!"

Landin und Bilyk überragend 

Nikola Bilyk traf insgesamt fünf Mal.

Kiels Ausnahmetorhüter war herausragender Akteur im Spiel, entnervte seine ehemaligen Kollegen von den Rhein-Neckar Löwen mit unfassbaren Doppelparaden und dürfte insbesondere bei Linksaußen Benjamin Helander künftig in jedem Alptraum eine Hauptrolle spielen: Der Däne hielt 18 schwere Bälle, dabei auch einen Siebenmeter von Andy Schmid neun Minuten vor dem Abpfiff beim Stand von 27:23. Eine Abwehrtat, die den Löwen endgültig die Zähne zog. Im Kieler Angriff waren es vor allem der als Anspieler und Druck machender Schütze überragende Nikola Bilyk sowie der nimmermüde Anführer Domagoj Duvnjak, die dem THW-Spiel in der zweiten Halbzeit ihren Stempel aufdrückten. Eine Halbzeit, in der sich die Zebras geradezu in einen Rausch spielten. Beste Schützen beim Sieger waren Niclas Ekberg und Patrick Wiencek mit jeweils sechs Treffern, Nikola Bilyk und Harald Reinkind waren je fünfmal erfolgreich. Für Mannheim traf Jannik Kohlbacher (6) am besten, Andy Schmid verabschiedete sich mit vier Toren von seinen Fans.

 

Temporeiche erste Hälfte

Stoppschild: Mikael Appelgren hielt die Zebras in der ersten Hälfte auf Distanz

Die erste Hälfte wurde zu einem wahren Schlagabtausch: Löwen-Kreisläufer Jannik Kohlbacher eröffnete das temporeiche Spiel und den Torreigen nach 35 Sekunden. Kiels Antwort folgte prompt: Miha Zarabec traf im direkten Gegenzug in der für ihn typischen Manier mit einem Stemmwurf: 1:1. Fortan ging es hin und her, die Löwen legten vor, die Zebras zogen nach. Harald Reinkind, Pavel Horak und Domagoj Duvnjak trafen bis zum 4:4 für den noch amtierenden Meister, die erste Mannheimer Zwei-Tore-Führung legten dann Lagergren und Kirkelökke zum 6:4 vor. Die Partie gewann zunehmend an Fahrt, bot sehenswerten Handball vor den Augen der Trainer-Größen Alfred Gislason, Nikolaj Jacobsen und Gudmundur Gudmundsson, die als Schmid-Gäste einträchtig nebeneinander saßen. Der THW glich aus, Patrick Wiencek traf zweimal in Folge: Vor dem 7:7 hatte Kiels Abwehrchef den Ball selbst erobert, den Angriff eingeleitet, um dann die Kugel vom Kreis in die Maschen des starken Löwen-Keepers Mikael Appelgren zu jagen. Appelgren war es zunächst auch, der den Kielern in der ersten Halbzeit das Leben schwermachte. Und Andy Schmid. Insgesamt viermal in Folge traf der Schweizer für die Löwen gegen die Kieler Hintermannschaft, bestrafte THW-Fehler im Angriff mit einem Dreierpack und ließ seine Löwen zwischenzeitlich auf 11:8 enteilen.

Zebras behalten die Nerven

Doch die Zebras behielten die Nerven, hatten stets Antworten und kämpften sich bis zum Pausenpfiff auf 14:15 heran. Nikola Bilyk stellte das Anschlusstor her. Und der Österreicher war es auch, der seinen THW direkt nach der Pause aus dem Rückraum zum Ausgleich warf. Bis zum 18:18 in der 38. Minute blieben beide Teams auf Augenhöhe. Niclas Ekberg erzielte nach feinem Anspiel von Bilyk dann die erste THW-Führung zum 19:18, traf nach Zauberanspiel von Miha Zarabec per Heber zum 20:18, und fortan bogen die Zebras mit großartiger Moral der gesamten Mannschaft auf die Siegerstraße ein.

THW Kiel macht Platz zwei klar 

Bjarte Myrhol kehrte mit dem THW Kiel an seine alte Wirkungsstätte zurück.

Längst hatte Trainer Filip Jicha auf die offensive 3:2:1-Abwehrformation mit Duvnjak als Speerspitze umgestellt, dahinter steigerte sich Niklas Landin in eine wahre Galaform, zeigte Paraden am Stück und schien den gegnerischen Angreifern mit zunehmender Spielzeit sogar Angst einzuflößen: Auf dem SAP-Parkett fand die Umdrehung des Geschehens in der Natur statt, nämlich: Die Zebras jagten jetzt Löwen. 22:23 war in der 44. Minute auf dem Videowürfel zu lesen, Traumtore von Niclas Ekberg, Domagoj Duvnjak, und Harald Reinkind schraubten den Kieler Vorsprung innerhalb von drei Minuten auf 26:22, Landin wurde jetzt unüberwindbar und unter dem Jubel der Kieler Fans eilten die Zebras auf und davon. Bilyk traf in der 56. Minute zum 30:24, und Harald Reinkind setzte mit seinen beiden Toren zum 32:25 und 33:26 den Schlusspunkt hinter eine großartige THW-Inszenierung, die dann nahtlos in die Abschiedsfeier für Andy Schmid überging.  Die Zebras waren von der Besonderheit des Moments ergriffen: Geschlossen verfolgten sie in der Halle die Abschiedszeremonie, feierten Schmid mit stehenden Ovationen und erwiesen dem Schweizer ihren großen Respekt, bevor es direkt wieder nach Kiel ging.

Letztes Heimspiel am Sonntag gegen Göppingen 

Das letzte Heimspiel der Zebras findet diesen Sonntag in der Wunderino Arena statt. Anpfiff gegen FRISCH AUF! Göppingen ist um 15:30 Uhr. Für das Spiel gibt es unter www.thw-tickets.de , in der THW-FANWELT, bei CITTI und in allen famila-Märkten mit Ticketservice noch einige Restkarten. Die THW-FANWELT öffnet ihre Tageskasse am Sonntag um 12:30 Uhr.

Text: Reimer Plöhn / Fotos: AS Sportfoto/Binder

LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 33. Spieltag: Rhein-Neckar Löwen - THW Kiel: 26:33 (15:14)

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (1.-41., 10 Paraden), Birlehm (41.-60., 1 Parade), Katsigiannis (n.e.); Schmid (4/1), Zacharias, Kirkelökke (2), Patrail, Knorr (1),Helander (4), Abutovic, Lagergren (4), Groetzki (5), Michalski, Horzen (1), Gislason, Kohlbacher (5); Trainer: Vranjes
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 18/1 Paraden) Quenstedt (n.e.); Ehrig, Duvnjak (4),Reinkind (5), M. Landin (3/1), Myrhol, Weinhold, Wiencek (6), Ekberg (6/1), Ciudad (n.e.), Dahmke, Zarabec (2), Horak (2), Bilyk (5); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Tanja Kuttler / Maike Merz
Zeitstrafen: RNL: 4 (Kohlbacher (13.), Abutovic (16.), Gislason (33.), Patrail (43.)) / THW: 2 (M. Landin (15.), Horak (57.))
Siebenmeter: RNL: 2/1 (Landin hält Schmid (51.)) / THW: 2/2
Spielfilm: 1:0,3:2 (4.), 4:4 (6.), 6:4 (7.), 7:5, 7:7 (12.),8:8 (16.), 11:8 (18.), 11:10 (20.), 12:10, 12:12 (23.), 14:12 (28.), 15:14;
15:15, 17:15 (33.), 17:17 (35.), 18:17, 18:20 (40.), 22:23 (44.), 22:26 (47.), 23:27 (48.), 23:29 (53.), 24:31 (57.), 26:33
Zuschauer: 11.453 (SAP-Arena, Mannheim)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr stolz auf die Jungs, weil wir den zweiten Platz verdient haben in der Liga. Es ist nur schade, dass wir im „schwarzen Oktober“ zuviele Punkte liegengelassen haben. Sonst wäre es jetzt noch spannend geworden, denn im Kalenderjahr 2022 spielen wir guten Handball und die Jungs sind gut drauf. Das war heute eine unglaublich starke Leistung, und ich freue mich über die zwei Punkte.

THW-Rückraumspieler Harald Reinkind: Ich bin zehr zufrieden, unser Ziel war es, in Mannheim zu gewinnen und den Champions-League-Startplatz zu sichern. Es war ein harter Kampf, und wir wussten, dass es wegen Andys letztem Heimspiel ein besonderes Spiel werden würde. Ich hätte ihm für sein letztes Heimspiel einen Sieg gegönnt – aber nicht gegen unseren THW Kiel. Wir wollten ihm aber keine Punkte schenken und haben ordentlich Gas gegeben. Jetzt wollen wir am Sonntag auch gegen Göppingen gewinnen. FRISCH AUF! Hat eine gute Saison gespielt, aber wir wollen die zwei Punkte für unsere Zuschauer in Kiel behalten.

THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Wir wollten heute unbedingt den zweiten Platz so gut wie klarmachen. Das war eine sehr konzentrierte Leistung bei den Löwen, wir sind ein unglaublich hohes Tempo gegangen, obwohl wir zuletzt eine hohe Belastung hat. Das zeigt den unbedingten Willen in der Mannschaft, und das zeigt auch, dass wir auf einen sehr, sehr guten Weg sind. Wir waren deshalb in der Lage, unser tolles zweites Halbjahr zu krönen.