Niederlage gegen Magdeburg: Zebras belohnen sich nicht für einen leidenschaftlichen Auftritt

Bundesliga

Niederlage gegen Magdeburg: Zebras belohnen sich nicht für einen leidenschaftlichen Auftritt

Emotionen, unbedingter Willen, Kampf bis zum Umfallen und am Ende eine ausbleibende Belohnung: Der THW Kiel hat das Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen den Tabellenführer SC Magdeburg mit 27:29 (15:16) verloren. 60 dramatische Minuten, über 9000 lautstarke THW-Fans auf den Tribünen - diese Partie bot alles, was das Handballherz begehrt, letztlich mussten die mit 14 Spielern angetretene Zebraherde aber doch ihrem Gegner gratulieren. Bester Torschütze am Sonntag in der ausverkauften Wunderino Arena war Niclas Ekberg mit 6/4 Treffern.

Riesen-Jubel für Vertragsverlängerungen

Vertrag verlängert und bester Torschütze: Niclas Ekberg

Seit vier Jahren hat der THW Kiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga nicht mehr gegen den SC Magdeburg gewonnen -  mehr als 9000 und die Zebras wollten das mit aller Macht ändern. Riesen-Jubel gab vor dem Anpfiff: In einem kurzen Film auf der Videowand erklärten nacheinander Niclas Ekberg und Domagoj Duvnjak ihre Vertragsverlängerung bis 2024 - die Fans nahmen die Nachrichten mit großer Begeisterung auf, spendeten ihren Lieblingen stehenden Beifall. Voller Emotionen ging es also rein in dieses absolute Spitzenspiel des deutschen Meisters gegen den Tabellenführer - das sofort hielt, was es auf dem Papier verprach. Alle Akteure boten der lautstarken und emotional aufgeladenen Kulisse 60 Minuten Dramatik, großartigen Kampf und Handball auf höchstem Niveau.

Es geht gleich in die Vollen

Von Beginn an war Leidenschaft im Spiel

Vor den Augen von Bundestrainer und Ex-THW- und -SCM-Coach Alfred Gislason entwickelte sich von Beginn an eine packende Partie, die zunächst die Zebras im Vorteil sah. Niclas Ekberg gab den Startschuss mit seinem Treffer von der Außenposition zum 1:0, Ingi Magnussen glich postwendend aus. Der folgende 3:0-Lauf der Kieler mit Torerfolgen von Patrick Wiencek, Ekbergs Tempogegenstoß und Hendrik Pekeler sorgte für die 4:1-Führung nach fünf Minuten. Mit seinen ersten Paraden hatte Niklas Landin, der trotz Adduktoren-Problemen zwischen den THW-Pfosten stand, großen Anteil am gelungenen Kieler Start.

Pekeler-Pause wird zum Bruch

Hendrik Pekeler musste nach einem harten Zweikampf mit Philipp Weber blutend vom Platz

Dann aber kämpften sich die Gäste Stück für Stück in die Partie hinein, Magnussen verkürzte nach neun Minuten auf 4:5, Magnus Landin und Miha Zarabec sorgten mit ihren Treffern zum 7:4 für einen erneuten Drei-Torevorsprung. Als Hendrik Pekeler von Magdeburgs Philipp Weber schwer an der Nase getroffen wurde und Kiels Kreisläufer und Abwehrchef vorübergehend Hilfe auf der Bank suchen musste, kam ein Bruch ins THW-Spiel: Gullerud und zweimal Mertens glichen innerhalb von zwei Minuten zum 7:7 aus. Mit seinem ersten Tor, einem Rückraumkracher, brachte Harald Reinkind die Zebras zwar erneut in Front, aber ein 3:0-Lauf durch Gullerud, O`Sullivan und Magnussen führte zum 8:10.

SCM mit knapper Pausenführung

Nikola Bilyk wurde beim Gegenstoß von Philipp Weber attackiert

THW-Trainer Filip Jicha reagierte mit seiner ersten Auszeit, sprach beruhigend auf seine Mannen ein und beorderte Nikola Bilyk in den Rückraum. Der Österreicher traf postwendend zum 9:10, Ekberg glich per Strafwurf aus, die Halle wurde noch lauter. Auf dem Feld entwickelte sich das Spiel jetzt auf absolutes Top-Niveau, kein Zentimeter Boden wurde verschenkt, und das 11:13 in der 21. Minute drehten die Zebras durch Tore von Magnus Landin, Patrick Wiencek und Niclas Ekberg in eine Kieler 14:13-Führung, bei Halbzeit lagen die Zebras trotzdem zurück: Fast mit dem Pausenpfiff erzielte Magnusson per Siebenmeter die 16:15-Führung für den SCM.

Zweimal Rot für den SCM

Bezjak wurde wegen einer Tätlichkeit vom Platz geschickt

Bereits nach wenigen Sekunden im zweiten Abschnitt glich Niclas Ekberg per Siebenmeter aus, Miha Zarabec tankte sich dann durch die SCM-Abwehr, erzielte die erneute und leider auch letzte Kieler Führung zum 17:16, wurde dabei überhart von Chrapkowski bedrängt. Die Folge: Dritte Zeitstrafe und Rot für den polnischen Abwehrspezialisten im Magdeburger Abwehrverbund. Wenig später dann schon wieder Rot gegen den SCM durch das unsichere Schiedsrichtergespann Grobe/Kinzel. Bezjak war in der 35. Minute in den Kieler Kreis gesprungen, scheiterte mit seinem Wurf an Niklas Landin und trat nach Ansicht der Referees mit seinem Fuß - Tätlichkeit, der Slowene musste das Feld verlassen.

Magnusson entscheidet Spitzenspiel

Harald Reinkind wurde zumeist eng markiert

Allerdings: Aus den folgenden Überzahl-Situationen machten die Kieler viel zu wenig. Als Niklas Landin den Siebenmeter von Magnusson glänzend parierte, die "weiße Wand" wie ein Mann hinter ihrem Team stand, schien das Spiel zugunsten der Kieler zu kippen. Doch die Magdeburger blieben cool, erzielten in Unterzahl durch Gullerud und später Mertens die erneute Zwei-Tore-Führung und ließen sich auch durch den Ausgleich von Patrick Wiencek zum 21:21 in der 42. Minute nicht mehr vom Erfolgsweg abbringen. Turm in der Schlacht des Spitzenreiters wurde jetzt Jannick Green, der mehrfach glänzend Mann gegen Mann parierte. So hielten die Gäste, die ihr Heil auch in zum Teil sehr lang vorgetragenen Angriffen suchten, um die Kieler Defensive müde zu spielen, stets ihren hauchdünnen Vorsprung. Die Hoffnung auf einen Punktgewinn, genährt von Magnus Landins 27:28 in der 59. Minute, zerstob im letzten Angriff der Magdeburger: Ex-Zebra Kristjansson holte einen Siebenmeter heraus, den Omar Ingi Magnusson verwandelte und damit die Partie entschied.

Auch die Kraft fehlte

Enttäuschung nach 60 Minuten leidenschaftlichem Einsatz

Die Zebras waren absolut gleichwertig, scheiterten am Ende aber an eigener Abschlussschwäche und Magdeburgs starkem Torhüter Jannick Green. Dass bei den Kielern mit Sander Sagosen und Steffen Weinhold zwei spielbestimmende Akteure wegen ihrer Impfdurchbrüche fehlten, wollte Kreisläufer Patrick Wiencek nicht als Argument gelten lassen: "Daran hat es nicht gelegen, wir haben einen starken Kader, sollten das ausgleichen können." Und doch fehlte dem THW Kiel am Ende auch ein bisschen die Kraft, um gegen den SC Magdeburg in voller Besetzung bestehen zu können. "Es tut mir leid, dass meine Jungs sich nicht belohnen konnten", sagte THW-Trainer Filip Jicha. "sie haben nicht nach Ausreden gesucht, sondern die Herausforderung."

Mittwoch nächste Top-Partie in Skopje

Patrick Wiencek erzielte drei Tore

Die Zebras bekommen auch in der nächsten Woche wenig Zeit, durchzuschnaufen. Bereits am Dienstag reisen sie nach Nordmazedonien, wo am Mittwochabend um 20:45 Uhr die nächste Top-Partie in extrem emotionaler Atmosphäre auf sie wartet: In der EHF Champions League geht es um zwei eminent wichtige Zähler beim heimstarken HC Vardar, der zwar derzeit "nur" auf Platz fünf rangiert, aber mit lediglich zwei Punkten Rückstand auf den THW Kiel in Lauerstellung liegt. DAZN und ServusTV Deutschland übertragen live. Beinahe direkt nach der Rückkehr machen sich die Kieler dann schon wieder auf den Weg zum nächsten Spiel in der LIQUI MOLY HBL, in der am Samstag (20:30 Uhr, live bei Sky) der Aufsteiger TuS N-Lübbecke die Schwarz-Weißen empfängt. Weiter geht's, Kiel!

LIQUI MOLY HBL; 8. Spieltag: THW Kiel - SC Magdeburg: 27:29 (15:16)

THW Kiel: N. Landin (1.-60., 13/1 Paraden), Quenstedt (n.e.); Ehrig (n.e.), Duvnjak (3), Reinkind (4), M. Landin (4), Wiencek (3), Ekberg (6/4), Ciudad (n.e.), Dahmke (n.e.), Zarabec (3), Horak, Bilyk (1), Pekeler (3); Trainer: Jicha
SC Magdeburg: Jensen (1 Siebenmeter, keine Parade), Green (1.-60., 13 Paraden); Chrapkowski, Kristjansson (2), Pettersson, Magnusson (6/3), Hornke (2), Weber (1), Gullerud (4), Mertens (3), Saugstrup (4), O'Sullivan (5), Bezjak, Smits, Damgaard, Preuss (1); Trainer: Wiegert

Schiedsrichter: Sebastian Grobe / Adrian Kinzel 
Zeitstrafen: THW: 3 (2x Duvnjak (5., 42.), Bilyk (27.)) / SCM: 4 (3x Chrapkowski (19., 31., 33.), Preuss (46.))
Rote Karten: Chrapkowski (3. Zeitstrafe, (33.)), Bezjak (Tätlichkeit (35.))
Siebenmeter: THW: 4/4 / SCM: 4/3 (Landin hält Magnusson (36.))
Spielfilm: 1:1, 4:1 (5.), 5:4 (9.), 7:4 (11.), 7:7 (13.), 8:8, 8:10 (16.), 10:10, 12:13 (22.), 14:13 (27.), 14:15, 15:16;
17:16 (33.), 17:19 (39.), 19:21 (41.), 21:21 (42.), 21:24 (47.), 23:24 (50.), 26:27 (57.), 27:28 (59.), 27:29.
Zuschauer: 9.300 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Es tut mir leid, dass meine Jungs sich nicht belohnen konnten. Sie haben nicht nach Ausreden gesucht, sondern die Herausforderung. Dass es am Ende nicht geklappt hat, lag an drei Elementen: Wenn wir den Ball in der Abwehr abwehren konnten, hat Magdeburg oft eine weitere Möglichkeit bekommen, ein Tor zu erzielen. Wenn wir an Green, der sich in der zweiten Halbzeit steigerte, scheiterten, war der Ball weg. Das ist brutal. Hinzu kommt als drittes Element unser Überzahl-Spiel in der zweiten Halbzeit. Das müssen wir einfach besser machen. Es war lange nicht klar, ob Niklas heute überhaupt würde spielen können. Er hat das überragend gemacht, aber trotzdem stehen wir mit leeren Händen da. Jetzt müssen wir zusammenstehen und weiter arbeiten, um nächste Woche noch ein bisschen besser zu sein.

SCM-Trainer Bennet Wiegert: Ich bin natürlich super happy. Ein Sieg in Kiel ist auch für uns nicht selbstverständlich. Das war heute ein großartiger Kampf beider Mannschaften, dieses Spiel hatte unglaubliche Emotionen und ein super Publikum. Es hat Spaß gemacht, hier heute zu spielen. Wir sind nicht gut in die Partie gekommen und ich musste eine frühe Auszeit nehmen, weil die emotionalen Momente bis dahin alle beim THW lagen. Wir wirkten hingegen beeindruckt. Nach der Auszeit sind wir besser ins Spiel gekommen und haben eine Führung mit in die Pause genommen. Für die zweite Halbzeit muss ich meiner Mannschaft jede Menge Respekt zollen, nachdem zwei unserer Schlüsselspieler nach roten Karten früh fehlten. Aber wir sind nicht von unserem Plan abgewichen und konnten Kiel auf Distanz halten.