Riesen-Kampf wird nicht belohnt: THW Kiel verliert in Magdeburg
Die Zebras kämpften, die Zebras holten auch nach einem Sechs-Tore-Rückstand alles aus sich heraus, doch am Ende stand der THW Kiel beim SC Magdeburg mit leeren Händen da: Mit 33:34 (16:17) verloren die Kieler vor 1500 Zuschauern in der Getec-Arena nicht nur beide Punkte, sondern auch noch ihren Top-Torschützen Niclas Ekberg, der verletzt ausschied. Zudem zog sich Steffen Weinhold eine klaffende Platzwunde an der Schläfe zu, beste Kieler Torschützen beim SCM waren Ekberg (8/2) und Rune Dahmke (8).
Rot für Pekeler nach verhängnisvoller Entscheidungs-Kette
Auch Hendrik Pekeler verließ die Arena humpelnd: Chrapkowski war ihm bei einem der zahlreichen Ringkämpfe auf das Bein gefallen, der Kieler Kreisläufer hatte sich freigestrampelt und hierfür wegen einer angeblichen Tätlichkeit nach dem Pausenpfiff die Rote Karte gesehen. Sekunden vor der Roten Karte für Pekeler, mit der der THW Kiel seinen Abwehrchef und Torgaranten vom Kreis verlor, hatten die Unparteiischen Blümel/Loppaschweski aus Berlin ein Foul an Ekberg bei einem Tempogegenstoß nur mit einem Freiwurf und nicht mit einem Siebenmeter geahndet - eine letztlich verhängnisvolle Entscheidungs-Kette kurz vor dem Pausenpfiff, die aber nicht die einzigen umstrittenen Pfiffe während der 60 hitzigen Minuten gewesen sein sollten.
Zebras kommen schwer in die Partie
Sander Sagosen traf viermal
Doch von Anfang an: Die Kieler taten sich schwer, in den Anfangsminuten Fluss in die eigenen Angriffsbemühungen zu bekommen, scheiterten schon zu Beginn häufig an Magdeburgs schwedischem Torhüter Tobias Thulin, der den THW-Angreifern in der ersten Hälfte sieben Paraden entgegensetzte und später mit insgesamt 15 Paraden zum Matchwinner für die Bördeländer avancierte. Rückendeckung für die Heimmannschaft waren außerdem die rund 1500 Fans, die in einem Modellprojekt Einlass gefunden und die typisch-hitzige Handball-Atmosphäre in die Arena zauberten. Zweimal Musa und Magnusson brachten den SCM bei einem Gegentreffer von Niclas Ekberg mit 3:1 in Führung. In der elften Minute lag das Team von Trainer Bennet Wiegert nach dem 7:4 durch Linksaußen Lukas Mertens erstmals mit drei Toren in Front.
Knapper Pausen-Rückstand
Doch die Kieler kämpften sich zurück, Ekberg erzielte mit seinem insgesamt 200. Saisontreffer in der 17. Minute das 7:8, der THW war wieder dran. Jetzt wogte die Partie hin und her, als Mertens in der 24. Minute zum 13:10 traf, stellte Filip Jicha in der Abwehr auf die offensive 3:2:1-Formation mit Domagoj Duvnjak als Speerspitze um - und wurde belohnt. Fast mit dem Pausenpfiff brachte der grandiose Dreher von Ekberg an seinem schwedischen Landsmann Thulin vorbei das 16:17 – dann folgte die Rote Karte gegen Pekeler. Halbzeit.
Magdeburg zieht davon
Patrick Wiencek glich kurz nach dem Wechsel zum 17:17 aus, und als Rune Dahmke einen abermaligen Drei-Tore-Rückstand in der 38. Minute auf 20:21 verkürzte, wähnten sich die Kieler zurück im Spiel. Eine fünf Minuten andauernde Schwächephase ohne eigenen Treffer, in der die Kieler in wichtigen Aktionen großes Pech hatten oder an Thulin scheiterten, ließ die Magdeburger dann auf 26:20 in der 43. Minute enteilen. Die Entscheidung für die Gastgeber? Mitnichten. Denn die Zebras warfen trotz der personellen Schwächung alles in die Waagschale.
Zebras kämpfen sich heran
Dario Quenstedt half mit seinen Paraden bei der Aufholjagd
Rune Dahmke, Niclas Ekberg und nochmals Dahmke verkürzten dann aber innerhalb einereinhalb Minuten auf 23:26, jetzt zeigten sich dich Gastgeber geschockt. Musa antwortete zwar zum 27:23, aber in der 49. Minute hatten sich die Zebras durch Duvnjak, Sagosen und Weinhold wieder auf 26:27 herangekämpft. Das kraftvolle Tor von Weinhold war allerdings die letzte Aktion des Kieler Linkshänders, nach dem Zusammenprall mit Chrapkowski und dem Sturz auf den Hallenboden bedeutete eine klaffende Wunde über seinem Auge das vorzeitige Aus in einem Spiel, das auf der Schlussgeraden zum Thriller geriet. Auch, weil die Kieler - begünstigt durch eine starke Torhüterleistung von Dario Quenstedt in seiner ehemaligen Heimstätte - nicht nachließen, um jeden Zentimeter Hallenboden kämpften und in der Schlussphase jeden Angriff mit einem Tor abschlossen.
Letzter langer Angriff entscheidet das Spiel
Das Glück war ihnen aber auch jetzt nicht hold: Landin wehrte einen Siebenmeter des überragenden, neunfachen SCM-Torschützen Magnusson ab, der Ball fiel ihm aber wieder in die Hände und so traf er zum 33:31, postwendend von Reinkind beantwortet. Der Ausgleich wollte allerdings nicht fallen, auch weil die Magdeburger nach langen Offensiv-Stafetten immer wieder eine Lücke im THW-Deckungsverbund fanden. Als Bezjak den vorletzten Angriff der Magdeburger nach mehr als einer Minute Angriffszeit zum 34:32 an Dario Quenstedt vorbei ins Tor warf, war die Partie 22 Sekunden vor dem Ende entschieden. Der SCM feierte, während die Kieler eine bittere Niederlage mit auf die Heimreise nehmen mussten.
Samstag bei GWD Minden
Auch die nächste Partie des THW Kiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga ist ein Auswärtsspiel: Am kommenden Samstag sind die Zebras bei GWD Minden gefordert. Die Gastgeber, die nach sechs Spielen ohne Niederlage Mitte Mai eigentlich schon gerettet schienen, sind inzwischen der "roten Linie" wieder bedenklich nahe gekommen. Auch deshalb werden die Grün-Weißen am Samstag alles in die Partie legen. Unterstützt werden sie dabei erstmals wieder von 500 Zuschauern. Der Anwurf in der Kreissporthalle in Lübbecke ertönt um 20:30 Uhr, Sky überträgt live. Weiter geht's bei GWD, Kiel!
Eroll Popova
LIQUI MOLY HBL, 33. Spieltag: SC Magdeburg - THW Kiel: 34:33 (17:16)
SC Magdeburg: Thulin (1.-60., 15 Paraden), Green (2 Siebenmeter, 1/1 Parade); Musa (8), Chrapkowski, Kluge, Steinert, Pettersson, Magnusson (9/2), Hornke (3), Gullerud (1), Mertens (6), O'Sullivan (2), Bezjak (2), Damgaard (3), Preuss; Trainer: Wiegert
THW Kiel: N. Landin (1.-24., 31.-43., 7/1 Paraden), Quenstedt (24.-30., 43.-60., 6 Paraden ); Ehrig, Duvnjak (3), Sagosen (4/1), Reinkind (3), M. Landin (n.e.), Sunnefeldt (n.e.), Weinhold (2), Wiencek (2), Ekberg (8/3), Ciudad, Dahmke (8), Zarabec, Horak (1), Pekeler (2); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski
Zeitstrafen: SCM: 4 (Chrapkowski (12.), Magnusson (15.), Gullerud (22.), Hornke (45.)) / THW: 2 (Weinhold (14.), Wiencek (19.))
Rote Karte: Pekeler (30.))
Siebenmeter: SCM: 2/2 / THW: 6/4 (Ekberg an den Pfosten (13.), Green hält Ekberg (39.))
Spielfilm: 1:0, 1:1 (2.), 3:1 (5.), 4:2 (8.), 5:4, 7:4 (13.), 8:5, 8:7 (17.),10:9 (20.), 12:9 (22.), 14:11 (25.), 14:13 (26.), 15:14, 16:15 (27.), 17:16 (29.);
17:17, 19:17 (33.), 19:18, 21:18 (36.), 21:20 (38.), 26:20 (43.), 26:23 (45.), 27:23, 27:26 (49.), 30:29 (53.), 32:31 (57.), 33:32 (59.), 34:32 (60.), 34:33.
Zuschauer: 1500 (Getec-Arena, Magdeburg)
Stimmen zum Spiel:
THW-Kapitän Domagoj Duvnjak: Kleinigkeiten haben heute das Spiel entschieden. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, nach dem 20:26 haben wir nicht abreißen lassen und bis zum Schluss um einen Punkt gekämpft. Leider hat es nicht gereicht, wenngleich wir uns heute ein Unentschieden wirklich verdient hätten. Du kämpfst zehn Monate für solche Spiele, durch die du Meisterschaften gewinnen kannst - und dann verlierst du hier so mit einem Tor. Das tut weh.
SCM-Trainer Bennet Wiegert: Ich freue mich, dass Thulin sich heute belohnen konnte und wir das Torhüter-Spiel gegen den besten Torwart der Welt gewonnen haben. Die Zuschauer haben heute Bock auf mehr gemacht, vielleicht sind 1500 Magdeburger was anderes als wo anders, das soll jeder für sich selber bewerten. Wir haben das heute in jeder Sekunde genossen. Aber zu solch einem Spiel gehören immer zwei Teams. Der THW Kiel ist nicht umsonst da oben, hat um jeden Zentimeter gefightet. Das war Werbung für den Handball. Wichtig war, dass meine Mannschaft nach dem 26:27 durch Kiel nach 26:20 mental stabil geblieben ist.
THW-Rückraumspieler Sander Sagosen: Thulin hatte einen starken Tag, insgesamt haben wir im ersten Durchgang zuviel liegengelassen. Trotzdem hatten wir die Chance auf einen Punkt, leider hat es nicht gereicht. Aber so wie wir uns nach der Pokal-Blamage heute präsentiert haben, ist der THW Kiel. Wir haben gekämpft bis zur letzten Sekunde, und jetzt bin ich unglaublich traurig, dass wir uns dafür nicht belohnen konnten.
SCM-Torhüter Tobias Thulin: Vielleicht war das heute mein bestes Spiel für den SCM.