Reinkind führt den THW Kiel zum Sieg im hochklassigen Spitzenspiel

Bundesliga

Reinkind führt den THW Kiel zum Sieg im hochklassigen Spitzenspiel

Das Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga zwischen den Füchsen Berlin und THW Kiel bot Sport vom Feinsten, und am Ende war Berlin für die Zebras wieder einmal eine Reise wert: Den 15:17-Halbzeitrückstand egalisierte die Mannschaft von Trainer Filip Jicha und drehte die Partie nach extrem emotionaler und spannungsgeladener Schlussphase auf einen 28:26-Sieg. Damit verteidigten die Kieler die Tabellenführung und gehen jetzt moralisch gestärkt in das Viertelfinal-Hinspiel der EHF Champions League am Mittwoch gegen Paris Saint-Germain.

Reinkind mit Weltklasse-Leistung

Überragender Spieler und Torjäger im weißen Trikot war Linkshänder Harald Reinkind, der insgesamt neunmal ins Schwarze traf und auch das spielentscheidende 28:26 erzielte, als die Berliner ihre letzte Chance mit einer Wurffalle suchten. Berlins Oldie Hans Lindberg  ärgerte den Deutschen Meister mit seinen Toren am meisten, der 39-jährige Däne erzielte sieben Treffer, war ein Garant von der Siebenmeterlinie. Filip Jicha bescheinigte Harald Reinkind nach dem Abpfiff "eine Weltklasseleistung, einfach großartig. Aber großartig waren auch Domagoj Duvnjak, der immer Verantwortung übernommen hat, und die Abwehrleistung von Oskar Sunnefeld in der zweiten Halbzeit.“

Duell auf Augenhöhe

Überragend: Harald Reinkind erzielte neun Treffer

Wie zu erwarten war, reisten die Zebras ohne ihren erkrankten Rückraum-Spieler Sander Sagosen in die Hauptstadt. Das große Handicap glichen aber alle Kieler mit enormem Einsatz und großer Willenskraft aus. Das war notwendig, weil der Deutsche Meister auf ein Berliner Team traf, das wohl seine bisher beste Saisonleistung auf die Platte der Schmeling-Halle brachte. Selbstvertrauen hatte die Mannschaft von Trainer Jaron Siewert vor allem in den beiden vergangenen sehr starken Spielen mit Siegen gegen Montpellier und bei den Löwen in Mannheim gesammelt. So starteten beide Teams auf Augenhöhe in die Partie. Kiel ging durch ein Solo von Spielmacher Miha Zarabec in Führung, Patrick Wiencek und Harald Reinkind trafen bei Gegentoren von Andersson, Lindberg und Marsenic zum  3:3 (6.), die erste Kieler Zwei-Tore-Führung sicherte Niclas Ekberg per Siebenmeter und von Außen zum 5:3.

Berliner führen zur Pause

Die Kieler Abwehr musste 60 Minuten Schwerstarbeit verrichten

Nach 13 Minuten legten die Kieler dann die erste Drei-Tor-Führung vor: Reinkind und Duvnjak legten den Ball jeweils an Berlins Torhüter Dejan Milosavljev vorbei zur 9:6-Führung. Filip Jicha setzte im Angriff zunächst wieder auf den siebten Feldspieler - dieses Mal aber mit unterschiedlichem Erfolg: Hendrik Pekeler traf nach überragendem Passspiel von Duvnjak zum 10:8 traf, Reinkind erzielte wenig später gar die erneute Drei-Tore-Führung (11:8, 19. Minute). Doch leichte Fehler im Überzahlspiel der Kieler brachte Berlin wieder heran: Das leere Kieler Tor lud die Füchse mehrfach zu Würfen aus der eigenen Hälfte ein. Als der eingewechselte Frederik Genz mit seiner dritten Parade dann erstmals einen Wurf von Reinkind stoppte, traf Fabian Wiede in der 30. Minute zum 16:15 und der ersten Berliner Führung, Paul Drux netzte nach einem geklauten Ball wenig später zur 17:15 Halbzeitführung für die Gastgeber ein.

Kieler kamen noch entschlossener aus der Kabine

Niklas Landin wurde vor allem im zweiten Durchgang wieder zum Faktor

Aus den Kabinen kam dann eine Kieler Mannschaft, die nach Anlaufschwierigkeiten in der zweiten Halbzeit noch entschlossener zur Sache ging, mithalf, dass die Zuschauer an den Fernsehgeräten Handball in all seinen Facetten erlebten. Kampf, Esprit, technische Feinheiten: Beide Teams boten großartigen Sport. Hans Lindberg traf als Erster, Berlin führte in der 34. Minute 18:15, Niclas Ekberg brachte die Zebras auf 16:18 heran, doch Jacob Holm traf im Gegenzug zum 16:19. Die Kieler, jetzt im Angriff mit sechs Spielern agierend, reagierten großartig: Hendrik Pekeler (Rückhandwurf), Harald Reinkind und Patrik Wiencek packten einen 3:0-Lauf aus, 19:19 hieß es in der 39. Minute, Berlins Nachwuchsaußen Freihöfer antwortete mit dem 19:20, doch Glanzparaden von Landin gegen Marsenic und Holm veredelten Domagoj Duvnjak, Harald Reinkind und Patrick Wiencek bis zur 47. Minute in die erneute Kieler Führung zum 22:20.

Landin mit starken Paraden

So spielt ein Leader: Domagoj Duvnjak ging voran

Einen superstarken Auftritt legte vor allem im zweiten Durchgang THW-Keeper Niklas Landin auf die Bretter der Max-Schmeling-Halle: Der Welthandballer war immer dann zur Stelle, wenn wichtige Hilfe nötig war. 11 Paraden zauberte der Däne aus seinem Repertoire, gerade in der Schlussphase mutierte er zur Wand für die Füchse. Berlin aber ließ nicht locker, glich zum 22:22 aus. Als dann Duvnjak, Ekberg und Reinkind dem THW nach 57 Minuten einen weiteren 3:0-Lauf zum 27:24 bescherten, wurde die spannende Schlussphase eingeläutet. Andersson und Freihöfer brachten die Füchse nach zwei technischen Fehlern der Kieler im Angriff wieder auf 26:27 heran. Schließlich war es dann Harald Reinkind, der seine Zebras gegen die offene Manndeckung der Berliner mit dem Treffer zum 28:26 erlöste, begleitet von einem Jubelschrei seines Spielmachers Domagoj Duvnjak, der seine Freude Richtung Hallendecke freien Lauf ließ - das waren zwei ganz wichtige Auswärts-Punkte!

Am Mittwoch kommt Paris Saint-Germain

Jubel nach dem Abpfiff: Die Kieler feierten einen wichtigen Auswärtssieg

Den Kielern steht am kommenden Mittwoch das nächste Spitzenspiel ins Haus: Nach einer Serie von zuletzt fünf Auswärts-Partien in Folge sind die Zebras dann endlich wieder einmal Gastgeber. Das erste Heimspiel nach mehr als einem Monat hat es dabei richtig in sich: Der französische Spitzenclub Paris Saint-Germain um seinen dänischen Superstar Mikkel Hansen reist zum Viertelfinal-Hinspiel in der EHF Champions League an die Förde. Das erste von zwei K.o.-Spielen zwischen dem Titelverteidiger aus Kiel und dem Königsklassen-Dritten aus Paris elektrisiert Handball-Europa und wird ab 20:45 Uhr live bei DAZN zu sehen sein. Bereits ab 20 Uhr können sich Fans des Rekordmeisters mit einem attraktiven Heimspiel-TV-Programm mit zwei Zebra-Legenden als Interviewpartner warmlaufen für die Top-Begegnung zweier Weltklassen-Mannschaften. Weiter geht's in der EHF Champions League, Kiel!

Fotos: fotolaechler

LIQUI MOLY HBL, 29. Spieltag: Füchse Berlin - THW Kiel: 26:28 (17:15)

Füchse Berlin: Genz (17.-46., 5 Paraden)Milosavljev (1.-17., 46.-60., keine Parade); Ernst, Wiede (3), Holm (1), Gojun (1), Andersson (5), Lindberg (7/5), Freihofer (3), Michalczik, Chrintz, Matthes (1), Kopljar, Koch (1), Marsenic (3), Drux (1); Trainer: Siewert
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 11 Paraden), Quenstedt (1 Siebenmeter, keine Parare); Ehrig (n.e.), Duvnjak (5), Reinkind (9), M. Landin (n.e.), Sunnefeldt, Weinhold, Wiencek (3), Ekberg (5/1), Ciudad (n.e.), Dahmke (2), Zarabec (2), Voigt (n.e.), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Colin Hartmann / Stefan Schneider
Zeitstrafen: Füchse: 4 (Marsenic (6.), Gojun (7.), Drux (26.), Andersson (39.)) / THW: 3 (2x Pekeler (9., 40.), Weinhold (21.))
Siebenmeter: Füchse: 5/5 / THW: 2/1 (Ekberg überweg (16.))
Spielfilm: 0:1, 1:2, 3:3 (6.), 3:5 (8.), 6:7 (12.), 6:9 (13.), 8:9 (15.), 8:11 (17.), 11:11 (19.), 12:12, 12:14 (24.), 13:15 (26.), 17:15;
18:15 (33.), 19:16 (37.), 19:19 (39.), 20:19, 20:22 (46.), 22:22 (49.), 24:24 (53.), 24:27 (57.), 26:27 (60.), 26:28.
Zuschauer: keine (Max-Schmeling-Halle, Berlin)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Das war ein geiles Handball-Spiel heute, etwas für die Sky-Zuschauer. Es war eine unglaubliche Intensität in diesem Spiel, in den Zweikämpfen. Niklas Landin war richtig stark heute, er hat wichtige Akzente gesetzt. Aber meiner Meinung nach hat die Mannschaft das Spiel gewonnen mit ihrer Moral, wie sie sich zurückgekämpft hat. Wir hatten Personal-Probleme, weil sich auch noch Steffen mit einer Muskel-Verhärtung abgemeldet hat, er keinen Angriff spielen konnte. Miha hatte auch Probleme, weswegen wir von Beginn an mit dem Sieben-gegen-Sechs spielen wollten. Eine Weltklasse-Leistung hat Harald Reinkind heute gezeigt. Er war der einzige, der 60 Minuten lang richtig draufgegangen ist. Dule hat in der zweiten Halbzeit Verantwortung übernommen, herausheben möchte ich auch Oskar Sunnefeldt: Er hat heute sensationell Abwehr gespielt. Das war ein sensationelles Spiel von uns gegen einen unglaublich starken Gegner.

Füchse-Rechtsaußen Hans Lindberg bei Sky: Uns haben heute Kleinigkeiten gefehlt. In der zweiten Halbzeit war Niklas Landin besser als unser Torwart. Er hat für Kiel ein paar wichtige Bälle gehalten. Ärgerlich, aber es ist ja wie es ist. 

Füchse-Sportchef Stefan Kretzschmar bei Sky: Glückwunsch an den THW Kiel und Niklas Landin, der in solch engen Spielen den Unterschied macht. Es waren drei atemberaubende Paraden, als wir mit zwei Toren vorne lagen. Landin war da, als Kiel ihn brauchte. Wir haben herausragend gefightet, aber sind natürlich enttäuscht von der Niederlage, wenngleich der THW verdient gewonnen hat. Unsere technische Fehler in der Schlussphase brechen uns dann das Genick. 

THW-Toptorschütze Harald Reinkind bei Sky: Es kommt in solchen Spielen immer auf Kleinigkeiten an. Heute war es genau so, wir waren 2 Tore vorn, dann wieder 2 Tore hinten - ein Hin und Her. Als wir zur Pause in die Kabine gegangen sind, waren wir ein bisschen sauer auf uns. Eigentlich hätte es ergebnismäßig da besser aussehen müssen. Aber wir müssen einfach weiter hart arbeiten, das haben wir dann in der zweiten Halbzeit auch gemacht. Berlin spielt ein starkes Eins-gegen-Eins, da mussten wir die Beine gut bewegen. Wir haben heute alle unglaublich gekämpft und alles gegeben für diese zwei Punkte.