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THW Kiel erlebt ein Debakel in Wetzlar

Bundesliga

THW Kiel erlebt ein Debakel in Wetzlar

Im vierten Spiel innerhalb von neun Tagen hat es den THW Kiel erwischt: Bei der HSG Wetzlar kassierten die Kieler ihre erste Niederlage in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Schlimmer noch: Beim 22:31 (11:18) erlebten die Zebras nach einer desaströsen ersten Hälfte ein Debakel - auch, weil Till Klimpke im HSG-Tor mit 17 Paraden überragender Mann des Abends war. Vor 800 Zuschauern in der damit "ausverkauften" Rittal-Arena waren Maximilan Holst (8/2) und Niclas Ekberg (5/1) die besten Torschützen ihrer Mannschaften. 

Sven Ehrig muss kurzfristig passen

Die Personal-Situation beim Rekordmeister war auch vor dieser Partie, in der Neuzugang Oskar Sunnefeldt erstmals das THW-Trikot mit der Nummer "9" überstreifen durfte, angespannt. Denn im Abschlusstraining zo sich Rechtsaußen Sven Ehrig erneut einen Muskelfaserriss in der Oberschenkel-Muskulatur zu. Für ihn reiste kurzfristig Bevan Calvert nach Wetzlar. Der Australier, immerhin bereits 34 Jahre alt und Co-Trainer der Kieler U23, kam nach Königsklassen-Premiere und Super-Cup-Gewinn nun auch zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz auf der Bank. Neben Ehrig fehlten weiterhin Nikola Bilyk (Kreuzbandriss), Niklas Landin (Meniskus-Operation) und Sander Sagosen (Muskelfaserriss) bei der schweren Auswärtsaufgabe.

Katastrophaler Start

Schon die ersten Minuten wirkten wie eine Blaupause des Spiels: Niclas Ekberg scheiterte mit einem Strafwurf an der Latte, Zarabec an Klimpke, Reinkind an Klimpke und dem Block. Ehe die Schwarz-Weißen überhaupt Zugang zum Spiel gefunden hatten, stand es bereits 6:1 für die Gastgeber, die jeden Fehler der Zebras mit Gegenstößen bestraften. Selbst eine erste, frühe Auszeit von Filip Jicha brachte nicht den gewünschten Erfolg. Weil die Zebras im Angriff viel zu statisch agierten, sich immer wieder im massiven 6-0-Verbund der Mittelhessen festliefen und so kaum klare Chancen kreierten. Nach 16 Minuten und Holsts siebtem Treffer war der Vorsprung der Gastgeber bereits auf sieben Tore angewachsen.

Sieben-Tore-Rückstand beim Wechsel

Erzielte drei Treffer: Hendrik Pekeler

Auch Mattias Anderssons Parade gegen Cavor mit anschließendem Ekberg-Treffer über den gesamten Platz konnte nicht wie ein Weckruf wirken, weil Rubin und Lindskog, der artistisch einen Gegenstoß-Pass von Klimpke fing und im Tor unterbrachte, sofort mit einem Doppelschlag zum 17:8 konterten. Nach der zweiten Jicha-Auszeit zeigte der THW Kiel, aus welchem Holz er eigentlich geschnitzt ist: Duvnjak bediente Pekeler zum 9:17, Quenstedt hielt zweimal stark frei vor ihm auftauchende Wetzlarer, Duvnjak verkürzte. Die erste Phase in der Begegnung, in der dem THW Kiel zwei Treffer in Folge gelangen, machte Hoffnung. Erst recht, als Duvnjak Dahmke bediente, der das 11:17 erzielte. Doch es blieb dabei: Die Kieler, bei denen nun sogar Neuzugang Oskar Sunnefeldt ein paar Minuten Spielzeit bekam, machten weiter zu viele Fehler. Letztlich hatten sie noch Glück, dass nach Rubins 18:11 der finale Wurf von Cavor an der Latte landete - sonst wäre die Messe bereits zur Pause komplett gelesen gewesen.

Zebras lassen viele Chancen liegen

Mit etwas besserer Körpersprache kehrten die Zebras zurück aufs Feld, agierten zeitweise sogar mit einem siebten Feldspieler. Und es lief zumindest spielerisch im Angriff etwas besser: Reinkind fand Pekeler, der zum 13:19 traf. Aber immer dann, wenn der THW Kiel ein wenig mehr Ergebnis-Druck auf die Gastgeber hätte ausüben können, verfielen die Kieler wieder in alte Muster: Magnus Landin scheiterte mit einem Gegenstoß an Klimpke, nach Quenstedts Parade gegen Cavor hielt Klimpke einen Reinkind-Wurf fest und schickte Holst auf die Reise: Statt selbst auf einen Fünf-Tore-Rückstand zu verkürzen, ließ man der HSG die Tür zu einer noch komfortableren Führung offen. Ein Drehbuch, das sich wiederholen sollte. Klimpke hielt gegen Zarabec, als die Kieler auf 15:20 hätte rankommen können. Landin leistete sich einen fatalen Schrittfehler beim Gegenstoß, statt 16:21 stand es 22:15 für die HSG (43.), die mit jeder Minute selbstbewusster wurde. 

Dahmke verhindert Zehn-Tore-Niederlage

So frei wie hier Patrick Wiencek tauchten die Zebras selten vorm HSG-Tor auf

Weil die Schwarz-Weißen danach zu schnell den Abschluss suchten und Klimpke endgültig zum grün-weißen Helden des Abends werden ließen, lösten sich auch die letzten Hoffnungen auf einen Punktgewinn rasend schnell im Gegenstoßgewitter der Gastgeber auf. Bezeichnend das Missverständnis von Reinkind und Weinhold nach der letzten Kieler Auszeit, das Mellegard mit dem 27:18 bestrafte. Beinahe schon demütigend, wie Rechtsaußen Weißgerber erst aus dem Rückraum und nach dem von Ivanisevic gehaltenen Ekberg-Siebenmeter per lässigem Gegenstoß-Dreher zur Zehn-Tore-Führung für Wetzlar einnetzte. Gut, dass Dahmke in der letzten Aktion des Spiels mit großem Duchsetzungsvermögen noch die Zehn-Tore-Niederlage abwenden konnte - aber dieses 22:31-Debakel in Wetzlar wird den Kieler trotzdem noch lange weh tun.

Nächstes Spiel gegen Flensburg

Nachdem die Europäische Handball Föderation das ursprünglich für Mittwoch angesetzte Königsklassen-Heimspiel der Kieler gegen den HC Motor Zaporozhye auf ein bis jetzt noch nicht bekanntes Ausweich-Datum verschoben hat (siehe Extra-Artikel), steht für die Zebras die nächste Partie erst am 18. Oktober an - diese hat es aber auch in sich: Dann gastiert die SG Flensburg-Handewitt zum 103. Derby in der bereits nahezu ausverkauften Wunderino Arena. Fans, die kein Ticket für diese Begegnung mehr bekommen haben, können sich indes freuen: Neben dem Bundesliga-Haussender Sky wird auch das NDR Fernsehen das Duell der beiden Erzrivalen live im Free-TV übertragen. Für die dann folgenden Heimspiele gegen Telekom Veszprem (28.10., 18:45 Uhr) und GWD Minden (1.11., 16 Uhr) gibt es unterdessen noch Karten unter www.thw-tickets.de, telefonisch unter der THW-Tickethotline 01806 / 300 234 (gebührenpflichtig: 0,20 Euro/Anruf aus dem dt. Festnetz, max. 0,60 Euro/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz) sowie in der THW-FANWELT (Montag-Mittwoch & Freitag 10-15 Uhr, donnerstags 13-18 Uhr). Nächster Sonntag ist Derby-Tag, Kiel! 

Fotos: Sportfoto Oliver Vogler

LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 3. Spieltag: HSG Wetzlar - THW Kiel: 31:22 (18:11)

HSG Wetzlar: Klimpke (1.-60., 17 Paraden), Ivanisevic (1 Siebenmeter, 1/1 Parade); Feld, Srsen, Henningsson (1), Björnsen (5/1), Mirkulovski, Weissgerber (2), Holst (8/2), Fredriksen (1), Forsell Schefvert (3), Gempp, Mellegard (1), Rubin (3), Lindskog (2), Cavor (3); Trainer: Wandschneider
THW Kiel: Saggau (n.e.), Quenstedt (1.-11., 24.-60., 7/1 Paraden), Andersson (11.-24., 2 Paraden); Duvnjak (3), Reinkind (4), M. Landin (1), Sunnefeldt, Weinhold (1), Wiencek (1), Ekberg (5/1), Wäger, Dahmke (3), Zarabec (1), Calvert (n.e.), Horak, Pekeler (3); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Julian Köppl / Dennis Regner
Zeitstrafen: HSG: 5 (Lindskog (4.), Mirkulovski (21.), Rubin (34.), Srsen (41.), Holst (47.)) / THW: 2 (Wiencek (21.), M. Landin (56.))
Siebenmeter: HSG: 4/3 (Quenstedt hält Holst (41.)) / THW: 3/1 (Ekberg an die Latte (3.), Ivanisevic hält Ekberg (55.))
Spielfilm: 2:0 (3.), 2:1 (5.), 6:1 (7.), 8:2 (10.), 9:4 (15.), 11:4 (16.), 13:5 (19.), 15:7 (22.), 15:8, 17:8 (25.), 17:11 (29.), 18:11;
18:12, 19:13 (36.), 21:15 (42.), 23:15 (45.), 25:18 (50.), 27:18 (53.), 29:19 (56.), 31:21 (59.), 31:22.
Zuschauer: 800 (ausverkauft) (Rittal-Arena, Wetzlar)

Stimmen zum Spiel

THW-Trainer Filip Jicha: Das war eine katastrophale Leistung - ohne Wenn und Aber. Ich lasse hierfür auch nicht die Ausrede gelten, dass wir drei verletzte Leistungsträger haben. Die haben wir - aber die anderen Jungs können es viel besser und wissen genau, was sie sich jetzt angetan haben. So dürfen wir uns als THW Kiel einfach nicht präsentieren. Die Intensität gestern im Training war höher als heute im Spiel. Wir haben kaum Zweikämpfe gewonnen und haben kaum vernünftige Abschlüsse aufs Tor bekommen. Und wenn, dann war Klimpke da. Was mir besonders nicht gefallen hat: Wir haben den Kopf verloren. Das wird keine schöne Woche für uns. 

HSG-Torhüter Till Klimpke: Gegen eine Mannschaft wie den THW hat man nichts zu verlieren. So haben wir dann auch frei aufspielen können, heute Abend hat alles gepasst. Wir haben eine überragende Abwehr gestellt, nur 22 Gegentore gegen den THW sind schon herausragend. Dadurch konnten wir in der ersten Halbzeit durch die erste und zweite Welle viele Tore erzielen und Abstand zwischen uns und die Kieler bringen können. Dann war es nur noch Kampf, diesen Abstand erst zu halten und dann auszubauen. 

HSG-Toptorschütze Maximilian Holst: Wir haben - anders als die Kieler - eine sehr gute erste Halbzeit gespielt und viele einfache Tore gemacht. Heute waren wir im Gegensatz zum Flensburg-Spiel deutlich stabiler, und so war es ein rundum gelunger Abend.