Harter Kampf wird belohnt: THW gewinnt beim BHC
51 Minuten lang lief der THW Kiel beim Bergischen HC den Folgen eines 0:4-Fehlstarts hinterher und tat sich vor 5182 Zuschauer im Düsseldorfer ISS Dome richtig schwer. Dann schlugen die Zebras eiskalt zu, blieben mit einem in der Schlussphase starken Niklas Landin neun Minuten ohne Gegentreffer und brachten mit einem 6:0-Lauf einen ganz hart erkämpften 27:23 (11:11)-Sieg unter Dach und Fach. Beste Torschützen waren Niclas Ekberg (7/2), Domagoj Duvnjak (6) und Linkshänder Steffen Weinhold (6), der als Mittelmann Struktur in das zuvor ungeordneter wirkende Angriffsspiel der Kieler brachte.
Bilyk noch nicht fit
Christopher Rudeck verbuchte insgesamt 21 Paraden
Die Zebras waren am Donnerstagmorgen mit dem "Mannschaftsairbus" von Fußball-Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund von Hamburg nach Düsseldorf gereist. Nicht mit an Bord des schwarz-gelben Fliegers war allerdings Nikola Bilyk: Der Österreicher laboriert noch an den Folgen seines Außenbandrisses aus dem Minden-Spiel. Die Gastgeber konnten in dieser von ihnen zum "Highlight-Spiel" deklarierten Partie ebenfalls nicht in Bestbesetzung antreten: Kristian Nippes, Daniel Fontaine und Maciej Majdzinski fehlten auf Seiten des Bergischen HC. Wie schwer es für die Kieler gegen den starken Aufsteiger werden würde, zeigte sich schon in der Anfangsphase: Nach 25 Sekunden kassierte Steffen Weinhold eine Zeitstrafe. Der Auftakt für einen Kieler Fehlstart nach Maß. Weil Christopher Rudeck im Kasten der "Löwen" herausragend hielt, weil die Zebras aber auch vorschnell die Abschlüsse suchten und nicht konzentriert vor dem gegnerischen Tor agierten. Die Konsequenz: Der BHC, der seinerseits Fehler machte und so dem THW Kiel einen höheren Rückstand "ersparte", zog auf 4:0 davon.
5:0-Lauf bringt Zebras in Führung
Satte acht Minuten dauerte es, bis Niclas Ekberg der erste Kieler Treffer gelang: Eiskalt verwandelte der Schwede, zuvor von der Linie an Rudeck gescheitert, einen Siebenmeter. Als Landin dann einen Kotrc-Wurf aus dem kurzen Eck köpfte, traf Duvnjak zum ersten Mal aus dem Feld. Doch selbst nach Ekbergs 3:5 vom Kreis nach Duvnjak-Traumpass kehrte keine Ruhe im Kieler Angriff ein: Der BHC zog auf 7:3 davon, Alfred Gislason nahm die Auszeit und brachte Miha Zarabec und Patrick Wiencek, zudem beorderte er die zuvor offensive Deckung zurück in die 6-0-Formation. Mit Erfolg: Weinhold traf aus acht Metern, Wiencek nach Duvnjak-Anspiel, Weinhold drehte den Ball zum 6:7 ins Tor, und nachdem Landin einen Gunnarsson-Wurf entschärft hatte, traf Duvnjak ins leere BHC-Tor zum Ausgleich. Als kurz darauf erneut Weinhold einen erweiterten Gegenstoß abschloss, lag der THW nach 20 Minuten mit 8:7 in Führung - und hatte sich zumindest phasenweise vom Fehlstart erholt.
Remis zur Pause
Domagoj Duvnjak stemmte sich gegen die drohende Niederlage
Die Gastgeber, die jetzt mit einem siebten Feldspieler agierten, konterten ihrerseits mit einem Doppelschlag, ehe Wiencek und Niklas Landin mit zwei Würfen in den verwaisten Kasten wieder die Schwarz-Weißen nach vorn brachten. Doch es blieb dabei: Rudeck verhinderte mit seinen Paraden einen ruhigen Abend für die Kieler und ihre vielen Fans. Und als Boomhouwer abseits des Balls Wiencek umriss, dafür aber beide Kontrahenten eine Zwei-Minuten-Strafe kassierten, endete die erste Hälfte mit einem Unentschieden: Petrovsky egalisierte mit der Pausensirene die Kieler Führung, die Duvnjak 90 Sekunden zuvor nach starkem Eins-gegen-Eins erzielt hatte.
BHC geht wieder in Führung
Auch nach dem Wechsel änderte sich nichts im Spielverlauf: Der THW ging in Führung, der BHC glich aus und erzielte seinerseits einen Vorsrpung. Dann lief es wieder anders herum. Gislason brachte Wolff für Landin, um seinem Keeper ein paar Minuten Luft zu verschaffen. Doch ohne Erfolg: Rudeck entschärfte einen Weinhold-Konter, Szücs traf. Nach Duvnjaks 19:19 traf Criciotoiu zur BHC-Führung, Pekeler scheiterte an der Latte und Arnesson legte nach: Zum ersten Mal konnte sich im zweiten Durchgang eine Mannschaft mit zwei Treffern absetzen. Gut nur, dass auch den Blau-Weißen offensiv nicht alles gelang. Nach einem Babak-Pass ins Nirwana traf Duvnjak zum 21:22-Anschluss, den aber Fraatz aus dem Null-Winkel wieder in eine Zwei-Tore-Führung für die "Löwen" umwandelte. Längst stand Landin wieder im THW-Tor, und Gislason setzte nun auf zwei Linkshänder im Angriff: Steffen Weinhold zog die Fäden, Harald Reinkind und Duvnjak besetzten die Halbpositionen.
THW kassiert neun Minuten kein Gegentor
Am Ende war die Kieler Abwehr nicht mehr zu bezwingen
Maßnahmen, die wirkten: Weinhold traf direkt nach Fraatz' Treffer zum 23:21 nach Schneller Mitte, den nächsten Wurf des jungen Rechtsaußen parierte Landin, vorne spielte Duvnjak Ekberg mustergültig zum Ausgleich frei. Neun Minuten vor dem Ende nahm Sebastian Hinze die Auszeit, um den drohenden THW-Express zu stoppen. Doch ohne Erfolg: Mit jeder Minute mehr spielten sich die Kieler freier. Landin hielt gegen Criciotoiu, Duvnjak zirkelte den Ball durch die Beine von Rudeck zum 24:23 ins Tor. Es folgten die großen Minuten des Rune Dahmke: Nach 53 Minuten war er für Magnus Landin gekommen, mit einem artistischen Flug fing er einen Pass auf Fraatz ab und spielte den Ball im Fallen zu Wiencek. Ballbesitz für den THW! Vorne dann lief Dahmke an den Kreis ein und wurde von Weinhold bedient: 25:23! Zwölf Sekunden später sprintete Ekberg in einen Pass, lief den Gegenstoß und netzte ein: 26:23! In etwas mehr als zweieinhalb Minuten hatten die Zebras die Partie gedreht und brachten diesen Vorsprung in einer wilden Schlussphase, in der sowohl Rudeck als auch Niklas Landin ihr Paradenkonto nach oben schraubten, über die Zeit: Mit Patrick Wienceks 27:23 hatte der THW Kiel zwei ganz wichtige Zähler aus Düsseldorf entführt und seinen zehnten Bundesliga-Sieg in Folge unter Dach und Fach gebracht.
EHF-Cup-Heimspiel am Sonntag
Freitagmorgen kehren die Kieler aus Düsseldorf zurück - dann beginnt sofort die intensive Vorbereitung auf das Heimspiel am Sonntag: Die Zebras starten um 15 Uhr gegen den norwegischen Pokalsieger Drammen HK in den dritten Wettbewerb. Im ersten EHF-Cup-Spiel seit dem Titelgewinn vor 14 Jahren bauen die Kieler auf ihre Fans: "Internationale Spiele haben immer einen ganz besonderen Reiz", sagt Harald Reinkind. Der Norweger im THW-Trikot freut sich auf die Begegnung mit Drammen: "Dort spielen einige Freunde von mir, und ich habe damals mein Erstliga-Debüt gegen Drammen gefeiert." Reinkind hofft - wie alle Zebras - auf eine grandiose Atmosphäre am Sonntag: "Wir wollen den Grundstein für den Gruppenphasen-Einzug legen, und unsere 'weiße Wand' wird uns dabei helfen." Der THW Kiel möchte gemeinsam mit seinen Fans den Zuschauer-Rekord in EHF-Cup-Quali-Spielen brechen. Diesen halten bisher die Füchse Berlin, die am 23. November 2014 gegen HBC Nantes 6371 Besucher in ihrer Halle begrüßen konnten. Tickets für das K.o.-Runden-Spiel am Sonntag gibt es ab 10 Euro an allen bekannten Vorverkaufsstellen - unter anderem bei CITTI, in den famila-Märkten, bei den Kieler Nachrichten und im Ticketcenter der Sparkassen-Arena-, im Online-Ticketshop des THW Kiel unter www.thw-handball.de/tickets sowie unter der telefonischen Hotline 01806 / 300 234 (gebührenpflichtig: 0,20 Euro/Anruf aus dem dt. Festnetz, max. 0,60 Euro/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz). Auf geht's in den Europapokal, Kiel!
Fotos: Andreas Fischer
Statistik: DKB Handball-Bundesliga, 13. Spieltag, 15.11.18: Bergischer HC - THW Kiel: 23:27 (11:11)
Bergischer HC: Rudeck (1.-60., 21/1 Paraden), Rutschmann (2 Siebenmeter, 0 Paraden); Darj (3), Petrovsky (1), Gunnarsson (2/2), Kotrc, Baena (1), Fraatz (1), Babak (2), Szücs (3), Gutbrod (1), Arnesson (2), Boomhouwer (2), Criciotoiu (5), Stutzke; Trainer: Hinze
THW Kiel: N. Landin (1.-41., 49.-60., 11 Paraden, 1 Tor), Wolff (41.-49., 0 Paraden); Duvnjak (6), Reinkind (1), M. Landin (1), Firnhaber (n.e.), Kristjánsson (n.e.), Weinhold (6), Wiencek (3), Ekberg (7/3), Rahmel, Dahmke (1), Zarabec, Vujin, Pekeler (1), Nilsson; Trainer: Gislason
Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Sascha Wild
Strafzeiten: BHC: 3 (Criciotoiu (18.), Boomhouwer (30.), Szücs (32.)) / THW: 4 (Weinhold (1.), Ekberg (21.), 2x Wiencek (30., 43.))
Siebenmeter: BHC: 2/2 / THW: 4/3 (Rudeck hält Ekberg (4.))
Spielfilm: 4:0 (8.), 4:1 (9.), 5:3 (14.), 7:3 (16.), 7:8 (20.), 9:8 (23.), 9:10, (26.), 10:11 (28.), 11:11;
12:11, 12:13 (45.), 13:14, 15:14 (40.), 17:16, 18:17 (45.), 19:19 (48.), 21:19 (49.), 23:21 (51.), 23:27.
Zuschauer: 5.182 (ISS Dome, Düsseldorf)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Alfred Gislason: Das war ein extrem schweres Spiel. Wir sind sehr schlecht in die Partie gekommen, Rudeck hat stark gehalten, wir haben ihm das Leben mit unvorbereiteten Würfen aber auch leicht gemacht. Mit Patrick Wiencek stand die Abwehr dann besser, und auch Niklas Landin hat uns mit seinen Paraden in den letzten Minuten sehr geholfen, weil er uns in die Gegenstöße gebracht hat. Beim BHC ließen die Kräfte nach, Steffen hat auf der Mitte Struktur reingebracht - das hat das Spiel entschieden. Wir haben zuletzt immer wieder in schwierigen Situationen Charakterstärke gezeigt. Mental sind wir deutlich weiter als im vergangenen Jahr. Und es hilft uns, dass Domagoj Duvnjak weitestgehend fit ist.
BHC-Torhüter Christopher Rudeck: Ich hätte lieber Gratulationen zum Sieg entgegengenommmen als Glückwünsche für meine persönliche Leistung. Ich ärgere mich, weil wir den Sieg wegschmeißen. Wir haben Angst vorm Gewinnen bekommen und machen Technische Fehler, die wir vorher nicht gemacht haben. Es zeigt aber auch die Riesen-Qualität des THW Kiel, diese Fehler so eiskalt zu nutzen. Heute war hier eine Top-Atmosphäre. Schade, dass wir nicht gewonnen haben.
THW-Kapitän Domagoj Duvnjak: Wir haben mehr Selbstvertrauen als in der vergangenen Saison - und wir haben zwei überragende Abwehrsysteme, zwischen denen wir hin- und herwechseln können. Auch heute sind wir ruhig geblieben, das war der Schlüssel zum Sieg. Christopher Rudeck war überragend: Hut ab! Aber er hat nicht nur heute stark gespielt, sondern schon in vielen Partien in diesem Jahr. Ich freue mich für ihn - wenn er fit bleibt, wird er eine schöne Zukunft haben. Beim THW haben wir einen Lauf - ich hoffe, das bleibt so. Wir sind heiß - schauen aber trotzdem nur von Spiel zu Spiel. Persönlich habe ich noch Schmerzen im Knie, aber mit diesen Schmerzen kann ich spielen und trainieren. Ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören.