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Weltklasse-Match endet unentschieden

Champions League

Weltklasse-Match endet unentschieden

20 Mal waren sich der THW Kiel und Telekom Veszprem vor dem Anpfiff der Partie am sechsten Spieltag der EHF Champions League bereits in der Königsklasse begegnet, und jedes Mal gab es einen Sieger. Auch am Mittwochabend sah es danach aus, als ob eine der Mannschaften beide Punkte holen würde: Im ersten Durchgang dominierten die Ungarn, im zweiten Abschnitt hatte der THW Kiel fünf Minuten vor dem Ende angesichts einer Vier-Tore-Führung eine Hand am doppelten Punktgewinn. Am Ende eines Weltklasse-Matches aber gab es das - verdiente - erste Unentschieden zwischen beiden Teams: Bester Kieler Torschütze beim 31:31 (18:20) war Sander Sagosen mit neun Treffern, zum besten Spieler der Partie wurde indes 17-Paraden-Mann Vladimir Cupara von Veszprem gewählt.

Rasanter Einstieg

Weltklasse gegen Weltklasse - das "Match of the week" der EHF Champions League bot den Fans in der Wunderino Arena zwei exquisite Kader an - und das trotz des verletzungsbedingten Fehlens von Nikola Bilyk (Kreuzbandriss), Steffen Weinhold (Schädel-Hirn-Trauma) und Sven Ehrig (Muskelfaserriss) auf Kieler sowie Rodrigo Corrales, Mate Lekai, Blaz Blagotinsek und Kentin Mahé (positive Covid-19-Tests) auf ungarischer Seite. Und trotzdem machten beide Teams keine Anstalten, deswegen auf die Bremse zu treten. Von Beginn an entwickelte sich eine rasante Partie, die nichts weniger als Werbung für den Handball war.

Veszprem mit dem besseren Start

Voller Einsatz: Hendrik Pekeler und Ex-Zebra Rogerio Moraes

Den besseren Start erwischten die Gäste, die mit einer extrem beweglichen Abwehr den THW Kiel früh unter Druck setzten und auch im Angriff, angetrieben von Rasmus Lauge und Petar Nenadic, immer wieder Lösungen gegen die Kieler Deckung fanden. Aber auch der THW hatte einiges zu bieten - das Norweger-Duo aus dem im ersten Durchgang überragenden Sander Sagosen und Harald Reinkind glich zum 4:4 aus. Nach einer fantastischen Landin-Parade gegen Strlek war es der unermüdlich ackernde Hendrik Pekeler, der beim 6:5 die erste Kieler Führung erzielte. Nach Lauges 7:7 waren es Sagosen und Niclas Ekberg, die die Zebras mit 9:7 in Führung brachten - in der zwölften Minute waren bereits 16 Treffer gefallen. Was für ein Spektakel! 

Sagosen erzielt acht Tore in 18 Minuten

Überragende erste Hälfte: Sander Sagosen

In diesem Tempo ging es weiter - beim 10:11 nach einer der zahlreichen Cupara-Paraden waren die Ungarn wieder in Führung, Domagoj Duvnjak und Sagosen per Gegenstoß nach großartigem Wiencek-Steal drehten das Ergebnis. Ein Doppelschlag in Überzahl von Nenadic und ein Marguc-Tor später, war Telekom Veszprem wieder am Drücker. 14:12 für die Gäste nach 22 Minuten. Es entwickelte sich nun das Duell Sagosen gegen alle in Rot: Sagosen mit 103 km/h: 15:16. Sagosen im Alleingang: 16:17. Sagosen in Unterzahl und seinem achten Treffer (!) in 18 Minuten zum 17:17. Reinkind nach Co-Produktion mit Sagosen: 18:18. Und doch sollte diese erste Hälfte nicht mit einem Happyend aus Kieler Sicht in die Statistik eingehen: Nenadic vernaschte den kompletten Zebra-Innenblock, Cupara entschärfte einen freien Reinkind-Wurf, und Nilsson erzielte das 20:18. Schlusspunkt war ein Pfostenwurf von Miha Zarabec - das Glück hatten die Zebras an diesem Abend nicht unbedingt auf ihrer Seite.

Intensität steigt von Minute zu Minute

Sieben Tore: Niclas Ekberg

Das Ziel der Zebras im zweiten Durchgang war klar: In der Defensive fester zupacken, und vorne Lösungen finden. Doch das gestaltete sich weiter schwierig - Veszprem blieb vorn. Auch nach Pekelers Traumtor zum 21:22, Niklas Landins gehaltenem Siebenmeter und Ekbergs Gegenstoß nach Duvnjak-Steal zum 22:22. Weil Landin und Cupara sich nun einen Wettstreit um die stärksten Paraden lieferten, weil Ekberg bei zwei Siebenmetern nicht an Cupara und dem Pfosten vorbei kam, weil die Intensität von Minuten zu Minute stieg - diese Begegnung entsprach allem, was sich die EHF-Macher bei der Klassifizierung als "Match of the week" versprochen haben sollten. Veszprem zog wieder mit zwei Toren weg, der THW kämpfte sich zurück, ging seinerseits durch Magnus Landin beim 26:25 und 27:26 wieder in Führung. 

THW legt vor

Pushten sich und die Fans: Patrick Wiencek und Domagoj Duvnjak

Filip Jicha griff elf Minuten vor Ultimo beim Stand von 27:27 in die taktische Trickkiste, brachte den siebten Feldspieler im Angriff. Mit zwei Kreisläufer wollten die Zebras den Mittelblock der Ungarn beschäftigen - und der Plan ging auf. Weil auf der anderen Seite die Kieler Deckung sich in einen Rausch steigerte, blockte, Bälle klaute, verschob, dass es ein Freude war. Weil Pavel Horak sich mit Monster-Blocks und schnellen Beinen gegen Lauge und Nenadic Fleißpunkte verdiente. Und weil vorn die gechaffene Ãœberzahl klappt. Zarabec mit einem Tiefflug-Pass auf Tiefflug-Pekeler zum 28:27, Ekberg per Gegenstoß nach Horak Steal zum 29:27, Landin mit zwei großartigen Paraden, Sagosen mit Traumpass auf Wiencek: 30:27. Längst war die Arena zum berüchtigten Hexenkessel geworden, und spätestens nach Landins Parade gegen Lauge und Sagosens 31:27 (55.) war der THW Kiel am Drücker. 

Dramatik in der Schlussphase

Punkteteilung - zum ersten Mal in der Geschichte des Klassikers

Doch dieser Wahnsinns-Handballabend in der Wunderino Arena war eben noch längst nicht zu Ende. Und Veszprem zeigte, warum Filip Jicha die Mannschaft vom Balaton als "einer der besten auf diesem Planeten" eingestuft hatte: Jeder kleine Nachlässigkeit wurde extrem schnell bestraft. Ein Doppelschlag von Manaskov innerhalb von nur 60 Sekunden brachte die Ungarn zurück in Schlagdistanz, die ihrerseits mit der Defensive nun immensen Druck auf die Schwarz-Weißen machten. Ein Stürmerfoul von Reinkind münzte Marguc in das 30:31 um (57.). Die Zebras wurden ins Zeitspiel gedrängt, mussten abschließen - und erneut war es Cupara, der dabei das bessere Ende für sich hatte. Borozan glich aus (59.), Sagosen hatte mit einem Lattenkracher Pech, warf dann mit dem letzten Ballkontakt vorm Zeitspiel über den Kasten - urplötzlich hatte Veszprem 25 Sekunden vor der Sirene die erneute Chance auf den Sieg. Der THW Kiel verteidigte mit allem, was nach diesem harten Match noch an Energie vorhanden war, Fathy Omar verzog, Cupara hielt Reinkinds finalen Wurf von der Mittellinie - Abpfiff, verdiente Punkteteilung in einem Weltklasse-Match.

Sonntag gegen Minden

Zeigt Eure Unterstützung mit einem Fan-Foto in der Arena!

Der Wechsel zwischen Königsklasse und "stärkster Liga der Welt" geht für die Zebras in eine neue Runde: Zum letzten Spiel vor der Länderspiel-Pause empfangen die Kieler am Sonntag GWD Minden - jenen Traditionsclub, der am Sonntag nach dem 31:26-Erfolg gegen die Füchse Berlin mit breiter Brust an die Förde reisen wird. Anwurf in der Wunderiono Arena ist um 16 Uhr, Sky überträgt live aus Kiel. Bis zur Veröffentlichung der neuen Landesverordnung zur Corona-Bekämpfung, die für Freitag angekündigt wurde, bleibt unklar, ob das Spiel gegen Minden vor Zuschauern stattfinden darf. Nähere Informationen zum derzeitigen Stand der Dinge gibt es in diesem Extra-Artikel! Mit einem Fan-Foto aus stabilem Pappkarton können THW-Fans aus aller Welt ab dem Füchse-Spiel ihre Unterstützung für den THW Kiel in der Arena zeigen - wie es funktioniert, steht in dieser Anleitung! Weiter geht's, Kiel! 

EHF Champions League, 6. Spieltag:THW Kiel - Telekom Veszprem: 31:31 (18:20)

THW Kiel: Landin (1.-60., 12/1 Paraden), Quenstedt (n.e.); Duvnjak (1), Sagosen (9), Reinkind (5), M. Landin (2), Sunnefeldt (n.e.), Wiencek (3), Ekberg (7/4), Dahmke, Zarabec, Calvert (n.e.), Horak, Pekeler (4); Trainer: Jicha

Telekom Veszprem: Szekely (2 Siebenmeter, keine Parade), Cupara (1.-60., 17 Paraden); Manaskov (3), Fathy Omar (4), Moraes (1), Tönnesen, Nilsson (4), Markussen, Ligetvari, Marguc (3), Lauge (3), Strlek (3), Nenadic (5/2), Maqueda (1/1), Borozan (4); Trainer: Davis

Schiedsrichter: Oscar Raluy Lopez / Angel Sabroso Ramirez (ESP)
Zeitstrafen: THW: 3 (2x Pekeler (4., 25.), M. Landin (20.)) / Veszprem: 4 (Borozan (3.), Lauge (14.), Moraes (39.), Fathy Omar (45.)) 
Siebenmeter: THW: 6/4 (Cupara hält Ekberg (40.), Ekberg an den Pfosten (45.)) / Veszprem: 4/3 (Landin hält Nenadic (37.))
Spielfilm: 1:1, 1:3 (3.), 2;4, 4:4 (6.), 4:5, 6:5 (8.), 7:7, 9:7 (12.), 9:9, 10:11 (16.), 12:11 (20.), 12:14 (22.), 14:14, 14:16 (24.), 15:17, 17:17 (27.), 18:18, 18:20;
19:21, 20:22 (35.), 22:22, 22:24 (41.), 24:25 (44.), 26:25 (47.), 27:27 (49.), 31:27 (55.), 31:31.
Zuschauer: 1605 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel

THW-Trainer Filip Jicha: Das war ein Match auf dem höchsten Level. Ich bin zufrieden, wie wir gespielt haben. Auch mit dem 7:6 im zweiten Durchgang, das wir sehr gut gelöst haben. Kleine Dinge haben in dieser Partie jeweils den Ausschlag in die eine oder andere Richtung bewirkt. Unglücklicherweise waren diese kleinen Dinge am Ende auf unserer Seite. Als ich in die Kabine kam, waren meine Spieler schon ein bisschen traurig - aber wir haben es in den letzten fünf Minuten nicht geschafft, zu treffen. Insgesamt haben wir gegen den starken Cupara zu wenig Tore gemacht. Es war ein gutes Spiel für die Zuschauer, für uns war es hart. Und das erwartet uns auch am Sonntag gegen Minden - ein richtig hartes Stück Arbeit. Aber wir wollen Sonntag unseren eingeschlagenen Weg fortsetzen.

THW-Toptorschütze Sander Sagosen: Es macht einen Riesen-Spaß, diese Top-Matches zu bestreiten. Ich bin zufrieden, wie wir gespielt haben, wir haben viele Tore erzielte und auch gut in der Abwehr gestanden. Am Ende bin ich ein bisschen traurig, dass wir die Vier-Tore-Führung nicht nach Hause gebracht haben. Aber so ist Handball.  

Veszprems Trainer David Davis: Glückwunsch an meine Spieler und mein Team. Die letzten zehn Tage waren nicht einfach für uns, aber jeder war heute extrem fokussiert. Deshalb bin ich sehr zufrieden, wir haben ein großes Match gezeigt. Beide Teams haben ein großes Match gespielt, das war Werbung für unseren Sport. Ich habe es genossen.

Veszprems Andreas Nilsson: Es ist immer hart, hier zu bestehen. Aber wir haben 60 Minuten lang gekämpft und alles gegeben. Unsere stärkste Phase hatten wir dann fünf Minuten vor Schluss bei einem Vier-Tore-Rückstand. Große Anerkennung für meine Mannschaftskameraden! 

THW-Linksaußen Magnus Landin: Es ging hin und her. Natürlich sind wir ein wenig enttäuscht, dass wir das Spiel nicht zu Ende bringen konnten.