KN: THW empfängt Wetzlar: Benkos erstes Derby
Kiel. Teil zwei der Hessen-Woche beim THW Kiel: Nach dem Auswärtsspiel beim TV Hüttenberg am vergangenen Sonntag ist heute Abend (19 Uhr) die HSG Wetzlar zu Gast. Die Zebras sind gegen den Tabellenzehnten der Handball-Bundesliga vor allem auf Wiedergutmachung aus.
Zebras sinnen gegen HSG auf Revanche
Denn am 24. September vergangenen Jahres kassierte der THW in der Wetzlarer Rittal-Arena eine herbe 22:30-Pleite, gab dabei ein teilweise erschreckendes Bild ab, ließ sich von entfesselt aufspielenden Hessen förmlich überrennen und machte den schlechtesten Saisonstart seit der Saison 2002/2003 perfekt.
Ein Faktor für die klare - und tief sitzende - Niederlage war damals Benjamin Buric. Der HSG-Keeper zog den Zebras mit 20 Paraden den Zahn, brachte es auf gut doppelt so viele gehaltene Bälle wie die THW-Keeper Andreas Wolff (fünf) und Niklas Landin (sechs) zusammen.
Für den Bosnier ist das Schnee von gestern und mit dem heutigen Spiel nicht zu vergleichen. "Wir haben gegen den THW immer gut gespielt - aber nur in Wetzlar", sagt er und fordert: "Wir müssen das jetzt auch mal in Kiel tun." Der Schlüssel für einen Wetzlarer Erfolg? "Wir brauchen einfache Tore, aus Gegenstoß und zweiter Welle, anders geht es nicht." Und dann ergänzt "Benko" lachend: "Und wir brauchen eine schlechtere Kieler Torwartleistung als gegen Veszprém."
Buric und der THW, das ist eine besondere Beziehung - zumindest indirekt. 2016 wechselte der heute 27-Jährige vom slowenischen Klub RK Gorenje Velenje nach Wetzlar und beerbte dort Andreas Wolff, den es nach Kiel zog. Sowohl Wolff als auch Buric wurden entdeckt und gefördert von HSG-Torwarttrainer Jasmin Camdzic. Buric kennt ihn schon aus der Zeit vor seinem Wechsel nach Wetzlar, aus der bosnischen Nationalmannschaft. "Jasmin ist ein überragender Torwarttrainer, vor allem in psychologischer Hinsicht“, sagt Buric. „Ich spreche mit ihm immer wieder sehr viel, das ist für einen Torwart sehr wichtig. Er spielt für meine Entwicklung eine wichtige Rolle - sicher auch für Andi Wolff." Und dann erzählt er: "Vor fünf Jahren kannte ich Andreas Wolff nicht. Jasmin hat mir erzählt: 'Da gibt es einen Torwart, der wird mal der beste in Europa' - er meinte Andi, den er nach Wetzlar holte. Ein paar Jahre später war Wolff schon ein sehr guter Torwart, da hat Jasmin mir erzählt: 'Ich hole dich als Wolffs Nachfolger nach Wetzlar, und dann wirst du der beste Torwart in Europa'."
Buric hat sich in Wetzlar stark verbessert. Auf dem Weg in die europäische Spitze zieht es ihn wie Wolff im Jahr 2016 zu einem größeren Klub. Der Bosnier wechselt im Sommer zur SG Flensburg-Handewitt, beerbt dort Mattias Andersson. "Das ist für mich der nächste Schritt, eine große Mannschaft in Europa", sagt er und macht klar: "Ich will in meiner Karriere Titel gewinnen." Und dann kommt wieder so ein Spruch, bei dem man auch wegen des anschließenden Gelächters nicht genau weiß, ob man ihn ernst nehmen soll oder nicht, wegen "Benkos" ansteckender Fröhlichkeit aber irgendwie mitlachen muss: "Vielleicht bin ich ja in drei Jahren in Paris", gefolgt von einem "Du Idiot" zu sich selbst. Torhüter sind speziell, da ist Buric keine Ausnahme. Er ist herrlich speziell.
Die Gegenwart heißt Wetzlar und das Spiel in Kiel - gegen seinen Vorgänger. "Andi Wolff ist ein super Torwart", sagt Buric und ergänzt mit Blick auf die 60 Minuten in der Sparkassen-Arena: "Wir werden beide eine wichtige Rolle spielen." Durch den Wechsel nach Flensburg hat die Partie "gegen diese große Mannschaft" noch einen Reiz mehr. "Es ist ja quasi die Vorbereitung auf die nächste Saison - mein erstes persönliches Derby", sagt er und lacht. Und ist gleich wieder ganz ernst: "Der THW ist der große Favorit mit all den Weltklassespielern. Aber wir müssen dagegenhalten und alles versuchen, um etwas mitzunehmen."
Genau das wollen die Zebras verhindern. "Wir haben etwas gutzumachen, wollen Revanche für das Hinspiel", sagt THW-Rechtsaußen Niclas Ekberg. Dabei könnte heute Abend auch Rückraumspieler Christian Dissinger wieder mitmischen, der die Folgen seiner Knie-stauchung nahezu auskuriert hat. Domagoj Duvnjak und René Toft Hansen werden wohl erneut fehlen. Auch die HSG reist geschwächt an: Kreisläufer Jannik Kohlbacher plagt eine Achillessehnenentzündung, der Nationalspieler fällt wie der Langzeitverletzte Alexander Hermann aus. An seiner Stelle treten die Hessen mit dem jungen Hendrik Schreiber an.
(Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 15.02.2018, Foto: Archiv/Sascha Klahn)