Kieler Rumpftruppe holt zwei wichtige Punkte in Eisenach
Mit nur drei einsatzfähigen Rückraumspielern hat der THW Kiel zwei weitere wichtige Zähler eingefahren: Im Eisenacher Hexenkessel Werner-Assmann-Halle spielten die Zebras eine fast perfekte erste Halbzeit, in der sie im Angriff nah an eine 100-prozentige Wurfquote kamen. Als in der zweiten Halbzeit einige Chancen nicht genutzt wurden, kam doch noch einmal Spannung auf. Doch die Schwarz-Weißen gerieten nicht in Stress und blieben cool, feierten mit ihren Fans am Ende einen 37:33 (23:16)-Sieg und packten sich die Punkte in den Mannschaftsbus, der sie noch am Abend wieder nach Kiel brachte. Denn bereits am Mittwoch wartet mit dem Heimspiel gegen den Tabellenzweiten aus Hannover (Tickets) der nächste Kraftakt auf die dezimierte Zebraherde.
"Erste Halbzeit nahezu am Optimum"
Mit dem Auswärtsspiel beim ThSV Eisenach hatte der THW Kiel am Sonntag in der DAIKIN Handball-Bundesliga eine ausgesprochen schwere Aufgabe vor der Nase: Die Thüringer hatten zuletzt mit Siegen bei den Löwen, gegen Spitzenreiter Melsungen und in Leipzig aufhorchen lassen. Aber die erste Dezember-Hürde übersprangen die Zebras mit Bravour. "Wir haben in der ersten Halbzeit nahezu am Optimum gespielt", sagte THW-Rechtsaußen Lukas Zerbe, "in der zweiten Halbzeit hat's dann nicht mehr ganz so gut geklappt. Die Eisenacher sind rangekommen. Aber wir haben den Ball laufen lassen, haben unsere Sicherheit zurückgefunden und verdient gewonnen." Überragender Spieler beim Sieger war einmal mehr Kapitän Domagoj Duvnjak: Der 36-Jährige war Chef der Abwehr, zog die Fäden im Angriff und war mit acht Treffern gemeinsam mit Eric Johansson bester Torschütze des THW Kiel.
Kieler ohne eine komplette Rückraumreihe hellwach
Auch ohne die verletzt zu Hause gebliebenen Nikola Bilyk, Elias Ellefsen á Skipagötu und Harald Reinkind waren die Zebras von Beginn an hellwach. Sie legten los wie die Feuerwehr, gingen durch Emil Madsen in Führung und trafen mit ihrem atemberaubenden Tempospiel nahezu nach Belieben. Probleme hatten die Kieler in der Anfangsphase allerdings mit Eisenachs 21-jährigem Star Marko Grgic, der seine Farben zunächst auf Tuchfühlung hielt, vier der ersten fünf Tore der Gastgeber zumeist in eins-gegen-eins-Situationen erzielte und mit insgesamt 14 Treffern zum überragenden Akteur der Blauhemden avancierte. 5:5 lautete es nach neun Minuten, die Torhüter auf beiden Seiten bekamen bis zu diesem Zeitpunkt keine Hände an den Ball.
Eisenach reagiert mit Härte auf Kieler Lauf
Dann aber packte die THW-Abwehr zu, Torhüter Andreas Wolff nahm Grgic den ersten Ball weg. Der Startschuss zu einem großartigen 6:0-Lauf, dem das Team von ThSV-Trainer Misha Kaufmann rein gar nichts entgegen zu setzen hatte. Duvnjak nagelte den Ball zum 6:5 in die Maschen, Rune Dahmke traf per Einläufer nach Pekelers Bodenpass, Johansson brachte den Ball per Dreher im ThSV-Tor unter. Dann waren erneut Pekeler, Johansson und Duvnjak erfolgreich. Weil Andreas Wolff seinen Kasten nun zunagelte, auch den Siebenmeter von Hangstein parierte, lagen die Zebras nach 14 Minuten mit 11:5 vorne. Im Eisenacher Hexenkessel wurde es ruhiger. Attenhofer beendete zwar die einheimische Torflaute, doch die Zebras trafen weiter wie sie wollten. Die ThSV-Torhüter verzweifelten. Weder Spikic noch Heinevetter hielten in den ersten 30 Minuten einen einzigen Ball auf. Das THW-Tempo und die Präzision im Abschluss sorgten für ein einseitiges Katz-und-Maus Spiel, dem die Mannschaft von Kaufmann nur mit teils unerlaubter Härte und den daraus resultierenden Zeitstrafen begegnete.
Sieben-Tore-Führung zur Pause
Auf der anderen Seite wurde weiter gezaubert. Johansson netzte nach Kreuzung mit Emil Madsen zum 16:9 ein, Dahmke ließ sich auch von einem schlechten Winkel auf Linksaußen nicht beirren, glänzte mit großartigem Dreher. Auf der anderen Seite bremste Wolff den Tempogegenstoß von Grgic mit einem sensationellen Spagat aus, und nach dem Dreierpack von Pekeler, Dahmke und Duvnjak lagen die Zebras mit neun Toren vorne. Sie führten nach 27 Minuten mit 22:13. Nur noch sieben Tore lautete indes die Differenz beim Halbzeitpfiff des guten Schiedsrichtergespannes Baumgart/Dinges, die sich von der Hektik in der Halle keine Sekunde beeinflussen ließen, das Spiel jederzeit im Griff behielten.
Gastgeber schlagen zurück
Werner Assmann, Eisenacher Idol und Namensgeber des kleinen thüringischen Handball-Hexenkessels, hätte in den ersten Minuten der zweiten Hälfte seine wahre Freude am Spiel seiner Mannschaft gehabt: Eisenach kam wie verwandelt aus den Kabinen: Spinic war im Tor des ThSV aufgewacht, hielt gegen Johansson, Imre und Duvnjak, die zudem in der Folge auch die Festigkeit des Eisenacher Tor-Gebälks testeten. Und vorne zauberte der ThSV jetzt einen 4:0-Lauf aus dem Hut. Grund genug für THW-Trainer Filip Jicha, auf den Buzzer zu drücken, seine Mannen in der Auszeit zur Ruhe zu ermahnen: "Jungs, wir müssen cool bleiben, dann finden wir zurück ins Spiel." Offenbar hatte Duvnjak besonders gut zugehört: Er verwandelte trotz Zeitspiel-Not zum 24:20. Dennoch blieben die Gastgeber zunächst am Drücker, Grgic verkürzte per Siebenmeter in der 39. Minute auf 22:24. Aber die Zebras ließen sich nicht beirren, packten in der Abwehr wieder entschlossener zu. Wiencek, Pekeler, Duvnjak oder Överby und Landin: Die weiße THW-Wand verdichtete sich erneut, wurde zur Basis für den Kieler Tempohandball und Treffsicherheit.
Zebras bringen den Sieg cool unter Dach und Fach
Hilfreich war dabei auch das zwischenzeitliche Sieben-gegen-Sechs-Spiel im Kieler Angriff, dass die Zebras dieses Mal äußerst präzise auf die Platte brachten: Der THW Kiel traf mit Pekeler vom Kreis, Duvnjak nutzte die Lücken auf Halbrechts, netzte immer wieder ein. Als Lukas Zerbe in der 48. Minute von Rechtsaußen in den oberen linken Winkel traf, lagen die Zebras wieder mit fünf Toren vorn. Und spätestens nach dem 36:31, dem fünften Treffer von Pekeler nach glänzendem Duvnjak-Anspiel, war die Partie entschieden, der Boden bereitet für den Kieler Siegestanz und eine entspannte, aber lange Heimreise an die Förde. Diese startete mit einem bunten Lichterglanz vor der Halle: Gut 100 mit LEDs und weihnachtlichen Elementen geschmückte Autos, Trecker und Lastwagen paradierten am Mannschaftsbus vorbei. Ein toller Abschluss eines erfolgreichen Adventssonntags.
Mittwoch ist das Top-Team aus Hannover zu Gast
Die nächste Herausforderung wartet bereits auf die Zebras: Am Mittwoch ist die TSV Hannover-Burgdorf zu Gast in der Wunderino Arena. Die Niedersachsen sind seit mittlerweile zwölf Spielen in der DAIKIN HBL unbesiegt und haben auswärts in der aktuellen Saison noch nicht verloren. Die Mannschaft von Trainer Christian Prokop mit ihren Jung-Stars Renars Uscins und Justus Fischer spielt mit viel Tempo und Leidenschaft und hat sich nach etwas mehr als einem Drittel der Saison zu einem echten Titel-Kandidaten gemausert. „Hannover wird mit viel Selbstbewusstsein nach Kiel kommen“, ist sich THW-Rückraumspieler Eric Johansson sicher, „das wird eine richtige Herausforderung für uns. Aber wir wollen mit unseren Fans dagegenhalten. Die Punkte sollen in Kiel bleiben!“ Eintrittskarten für das Top-Spiel der DAIKIN HBL, das um 20 Uhr angepfiffen wird, sind noch unter www.thw-tickets.de , bei CITTI sowie in der THW-FANWELT erhältlich. Weiter geht’s gegen die Recken, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: ThSV Eisenach/Christian Heilwagen
DAIKIN Handball-Bundesliga, 12. Spieltag: ThSV Eisenach - THW Kiel: 33:37 (16:23)
ThSV Eisenach: Spikic (1.-11., 19.-24., 31.-60., 6 Paraden), Heinevetter (11.-19., 24.-30., keine Parade); Vistorop, Reichmuth (1), Capric, Hangstein (1), Attenhofer (3), Walz (3), Mengon (4), Grgic (14/4), Meyer, Maric, Donker (3), Kurch, Snajder (3), Saul; Trainer: Kaufmann
THW Kiel: Mrkva (31.-40., keine Parade), Wolff (1.-30., 40.-60., 9/1 Paraden); Duvnjak (8), Landin (2), Överby, Wiencek, Pabst (n.e.), Johansson (8), Dahmke (5), Zerbe (3), Kutz (n.e.), Madsen (2), Pekeler (5), Imre (4/3); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Philipp Dinges / Fabian Baumgart
Zeitstrafen: ThSV: 5 (Grgic (11.), 2x Meyer (13., 52.), 2x Snajder (16., 41.)) / THW: 3 (Imre (14.), Landin (39.), Pekeler (54.))
Siebenmeter: ThSV: 5/4 (Wolff hält Hangstein (14.)) / THW: 3/3
Spielfilm: 1:1, 1:3 (4.), 3:3 (5.), 5:5 (9.), 5:11 (14.), 6:13, 9:16 (20.), 13:19 (24.), 14:23 (29.), 16:23;
2. Hz: 20:23 (35.),22:24 (39.), 23:25, 23:27 (43.), 26:29 (46.), 26:31 (48.), 28:33 (52.), 31:36 (57.), 33:37.
Zuschauer: 2800 (ausverkauft) (Werner-Assmann-Halle, Eisenach)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft. Hier zu bestehen, ist nicht leicht. Vor allen Dingen nicht, wenn man diese Atmosphäre hier noch nicht erlebt hat. Ich bin stolz auf die Moral und die Einstellung meiner Mannschaft, stolz auf die Ruhe und die Qualität in der ersten Halbzeit. In der konnten wir das umsetzen, was wir uns vorgenommen hatten. Eisenach kam mit der Unterstützung der frenetischen Fans dann noch einmal zurück, aber der Stress ist von uns abgeprallt. Hier musst du die Stressphasen kurz halten, um zu bestehen. Wir sind hier mit einer Rumpftruppe angetreten, und von unseren Rückraumspielern war einer sehr lang krank und ein weiterer stark angeschlagen. Eric fiel es nicht leicht, heute 60 Minuten durchzuspielen. Aber er hat sich überragend in den Dienst der Mannschaft gestellt. Jetzt nehmen wir die zwei Punkte, die wir unbedingt holen wollten, mit zurück nach Kiel und genießen den Moment.
ThSV-Trainer Misha Kaufmann: Wir hatten Mühe mit unserem Rückzug, unsere Verteidigung war in der ersten Halbzeit sehr ungeordnet, und die Torhüter hatten keinen Zugriff. 16:23 ist zu viel zur Pause, in der Kabine habe ich dann angesprochen, dass unser Spiel viel zu pomadig war. Die zweite Halbzeit war dann super.
Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte: Es macht uns stolz, gegen ein Team wie den THW Kiel dagegengehalten zu haben. Es war eine sehr, sehr starke zweite Halbzeit von uns. Wir hatten den THW Kiel kurz davor, beglückwünschen die Kieler jetzt aber zum verdienten Sieg.
THW-Rechtsaußen Lukas Zerbe: In der ersten Halbzeit haben wir nahe am Optimum gespielt, in der zweiten Halbzeit haben wir dann ein paar Chancen nicht verwandelt. Wir wussten alle, dass Eisenach hier nicht aufgeben wird. Die Stimmung war überragend. Der Dezember ist vollgepackt mit Spielen, da zählt jeder Punkt. Und wir freuen uns heute, zwei wichtige Punkte mit nach Hause zu nehmen.
THW-Toptorschütze Eric Johansson: Dieser Sieg fühlt sich einfach gut an. Man fährt nicht nach Eisenach und glaubt an ein einfaches Spiel. In dieser Halle mit diesen Fans ist es ein sehr, sehr schwieriges Auswärtsspiel. Das haben wir in der zweiten Halbzeit gesehen. Aber genau in dieser Phase bleiben wir ruhig, kämpfen weiter und haben gezeigt, dass wir unbedingt gewinnen wollten. Nach meiner Erkrankung fühle ich mich gut. Ich habe fast 60 Minuten durchgespielt, ich bin offenbar wieder gesund.