KN: Vom Party-Löwen zum gestandenen Nationalspieler
Warum Hendrik Pekeler seine Chance beim THW Kiel nicht nutzen konnte
Er sitzt in der Lounge im Luxushotel "Hilton" in Doha und redet offen darüber, wie er in Diensten des Handballmeisters THW Kiel ein Champions-League-Spiel verschlief, die Banklehre abbrach und nur als Party-Löwe glänzte. Pekeler war 16 Jahre als, als der THW auf ihn aufmerksam wurde. Co-Trainer Klaus-Dieter Petersen vermittelte ihn vom Regionalligisten Bramstedter TS zum Zweitligisten TSV Altenholz. Der Itzehoer unterschrieb im Juli 2008 einen Vier-Jahres-Vertrag beim THW, trainierte fortan mit Weltstar Marcus Ahlm und sammelte in Altenholz Spielpraxis - Pekeler lebte seinen Traum. "Es wäre eine riesige Chance gewesen", sagt er, "leider konnte ich sie nicht nutzen." Der 2,03-Meter-Hüne ging in den Zeiten, die den THW im Zuge der Manipulationsaffäre durchschüttelten, regelrecht unter. Trainer Noka Serdarusic und Uwe Schwenker, die ihn aus dem Elternhaus in Glückstadt an die Förde gelockt hatten, mussten gehen. Sein Mentor Petersen hatte beim Wilhelmshavener HV angeheuert. Und in Altenholz verlor er mit Wolfgang Schwenke, der mitten in der Saison als Trainer zu den Rhein-Neckar Löwen wechselte, auch seine letzte Bezugsperson. "Ich kann jedem jungen Spieler nur vom Zweitspielrecht abraten", sagt Pekeler heute. "Du spielst für zwei Mannschaften, so richtig gehörst Du aber zu keiner." Eines der "größten deutschen Talente" (THW-Trainer Alfred Gislason) geriet aus dem Fokus. "Es hat sich niemand um mich gekümmert", sagt Pekeler, der nur noch selten zum Training erschien, seine Banklehre, die ihm der THW vermittelte, abbrach, sich aus Scham seinen Eltern gegenüber in Notlügen verstrickte und sich mit "falschen Freunden" (Pekeler) umgab. "Es war mir alles zu viel. Ich hatte am Handball keinen Spaß mehr." Seinen Tiefpunkt erreichte er in der Saison 2009/2010 vor dem Abflug zum Champions-League-Spiel bei Vardar Skopje. Mit "zig Weckern" hatte er sich davor schützen wollen, die Abreise zu verpassen. Er verschlief trotzdem, überhörte das Klingeln seines Kollegen Dominik Klein, der ihn abholen wollte. Erst als der Mannschaftsbus in seine Straße einbog, gelang es Klein, ihn zu wecken. "Ich hatte noch nicht gepackt, fand so schnell keine Jogginghose. Da bin ich in Shorts durch die Straße gelaufen." Gislason ("Es ist zum Heulen") ersparte ihm ein saftiges Strafgeld. "Er sagte, dass dafür eigentlich drei Monatsgehälter fällig seien." In Kiel, so viel stand fest, würde Pekeler nicht mehr auf die Beine kommen. "Ein Gutes hatte diese Zeit: Ich habe in der ominösen Straße (Bergstraße, d. Red.) den Bruder meiner Freundin kennengelernt. Mit Johanna habe ich das Beste aus Kiel mitgenommen." Gislason vermittelte ihn zu Hans-Dieter "HaDe" Schmitz, ein väterlicher Typ mit klaren Strukturen, der seinen 60. Geburtstag längst gefeiert hatte und inzwischen den Zweitligisten Bergischer HC trainierte. Schmitz stellte ihm die Norweger Kristoffer Moen und Kenneth Klev an die Seite. Sie sollten sich um ihn kümmern. "Er gab mir das Gefühl, dass ich für die Mannschaft wichtig bin." Eine neue Erfahrung für ihn, der gerade einmal 19 Jahre alt war. Pekeler stieg mit dem BHC auf und wechselte zum TBV Lemgo. Dort war er in der Spielzeit 2013/14 mit 125 Feldtoren plötzlich der erfolgreichste Kreisläufer in der stärksten Liga der Welt. Ab Juli tritt er bei den Rhein-Neckar Löwen die Nachfolge von Bjarte Myrhol an. Gislason verfolgt seine Entwicklung genau. "Er hat noch Luft nach oben, aber er scheint ein kompletter Spieler geworden zu sein und sich charakterlich gefangen zu haben." Aus dem Party-Löwen ist ein gestandener Nationalspieler geworden. (Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2015)