KN: Hoffnungen auf neues Wintermärchen steigen
Deutsche Handballer wachsen mit ihren Erfolgen
Um den ersten Platz zu verteidigen, muss das Sigurdsson-Team nun noch die Saudis schlagen. Doch daran zweifelt keiner, verloren diese doch ihre bisherigen Gruppenspiele alle mit durchschnittlich 15 Toren Differenz. Sigurdsson spricht höflich von einem gewöhnungsbedürftigen System des Gegners, davon, dass Personen und Positionen ständig rotieren. "Dafür müssen wir bereit sein, wir fangen volle Pulle an." Wäre der Isländer weniger höflich, hätte er die Spielweise der Saudis als chaotisch bezeichnet. Im bisherigen Turnierverlauf wurde deutlich, wie schwer es ihnen fällt, taktische Vorgaben einzuhalten. Unklar ist, welche Auswirkungen der plötzliche Tod ihres Königs Abdullah hat. Bernhard Bauer, Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), ist fest davon überzeugt, dass sie deshalb nicht weniger engagiert zur Sache gehen. "Wenn sie antreten, dann spielen sie für ihren König." Was nichts daran ändern wird, dass die Deutschen als Gruppenerster im Achtelfinale auf den Vierten der Gruppe C treffen. Als Kandidaten kommen Ägypten, Tschechien und Island in Frage. Im Viertelfinale wäre Gastgeber Katar oder Österreich der nächste Gegner. Zwei Nationen, die im "Hilton", dem Hotel der deutschen Mannschaft, nicht für klappernde Zähne und durchwachte Nächte sorgen. Entsprechend groß ist die Euphorie. "Wenn wir weiter gewinnen, dann wird sie immer größer. Das haben wir 2007 gemerkt", sagt Carsten Lichtlein, der beim 28:23-Erfolg gegen Argentinien der Schlüssel zum Erfolg war. Der Torhüter ist neben Michael Kraus der letzte im Kader, der damals Weltmeister wurde. "Zum Schluss war das ein Hype", erinnert sich Lichtlein an das einstige Wintermärchen. "Wir hoffen, dass es noch weit geht." Mit dieser Auslosung scheint das Erreichen des Halbfinals für das deutsche Team möglich zu sein. Auch Bauer machte aus seiner Freude über die gezeigten Leistungen und die Euphorie in der Heimat keinen Hehl. "Die bisherigen Spiele haben gezeigt, dass Handball einen unglaublich guten Humus in Deutschland hat." Architekt des Erfolges ist Dagur Sigurdsson, seit September Nachfolger des glücklosen Martin Heuberger. Der 41-Jährige gab der Mannschaft eine klare Struktur. Eine, in der jeder seinen Platz kennt. So wie Ersatzmann Stefan Kneer, der gegen Argentinien erfolgreich auf der ungewohnten halbrechten Position verteidigte. Oder Silvio Heinevetter, der überraschend klaglos hinnahm, dass Lichtlein ihn als Nummer eins abgelöst hat. Auf die Frage, welche Gefühle die möglichen Achtelfinalgegner auslösen, blieb Sigurdsson lässig. "Ich habe ein gutes Gefühl - mit meiner Mannschaft." (Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2015)