Stark dezimierte Zebraherde feiert klaren Heimsieg gegen die HSG Wetzlar
Das war stark, Kiel! Die mit nur vier etatmäßigen Rückraumspielern angetretenen Zebras haben in einer einseitigen Partie der DAIKIN Handball-Bundesliga die HSG Wetzlar mit 35:24 (16:10) besiegt und zwei wichtige Punkte eingefahren. Dabei begeisterte der THW Kiel seine rund 9825 Fans mit viel Einsatz, Spielfreude und einer fest zupackenden Abwehr vor dem überragenden Torhüter Andreas Wolff. Der hielt hinter dem starken Mittelblock mit Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek oder Petter Överby 15 Bälle auf, zweimal auch von der Siebenmeterlinie. Bitter allerdings, dass Nikola Bilyk, mit sieben Treffern bester Kieler Torschütze, mit einer Oberschenkel-Blessur ausschied. Mangels Alternativen übernahm danach Rune Dahmke, gelernter Linksaußen, das Zepter im Rückraum.
Kiel verabschiedet zwei ehemalige Zebras
Der THW verbesserte durch den Sieg sein Punktekonto auf 16:8 Zähler. Beste Voraussetzungen also für die Verabschiedung nach der Partie von Samir Bellahcene und Karl Wallinius, die vor wenigen Tagen nach Stuttgart und in die dänische Liga nach Esbjerg gewechselt sind. Nahezu alle Fans waren geblieben, feierten die ehemaligen Zebras mit Ovationen. "Meine Tochter ist in Kiel geboren, sie wird für immer eine Kielerin sein", sagte Samir Bellahcene, der sich genau wie Karl Wallinius für die "wunderbare Zeit in Kiel und den tollen Fans" bedankte.
Nur noch vier Rückraumspieler im Kader
"Wir haben eine überragende Abwehr gestellt mit einem großartigen Andi Wolff dahinter. Das ermöglichte uns viele leichte Tore", analysierte Kapitän Domagoj Duvnjak, der erneut als kämpferisches und spielerisches Vorbild voranging und fünf sehenswerte Tore erzielte. "Es war ein verdienter Sieg, wir waren einfach besser. Traurig stimmt mich allerdings die Verletzung von Nikola Bilyk. Ich hoffe, Eric Johansson kehrt schnell zurück. Uns gehen die Spieler aus." Tatsächlich musste THW-Trainer Filip Jicha wieder einmal in seiner Ideenkiste kramen, fehlten ihm mit Harald Reinkind, Elias Ellefsen á Skipagötu, Eric Johansson und Linus Kutz doch erneut gleich vier Rückraumspieler. Viele weitere Zebras gingen angeschlagen in die Partie gegen den Tabellen-13.
Starker Wolff und Kieler Spielfreude
Schon nach vier Minuten bejubelten die THW-Fans beim 4:1 den dritten Treffer von Nikol Bilyk. Das 1:0 durch Kapitän Duvnjak hatte der Österreicher, der vor zwei Tagen seinen 28. Geburtstag gefeierte hatte, sehenswert vorbereitet. Per Doppelschlag von Schoch rückten die Gäste den Kielern zwar schnell wieder auf die Pelle, doch Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Emil Madsen ließen die Zebras erneut auf 7:4 davoneilen. Tore, die allesamt nach sehenswerten Ballpassagen im HSG-Tor landeten. Dort hatte Till Klimpke keinen guten Tag erwischt: Er wurde nach 15 Minuten von Anadin Suljakovic ersetzt, der den Zebras deutlich mehr Widerstand entgegenbrachte, insgesamt neun Bälle aufhielt. Dass die Kieler per Siebenmeter von Bence Imre nach 21 Minuten mit 12:7 vorne lagen, konnte allerdings auch der HSG-Torhüter nicht verhindern. Die Zuschauer hatten ihre helle Freude an den schnellen THW-Ballstafetten, der schnellbeinigen Abwehr und den großartigen Paraden von Wolff, der im Duell Mann gegen Mann überragend agierte. Neben zwei Siebenmetern auch vereitelte er auch zwei gut herausgespielte Kempa-Tricks der Gäste.
Wetzlar kommt besser aus der Kabine
Mit seiner Pirouetten-Einlage erzielte Nikola Bilyk die 13:7-Führung. Petter Överby erkämpfte sich wenig später den Ball in der Abwehr, sprintete übers gesamte Feld und verwandelte zum 14:7. HSG-Trainer Frank Carstens schüttelte seinen Kopf, drückte zur zweiten Auszeit auf den Buzzer. Mit Erfolg, Krakovzki und Müller brachten die Gäste auf 10:15 heran. Rune Dahmke hatte die Antwort, narrte Wetzlars Abwehr und netzte nach gelungenem Solo zum 16:10-Halbzeitstand ein.
Die Gäste kehrten zunächst hellwach aus den Kabinen zurück, Jona Schoch, mit sechs Toren erfolgreichster Gäste-Torschütze, eröffnete den Torreigen der zweiten Hälfte. Und als Stefan Cavor eine THW-Abwehrlücke nutzte, war die HSG in der 38. Minute auf 15:19 herangerückt, weil die Kieler kurzzeitig die Geduld zu verlieren schienen. Jicha erkannte das, nahm die Auszeit und brachte sein junges Team so wieder in die Spur.
Stehende Ovationen für starke Zebras
Als Nikola Bilyk das Parkett verlassen musste, ging's trotzdem munter weiter. Rune Dahmke fühlte sich allerdings sichtlich wohl in seiner ungewohnten Rolle als Spielmacher, war Antreiber und effektiver Torschütze in einem. Und immer wieder half Andreas Wolff: Der THW-Schlussmann entnervte die HSG-Angreifer, sorgte mit seinen Glanzparaden für Rückenwind seiner eigenen Offensive. Emil Madsen traf mit frechem Aufsetzer. Patrick Wiencek beendete eine großartige Ballpassage mit sicher verwandeltem Ball vom Kreis. Die THW-Fans erlebten Kieler Spielfreude pur und honorierten dies mit einer großartigen Stimmung. Per Solo traf Dahmke zum 31:22, der junge Henri Pabst wurde von Jicha aufs Parkett beordert. Er bedankte sich mit seinem Treffer zum 32:22, der ersten Zehn-Tore-Führung für den THW. Der Rest war Handball im Feiermodus: Dahmke war es vorbehalten, nach gelungener Finte den 35:24-Endstand zu erzielen. Die Fans dankten mit stehenden Ovationen!
Nächste Herausforderung: Schweres Auswärtsspiel in Eisenach
Nach der Spielhatz durch Deutschland und Europa in den vergangenen Wochen können die Zebras jetzt erst einmal kurz durchschnaufen: Erst am nächsten Sonntag, 8. Dezember, ist der THW Kiel wieder gefragt – dafür aber richtig. Dann sind sie zu Gast im Hexenkessel Werner-Assmann-Halle beim ThSV Eisenach. Dort, wo die Atmosphäre besonders hitzig ist und der Gegner auch durch ungewohnte taktische Varianten vor Aufgaben gestellt wird. „Das wird eines der schwersten Auswärtsspiele der Saison, Eisenach ist aktuell sehr gut unterwegs und die kleine Halle mit den Zuschauern eine echte Herausforderung“, ist sich THW-Trainer Filip Jicha sicher. Das bekam zuletzt auch der bis dato so souveräne Tabellenführer MT Melsungen zu spüren, der in Eisenach mit 31:32 unterlag. Nach der Partie in Thüringen geht’s wieder im Drei-Tage-Rhythmus weiter: Am 11. Dezember ist die TSV Hannover-Burgdorf zum Top-Spiel in Kiel, Eintrittskarten sind unter www.thw-tickets.de , bei CITTI sowie in der THW-FANWELT erhältlich. Weiter geht’s in Eisenach, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN Handball-Bundesliga, 12. Spieltag: THW Kiel - HSG Wetzlar: 35:24 (16:10)
THW Kiel: Mrkva (n.e.), Wolff (1.-60., 15/2 Paraden); Duvnjak (6), Landin, Överby (1), Wiencek (4), Pabst (2), Dahmke (4), Zerbe (3), Madsen (4), Bilyk (7), Pekeler (2), Imre (4/2); Trainer: Jicha
HSG Wetzlar: T. Klimpke (1.-16., 1 Parade), Suljakovic (16.-60., 8 Paraden); Ejlersen (1), Mappes (3/2), O. Klimpke, Krakovszki (2), Vranjes, Hoepfner, Becher, Schoch (5), Müller (3), Löwen (5), Zelenovic, Zacharias (2), Novak, Cavor (3); Trainer: Carstens
Schiedsrichter: Julian Fedtke / Niels Wienrich
Zeitstrafen: THW: 3 (2x Wiencek (13., 19.), Duvnjak (54.)) / HSG: 2 (Ejlersen (8.), Vranjes (25.))
Siebenmeter: THW: 2/2 / HSG: 4/2 (Wolff hält Novak (2.) und Becher (22.))
Spielfilm: 3:0 (4.), 4:1 (4.), 4:3, 5:4 (10.), 7:4 (14.), 10:7 (18.), 14:7 (24.), 15:8, 15:10 (28.), 16:10;
2. Hz: 17:11 (32.), 17:13 (35.), 19:15 (37.), 21:15 (38.), 22:17, 24:17 (41.), 24:19 (43.), 26:20 (46.), 28:20 (49.), 30:21 (52.), 32:22 (55.), 34:23, 35:24.
Zuschauer: 9825 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Zu allererst möchte ich von uns Nemanja Zelenovic gute Besserung wünschen. Man hat gespürt, dass beide Teams nach der Aktion irgendwie geschockt waren. Heute gehe ich mit Stolz und großen Sorgen aus der Partie. Stolz auf die Leistung, die Wachsamkeit und Freude meiner Mannschaft, die eine sehr gute Quote im Angriff und eine bewegliche Abwehr mit einem sehr guten Andreas Wolff dahinter hatte. Damit haben wir uns die Sicherheit geholt. Große Sorgen habe ich, weil mit Nikola ein weiterer Spieler ausgefallen ist. Ich vermute, dass er eine ähnliche Verletzung wie vor einigen Wochen hat. Unserer eh schon dünnen Personaldecke tut das nicht gut, mal sehen, ob einer der Spieler, die heute nicht dabei waren, zurückkommt. Rune hat im Training bereits auf Rückraum Mitte gespielt und danach die Spielzüge eingefordert, für den Fall der Fälle. Er erkennt Handball, und seine Emotionalität und Körpersprache haben heute ebenfalls sehr geholfen.
HSG-Trainer Frank Carstens: Glückwunsch an den THW Kiel und Filip zu diesem total souveränen Sieg. Wir wussten, dass der THW Kiel Schwierigkeiten personeller Art hat. Und natürlich hatten wir uns hier etwas ausgerechnet. Aber oft passiert es dann ja, dass diejenigen, die noch spielen können, sich besonders gerade machen. Und genau das ist heute beim THW Kiel passiert. Die Kieler waren von der ersten Sekunde an sehr präsent mit einer starken Deckung. Wir waren heute nicht konkurrenzfähig, konnten das Spiel nur in den ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit ausgeglichen gestalten. Aber auch da waren wir nicht konsequent genug. Viel schwerer als die Niederlage wiegt heute aber der Ausfall von Nemanja Zelenovic, der eine schwere Knieverletzung erlitten hat. Das hat alle in der Kabine sehr betrübt gemacht. Das tut sehr weh.