Bärenstarke Zebras mit Weltklasse-Landin gewinnen das Top-Spiel gegen die Füchse
Noch Minuten nach dem Abpfiff des Spitzenspiels in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga feierten völlig begeisterte THW-Fans ihre Mannschaft - und die feierte mit der "La Ola" zurück: In einer überragenden Zebra-Mannschaft hatte Niklas Landin gegen den Tabellenführer Füchse Berlin wieder einmal den Unterschied gemacht. Insgesamt 23 Bälle zog der Däne wie magisch an, brachte Berlins Angreifer schier zur Verzweiflung. 10285 Fans in der komplett ausverkauften Kieler Wunderino Arena waren total aus dem Häuschen, bejubelten den verdienten und letztlich deutlichen 36:29 (17:15)-Triumph über den Tabellenführer.
Eric Johansson mit acht Treffern
Nach diesem überragenden Heim-Ergebnis ist der THW Kiel aktuell auf Platz zwei der Tabelle vorgerückt, zog nach Minuspunkten aber am Tabellenführer aus Berlin vorbei. Bester Kieler Torschütze war Eric Johansson, der eine herausragende Partie zeigte und achtmal ins Berliner Tor traf, Domagoj Duvnjak führte seine Mannschaft zum Erfolg und steuerte sechs Treffer bei. Für die Berliner war Linksaußen Milos Vujovic mit sechs Toren bester Schütze seines Teams, allerdings benötigte der Montenegriner 14 Versuche für seine Torbilanz, allzu oft stand Niklas Landin seinen Würfen im Weg. "Was soll ich sagen", konstatierte Füchse-Rechtsaußen Robert Weber, "Niklas Landin hat den Unterschied gemacht, wir sind an Kiels Torhüter gescheitert." Der Kieler Däne Landin stellte seinen persönlichen Bundesliga-Rekord ein, den er 2016 ebenfalls mit 23 Paraden gegen Berlin aufgestellt hatte.
Absolutes Spitzenspiel
Rune Dahmke strahlte mit den Zebra-Fans nach der Partie um die Wette: "Wir haben eine großartige Abwehr gestellt, dahinter hat Niklas einen tollen Job gemacht", freute sich Kiels Linksaußen, der dreimal in die Berliner Maschen traf, in der Schlusssekunde per Kempa das Sahnehäubchen auf eine grandiose Kieler Leistung setzte. Geholfen habe sicherlich auch die gute Leistung beim klaren Champions-League-Sieg in Bukarest, analysierte Dahmke. "Diesen Standard haben wir zum Glück auch gegen Berlin auf die Platte gebracht, das Spiel in Rumänien hat Sicherheit gegeben." Das absolute Spitzenspiel der Liga hielt, was es versprochen hatte. Beide Mannschaften boten eine exzellente Leistung, kämpferisch und spielerisch, die Kieler hatten letztlich noch mehr Biss, spielten sowohl in der Abwehr als auch im Angriff auf höchstem Niveau, wollten den Sieg unbedingt.
Schwedischer Youngster setzt die ersten Akzente
Der Berliner Mittelblock: Eine riesige unüberwindbar erscheinende Wand, Marsenic misst 2,04 Meter, Kopljar gar sechs Zentimeter mehr. Ein Duo, das sich nur mit viel Tempo und Bewegung überwinden lässt. Aber: Die Zebras hatten ihre Hausaufgaben gemacht, setzten genau diese Vorgaben um. In der Anfangsphase war es vor allem der schwedische Youngster Eric Johansson, der Lücken in die Berliner Deckung riss, die ersten beide THW-Tore selbst erzielte, Magnus Landin beim Treffer zum 3:2 mustergültig bediente, die abermalige Kieler Führung zum 4:3 erneut selbst im Füchse-Tor unterbrachte. Bis zur 20. Minute waren beide Teams auf Augenhöhe, Kiel legte stets vor, Berlin egalisierte.
Kieler erarbeiten sich Pausenführung
Die Kieler Abwehr - unglaublich präsent. "Geburtstagskind" Petter Överby und Defensiv-Chef Hendrik Pekeler verschoben, stopften Lücken, blockten, gingen offensiv raus, ließen sich zurückfallen dass es eine Freude war. Dahinter steigerte sich Niklas Landin mehr und mehr in eine überragende Form, hatte stets eine Hand oder einen anderen Körperteil im Weg. Zweimal nacheinander parierte Landin gegen den früh mit zwei Zeitstrafen belasteten Marsenic, hielt den Wurf von Gidsel auf. Das war die Vorleistung für Kiels ersten 3:0-Lauf, Patrick Wiencek traf vom Kreis, Harald Reinkind reagierte bei einem abgewehrten Wurf am schnellsten, verwandelte den Nachwurf, und Hendrik Pekeler blieb vom Kreis ebenfalls eiskalt, traf in der 24. Minute zum 14:10 für den THW: Erstmals lagen die Zebras mit vier Toren vorn, die Fans riss es von den Sitzen. Das Polster schmolz allerdings, in der 30. Minute durch den Treffer von Vujovic auf den Halbzeitstand von 17:15.
Berliner bleiben auf Tuchfühlung
Gleich nach dem Wiederanpfiff waren die Berliner sogar auf Tuchfühlung. Ihr neuer dänische Star, Mathias Gidsel, ansonsten von Kiels Abwehr großartig zugedeckt, holte einen Strafwurf heraus, Weber verwandelte zum 17:16. Doch die Zebras wankten nicht, blieben aggressiv in der Abwehr, schnell und kreativ im Angriff. Petter Överby, Hendrik Pekeler, der nicht zu stoppende Domagoj Duvnjak und Niclas Ekberg per Siebenmeter: In nur vier Minuten zauberten die Zebras einen weiteren 4:0-Lauf aufs Parkett, die Arena bebte nach dem 22:17 und der ersten Fünf-Tore-Führung in der 35. Minute. Der klare Abstand hatte Bestand bis weit in die zweite Halbzeit hinein, Harald Reinkind traf nach 42 Minuten gar zum 27:21. Doch Berlin ließ nicht locker, nutzte jeden THW-Fehler konsequent, und als Fabian Wiede in der 45. Minute auf 24:27 verkürzte, keimte Hoffnung bei der Berliner Fangemeinde.
Dule schraubt den Deckel drauf
Doch auf den THW-Angriff war Verlass, Eric Johansson zeigte, dass er neben einem gewaltigen Wurf auch ein feines Händchen besitzt, zwirbelte eine Dreher zum 28:24 ins Netz, Petter Överby war nach großartigem Anspiel von "Dule" Duvnjak zur Stelle, und als Teufelskerl Landin ein ums andere Mal gegen Vujovic, Drux oder Holm Präsenz zeigte, bogen die Zebras in der 53. Minute langsam auf die Siegerstraße ein. Duvnjak erzielte mit Willen und Leidenschaft drei Tore in Folge, allesamt sehenswert und vor allem wichtig auf dem Weg zum Triumph über den Tabellenführer, der nach drei weiteren Landin-Paraden bis zur 58. Minuten und dem daraus resultierenden 33:28 feststand. "Oh, wie ist das schön", schallte durch die Arena, und wie eng es im Kampf um die oberen Tabellenplätze zugeht, zeigte sich in der Schlussminute: Berlins-Coach Jaron Siewert nahm eine Auszeit, um den Rückstand noch einmal zu verkürzen. Denn schließlich kann es am Ende auf jedes Tor ankommen. Gleiches hatte wenig später auch Filip Jicha im Sinn: Er wollte unbedingt noch den 36. Treffer, und Dahmke tat ihm den Gefallen. Am Ende tanzten die Zebras ihren Siegerreigen, feierten gemeinsam mit ihren großartigen Fans die Unterstützung von den Rängen, und die schwarz-weißen Anhänger freuten sich mit ihnen.
Achtelfinal-Rückspiel in der Königsklasse am Mittwoch
Für die Kieler steht am Mittwoch bereits das nächste wichtige Heimspiel an: Um 18:45 Uhr treffen sie in der Wunderino Arena auf Dinamo Bukarest. Für das Rückspiel im Achtelfinal-Play-off der Machineseeker EHF Champions League gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen, in der THW-FANWELT und online unter www.thw-tickets.de noch Eintrittskarten in allen Kategorien.Weiter geht’s in der K.o.-Runde der Königsklasse, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
LIQUI MOLY HBL, 24. Spieltag: THW Kiel – Füchse Berlin 36:29 (17:15)
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 23 Paraden), Mrkva (n.e.); Duvnjak (6), Sagosen, Reinkind (3), M. Landin (1), Øverby (3), Wiencek (2), Ekberg (3/3), Pabst (n.e.), Fraatz, Johansson (8), Dahmke (3), Zarabec, Bilyk (2), Pekeler (5); Trainer: Jicha
Füchse Berlin: Kireev (n.e.), Milosavljev (1.-60., 9 Paraden); Wiede (2), Darj (1), Holm (3), Andersson (1), Lichtlein, Gidsel (2), Freihöfer (3), Ende, Langhoff, Kopljar (1), Vujovic (6), Weber (5/1), Marsenic (4), Drux (1); Trainer: Siewert
Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah / Suresh Thiyagarajah
Zeitstrafen: THW: 4 (2x Øverby (10., 49.), Duvnjak (15.), Wiencek (21.)) / Berlin: 2 (2x Marsenic (8., 11.))
Siebenmeter: THW: 3/3 / Berlin: 1/1
Spielverlauf: 3:3 (5.), 5:3, 5:5 (9.), 7:7, 9:7 (14.), 9:9, 11:10 (20.), 14:10 (24.), 14:12, 15:13 (28.), 17:13 (29.), 17:15;
17:16, 18:17 (32.), 22:17 (35.), 24:19 (37.), 25:21, 27:21 (42.), 27:24 (45.), 29:24, 31:26 (51.), 33:28 (54.), 36:29.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Zunächst einmal möchte ich unterstreichen, mit wie viel Respekt vor den Berlinern und dem, was sie aufgebaut und sie zu einem absoluten Spitzenteam hat werden lassen, in dieses Spiel gegangen sind. Es gibt nicht viele Mannschaften, die mit solch einer breiten Brust nach Kiel reisen, wie die Berliner. Das war auf der anderen Seite aber natürlich auch eine Riesen-Motivation für meine Jungs. Ich bin sehr zufrieden, vor allen Dingen mit der Einstellung in der Abwehr. Wir hatten einen Plan, und den haben wir bis zuletzt verfolgt. Berlin war stark in der zweiten Welle und mit der schnellen Mitte, die sie mit einem unglaublichen Tempo spielen. Deshalb freut es mich so, wie die Abwehr und Niklas zusammengearbeitet haben – das hat uns einen Sieg in dieser Höhe ermöglicht. Und 36 Tore gegen die Füchse – großer Respekt vor meinem Team. Wir haben jetzt zwei K.o.-Spiele in dieser Woche hinter uns, in der kommenden Woche folgen zwei weitere K.o.-Partien. Deshalb Mund abwischen und weiter geht’s!
Füchse-Coach Jaron Siewert: Glückwunsch an Filip und den THW Kiel zu diesem absolut verdienten Sieg. Ich bin nicht der erste Trainer – und werde nicht der letzte sein -, der hier sitzt und sagt, dass man an Niklas Landin gescheitert ist. Die Kieler Abwehr und der Torwart waren stark, aber ich war bis zum Wurf auch nicht unzufrieden mit unserem Angriffsspiel. Das zweite Manko war der Rückzug, da hat der THW Kiel schon in der ersten Halbzeit einen enormen Druck aufgebaut, und wir haben jede Menge Tore vom Kreis gefressen. Trotzdem hatten wir – auch Mitte der zweiten Halbzeit – die Möglichkeit, heran zu kommen. Aber der THW hat alle Angriffe abgewehrt.
THW-Torhüter Niklas Landin bei Sky: Es war ein richtiges Spitzenspiel: Mit Kulisse, Chaos und allem. Es hat extrem viel Spaß gemacht. Solche Spiele, die auch in unsere Richtung gehen, haben wir vermisst. Es ist schwer, das zu beschreiben. Meine Paraden sind eine Sache, zwei Punkte gegen den Spitzenreiter sind eine andere Sache. Das ist das, was am Ende zählt. Wir sind glücklich, dass wir gegen die Füchse, die bisher eine extrem starke Saison gespielt haben, so ein Spiel liefern konnten.
Füchse-Spieler Fabian Wiede bei Sky: Im Großen und Ganzen haben wir ein gutes Spiel gezeigt. Wir haben uns viele Chancen erarbeitet, Niklas Landin war wieder eine Nummer zu hoch für uns. Wir haben sehr viele Chancen gehabt, hätten mit einer Führung in die Pause gehen können. In der zweiten Halbzeit machen wir so weiter und verwerfen viele Bälle.
Füchse-Vorstand Sport Stefan Kretzschmar: Wenn du auswärts in Kiel 29 Tore wirfst, Niklas Landin 23 Paraden hat, hast du es offensiv bis auf den Abschluss nicht so schlecht gelöst. Wenn der beste Torwart der Welt noch seinen eigenen Rekord nach elf Jahren Bundesliga in so einem Spiel aufstellt, wird es eng. Man muss ganz klar sagen: Es ist die Abschlussschwäche gewesen. Respekt an Kiel, die waren heiß. Ich bin nicht gut gelaunt aufgrund des Ergebnisses, aber das muss man auf diesem Level anerkennen und akzeptieren. Wir haben über Jahre hinweg gelernt, dass zu können. Der THW Kiel-Landin war sehr gut. Es war eine Weltklasse-Leistung von Landin, und der THW war sehr präsent und wollte das Spiel unbedingt gewinnen.