31:28 gegen den VfL Gummersbach: Zebras feiern hart erarbeiteten Erfolg im Klassiker
Der THW Kiel hat den Klassiker der LIQUI MOLY HBL am Sonntagnachmittag gewonnen: Im Duell des aktuellen (22 Titel) gegen den ehemaligen Rekordmeister (12) gewannen die Zebras nach einem Fehlstart mit 31:28 (14:14) Toren, taten sich gegen den starken Wiederaufsteiger aus dem Bergischen Land aber lange Zeit schwer. Kapitän Domagoj Duvnjak war es, der die Zügel an sich riss und seine Mannschaft mit acht Treffern zu hart erarbeiteten zwei Punkten führte.
Sander Sagosen ist zurück
Die quälend lange Wartezeit ist vorüber, Sander Sagosen nach 175 Tagen zurück im THW-Team: Am 5. Juni brach sich der THW-Star im Spiel gegen den HSV seinen linken Knöchel, zudem riss ihm das Syndesmoseband. Jetzt hat sich der Norweger wieder in seine Mannschaft gekämpft, er kehrte am Sonntagnachmittag in der 16. Minute mit einem glücklichen Lächeln gegen den VfL Gummersbach auf die Platte der Wunderino Arena zurück. Und wie! Sagosen war keine zehn Sekunden im Spiel, als er sein Comeback mit einem Kracher aus dem Rückraum krönte. Die Rückkehr von Sagosen kam zur rechten Zeit, hat die Zebraherde doch fortwährend mit Problemen zu kämpfen. Während Nikola Bilyk sich nach seinem Infekt Stück für Stück wieder zurück kämpft, hatte es nach dem Barca-Spiel Steffen Weinhold ans Bett gefesselt. Er wirkte aber genauso mit wie Bilyk und auch Miha Zarabec, der sich trotz schmerzhafter Fingerblessur ebenfalls in den Dienst der Mannschaft stellte.
Kieler Fehlstart
Und die brauchte gegen Gummerbach wahrlich jeden Mann, THW-Trainer Filip hatte nach der THW-Galavorstellung vom Mittwoch beim 30:30 in der Champions League gegen den FC Barcelona vor dem Aufsteiger gewarnt und sollte Recht behalten. Die 9827 Fans mussten einen deftigen Anfangsschock verdauten, nach sechs Minuten hatte der Aufsteiger fünfmal ins THW-Tor getroffen, die Zebraausbeute lag hingegen bei null. Kapitän Domagoj Duvnjak brach den Bann, traf zum erlösenden 1:5, Nikola Bilyk ließ das 2:5 folgen. Doch Gummersbach hatte Antworten, traf durch Vidarsson und Jansen zum 2:7. Grund genug für Filip Jicha, nach acht Minuten seine erste Auszeit zu nehmen. "Das passiert im Handball", erläuterte Patrick Wiencek, "wichtig war, dass wir die Ruhe behalten haben und uns dann langsam ins Spiel zurück gekämpft haben."
Zebras robben sich heran und gleich aus
Nach dem 5:10 (15.) durch Jansen lagen die Kieler erneut mit fünf Toren hinten, Jicha reagierte, schickte Sander Sagosen aufs Parkett. Der Jubel auf den Rängen war riesig, Sagosen dankte unverzüglich mit seinem Treffer zum 6:10. Es war zugleich der Beginn der Kieler Aufholjagd, an der auch Miha Zarabec beteiligt war, obwohl er sich am Mittwoch die Strecksehne eines Fingers an der rechten Wurfhand lädiert hatte. Kiels Abwehr packte nun fester zu, Rune Dahmke erzielte per Tempogegenstoß den Treffer zum 7:10 in der 17. Minute. VfL-Nationalspieler Julian Köster, der weitestgehend von der Kieler Abwehr neutralisiert wurde, nur zweimal erfolgreich war, erzielte das 8:11. Doch, weil auch Niklas Landin im Kieler Tor jetzt Parade an Parade reihte, robbten sich die Zebras heran. Mit einem 4:0-Lauf zwischen der 18. und 22. Minute war der 11:11-Ausgleich geschafft. Wieder war "Dule" zur Stelle, zuvor hatten Steffen Weinhold, Duvnjak und Harald Reinkind getroffen. Harald Reinkind machte das überragend in Unterzahl und mit dem Druck, werfen zu müssen, weil die Schiedsrichter, mit deren Leistung die Fans häufig haderten, Zeitspiel angedroht hatten.
Unentschieden zur Pause
Die Folge: Sigurdsson drückte auf den Button, verlangte eine Auszeit. Aus der kehrten die jungen Gummersbacher gestärkt zurück, gingen durch Pregler erneut in Führung, und als Niclas Ekberg nach einem "Hammer-Traumtor" von Duvnjak die mögliche Kieler Zwei-Tore-Führung per Siebenmeter verpasste, war erneut Pregler zur Stelle, erzielte in den Schlusssekunden der ersten 30 Minuten den Halbzeitstand: 14:14. Petter Överby brachte den THW dann mit 15:14 in Front, die erste Kieler Zwei-Tore-Führung markierte Harald Reinkind in der 27. Minute zum 18:16. Doch der Aufsteiger ließ nicht locker, es blieb eine zähe Angelegenheit für die Zebras, auch, weil die Gäste über ihre Außen brandgefährlich blieben. Rechtsaußen Blohme traf nach 45 Minuten zum 21:22.
THW macht alles klar
Filip Jicha stellte fortan Tomas Mrkva zwischen die Pfosten. Mit Erfolg. Der Tscheche parierte sofort gegen Zemann, leitete den 3:0-Lauf ein, mit dem Niclas Ekberg, Steffen Weinhold und Hendrik Pekeler den THW erstmals auf vier Tore (49.) zum 25:21-Zwischenstand enteilen ließen. Kurz darauf humpelte Weinhold allerdings nach einem Zusammenprall vom Feld, fortan musste es wieder Reinkind richten. Als Patrick Wiencek sich dann mit aller Macht gegen drei Gegenspieler durchsetzte, vom Kreis gegen sein ehemaliges Team traf, und „Dule“ in der 54. Minute zum achten Mal das VfL-Tornetz zum 28:24 ausbeulte, war eine gewisse Vorentscheidung gefallen, die "weiße Wand" erhob sich von den Sitzen, stärkte ihrem Team in den letzten Minuten den Rücken. Pekelers Doppelpass mit Duvnjak führte zum 30:26, Harald Reinkinds wuchtiger Treffer zum 31:27 machte dann endgültig alles klar.
Schwerer Auswärts-Doppelpack voraus
Die Zebras gehen wieder auf Reisen: Am Dienstag starten sie in Richtung Barcelona, wo am Mittwochabend um 20:45 Uhr (live bei DAZN) das Clásico-Rückspiel bei Barca ansteht. Gut 40 Fans begleiten die Zebras zu diesem besonderen Spiel, an dessen Ende FCB-Legende Victor Tomas in die Hall of Fame des erfolgreichsten Clubs Europas aufgenommen wird. Nach der Rückkehr von der Mittelmeerküste satteln die Kieler den Mannschaftsbus für die Fahrt nach Wetzlar, wo die Zebras am Sonntag ab 14 Uhr (live bei Sky) zum ersten Mal seit Oktober 2019 wieder doppelt punkten wollen. Das nächste Heimspiel ist dann nicht mehr weit: Am Donnerstag, 8. Dezember (18:45 Uhr) kommt es zum direkten Duell um die Platzierungen in der Gruppe B gegen das starke Team von HBC Nantes. Bei CITTI, in famila-Märkten mit Ticketservice, in der THW-FANWELT und online unter www.thw-tickets.de gibt es für die Partie noch Eintrittskarten ab 14 Euro. Weiter geht’s in Barcelona, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Nick Jürgensen/saschaklahn.com
LIQUI MOLY HBL, 14. Spieltag: THW Kiel – VfL Gummersbach 31:28 (14:14)
THW Kiel: N. Landin (1.-46., 8 Paraden), Mrkva (46.-60., 2 Paraden); Duvnjak (8), Sagosen (1), Reinkind (5), M. Landin (2), Øverby (1), Weinhold (4), Wiencek (1), Ekberg (2/1), Fraatz (n.e.), Dahmke (1), Zarabec (1), Wallinius (n.e.), Bilyk (3), Pekeler (2); Trainer: Jicha
VfL Gummersbach: Norsten (1.-25., 48.-60., 5 Paraden), Ivanisevic (25.-48., 3/1 Paraden); Vidarsson (4), Köster (2), Blohme (7), Schroven, Schluroff (1), Pregler (4), Styrmisson (3), Kiesler, Stüber, Jansen (6), Zeman (1); Trainer: Sigurdsson
Schiedsrichter: Marcus Hurst / Mirko Krag
Zeitstrafen: THW: 2 (Øverby (20.), Weinhold (50.)) / VfL: 6 (2x Vidarsson (16., 29.), 2x Köster (18., 37.), 2x Zeman (41., 58.))
Siebenmeter: THW: 2/1 (Ivanisevic hält Ekberg (29.)) / VfL: 0
Spielverlauf: 0:5 (6.), 2:5, 2:7 (8.), 4:7, 4:9 (12.), 5:10, 7:11 (18.), 11:11 (22.), 12:13 (25.), 14:13 (27.), 14:14;
15:14, 16:16 (35.), 18:16 (37.), 18:19 (41.), 21:19 (43.), 22:21, 25:21 (49.), 25:23 (51.), 27:23 (53.), 29:25 (55.), 30:27 (57.), 31:28.
Zuschauer: 9827 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, die sich mit einem Arbeitssieg belohnen und zwei Punkte erkämpfen konnte. Wir sind mit einer gehörigen Portion Respekt vor dem VfL und Gudjons junge, gefährliche Mannschaft, die hier heute ohne Druck präsentieren konnte, gegangen. Der Erfolg gegen diesen VfL ist viel wert. Und ich möchte meinen Hut ziehen vor Steffen Weinhold, den ich zuletzt gegen Barca gesehen habe und der bis heute krank das Bett hütete, vor Nikola Bilyk, der sich nach seinem Infekt reingekämpft hat, und vor Miha Zarabec, der sich trotz Fingerblessur reingehauen hat. „Dule“ hat die Jungs durch dieses schwere Spiel geführt, wie es ein echter Kapitän tut. Wenn Gudjon mit seiner Mannschaft zufrieden ist, bin ich es auch mit meiner.
VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson: Glückwunsch an Filip und den THW Kiel zu diesem verdienten Sieg. Ich bin ganz zufrieden mit unserer Vorstellung heute, wie wir gekämpft haben. Man hat uns dann aber angemerkt, dass wir gehandicapt waren, ab der 40. Minute hat uns Julian Köster schon gefehlt. Aber wir haben gut in der Abwehr gestanden, und vorne haben viele Dinge wie das Sieben-gegen-Sechs gut geklappt. Wir haben allerdings Dule nie unter Kontrolle bekommen können. Ich habe mich sehr gefreut, dass mein guter Freund Sander Sagosen zurück auf dem Feld ist – es hätte nur nicht heute sein müssen (lacht). Zusammengefasst: Das war eine ziemlich gute Leistung von uns, und wir können mit erhobenem Haupt nach Hause fahren.
THW-Kapitän Domagoj Duvnjak: Wir sind glücklich, dass Sander zurück ist. Auch wenn er und Peke noch einige Zeit brauchen werden, bis sie wieder bei einhundert Prozent sind, sind wir dann mit ihnen noch stärker. Das heutige Spiel war ein Beispiel dafür, dass Du in der Handball-Bundesliga ein Spiel nicht mit 80 Prozent gewinnen kannst. Wir haben alles reingeworfen und haben die Punkte geholt – das war das wichtigste.
THW-Kreisläufer Patrick Wiencek: Gummersbach ist eine gute Mannschaft, das haben wir vorher gewusst, und das haben sie auch hier gezeigt. Es ist immer etwas Besonderes, gegen seine ehemalige Mannschaft zu spielen, auch wenn keiner mehr dabei ist, mit dem ich zusammen gespielt habe. Ich bin froh, dass wir gewonnen haben.
THW-Rückraumspieler Sander Sagosen bei Sky: Es war ein sehr emotionaler Tag. Endlich wieder auf dieser Platte, in dieser Halle und vor unseren Fans. Ich habe sehr hart dafür gearbeitet für das Comeback gearbeitet - und wir haben zwei Punkte. Wir machen weiter, ich auch. Filip ist vor meinem Einsatz zu mir gekommen und hat gefragt, ob ich spiele oder nicht. Ich hatte im Training unter der Woche ein gutes Gefühl. Ich benötige noch Zeit, bis es wieder so ist, wie es mal war. Es war aber schön, wieder unter den Jungs zu sein.