Nächste Herkules-Aufgabe wartet am Donnerstag beim HBC Nantes auf die Zebras
Nur kurz durfte beim THW Kiel die Freude über den Sieg im Topspiel der LIQUI MOLY HBL gegen die Rhein-Neckar Löwen währen: Nach dem kräftezehrenden 32:29-Erfolg und einem eher auf Regeneration angelegten Training am Montag startete der THW Kiel am Dienstagvormittag mit der Vorbereitung auf die nächste Herkulesaufgabe - dieses Mal in der Machineseeker EHF Champions League. Am Donnerstag sind die Kieler Handballer beim verlustpunktfreien Tabellenführer der französischen Liga, HBC Nantes, gefordert. Anwurf ist um 20:45 Uhr, DAZN überträgt live aus dem ausverkauften Hexenkessel H-Arena.
Ziel: Erste Auswärtszähler
Die Kieler Auswärtstour in der Machineseeker EHF Champions League beginnt am Mittwoch nach dem Abschlusstraining mit einem Flug nach Saint-Nazaire an der französischen Atlantikküste, von dort aus geht es mit dem Bus etwa 50 Kilometer ins Landesinnere nach Nantes. Das Ziel der Zebras in der 300.000-Einwohner-Stadt ist klar definiert: Sie wollen erstmals in dieser Königsklassen-Saison auch auswärts punkten. "Die Gruppe B ist sehr ausgeglichen, da kommt es am Ende auf jeden Zähler an", sagt THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. "Nantes hat eine sehr starke Mannschaft, die zudem mit sehr viel Selbstbewusstsein auftritt", weiß der THW-Kapitän. Ähnlich wie zuletzt Kielce und die Rhein-Neckar Löwen spielt Nantes mit sehr viel Tempo. "Deshalb kommt es am Donnerstag auch wieder darauf an, den Gegner nicht ins Laufen kommen zu lassen. Gleichzeitig müssen wir unser Spiel spielen, der Partie unseren Stempel aufdrücken, um die Punkte mit nach Hause nehmen zu können", so Duvnjak.
Gegner ist auf Höhenflug
Dieses Unterfangen wird jedoch ein sehr schweres sein, denn HBC Nantes befindet sich bisher auf einem Höhenflug. Selbstvertrauen für die Spielzeit tankte HBC schon zum Saisonstart, als man im französischen Supercup das Star-Ensemble von Paris Saint-Germain mit 37:33 bezwang und den ersten Titel der Spielzeit holte. Der Auftakt von einer bisher fast perfekten Saison: Von den zwölf Pflichtspielen der Franzosen wurde bisher nur eines verloren - in Kielce gab es zum Königsklassen-Auftakt eine 33:40-Niederlage. Ansonsten ließ man es vor allen Dingen offensiv krachen: In jedem Spiel erzielte der kommende THW-Gegner bisher mindestens 30 Tore. Kein Wunder also, dass Nantes in der heimischen Liga aktuell mit 12:0 Punkten die Tabelle anführt und auch in der Machineseeker EHF Champions League auf Erfolgskurs ist. Auf die Niederlage in Kielce folgten drei Siege: Den ungarischen Meister Pick Szeged bezwang man mit 35:30, den norwegischen Meister Elverum Handball schickte man mit 41:30 auf die Heimreise, und zuletzt gab es in Celje einen klaren 35:24-Erfolg.
Namhafte Neuzugänge
Der Lohn: Aktuell steht HBC Nantes, 2018 und 2021 Teilnehmer am EHF Final4 in Köln, auf Rang drei der Gruppe B - also noch vor Kielce und dem THW Kiel. Und das, obwohl man vor der Saison den Weggang von Torhüter Emil Nielsen zum FC Barcelona, den Wechsel des überragenden Kreisläufers Dragan Pechmalbec zu Telekom Veszprem und von Rechtsaußen David Balaguer zu Paris Saint-Germain sowie das Karriereende von Kiril Lazarov verkraften musste. Im Gegenzug holte man sich mit Viktor Hallgrimsson, gerade einmal 22 Jahre alt, den überragenden Torhüter des dänischen Meisters GOG Gudme. Aus Veszprem kehrte der spanische Welt- und Europameister Jorge Maqueda zurück, aus Skopje holte man sich den französischen Kreisläufer Jeremy Toto, und aus Brest die kroatische Torwart-Legende Ivan Pesic. Sie bilden mit den etablierten Spielern ein Team, das mit einer guten Mischung aus jungem Hunger und Erfahrung schon jetzt für viel Aufsehen gesorgt hat.
Minne und Monar fehlen
Der Erfolg des Teams ein Verdienst von Trainer Gregory Cojean, der zwar erst im Sommer das Zepter von dem nach Limoges abgewanderten Alberto Entrerrios übernahm, den Club und die Mannschaft aber wie kein zweiter kennt: Zuvor war Cojean 13 Jahre lang Co-Trainer von HBC Nantes. Allerdings muss Cojean am Donnerstag auf einen verzichten, der großen Anteil an der bisher so erfolgreichen Saison hatte: Mittelmann Aymeric Minne, mit 27 Treffern bester Torschütze seiner Mannschaft in der Königsklasse, verletzte sich in Celje am Sprunggelenk und wird bis Februar ausfallen. Erfolgreichster Torschütze nach Minne ist Linksaußen Valero Rivera mit aktuell 17 Treffern. Auch Kreisläufer Theo Monar wird Nantes gegen den THW Kiel fehlen - aber aus einem anderen Grund: Der Zwei-Meter-Mann hatte seinen Gegenspieler in der Partie gegen Elverum im Gesicht getroffen, die rote Karte gesehen und wurde von der Disziplinarkommission der EHF für zwei Partien gesperrt.
Ohne Linksaußen nach Frankreich
Auch die Kieler werden nicht in Bestbesetzung nach Frankreich reisen können. Neben den Langzeitverletzten Sander Sagosen, Hendrik Pekeler und Sven Ehrig werden weiterhin Rune Dahmke und Magnus Landin fehlen. Zudem wurde Malte Voigt, der aktuell ein duales Studium absolviert, von seinem Arbeitgeber nicht für das Spiel in Nantes freigestellt. Folglich wird der THW Kiel in Frankreich also wieder ohne gelernten Linksaußen antreten müssen. Schiedsrichter der Partie sind Slave Nikolov und Gjorgji Nachevski aus Nordmazedonien, der EHF-Delegierte Antonio Goulao reist aus Portugal an. Die dritte Begegnung beider Mannschaften, in der Saison 20/21 gab es eine deftige Heim-Niederlage für die Zebras und ein Auswärts-Unentschieden (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv), wird stimmungsvoll: Während die Kieler vor 18 Monaten vor einer Geisterkulisse in Nantes spielen musste, werden jetzt 5900 Zuschauer, inklusive der berühmten Blaskapelle, die H Arena in einen Hexenkessel verwandeln. Anwurf ist am Donnerstag um 20:45 Uhr, DAZN überträgt live. Weiter geht's in Nantes. Kiel!
Fotos: HBC Nantes / Sascha Klahn