Tore am Fließband, Spannung bis zur Schlusssekunde: Das Rückspiel in der EHF Champions League zwischen Aalborg Handbold und dem THW Kiel bot am Mittwochabend in der ausverkauften Sparekassen Danmark Arena alles, was diesen Sport so faszinierend macht. Am Ende konnten die Kieler sich und ihre lautstarken 250 mitgereisten Fans nicht für einen couragierten Auftritt belohnen, die Aufholjagd der Zebras endete kurz vor Schluss abrupt in den Armen der dänischen Verteidigung. Die Gastgeber gewannen vor 5020 begeisterten Zuschauern mit 35:33 (17:16), revanchierten sich für die 28:31-Niederlage vor Wochenfrist in der Kieler Wunderino Arena und feierten zugleich im achten Spiel ihren ersten Sieg gegen den ohne seinen kurzfristig ausgefallenen Kapitän Domagoj Duvnjak angetretenen Deutschen Meister.
RIESEN-UNTERSTÜTZUNG DER "WEISSEN WAND"
DUVNJAK MUSS PASSEN
Eine Hiobsbotschaft verbreitete sich bereits beim Aufwärmen unter den mitgereisten Anhängern: THW-Spielmacher und Führungsfigur Domagoj Duvnjak humpelte langsam und unter großen Schmerzen zur Bank, während sich seine Kollegen bereit für das dritte Spitzenspiel innerhalb von sechs Tagen machten. Er war am Morgen mit starken Rückenbeschwerden aufgewacht und konnte trotz aller Bemühungen der medizinischen Abteilung nicht mitwirken. Auf Aalborger Seite fehlten der Ex-Kieler Aaron Palmarsson mit einer Gehirnerschütterung sowie die Kreisläufer Jesper Nielsen (Adduktoren) und Rene Antonsen (Knöchel).
HANDBALL DER EXTRAKLASSE
TEMPO, TEMPO, TEMPO
KEINE MANNSCHAFT KANN SICH ABSETZEN
AALBORG ZIEHT WEG
KIEL KOMMT NOCH EINMAL ZURÜCK
Gleichwohl: die Kieler fanden noch einmal zurück: Niclas Ekberg machte das 30:33, Landin parierte den Siebenmeter von Juul-Lassen, Harald Reinkind traf zum 31:33, und als Niclas Ekberg in der 58. Minute das 32:33 erzielte, war die Spannung auf dem Höhepunkt - und die letzten Minuten nichts für schwache Nerven. Björnsen erhöhte auf 34:32, Patrick Wiencek brachte seine Farben wieder heran. Aalborg wurde nervös, verfing sich im Kieler Abwehrgestrüpp, 50 Sekunden vor dem Ende hatten die Zebras den Ball in der Hand und die Chance zum Remis. Dann folgte großes Pech: Sander Sagosen machte Druck auf Aalborgs Abwehr, wollte Wiencek am Kreis bedienen, doch der Ball blieb an den Händen des Norwegers kleben, wurde so zur Beute der Dänen. Der Rest war Jubel in Rot-Weiß.
SONNTAG HEIMSPIEL GEGEN LEIPZIG
EHF CHAMPIONS LEAGUE, 8. SPIELTAG: AALBORG HANDBOLD - THW KIEL: 35:33 (17:16)
Aalborg Handbold: Gade (31.-60., 3 Paraden), Aggefors (eb1.-30. und 1 Siebenmeter, 3/1 Paraden); Jakobsen (3), Samuelsson, Klöve, Barthold (2), Claar (4), Sandell (6), Laesö (9), Hermansen (2), Holst Jensen, Larsen, Björnsen (4), Möllgaard (4), Juul-Lassen (1/1); Trainer: Madsen
THW Kiel: Landin (1.-36., 49.-60., 6/1 Paraden), Quenstedt (36.-49., 1 Parade); Ehrig (n.e.), Duvnjak (n.e.), Sagosen (3), Reinkind (4), M. Landin (2), Weinhold (4), Wiencek (6), Ekberg (7/2), Ciudad (n.e.), Dahmke, Zarabec (5), Horak, Bilyk (1), Pekeler (1); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Jonas Eliasson / Anton Palsson (Island)
Zeitstrafen: Aalborg: 4 (Laesö (10.), Claar (17.), Jakobsen (32.), Möllgaard (52.)) / THW: 3 (M. Landin (15.), Wiencek (35.), Dahnmke (50.))
Siebenmeter: Aalborg: 2/1 (Landin hält Juul-Lassen (56.)) / THW: 4/3 (Aggefors hält Ekberg (25.))
Spielfilm: 1:2 (2.), 3:2 (3.), 3:4 (8.), 6:7 (13.), 8:7 (15.), 9:10, 11:10 (21.), 13:13 (24.), 16:13 (27.), 16:15 (28.), 17:16;
19:18 (34.), 21:20 (36.), 23:20 (39.), 25:22, 25:24 (45.), 26:25, 29:25 (48.), 31:27 (50.), 33:29 (53.), 33:32 (58.), 34:33 (59.), 35:33.
Zuschauer: 5020 (ausverkauft) (Sparekassen Danmark Arena, Aalborg)
STIMMEN ZUM SPIEL:
THW-Trainer Filip Jicha: Wir haben bis zur 46. Minute und der zweiten Auszeit von Sebastian in der zweiten Hälfte sehr geduldig gespielt und fleißig gearbeitet. Beides braucht man gegen BHC. In den letzten 15 Minuten habe ich bei meinen Jungs ein bisschen Angst gespürt, aber diese Angst gehört nicht in unser Spiel. Aber auch das ist ein Prozess, in dem wir uns befinden. Wenn wir uns einige "blöde" Fehler nicht leisten, bekommen wir das Spiel gut hin. Wir spielen dann auch die Chancen heraus, aber dann was Tomas (Mrkva) mit seiner präsenten Art da und hat uns unter anderem Tempogegenstöße und Siebenmeter weggenommen. Insgesamt war unsere Angriffseffektivität in der zweiten Halbzeit nur bei kmnapp über 30 Prozent, das ist eigentlich viel zu wenig, um ein Spiel zu gewinnen. Deshalb waren meine Jungs in der Kabine auch geknickt, ich habe ihnen aber mit auf den Weg gegeben, dass wir 46 Minuten gute Arbeit abgeliefert und zwei Punkte geholt haben. Das war wichtig, zumal Peke und Miha aufgrund von Infekten kaum spielen konnten. Aber auch das ist eine der Herausforderungen, denen wir uns stellen. Ich freue mich auf unser nächstes Spiel und habe neben einem Dank eine große Bitte an unsere Zuschauer: Die Jungs brauchen Euch in dieser schwierigen Phase mehr denn je. Auch am Sonntag gegen Hannover!
BHC-Trainer Sebastian Hinze: Wir sind ganz gut in dieses Spiel gekommen, haben die zweite Welle, die Schnelle Mitte und die erweiterte Angriffsphase der Kieler mit zwei Kreisläufern gut verteidigt und zunächst auch gegen die 3-2-1 gute Lösungen gefunden. Einige einfache Ballverluste haben dann den Unterschied zur Pause ausgemacht. In die zweite Halbzeit starten wir wieder mit guten Entscheidungen, bis Landin starke Paraden gegen die Außen und die Halbpositionen hatte. Über eine sehr starke Torwartleistung von Mrkva haben wir dann in die Partie zurückgefunden und in den letzten Minuten überragend gedeckt. So haben wir die Chance auf einen Punkt bekommen, der natürlich super gewesen wäre. Aber dass wir hier nach minus sieben zurückgekommen sind, kann ich meinen Jungs hoch anrechnen.
Sander Sagosen bei Sky: Wir hatten alles unter Kontrolle und waren nach 45 Minuten mit sieben Toren vorne. Dann haben wir nur noch ein Tor in den letzten 15 Minuten gemacht, das ist natürlich nicht gut genug. Wir haben dennoch weitergearbeitet, und Niklas hält den letzten Ball stark. Wir haben die zwei Punkte, das ist entscheidend. Wir müssen arbeiten und weitermachen, einfach im Training weiter Gas geben. Die Zuschauer haben uns heute gegen Ende sehr geholfen.
THW-Linkshänder Steffen Weinhold: Wir sind natürlich enttäuscht, dass wir verloren haben. Wir haben es aber nicht geschafft, mit unseren verschiedenen Abwehrformationen Aalborg wirlich aufzuhalten. Da haben uns hinten ein paar Ballgewinne gefehlt, um dieses Spiel zu gewinnen. Das ist natürlich bitter und tut umso mehr weh, weil wir heute soviele Fans dabei hätten, für die wir gerne mindestens einen Punkt geholt hätten. Jetzt müssen wir in den verbleibenden Spielen die Punkte holen.
THW-Torhüter Niklas Landin: Die Niederlage fühlt sich gerade jetzt sehr hart an. Aber es ist uns nicht gelungen, die Aalborger Offensive zu stoppen. Laeso, Sandell und Claar haben ein Riesen-Spiel gemacht. Und wenn du dann 35 Gegentore kassierst, ist es hart, zu gewinnen.
THW-Trainer Filip Jicha: Glückwunsch an Aalborg und meinen Kollegen Stefan Madsen! Das war heute ein gtoßartiges Spiel auf dem höchstmöglichen Niveau und einer unglaublichen Intensität. Aalborg hat vor allem im Angriff sehr gut gespielt, wir konnten sie nicht stoppen, weil wir uns nicht so bewegt haben, wie wir uns das vorgenommen hatten. Ich muss zugeben, dass ich sehr traurig für meine Jungs bin, dass wir dieses Spiel verloren haben. Sie hätten sich einen Punkt wirklich verdient gehabt. Wir hatten die Chance zum Unentschieden, machen dann aber einen technischen Fehler, weil Sander offenbar gedacht hat, dass nur noch wenige Sekunden zu spielen sind. Ich bin natürlich enttäuscht, aber ich habe meinen Jungs in der Kabine schon meinen großen Respekt vor ihrer Leistung in den vergangenen Tagen ausgesprochen. Aalborg, Göppingen, wieder Aalborg - das alles waren Spiele und Reisen, die Energie gekostet haben. Dieser Rhythmus hängt in den Knochen, das war zu spüren. Und Dule hat uns heute definitiv gefehlt, gerade in solchen Spielen reißt er alle mit. Aber er konnte sich heute morgen kaum noch bewegen, er hätte nicht spielen können.
Aalborgs Trainer Stefan Madsen: Wir wollten unseren Fans nach einer schwierigen Woche zeigen, dass wir 60 Minuten fighten - egal in welcher Besetzung. Wir hatten die Chance, in Kiel zu gewinnen, jetzt bin ich glücklich, dass wir in dieser unglaublichen Atmosphäre die Ressourcen hatten, um diesen wichtigen Sieg zu holen.
Aalborgs Kristian Björnsen: Wir sind richtig glücklich, eine der besten Mannschaften der Welt geschlagen zu haben.
THW-Rückraumspieler Harald Reinkind: Wir haben heute nicht so Abwehr gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir haben viele einfache Aalborger Gegentore kassiert, haben ihre Offensive nicht richtig stoppen können, sodass wir auch nicht in unser Gegenstoßspiel gekommen sind. Jetzt müssen wir wohl alle ausstehenden Spiele gewinnen, um am Ende der Gruppenphase ganz oben zu stehen.