KN: Siebenmeter-Drama im Jubiläumsderby
Düsseldorf. Mehr Drama ging nicht: 60 Spielminuten reichten nicht, um den Sieger im 100. Landesderby zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt zu ermitteln. Erst im Siebenmeterwerfen mussten sich die Zebras ihrem Nordrivalen mit 31:32 (13:14) geschlagen geben. Tragischer Held auf Seiten der Kieler war Domagoj Duvnjak, der seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit auf Augenhöhe mit der SG gehalten hatte, dann im Siebenmeterwerfen aber den entscheidenden Wurf vergab. Durch die 31:32-Niederlage verpassten die Kieler den ersten Titel der Saison, während die Flensburger den Gewinn des Supercups feierten.
THW verliert Supercup gegen Flensburg
60 Minuten Tempo, Abwehrschlacht und Emotionen lagen hinter Duvnjak, als er sich zwei Sekunden vor Ende des Jubiläums-Derbys den Ball schnappte und im letzten Angriff der Partie auf das Tor von SG-Keeper Torbjörn Bergerud abfeuerte. Wenige Zentimeter zu hoch, Schluss-Sirene, Siebenmeterwerfen. Er sah zu, wie Niclas Ekberg an Benjamin Buric scheiterte, sah, wie THW-Neuzugang Dario Quenstedt in seinem ersten Derby überhaupt kalt von der Bank kam, die Nerven behielt und in letzter Sekunde die Beine vor dem Wurf von Simon Jeppsson schloss. Als fünfter und letzter THW-Schütze beim Stand von 31:31 trat Duvnjak an die Linie, täuschte an, entschied sich für die linke obere Ecke - und musste mit ansehen, wie Buric den Ball über die Latte lenkte.
"Den hat er gut gehalten", konstatierte er nur wenige Minuten nach der Siegerehrung. "Ich weiß gar nicht genau, wann ich meinen letzten Siebenmeter geworfen habe. Wahrscheinlich 2016 bei Olympia in Rio." Ein bisschen "sauer und enttäuscht" war Duvnjak nach 60 ständig hart umkämpften Minuten. "Aber Flensburg hat verdient gewonnen - so ist der Sport."
Gelassene Worte nach einem Spiel, das von Anfang an mehr Titelkampf als letzter Test vor dem Bundesliga-Start war. Erst als die SG kurzzeitig auf den einzig verbliebenen Rückraum-Linkshänder Magnus Röd verzichten musste, der nach einem Zusammenprall zunächst auf der Bank Platz nahm, konnte Patrick Wiencek per Gegenstoß den THW beim 11:8 erstmals nennenswert in Front bringen. Anschließend gelang den Kielern jedoch sieben Minuten kein Tor mehr. In einer hektischen Schlussphase der ersten Halbzeit reihten sich Fehlpässe aneinander, war die SG flinker, strukturierter, führte deshalb zur Pause mit 14:13.
In der zweiten Halbzeit konnte sich kein Team mit mehr als zwei Toren absetzen. Ein Fall für Domagoj Duvnjak. Der THW-Leader ackerte in der Abwehr, als Passgeber, bereitete die 19:18-Führung (41.) vor. Drei Minuten vor Schluss schleppte er sich zum Gegenstoß und zum 28:26 aus Kieler Sicht, sein fünfter Treffer. Durchatmen? Fehlanzeige. Es blieb dramatisch, eineinhalb Minuten vor Schluss hatte Hampus Wanne mit einem Doppelschlag wieder ausgeglichen, das Siebenmeter-Drama nahm seinen Lauf.
THW-Trainer Filip Jicha nahm es gelassen, dass er seinen ersten möglichen Titel als Cheftrainer verpasst hatte. "Wir haben quasi unentschieden gegen Flensburg gespielt, gezeigt, dass wir auf Augenhöhe sind", sagte er. "Siebenmeterwerfen zählt für mich nicht, das ist ja eine Lotterie." Kein Grund, die Köpfe hängen zu lassen, fand Jicha. "Für unseren Bundesligastart am Sonntag gegen Göppingen bedeutet das gar nichts", sagte er. Die Zahlen geben ihm recht. Fünfmal wurde der THW Kiel in seiner Historie nach einer Niederlage im Supercup deutscher Meister.
(Von Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 22.08.2019, Foto: Sascha Klahn)