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KN: „Du und wir, das hat gut funktioniert“

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KN: „Du und wir, das hat gut funktioniert“

Am Freitag wird Handball-Bundestrainer Dagur Sigurdsson beim Allstar Game in Leipzig verabschiedet. Nationaltorwart Andreas Wolff erinnert sich in einem emotionalen Abschiedsbrief an die besonderen Momente mit dem Trainer.

Handball-Nationaltorwart Andreas Wolff schreibt zum Abschied exklusiv an Dagur Sigurdsson

Lieber Dagur! Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich Dich das erste Mal erlebt habe. Ein bisschen nervös war ich bei dem Nationalmannschaftslehrgang, wie ich zugeben muss: Dein autoritäres Auftreten, Dein fokussierter Blick, die gerade Haltung. Wenn Du eine Ansage gemacht hast, dann war das keine Bitte, es war eine Aufforderung. Du hast immer klar gesagt, was Du wolltest und wie Du es Dir vorstellst – vielleicht war das auch ein Grund, warum wir mit Dir so erfolgreich waren.  Du wurdest oft als Eisberg bezeichnet. Und gesprochen hast Du tatsächlich nicht so viel. Du bist eben keiner der viel redet. Wenn wir als Mannschaft essen waren, hast Du gegessen, bist aber auch schnell wieder aufgestanden und gegangen – ohne groß was zu sagen. Du warst eben immer im Tunnel, hattest das nächste Spiel im Kopf. Trotzdem blitzte manchmal Dein Humor auf, nicht auf dem Spielfeld, aber am Rande. Wenn Du plötzlich einen unerwarteten Spruch parat hattest. Das war oft schon sehr lustig. Kreativ waren auch Deine Trainingsmaßnahmen. Statt immer wieder Intervallläufe, bis man kotzt, sind wir mit Dir auch mal durchs Berliner Regierungsviertel gelaufen. Training, dazu ein bisschen Kultur – da haben wir fast vergessen, dass es ein intensives Lauftraining war. Als Du kamst, waren wir ein junges Team, das sich noch im Aufbau befand. Aber Du hattest einen Plan, wie Du uns motivierst. Du zeigtest uns einen Film des US-Basketballteams Detroit Pistons. Ohne große Superstars war es der Teamzusammenhalt, der sie stark und erfolgreich machte. Ihr Name: Bad Boys. Und zu denen machtest Du uns auch: einer eingeschworenen Mannschaft, die jedes Spiel mit einer hundertprozentigen Einstellung anging, mit Leidenschaft und Kampfgeist. Wir haben uns damit identifiziert. Bei der EM 2016 hat uns das durchs Turnier getragen, von Sieg zu Sieg geführt. Es war ein besonderer Kick. Von diesen Motivationstricks hattest Du viele. Ich weiß noch, wie wir mal in Deinem Hostel auf Island als Mannschaft übernachtet haben – in Sechsbettzimmern. Auch wenn wir nicht sonderlich verwöhnt sind, muss ich sagen, dass sich meine Freude darüber in Grenzen hielt. Zumal es auf Island in dieser Zeit nur zwei Stunden am Tag hell war. Aber es war ein Erlebnis, über das wir noch heute sprechen. Am Ende haben wir mit Dir die EM gewonnen. Es war immer mein Traum, Europameister zu werden, unser Traum – und entsprechend haben wir als Mannschaft auch gefeiert. Aber nicht Du. Du bist keiner, der die Hemmung verliert, der mit uns Spielern einen getrunken hat. Wenn wir nach dem EM-Finalsieg gegen Spanien oder nach dem Bronze-Gewinn bei den Olympischen Spielen in Rio die Sau rausgelassen haben, hast Du Dir das angeguckt, es genossen, Dir ein Bier aufgemacht und gelacht. Und Du hast gesagt, wie stolz Du auf uns bist. Als ich davon erfahren habe, dass Du nach Japan gehst, war ich überrascht. Du und wir, Dein Team, das hat gut funktioniert. Du bist ein sehr, sehr guter Trainer. Schade, dass wir Dich verlieren. Auch für mich persönlich. Immerhin hast Du mich zum Nationaltorwart gemacht, mich mit zur EM genommen – als alle noch laut nach Silvio Heinevetter im Tor schrieb. Als Trainer war es nicht Deine Aufgabe, Dich um das Torwartspiel zu kümmern. Und trotzdem hast Du mich zur Seite genommen, mir gesagt, ich sollte mich nicht so über nicht gehaltene Bälle ärgern, sondern lieber nach vorne schauen. Du wusstest, wie man motiviert. Deswegen haben wir bei der WM für Dich bis zum Ende Vollgas gegeben. Das Ende war für uns alle enttäuschend. Ich war sehr gefrustet nach dem viel zu frühen Aus im Achtelfinale gegen Katar. Aber Du hast Niederlagen immer am meisten gehasst. Egal ob im Fußballtrainingsspiel oder nach einem Testspiel. Man hat Dir angesehen, wie sehr Dich eine Niederlage wurmt. Manchmal warst Du Tage lang schlecht drauf. Nach dem Aus gegen Katar hast Du zu uns in der Kabine nur gesagt: ,Niederlagen gehören für große Mannschaften mit dazu, aber sie müssen daraus für die Zukunft lernen.“ Das war das Beste, was Du in dieser Situation sagen konntest. Am Freitag wirst Du beim All-Star Game in Leipzig verabschiedet. Ein paar Worte hast Du zu uns schon in Frankreich gesagt. Und es würde mich nicht wundern, wenn es von Dir keine großen Worte mehr gibt. Deine Emotionen behält Du eben lieber für Dich. Andreas Wolff (Aus den Kieler Nachrichten vom 02.02.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)