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EM-Quali: Deutschland besiegt starke Schweizer

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EM-Quali: Deutschland besiegt starke Schweizer

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat auch ihr zweites Spiel in der EM-Qualifikation gewonnen. Angeführt von einem starken Steffen Weinhold gewann der Titelverteidiger im Züricher Hexenkessel Hallenstadion allerdings etwas glücklich mit 23:22 (12:11) gegen die Schweiz. Die stellte mit ihrem Regisseur Andy Schmid die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson vor eine ganz schwere Herausforderung, am Ende jubelten jedoch die Schwarz-Weißen im rot-weißen Rund.

Deutschland mit vier Toren vorn

Wenige Tage nach dem klaren Erfolg gegen Portugal musste die DHB-Auswahl in der Schweiz vor ganz großer Kulisse antreten: Rund 10.000 Zuschauer sorgten im Hallenstadion von Zürich für eine Rekordkulisse bei einem Handballspiel mit Schweizer Beteiligung - und machten auch richtig Alarm. Das "Spiel des Jahres" in der Schweiz wollte sich auch Regisseur Andy Schmid nicht entgehen lassen: Bei der Auftaktniederlage der Eidgenossen in Slowenien hatte der beste Handballer des Nachbarlandes noch aufgrund eines Virus-Infektes gefehlt, jetzt beendete er nach zwölf Minuten seine Schonung. Bis dato hatte die DHB-Auswahl die Gastgeber im Griff gehabt, hatte nach dem 4:4 auch aufgrund einiger starker Paraden von Andreas Wolff ein 8:4, von Steffen Weinhold in der zweiten Welle erzielt, vorgelegt. Dann kam Schmid.

Knappe Halbzeitführung

Und mit ihm der Druck aus dem Rückraum, dem die deutsche Abwehr wenig entgegen zu setzten hatte. Weil im Schweizer Kasten Portner zudem immer stärker wurde, stieg der Lärmpegel im Hallenstadion. Portner schnappte sich einen Siebenmeter von Uwe Gensheimer, doch auch Wolff holte sich einen Strafwurf von Liniger. Dann half die DHB-Auswahl bei der Aufholjagd: Patrick Wiencek kassierte eine Zeitstrafe und echauffierte sich ein wenig darüber. Die Folge: Er bekam zwei Minuten wegen Meckerns obendrauf. Und zu allem Überfluss holte sich kurz darauf auch Simon Ernst noch eine Strafe ab: Im vier gegen sechs verhinderte die deutsche Mannschaft aber Schlimmeres, erst nach dem Auffüllen wurde es richtig eng: Schmid verkürzte auf 9:10, Schmid traf mit seinem vierten Treffer zum 11:11-Ausgleich (29.). Gut, dass Ernst kurz vor der Pause immerhin noch das 12:11 für die DHB-Auswahl erzielte.

Schweiz geht in Führung

Nach dem Wechsel machte die deutsche Mannschaft zunächst den konzentrierteren Eindruck, konnte sich aufgrund der weiterhin zu passiv agierenden Abwehr aber nicht entscheidend absetzen. Nicht nach Kohlbachers 16:14, nicht nach Weinholds Unterarm-Kracher zum 17:15 (42.), nicht nach Kohlbachers 18:16 (44.). Vielmehr noch: Schmid kehrte zurück - und mit ihm das Schweizer Selbstbewusstsein. Auf der Gegenseite machte die DHB-Auswahl nun auch Fehler im Angriff - das Hallenstadion bekann zu kochen und explodierte förmlich nach Schmids 18:18 und dem einer Portner-Parade folgenden Gegenstoßtreffer zur Führung der Eidgenossen (45.). Sigurdsson reagierte, brachte Heinevetter - doch an der zu hohen Fehlerquote änderte auch diese Maßnahme nichts.

Dramatische Schlussphase

So wurde es richtig dramatisch - mit Fehlern auf beiden Seiten. Weinhold traf zum 21:21-Ausgleich (54.), bekam beim nächsten Angriff aber ein umstrittenes Stürmerfoul abgepfiffen. Vernier traf für die Schweiz zum 22:21, Gensheimer verwertete einen Abpraller artistisch zum 22:22 (57.). Vernier kassierte nach einem Griff an Weinholds Hals eine Zeitstrafe, doch Reichmann scheiterte im Flug an Portner. Auf der Gegenseite entschärfte Heinevetter einen Schmid-Wurf, ehe der starke Weinhold 67 Sekunden vor Schluss die deutsche Mannschaft wieder mit 23:22 in Führung brachte - mit Wucht von halblinks. Jetzt war die Spannung greifbar, denn die Schweiz sollte genau diese 67 Sekunden Zeit bekommen, um noch den Ausgleich zu erzielen, während die DHB-Auswahl mit allem verteidigte, was noch Luft hatte. Mit Erfolg: Drei Sekunden vor dem Ende zielte Maros am Kasten vorbei - der Rest war schwarz-weißer Jubel nach einem verdienten, wenn auch etwas glücklichen Sieg. Mit der Optimal-Ausbeute von vier Punkten aus zwei Spielen ist Deutschland damit klar auf Kurs Europameisterschaft.

EM-Qualifikation: Schweiz - Deutschland: 22:23 (11:12)

Schweiz: Wick, Portner; Schmid 5, Meister 1, Liniger 2, Tynowski 2, Vernier 2, Svajlen, Lier, Alili, Sidorowicz 1, Delhees 1, von Deschwanden 2, Röthlisberger 1, Küttel 1, Maros 4. Deutschland: Heinevetter, Wolff; Gensheimer 3, Lemke, Wiencek 2, Reichmann 2, Weinhold 4, Fäth, Groetzki, Häfner 1, Weiß, Musche, Ernst 3, Pieczkowski 2, Kohlbacher 3, Drux 3. Schiedsrichter: Sorin-Laurentiu/Constantin (Rumänien) Strafminuten: Schweiz 8 (Meister, 2x Röthlisberger, Vernier), Deutschland 8 (2x Wiencek, Weinhold, Ernst)
Siebenmeter: Schweiz 1/0 (Liniger verwirft), Deutschland 2/0 (Gensheimer und Reichmann scheitern)
Spielfilm: 2:3 (5.), 4:6 (10.), 4:8 (13.), 7:9 (19.), 9:10 (24.), 11:11 (29.), 11:12 - 13:13 (35.), 15:17 (42.), 18:18 (46.), 20:19 (47.), 21:21 (55.), 22:23 – Zuschauer: 10 040 (Hallenstadion, Zürich (SUI))

KN: DHB-Auswahl mit EM-Reife

Zürich. Das Happy End im Handball-Krimi gegen die Schweiz versetzte Dagur Sigurdsson vor der schwersten Entscheidung seiner Karriere in emotionale Hochstimmung. "Die Einstellung hat gepasst. Wir haben alles investiert, was man verlangen kann, und bis zum Ende gekämpft. Deshalb bin ich glücklich", sagte der Europameister-Trainer über den 23:22-Zittersieg der DHB-Auswahl am Sonnabend in Zürich. "Es war ein tolles Handballspiel", schwärmte er. "Wir waren richtig am Limit, denn die Schweiz hat uns alles abverlangt. Ich sehe für beide Mannschaften eine große Zukunft." Fast schien es so, als wollte der Isländer auf den möglicherweise letzten Metern der Zusammenarbeit mit den "Bad Boys", die er im Januar sensationell zum EM-Triumph und im Sommer zu Olympia-Bronze geführt hatte, keine Misstöne mehr aufkommen lassen. Denn der Auftritt des Titelverteidigers, der in der EM-Qualifikation mit der makellosen Bilanz von 4:0 Punkten überwintert, bot durchaus auch Anlass zur Kritik. "Wir haben uns richtig schwer getan und können froh sein, gewonnen zu haben", räumte der einmal mehr starke Kieler Torwart Andreas Wolff ein. Teammanager Oliver Roggisch wurde noch deutlicher: "Man muss über das Spiel sprechen. Wir haben vorne viele Fahrkarten geschossen und uns in der ersten Halbzeit zu viele technische Fehler geleistet." Unter dem Strich blieben die Punkte aber bei der deutschen Mannschaft, die vor der Schweizer Rekordkulisse von 10 040 Zuschauern bis zur letzten Sekunde cool agierte. Im Herzschlagfinale kam dann noch etwas Glück und eine überragende Leistung des eingewechselten Silvio Heinevetter zwischen den Pfosten dazu. "Am Ende war es auch sehr viel Cleverness, dass wir trotz der Kulisse immer ruhig geblieben sind und an den Sieg geglaubt haben. Das ist eine Reife, die die Mannschaft erreicht hat", stellte Kapitän Uwe Gensheimer fest. Großen Anteil an dieser Entwicklung hat Sigurdsson, der sich in den nächsten zwei, drei Wochen zu seiner sportlichen Zukunft erklären muss. "Es gibt noch keinen konkreten Termin", sagte der für Leistungssport zuständige DHB-Vizepräsident Bob Hanning. "Wir sind aber so verblieben, dass wir von ihm im November eine Entscheidung haben möchten. Dazu wird es auch kommen." Geht Sigurdsson zu einem europäischen Topclub? Oder geht er nach Japan? Oder wechselt er gar zum Fußball oder in die freie Wirtschaft? Seit bekannt wurde, dass der 43-Jährige seinen bis 2020 laufenden Vertrag zum Jahresende kündigen kann, wird heftig über den weiteren Weg des Erfolgscoachs spekuliert. "Ich möchte, dass er weitermacht", betonte Hanning. Auch die Spieler verfolgen den Prozess gespannt und intensiv. "Im Moment will ich mir noch keine Zukunft ohne ihn vorstellen. Diese können wir uns vielleicht vorstellen, wenn er in ein paar Wochen eine Entscheidung getroffen hat", sagte Gensheimer. "Es wäre natürlich sehr schade, wenn Dagur nicht mehr unser Trainer sein würde. Er leistet sehr gute Arbeit, er kann sehr gut mit der Mannschaft. Wenn er geht, wäre das ein herber Verlust", sagte EM-Held Wolff. "Aber ich denke, dass wir eine tolle Truppe haben. Wenn er sich entscheiden sollte, nicht weiterzumachen, werden wir ihn vermissen, aber trotzdem in der Weltspitze verbleiben." So sieht das auch Hanning, der bereits Gespräche mit Managern und Trainern aus der Bundesliga führt, um für den Fall der Fälle eine Kandidatenliste für die Nachfolge aufstellen zu können. "Wir brauchen keine Angst zu haben, wenn Dagur gehen sollte", erklärte Hanning. "Ich würde das bedauern, weil ich einen guten Trainer verlieren würde. Aber es würde nichts an der Gesamtsituation und unseren Zielen verändern." Das nächste ist der Titel bei der WM - und da wird Sigurdsson auf jeden Fall dabei sein. (Von Eric Dobias, aus den Kieler Nachrichten vom 07.11.2016)