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KN: Käpt’n für einen Sommer

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KN: Käpt'n für einen Sommer

Herzogenaurach. Kein Spieler ist länger da als er. Fünfmal deutscher Meister, zweimal Champions-League-Sieger, dreimal Pokalsieger, jubelt nach Toren wie ein Weltmeister. Jetzt ist Christian Sprenger auch Kapitän beim deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel. Zumindest für einen Sommer. Das ist der Auftakt zu seiner voraussichtlich letzten Saison bei den Zebras. Besser geht’s eigentlich nicht.

Routinier Christian Sprenger freut sich auf noch eine Zebra-Saison

Sprenger als Käpt'n für einen Sommer - das passt. Der 33-jährige Linkshänder hat eine natürliche Autorität im Kader. "Ich hatte ja auch genug Zeit, mir was abzuschauen", sagt der Rechtsaußen. Was haben die Spieler wann anzuziehen? Wann ist morgen Training? Sprenger sorgt dafür, dass alle pünktlich sind. Läuft. Drei Wochen lang hat er im Urlaub in den USA die vergangene, durchwachsene Saison abgeschüttelt, in der er immer wieder Probleme hatte - das Knie, der Fuß. Jetzt hat Sprenger ein "gutes Gefühl", arbeitet viel mit Athletik-Trainer Hinrich Brockmann (Sprenger: "Er ist sehr, sehr wichtig"), hat keine Schmerzen. Das Trainingslager sei zwar "die härteste Zeit", aber "auch die schönste". "Die Mannschaft findet sich. Das schweißt zusammen." Zum Beispiel am Montagmorgen im Adidas-Kraftraum in Herzogenaurach. Es wird nach dem "Exos"-Prinzip trainiert. Mark Verstegen - Fitnesstrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft - hat sich das ausgedacht. Work-out für Körper und Geist, mit Rollen und Medizinbällen, elastischen Bändern und Gewichten. Was für die amerikanischen Truppen gut ist, kann ja für den THW Kiel nicht schlecht sein, oder? Christian Sprenger geht voran, schwitzt, scherzt zwischendurch, nimmt Rune Dahmke im Zweier-Wettstreit auf den Arm. Christian Sprenger hat im Handball viel erlebt. Vor dem Finale seiner Karriere ruht "Sprengi", der 1983 in der ehemaligen DDR im brandenburgischen Ludwigsfelde zwischen Berlin und Potsdam geboren wurde, auf eine schöne Art in sich. "Ich habe mir für die neue Saison nichts vorgenommen. Ich will fit in die Saison gehen. Die Neuen ziehen alle an einem Strang, Santos bekommt seine Zeit, um ganz gesund zu werden, Bilyk ist eine Maschine. Das wird gut." Und danach? Sprenger, im stressigen Alltag der Saison-Dreifachbelastung aus Bundesliga, Champions League und Pokal nicht immer ein Freund vieler Worte, blickt in die Vergangenheit: "Mit 14 bin ich aus Ludwigsfelde nach Magdeburg gegangen, zu Hause ausgezogen. Als ich 2009 von Magdeburg nach Kiel ging, war es schon leichter. Am Ende der nächsten Saison werden es acht Jahre in Kiel sein. Das ist dann auch Heimat." Heimat, der der B-Lizenz-Trainer treu bleiben will. "Kiel ist seit acht Jahren mein Zuhause, ich habe hier tolle Freunde - auch abseits des Handballfeldes - gefunden. Und der THW ist einer der geilsten Vereine der Welt. Wenn es die Möglichkeit gibt, weiter für den THW zu arbeiten? Ich bin bereit!" Der Mann mit dem Bart und der (im Spiel) widerspenstigen Tolle ist bereit. Bereit für das Trainersein. Zuletzt sammelte er Erfahrung als Co-Trainer der THW-B-Jugend, will in Zukunft den Trainern des TSV Altenholz, Mannhard Bech und Mirko Baltic, über die Schulter schauen. "Ich gehe sozusagen in die Lehre", sagt der 33-Jährige vor seiner letzten Saison bei den Zebras, die er als Kapitän beginnt. Zumindest für einen Sommer. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 09.08.2016)