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Eurotournoi: Herber Dämpfer für deutsche Mannschaft

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Eurotournoi: Herber Dämpfer für deutsche Mannschaft

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat ihren ersten Härtetest vor den Olympischen Spielen verpatzt. Beim hochkarätig besetzten "Eurotournoi" im französischen Straßburg wurde die DHB-Auswahl am Freitagabend von Dänemark phasenweise vorgeführt und unterlag deutlich mit 19:25 (8:12). Dabei scheiterte die DHB-Auswahl ein ums andere Mal am dänischen THW-Torhüter Niklas Landin, der letztlich eine Quote von nahezu 50 Prozent gehaltener Bälle aufwies.

Wolff und Landin stark

Die DHB-Auswahl ging am Freitagabend mit den Kielern Patrick Wiencek. Andreas Wolff und Christian Dissinger an den Start. Steffen Weinhold, der aufgrund seiner Muskelverletzung lediglich als Ersatzmann nach Rio reisen wird, musste bei diesem Härtetest zuschauen. Auf dänischer Seite standen ebenfalls zwei "Zebras": Torhüter Niklas Landin und THW-Kapitän Rene Toft Hansen. Der Kieler Kreisläufer bestritt dabei erst sein zweites Spiel nach seiner Kreuzbandverletzung, die er sich Ende Dezember zugezogen hatte. Die Akzente setzten aber beide Torhüter: Sowohl Wolff als auch Landin zeigten hinter zum Teil löchrigen Abwehrreihen ein starkes Spiel, wobei Landin vor allem im zweiten Durchgang die deutschen Angreifer mit mehreren sehenswerten Paraden im Eins-gegen-Eins-Duell zur Verzweiflung trieb. Wolff räumte eine Viertelstunde vor dem Ende den Kasten für Silvio Heinevetter, doch auch der Berliner konnte dem Spiel keine Wende mehr geben.

Sonntag gegen Ägypten

Am Sonntag trifft die deutsche Mannschaft jetzt auf Ägypten. Der Afrikameister unterlag Frankreich mit 26:30 (15:15). Den entscheidenden Lauf hatten die Franzosen dabei direkt nach der Pause: Mit einem 9:0 setzten sie sich ab und retteten am Ende einen Vier-Tore-Vorsprung ins Ziel. Die Partie der DHB-Auswahl am Sonntag gegen Ägypten wird ab 15:30 Uhr live im Internet unter www.sportdeutschland.tv gezeigt.

Tempospiel der Dänen

Die deutsche Mannschaft geriet gegen Dänemark früh in Rückstand. Vor allem der siebenfache Torschütze Mikkel Hansen und Mads Mensah-Larsen waren von der DHB-Defensive kaum in den Griff zu bekommen. Stabiler stand die Deckung erst, als Dagur Sigurdsson Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler den Mittelblock bilden ließ. Im zweiten Durchgang zeigten die Dänen dann ihr gewohntes Tempospiel, bei dem sich der von Dänemarks Nationalcoach Gudmundur Gudmundsson für Olympia lediglich auf die Reservistenposition gesetzte Hans Lindberg ein ums andere Mal stark in Szene setzen konnte. Eine Schrecksekunde gab es erneut für Christian Dissinger: Der Kieler Rückraumspieler blieb bei einer Offensivaktion an seinem Gegenspieler hängen, wurde am Knie behandelt, konnte das Spielfeld aber selbstständig verlassen. "Es hat nur einen Schlag gegen das Knie bekommen", gab Bundestrainer Dagur Sigurdsson anschließend Entwarnung. Letztlich scheiterten die Deutschen auch in der Schlussviertelstunde zu häufig beim Torabschluss, um den Sieg der Dänen noch einmal in Gefahr zu bringen.

Testspiel, 22.07.2016: Deutschland - Dänemark 19:25 (8:12)

Deutschland: Heinevetter, Lichtlein, Wolff; Gensheimer (5/2), Lemke, Wiencek, Strobel (1), Reichmann, Wiede (4), Pekeler (2), Groetzki (1),  Häfner (3), Kühn (2), Dissinger (1), Drux
Dänemark: N. Landin, Green; Christiansen (3), M. Landin, Mensah (3), Mortensen (2), Noddesbo, Svan (1), Lindberg (3), R. Toft Hansen (1), Möllgaard (1), H. Toft Hansen, Hansen (7/3), Olsen (3), Damgaard (1), Andersson

Schiedsrichterinnen: Bonaventura/Bonaventura (Frankreich)
Zeitstrafen: 10:10 Minuten (Lemke/4, Wiencek, Wiede, Kühn – R. Toft Hansen/4, H. Toft Hansen, Hansen, Mensa)
Siebenmeter: 2/2:3/3
Spielfilm: 2:2 (7.), 2:4 (10.), 3:6 (15.), 3:8 (20.), 7:10 (25.) 8:12 (Halbzeit) 11:14 (36.), 12:18 (41.), 13:19 (45.) 16:24 (55.), 19:25 (Endstand)
Zuschauer in Straßburg: 4000

KN: Kleiner Ausrutscher vor Olympia

Straßburg. Ein Gewitter tobt über Straßburg. In der Arena "Rhenus Sport" im Schatten des Europaparlaments herrscht tropisches Klima. Es regnet rein, die "Wischer-Girls" sind im Dauereinsatz. Beim Vier-Nationen-Turnier "EuroTournoi" probt die deutsche Handball-Nationalmannschaft zwei Wochen vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro den Ernstfall. Es regnet irgendwie rein bei den Deutschen, die gegen Dänemark mit 19:25 (8:12) ausrutschen. Sind das die Sieben (oder Acht), denen Bundestrainer Dagur Sigurdsson am Zuckerhut das Vertrauen schenken wird? Das Spiel des Europameisters leidet zunächst unter dem Fäth-Faktor. Steffen Fäth, Regisseur und Berliner Neu-Fuchs, laboriert an einem Mittelhandbruch, und weder sein künftiger Kollege Paul Drux noch der sonst so coole Stratege Martin Strobel können ihn an diesem Tag gegen eine offensive dänische Deckung ersetzen. Apropos dänische Deckung: Hier beginnt der Kieler THW-Kapitän René Toft Hansen im Innenblock neben (und hinter) seinem Bruder Henrik. Was für ein wunderbares Bild: das Chef-Zebra erfüllt sich - eingepackt in lange Kompressionshosen und dicke Bandagen - den olympischen Bruder-Traum. In Straßburg leben die Dänen besonders jedoch auch vom Kieler Keeper Niklas Landin im Tor, der die deutschen Angreifer - neben ihrer eigenen fehlenden Präzision - der Resignation Stück für Stück näher bringt. Zu wenig Effektivität, zu wenig Tore - da reiht sich auch Christian Dissinger trotz kraftraubender Bemühungen ein. Landin, der gegnerische Block, das eigene Unvermögen: Zuerst ziehen die Dänen vor der Pause auf 8:3 (20.), später in Halbzeit zwei auf 20:14 (46.) davon, obwohl Andreas Wolff (11 Paraden) ein gutes Spiel zwischen den Pfosten macht. Der Bundestrainer nutzt die Partie wie zuvor angekündigt auch für taktische Innovationen, experimentiert mit der neuen Regel für den siebten Feldspieler. Das kann zum Bumerang werden wie beim Gegenstoß von Casper Mortensen zum 11:7 aufs verwaiste Tor (26.). Aber: lieber jetzt als in Rio; die Partie vor 4000 Zuschauern in Straßburg ist schließlich nur der geprobte Ernstfall, bei dem auch der deutsche Deckungsverbund mit Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Finn Lemke in verschiedenen Kombinationen Licht und Schatten zeigt. Nach lediglich fünf Tagen intensiven gemeinsamen Trainings in Stuttgart ist den deutschen Spielern insgesamt der Mangel an Frische und Spritzigkeit anzumerken. Ein Übriges tut die Hitze: Beim Torwurf rutscht ihnen der schweißnasse Ball einige Male aus der Hand. Nach dem empfindlichen Warnschuss sagt Dissinger selbstkritisch: "Die Bedingungen mit 100 Prozent Luftfeuchtigkeit in der Halle waren katastrophal, aber man muss auch sagen, dass wir nicht gut gespielt haben. Wir haben zu viele Bälle verworfen, zu viele Fehler gemacht - und trotzdem würde ich das Spiel nicht überbewerten." Auch Sigurdsson und sein Torwart Andreas Wolff finden deutliche Worte: "Die Wurfquote war unterirdisch, Dänemark war in allen Bereichen stärker", so der Isländer. Wolff bringt die gezeigte Leistung auf seine Weise auf den Punkt: "Bad Boys? Der Name gewinnt keine Spiele. Wenn wir denken, Olympia würde ein Selbstläufer werden, fliegen wir in Rio ganz schön auf die Fresse." Im "kleinen Finale" trifft Deutschland nun am Sonntag (15.30 Uhr) auf Afrika-Champion Ägypten. Frankreich, das die Ägypter am Freitag mit 30:26 (15:15) in die Knie zwang, spielt im Endspiel (18 Uhr) um den Turniersieg. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 23.07.2016)