fbpx

Hoffnung, leidenschaftlicher Kampf und am Ende tiefe Enttäuschung: THW Kiel scheitert an PSG

Champions League

Hoffnung, leidenschaftlicher Kampf und am Ende tiefe Enttäuschung: THW Kiel scheitert an PSG

Die Hoffnung flammte immer wieder auf, aber das Wunder blieb aus: Nach der 27:31-Niederlage vor einer Woche in der Kieler Wunderino Arena gegen Paris Saint-Germain verlor der THW Kiel am Mittwochabend im Stade Pierre de Coubertin von Paris erneut gegen den französischen Meister. Die Kieler warfen noch einmal alles in die Waagschale, am Ende eines großen Kampfes zogen die Zebras  im Viertelfinal-Rückspiel der Machineseeker EHF Champions League bei dem Duell zwischen zwei europäischen Handball-Giganten mit 29:32 (15:17) aber erneut den Kürzeren. Aus, vorbei, das Team um den kleinen niederländischen Wirbelwind Luc Steins erreichte das TruckScout24 EHF Final 4 im Juni in Köln, die Kieler wollen und werden fortan alle Energie in den Titelkampf in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga stecken. 

Överby: "Wir schauen nach vorn und wollen um die Meisterschaft kämpfen"

Ackerte hinten gegen Luc Steins, netzte vorne fünfmal ein: Petter Överby

Beste Torschützen für die Kieler waren Petter Överby und Niclas Ekberg, die jeweils fünfmal ins Pariser Tor trafen, in dem mit dem Dänen Jannick Green ein überragender Rückhalt zwischen den Pfosten stand. Für die Franzosen war Dainis Kristopans mit sechs Toren erfolgreichster Werfer. Kiels Petter Överby schüttelte nach der Niederlage mit dem Kopf, hatte er bis zuletzt noch auf ein Wunder in Paris gehofft: "Mit diesem Ergebnis können wir nicht glücklich sein, wir hatten uns mehr erhofft, sind enttäuscht. Wir haben es auch dieses Mal nicht geschafft, die Kreise von Luc Steins einzuengen und haben vorn zuviel liegengelassen", sagte der bärenstarke Norweger in Diensten des THW Kiel. "Aber wir schauen nach vorn, haben in der Bundesliga noch fünf wichtige Spiele und werden mit voller Konzentration und allen noch vorhandenen Kräften um die Meisterschaft kämpfen.“

Enorm geforderten Zebras fehlten wichtige Spieler in Paris

Filip Jicha konnte erneut nicht auf den vollen Kader zurückgreifen

Die Verletztenliste der Kieler lichtete sich auch vor dem Spiel in der französischen Hauptstadt nicht. Neben Eric Johansson, der sich vor rund 14 Tagen die Mittelhand brach, fehlen weiterhin Sven Ehrig (Kreuzbandriss) und Steffen Weinhold (Schulter-OP). Die Strapazen der letzten Wochen, noch am Samstag waren die Kieler in Stuttgart gefordert, forderten zudem ihren Tribut. Zahlreiche THW-Spieler laufen schon länger mit Blessuren auf, beißen auf die Zähne. Nikola Bilyk konnte an der Seine nicht mitwirken, seine Adduktoren ließen einen Einsatz in der französischen Metropole ebenfalls nicht zu. Damit fehlte Filip Jicha ein weiterer wichtiger Spieler im Kieler Rückraum.

Offener Schlagabtausch zwischen PSG und dem THW

Rund 300 Fans fieberten beim Public Viewing aus Kiel mit

Plan der Zebras war es, von Beginn an den Gegner unter Druck zu setzen. Doch die Gastgeber hielten dagegen: Green hielt Zarabec' Wurf, im Gegenzug war Riese Kristopans zur Stelle. Der Pariser 2,15-Meter-Linkshänder traf zum 1:0, hatte sofort Spaß am Torewerfen und war insgesamt dreimal in Folge erfolgreich. Green war dann gegen Hendrik Pekeler und Niclas Ekberg zur Stelle, die Einheimischen, lautstark von rund hundert einheimischen Fußball-Ultras unterstützt, führten mit 3:1 Toren. Kiel hielt zunächst mit zwei verwandelten Strafwürfen von Magnus Landin dagegen, und nach dem Treffer von Miha Zarabec stand's nach sieben Minuten 5:4. Doch die Pariser machten weiter Dampf, hatten eine giftige Abwehr parat, und nachdem Magnus Landin den dritten Siebenmeter übers Tor setzte und Zarabec im nächsten Angriff nur den Pfosten traf, führten PSG mit 7:4. Die Drei-Tore-Führung hatte bis zum 11:8 Bestand, ehe Petter Överby vom Kreis und Niclas Ekberg per Siebenmeter auf 10:11 verkürzten - ein offener Schlagabtausch, der auch bei den über 300 Fans beim Public Viewing in Kiel die Hoffnungen auf das Wunder nährte.

Zebras lassen sich nicht abschütteln

Mit 11 Paraden war Jannik Green der Rückhalt der Pariser

Doch das Momentum kippte nicht auf die schwarz-weiße Seite. Denn wie schon beim Hinspiel in Kiel unterliefen den Zebras zu viele Fehler im Aufbau, außerdem scheiterten sie häufig in aussichtsreichen Positionen an Jannick Green, der mit insgesamt 11 gehaltenen Bällen einen Löwenanteil am Pariser Sieg besaß. Bei den Kielern stand zunächst Niklas Landin zwischen den Pfosten, der Däne hatte zunächst aber wenig Ballkontakte, wurde bald von Tomas Mrkva abgelöst, der gleich mit zwei Paraden glänzte, später aber ebenfalls von den frei vor ihm auftauchenden PSG-Spielern überrumpelt wurde. THW-Trainer Filip Jicha zog wirklich alle Register, ließ phasenweise offensiv decken, setzte mehrfach auf die Variante Sieben gegen Sechs im Angriff,. Doch kurz vor dem Seitenwechsel machten Abspielfehler den möglichen Erfolg zunichte. Dreimal in Folge nutzte Nenadic Kieler Fehler, traf ins verwaiste Kieler Tor. Nach 25 Minuten stand es 15:10 für Paris. Die Zebras aber ließen nicht locker: Petter Överby, Rune Dahmke, Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler nutzten ihre Chancen, verkürzten vor dem Seitenwechsel auf 15:17 - die Hoffnung lebte. 

PSG bucht das Köln-Ticket

Kaum zu stoppen: Dainis Kristopans

Kurz nach dem Seitenwechsel kassierte dann Patrick Wiencek die zweite Zeitstrafe, Paris nutzte die Überzahl, zog mit einem 3:0-Lauf wieder auf 22:17 davon. Und die Zebras? Antworteten ebenfalls mit einem 3:0-Lauf: Sander Sagosen, Niclas Ekberg und Petter Överby trafen nach 39 Minuten zum 20:22. Ging da noch etwas? Die Befürchtung hatte wohl auch Raul Gonzales, der 53-jährige spanische Trainer der Pariser nahm eine Auszeit, redete auf sein Team ein. Das fruchtete. Innerhalb weniger Minuten waren die Gastgeber wieder auf fünf Tore davongeeilt, nach 42 Minuten stand es 25:20, die Vorentscheidung war gefallen. Doch die Zebras ließen nicht locker, kämpften sich immer wieder heran, in der 49. Minute hieß es 25:27. Zu mehr aber reichte es nicht, weil eigene Fehler  im Angriff ein besseres Resultat verhinderten. Am Ende behielten die Pariser um Kristopans und Steins die Nase vorn, freuten sich unbändig über den Einzug ins Final4 in Köln.

Vorletztes Heimspiel der Saison am Sonntag

Die Kieler reisten mit tiefer Enttäuschung noch am Abend zurück an die Förde. Denn der Terminkalender des THW Kiel kennt keine Pause. Die spannendste Saison seit Jahren in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga nähert sich unaufhaltsam ihrem Höhepunkt: Nur noch fünf Spiele haben die Zebras zu absolvieren, und alle Partien haben es in sich. Am kommenden Sonntag empfängt der THW Kiel den HC Erlangen zum vorletzten Heimspiel der Saison. Die Erlanger hatten den Kielern im Hinspiel lange Zeit Paroli geboten und werden sich auch für Sonntag einiges vorgenommen haben. „Wir wollen uns gemeinsam mit unseren Fans die zwei wichtigen Punkte holen“, sagt Patrick Wiencek. „Unser Fokus liegt jetzt nur auf den kommenden 60 Minuten.“ Anwurf in der Wunderino Arena ist um 16:05 Uhr, es gibt online unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT noch Eintrittskarten für die Begegnung. Weiter geht’s gegen Erlangen, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: PSG

Machineseeker EHF Champions League, Viertelfinal-Rückspiel: Paris Saint-Germain – THW Kiel 32:29 (17:15)

Paris Saint-Germain: Palicka (2 Siebenmeter, keine Parade), Green (1.-60., 11 Paraden); Steins (5), N’Tanzi, Keita (1), Kristopans (6), Nenadic (5/1), Sole (4), Toft Hansen, Balaguer (2), Grebille, Syprzak (4/1), L. Karabatic (1), Mathé (1), Gibelin, Prandi (2); Trainer: Gonzales
THW Kiel: N. Landin (1.-16., 42.-60., 8 Paraden), Mrkva (16.-42., 3 Paraden); Duvnjak, Sagosen (4), Reinkind (3), M. Landin (2/2), Øverby (5), Wiencek (2), Ekberg (5/2), Fraatz, Dahmke (2), Zarabec (2), Schwormstede (n.e.), Wallinius (2), Bilyk (n.e.), Pekeler (2); Trainer: Jicha

Schiedsrichter: Mads Hansen / Madsen (DEN)
Zeitstrafen: PSG: 4 (Keita (2.), 2x Kristopans (8., 27.), Sole (45.))/ THW: 3 (2x Wiencek (4., 35.), Zarabec (41.))
Siebenmeter: PSG: 2/2/ THW: 5/4 (M. Landin neben das Tor (9.))
Spielverlauf: :1 (2.), 3:1 (3.), 5:4 (7.), 7:4 (11.), 9:6, 11:8 (18.), 11:10 (21.), 15:10 (25.), 15:12 (27.), 17:14 (30.), 17:15;
18:16, 19:17 (34.), 22:17 (37.), 22:20 (39.), 25:20 (41.), 26:22, 26:24 (47.), 28:26, 30:26 (55.), 30:28, 32:29.
Zuschauer: 3421 (Stade Pierre de Coubertin)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Ich möchte PSG zum verdienten Sieg und zum Final4-Einzug gratulieren. Paris hat es verdient. Die Viertelfinal-Partien waren ein Spiegel der gesamten CL-Saison, PSG hat überragend gespielt und deshalb ist es fair, dass sie in Köln spielen. Aber ich stehe hier und bin ein sehr stolzer Trainer meiner Mannschaft: Meine Jungs haben bis zur letzten Sekunde gekämpft, haben alles gegeben. Wir haben in der Saison mit vielen Verletzungen kämpfen müssen, aber wir hatten diesen Traum von Köln. Wir müssen jetzt schlucken, dass es nicht gereicht hat, und auch wenn ich traurig bin vor allem für meine Spieler, die heute ihr letztes Königsklassen-Spiel für den THW bestritten haben: Paris war besser.

THW-Rückraumspieler Sander Sagosen: Glückwunsch an Paris. Es ist für jeden Spieler ein Traum, in Köln zu spielen. Es war ein harter Fight, aber wir waren nicht gut genug dieses Jahr. Wir wollten unter die besten zwei in der Gruppenphase kommen, um das Achtelfinale zu überspringen und im Viertelfinale das Rückspiel zu Hause zu haben. Heute haben wir wieder alles reingehauen, haben alles auf dem Feld gelassen, was drin war. Ich bin stolz auf mein Team und den Club. Wir. Aber es ist dann manchmal so, dass man dem Gegner zum verdienten Sieg gratulieren muss.

THW-Kapitän Patrick Wiencek: Wir hatten den Traum von Köln, jetzt bin ich im Kopf leer. Heute wäre mehr drin gewesen, aber immer, wenn wir am Drücker waren, haben wir vorn verworfen oder technische Fehler gemacht. Vielleicht hätten wir auch mal eine Führung gebaucht, um Paris noch mehr zum Nachdenken zu zwingen. Sonntag geht es weiter, dann haben wir unsere "weiße Wand" hinter uns. Wir wollen dieses Spiel unbedingt gewinnen, um weiter in der Meisterschaft ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.