
26:26 in Magdeburg: Starke Zebras beschenken sich mit einem Punkt
Was für ein Kampf, was für Spiel, was für Emotionen: Nach einem bärenstarken Auftritt lag der THW Kiel beim SC Magdeburg 40 Sekunden vor dem Abpfiff mit 25:26 zurück, war im Ballbesitz. Eric Johansson spielte einen Kempapass auf Harald Reinkind, der scheiterte aber am großartig reagierenden Hernandez im SCM-Tor. Aber: Der Abpraller landete in THW-Händen. Johansson passte auf Nikola Bilyk, der weiter auf Hendrik Pekeler. Und Kiels Kreisläufer sah, stieg und verwandelte aus dem Rückraum. 26:26! Es blieben zwei Sekunden Restspielzeit. doch der letzte Versuch aus dem Anwurfkreis landete in den Armen des überragende Kieler Torhüters: Andreas Wolff stoppte den Ball mit seiner 16. Parade, und der THW Kiel legte sich mit dem 26:26 (13:13) ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk auf den Handball-Gabentisch.
Bärenstarker Andreas Wolff
Der Jubel nach dem Schlusspfiff war riesig - die Schwarz-Weißen feierten mit ihren mitgereisten gut 100 Fans eine bärenstarke Leistung. Die Zebras, die ohne ihren letztjährigen Torjäger Emil Madsen, den diesjährigen besten Torschützen Elias Ellefsen á Skipagötu und dem sicheren Außen Bence Imre (alle verletzt) angereist waren, hatten gegen den SCM Mitte der zweiten Halbzeit bereits mit vier Toren zurückgelegen, raubten dem Tabellenführer aber den erst zweiten Punkt in der laufenden Saison - und das im ausverkauften Magdeburger Hexenkessel Getec-Arena. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten: Natürlich Pekeler, aber auch Andreas Wolff. Der hatte hinter einer großartigen THW-Abwehr mit 16 Paraden geglänzt, zog den Magdeburgern auch mit vier gehaltenen Siebenmetern den Zahn. Klar, dass Kollege Hendrik Pekeler nach dem Abpfiff strahlte. "Das war der letzte Pass, ich wusste, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Dann habe ich aus dem Rückraum geworfen, es ging um alles oder nichts. Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat." Er habe als Jugendlicher im Rückraum gespielt, sagte "Peke" weiter, "daher wusste ich, wie es geht."
Pekeler und Nacinovic errichten Bollwerk
Der Kieler Abwehrchef, der nach fast sechs Monaten Verletzungspause erst vor gut 14 Tagen wieder in die Mannschaft zurückgekehrt war, war voll des Lobes über seinen Torhüter. "Wahnsinnig, was Andi gehalten hat. Die vier Siebenmeter, und dann hat er dem SCM unendlich viele weitere freie Bälle weggenommen. Eine super Leistung - auch von der gesamten Mannschaft und unserer Abwehr." Als beste Kieler Torschützen zeichneten sich Lukas Zerbe und Harald Reinkind aus, die jeweils sieben Mal trafen. Aufgrund der Verletzungen seiner Leistungsträger nahm Filip Jicha taktische Umstellungen vor. Er vertraute auf Bilyk als Spielmacher, im linken Rückraum spielte Johansson trotz muskulärer Probleme, und auf der rechten Seite lief Reinkind auf. In der Abwehr setzte Jicha auf den Mittelblock Veron Nacinovic und Pekeler. Ein Block, der zum Bollwerk wurde. Und der vorn von Lukas Laube entlastet wurde - so wechselten die Kieler auch aus Kraftgründen zum Teil bis zu drei Spieler zwischen Offensive und Defensive aus.
Zebras kämpfen sich in die Partie
Zum Spiel: In diesem hatten zunächst die Magdeburger die Nase knapp vorn, weil Hernandez gut in die Partie fand. Das erste Ausrufezeichen setzten aber die Zebras: Johansson hatte den Ball über zehn Meter quer durch den Raum geworfen, Lukas Zerbe flog förmlich in diesen herein, verwandelte großartig per Kempa zum 1:1. Ein Tor für jeden Jahresrückblick. Aber die Gastgeber reagierten, gingen schnell mit 3:1 in Front. Und Kiel? Schüttelte sich und fand immer besser in diese Partie. Johansson schweißte den Ball unter die Latte, wenig später glich Reinkind energisch aus dem Rückraum aus. Wie zultzt, durften sich die Kieler auf ihre Abwehr verlassen, verschoben mit schnellen Beinen, Domagoj Duvnjak und Co gingen dahin, wo es wehtat. Tore fielen jetzt im Gleichschritt. Magdeburg legte vor, die Kieler legten bis zum 7:7 in der 17. Minute nach. Bemerkenswert war erneut die Sicherheit von Lukas Zerbe von der Siebenmeterlinie: Dreimal traf der Kieler Rechtsaußen bis zur Pause, insgesamt netzte er fünf von fünf Siebenmetern ein. Sehenswert war nach 16 Minuten auch der Dreher von Bilyk. Als Wolff den Strafwurf von Hornke aufhielt, gingen die Zebras erstmals in Front: Reinkind wuchtete die Kugel unter die Latte: 8:7 für die Zebras nach 19 Minuten, erstmals wurde es im ansonsten tosenden Hexenkessel ein wenig verhaltener.
Magdeburg zieht nach der Pause davon
Im Kieler Rückraum hatte Johansson das Heft fest in der Hand, aber auch Bilyk setzte Akzente in der Spielsteuerung. So bestimmten die Kieler die Restminuten der ersten Hälfte, mussten sich beim Pausenpfiff aber mit einem 13:13 zufrieden geben. Es wäre mehr möglich gewesen. Die ersten Minuten der zweiten Hälfte gehörten erneut den Zebras, und als Wolff den frei vor ihm auftauchende Kristjansson stoppte, Reinkind sein viertes Tor erzielte und Zerbe den Tempogegenstoß in Unterzahl verwandelte, lag der THW beim 15:13 erstmals mit zwei Treffern vorn. Abspielfehler und Pfostentreffer sorgten dann für eine fünf Minuten lang andauernde Kieler Torflaute, die Magdeburg mit einem 7:1-Lauf bestrafte. Die Folge: In der 41. Minute hatte der SCM sich auf 20:16 davongemacht. Den Kielern schienen die Felle davon zu schwimmen.
Zebras bleiben stabil
Doch die Zebras hatten einen Magier zwischen den Pfosten: Wolff verhexte Magdeburgs Angreifer, sorgte mit Paraden in Serie für den folgenden 4:0-Lauf der Zebras: Johansson traf per Stemmer, Zerbe verwandelte seinen vierten und fünften Siebenmeter, wenig später war dann Bilyk per zweiter Welle zur Stelle. In der 46. Minute hatte der THW egalisiert: 20:20! Ein Stimmungskiller in der Arena. Und die Zebras blieben stabil, ließen sich nicht beirren - auch nicht von den Schiedsrichtern, die in der überaus kampfbetonten Partie insgesamt sechs Zeitstrafen gegen Kiel, aber keine einzige gegen Magdeburg verhängten. Trotzdem hatten die Zebras mehrfach die Chance zur Führung, allerdings stand im SCM-Tor mit Sergey Hernandez ebenfalls ein Könner seines Fachs. Dreimal hielt der Spanier Würfe von Reinkind auf, zweimal von Laube und Nacinovic.
Kieler nehmen wichtigen Zähler mit
So blieb die Partie eng bis in die letzten aufregenden Minuten. Als Reinkind seine Zebras in der 57. Minute mit 25:24 in Führung warf, Wolff den freien Jonsson großartig stoppte, hielt Laube die Chance zur Zwei-Tore-Führung in Händen. Allerdings war den Kielern auch in dieser Partie das Glück nocht hold: Laube versetzte Hernandez, der Ball prallte aber vom Pfosten in die Hände der Magdeburger, Magnusson traf im Gegenzug. Und als Kristjansson seine Farben wenig später mit 26:25 in Front warf, nahm Filip Jicha 40 Sekunden vor dem Abpfiff seine letzte Auszeit, schwor seine Spieler auf die verbliebene Restzeit ein, brachte den siebten Feldspieler und hatte damit Erfolg: Nach dem Schlusspfiff gab's strahlende THW-Gesichter beim Dank an die Fans. Den hart erkämpften Punkt beim Champions-League-Sieger und jetzt seit 32 Spielen in der Liga unbesiegten SC Magdeburg nahmen die Zebras gerne mit auf die lange Heimreise, die erst am frühen Heiligabend-Morgen in Altenholz endete.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag letztes Heimspiel
Am zweiten Weihnachtstag beendet der THW Kiel mit einem Heimspiel das Handball-Jahr 2025, in dem es nicht nur den DHB-Pokalsieg, sondern auch Europapokal-Bronze, zwei Kieler Weltmeister mit Dänemark sowie U19- und U17-Weltmeister aus dem eigenen Nachwuchs zu feiern gab. 2025 war auch das Jahr, in dem THW-Legende Patrick Wiencek Abschied nahm vom aktiven Handballsport und in die Administration des THW Kiel wechselte. Gegner der das ganze Jahr von Verletzungen gebeutelten Zebras ist am 26. Dezember um 17:30 Uhr der HC Erlangen. Für das Spiel zum Ausklang des Weihnachtsfestes und des Handball-Jahres gibt es noch einige wenige Restkarten unter www.thw-tickets.de, im Zweitmarkt von Fans für Fans und in der THW-FANWELT, die am Spieltag von 14:30 Uhr bis zum Anpfiff geöffnet hat. Dyn überträgt zudem live. Weiter geht’s gegen Erlangen, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN Handball-Bundesliga, 6. Spieltag: SC Magdeburg – THW Kiel: 26:26 (13:13)
SC Magdeburg: Hernandez (1.-60., 13 Paraden), Mandic (1 Siebenmeter, keine Parade); Musche (2/2), Claar (1), Zechel, Kristjansson (6), Pettersson (3), Magnusson (4/1), Hornke (1), Jonsson (1), Weber, Lagergren, Mertens (6), Saugstrup (2), O’Sullivan, Bergendahl; Trainer: Wiegert
THW Kiel: Perez de Vargas (2 Siebenmeter, keine Parade), Wolff (1.-60., 16/4 Paraden); Duvnjak, Reinkind (7), Landin (1), Överby (n.e.), J. Dahmke (n.e.), Laube (2), Johansson (4), Ankermann (n.e.), R. Dahmke, Zerbe (7/5), Abdelhak (n.e.), Bilyk (3), Pekeler (2), Nacinovic; Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah / Suresh Thiyagarajah
Zeitstrafen: SCM: 0 / THW: THW: 6 (2x Pekeler (16., 49.), Dahmke (19.), 2x Nacinovic (32., 58.), Bilyk (55.))
Siebenmeter: SCM: 7/3 (Wolff hält 2x Magnusson (16., 54.), Hornke (17.) und Musche (39.)) / THW: 5/5
Spielfilm: 1:1 (3.), 3:1 (7.), 3:3 (10.), 7:6 (14.), 7:8 (18.), 8:9 (20.), 10:9, 11:12 (25.), 12:13 (29.), 13:13;
2. Hz: 13:15 (33.), 18:15 (38.), 20:16 (40.), 20:20 (46.), 22:20 (50.), 22:22 (52.), 23:24 (54.), 24:25 (57.), 26:25 (59.), 26:26.
Zuschauer: 6.600 (ausverkauft) (Getec-Arena, Magdeburg)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich freue mich auf Weihnachten, ich bin ein echter Weihnachtsmensch. Deshalb wäre ich heute lieber mit meiner Familie zusammen als hier mit Benno zu sitzen (beide lachen). Es war ein Duell zweier Traditionsvereine, eine Abwehrschlacht mit zwei starken Torhütern. Beide Halbzeiten waren komplett ausgeglichen. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft, wie sie trotz der Ausfälle so schlau performt hat einen Tag vor Heiligabend. Ich habe großen Respekt vor der Leistung, wir haben uns nicht verunsichern lassen, als wir von plus zwei auf minus vier gingen in relativ kurzer. Wir sind trotzdem cool geblieben, auch bei den zwölf Minuten in Unterzahl. Das Unentschieden aus Magdeburg nehmen wir heute gerne mit. Frohe Weihnachten!
SCM-Trainer Bennet Wiegert: Das Unentschieden ist sehr gerecht. Bei 20:16 sprach alles für uns, das 20:20 ging dann zu schnell. Kiel hatte zehn Gegenstoßtore, wir sechs bis sieben. Und wenn Laube den Ball ins Tor wirft statt an den Pfosten, spielen wir sogar nur noch maximal um ein Unentschieden. Dann verteidigen wir das Sieben-gegen-Sechs zweimal großartig, und dann bekommen wir Pekes Tor aus dem Rückraum. Unsere Wurfquote war hingegen nicht wie gewohnt. Es war ein typisches Spiel zwischen zwei Mannschaften, die um jeden Zentimeter gekämpft haben.












