Kleine Zebraherde ist Sonntag beim schweren Auswärtsspiel in Eisenach gefordert
Drei sichere Ausfälle und zwei Fragezeichen im Kader, das Selbstbewusstsein von zuletzt vier wichtigen Erfolgen in Serie im Kopf: Der THW Kiel reist einmal mehr in dieser Spielzeit mit gemischten Gefühlen zur nächsten Partie in der "stärksten Liga der Welt". Am Sonntag sind die Zebras beim ThSV Eisenach gefordert, der zuletzt vor den eigenen Fans den Tabellenführer MT Melsungen bezwungen und acht Punkte aus den letzten fünf Partien gesammelt hat. Anwurf in der Werner-Assmann-Halle ist um 15 Uhr, im Handball-Streamingkanal Dyn ist das Spiel ebenso live zu sehen wie im Free-TV bei WELT.tv.
Personelle Sorgenfalten beim THW Kiel
Die Sorgenfalten beim THW Kiel sind in der vergangenen Woche kaum weniger geworden. Mit Harald Reinkind, Elias Ellefsen á Skipagötu und Nikola Bilyk fehlt den Zebras auf jeden Fall auch bei der schweren Auswärtsaufgabe in Eisenach eine komplette Rückraumreihe. Hinter der Einsatzmöglichkeit von Eric Johansson und Youngster Linus Kutz stehen zudem Fragezeichen. Personell gehen den Zebras gerade im Rückraum die Alternativen aus. Gut möglich also, dass der etatmäßige Linksaußen Rune Dahmke erneut auf unbekanntem Terrain wird aushelfen müssen. Sein Positionskollege Magnus Landin, der längst auch in der Abwehr eine wichtige Säule im Spiel des THW Kiel ist, weiß indes wie schwierig die Aufgabe in der Stadt unterhalb der berühmten Wartburg werden wird: "Im Angriff müssen wir Tempo machen, aber trotzdem Geduld mitbringen. Eisenach spielt gerade in der Abwehr sehr unorthodox, das ist sehr unangenehm für den Gegner." Man habe sich, so der dänische Olympiasieger weiter, intensiv auf das Spiel vorbereitet: "Wir haben viele Eisenacher Szenen im Video analysiert und wollen unsere Lösungen jetzt im Spiel umsetzen."
Shootingstar Marko Grgic weckt Begehrlichkeiten
Shootingstar beim ThSV ist der erst 21-jährige Halblinke Marko Grgic. Innerhalb von nur zwei Jahren entwickelte sich der gebürtige Eisenacher vom Drittliga- zum Nationalspieler. Seine Nominierung für das olympische Turnier durch Bundestrainer Alfred Gislason war für Außenstehende eine große Überraschung, doch Grgic zahlte dieses Vertrauen mit klasse Leistungen zurück. Der Lohn war die Silbermedaille in Paris, und die scheint den Rechtshänder weiterhin zu beflügeln: Mit 94 Treffern erzielte er mehr als ein Viertel aller 375 bisher vom ThSV geworfenen Tore, was nun auch die Füchse Berlin auf den Plan rief. Deren Sportvorstand Stefan Kretzschmar bestätigte jüngst das Interesse des Hauptstadtclubs an Grgic, der in Eisnach aber noch einen Vertrag bis 2027 besitzt. "Wir wissen natürlich um die Begehrlichkeiten von Marko Grgic. Aber wir haben nicht vor, ihn verkaufen zu wollen", unterstrich ThSV-Geschäftsführer Rene Witte jüngst gegenüber handball-world. Denn natürlich weiß auch Witte um die herausragende Rolle des Youngsters im Gefüge der Mannschaft von Trainer Misha Kaufmann.
Trainer Kaufmann weiß zu überraschen
Der Schweizer sorgt mit zum Teil unorthodoxen taktischen Maßnahmen regelmäßig für Aufsehen in der stärksten Liga der Welt. Da wird im Sechs-gegen-Sechs-Angriff mal ohne Kreisläufer gespielt, um im Rückraum eine Überzahl-Situation zu kreieren. Oder es gibt eine Vielzahl offensiver Abwehrformationen bis hin zur Manndeckung auf dem ganzen Feld, die den Gegner komplett aus dem Konzept bringen kann. Gerade mit den frentischen Heim-Fans im Rücken fruchteten diese Maßnahmen zuletzt häufig, und auch für den THW Kiel wird sich Kaufmann sicherlich wieder die ein oder andere Überraschung ausgedacht haben. Der 40-Jährige gilt als einer der Väter der jüngsten Erfolge unterhalb der Wartburg, führte die Eisenacher zurück in die "stärkste Liga der Welt" und schaffte mit ihnen souverän den Klassenerhalt. Deswegen sorgten die Schlagzeilen dieser Woche, in denen über einen vorzeitigen Abschied Kaufmanns aus Eisenach spekuliert wurden, auch für Unruhe unter den ThSV-Fans.
Eisenach holt sich sechsfache Verstärkung
Riesen-Jubel herrschte unter den Anhängern allerdings bei der Bekanntgabe des Königstransfers in der Sommerpause. Mit der Verpflichtung von Nationaltorhüter Silvio Heinevetter gelang den Thüringern einmal mehr ein personeller Coup, der die Euphoriewelle vor dem als besonders schwierigen zweiten Jahr nach dem Aufstieg in neue Höhe hievte. Denn natürlich hatte man sich in Eisenach angesichts des Weggangs von Torschützenkönig Manuel Zehnder Gedanken über die aktuelle Spielzeit gemacht. Mit Neuzugang Filip Vistorop, der kroatische Nationalspieler wechselte von HBW Balingen-Weilstetten zum ThSV und erzielte bisher 51 Treffer, und Rückkehrer Fynn Hangstein (vom TuS N-Lübbecke, 33 Tore) füllte man diese Lücke im Kollektiv. Hinzu kamen mit dem 22-jährigen Rechtsaußen Gian Attenhofer von Misha Kaufmanns ehemaligem Schweizer Club HSC Suhr Aarau, dem kroatischen Rückraumspieler Aleksandar Capric (21, vom European-League-Teilnehmer MRK Sesvete) und dem 28-jährigen Kreisläufer Rok Maric (vom Champions-League Teilnehmer RK Celje) drei international erfahrene Spieler, die den ThSV auch in der Breite verstärken.
ThSV hat zuletzt Melsungen zu Hause geschlagen
Und das System ThSV Eisenach funktioniert nach leichten Anlaufschwierigkeiten durch ein hartes Auftaktprogramm auch in dieser Spielzeit. Wie schon im Vorjahr scheinen die Thüringer erneut große Freude daran zu haben, favorisierten Mannschaften ein Bein zu stellen. So schickten sie Frisch Auf Göppingen mit einer Zehn-Tore-Niederlage auf die Heimreise, um danach auswärts bei den Rhein-Neckar Löwen einen 36:32-Sieg zu feiern. Auch in Lemgo (28:31) schnupperte man am Auswärtssieg, ehe Eisenach sich durch das 32:31 gegen den Spitzenreiter MT Melsungen und den 36:31-Auswärts-Derbysieg in Leipzig endgültig auf den Weg in Richtung der Top10 in der stärksten Liga der Welt machte. Mit 12:12 Zählern ist der Club nach etwas mehr als einem Drittel der Saison voll auf Kurs.
Hexenkessel wartet auf die Kieler
Anwurf in der ausverkauften Werner-Assmann-Halle ist am Sonntag um 15 Uhr. Die kleine Halle, in die sich 2800 Zuschauer drängen werden, ist für ihre hitzige Atmosphäre bekannt. "Ich erinnere mich noch gut an das Spiel in der vergangenen Saison: In Eisenach sind Fans, die für ihre Mannschaft und den ganzen Verein brennen", beschreibt Magnus Landin den Hexenkessel, der am Sonntag auf die Kieler wartet. Trotzdem freue er sich auf das Spiel: "Es ist immer schön, mit dem THW Kiel auch auswärts in der DAIKIN HBL zu spielen. Gegen uns sind die Hallen immer voll." Aber auch die Zuschauer zu Hause können sich am zweiten Advent freuen: Die Partie des 13. Spieltags in der DAKIN Handball-Bundesliga wird wie gewohnt im Handball-Streamingkanal Dyn live übertragen, zusätzlich ist das Spiel auch im Free-TV bei WELT.tv zu sehen. Schiedsrichter sind Philipp Dinges und Fabian Baumgart. Weiter geht's in Eisenach, Kiel!
Fotos: ThSV Eisenach/Christian Heilwagen