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Variabel und mit großem Kämpferherz: THW Kiel gewinnt Heimpremiere gegen Göppingen

Bundesliga

Variabel und mit großem Kämpferherz: THW Kiel gewinnt Heimpremiere gegen Göppingen

Die Vorzeichen vor der ersten Heimpartie in der DAIKIN Handball-Bundesliga standen am Donnerstagabend alles andere als gut für den THW Kiel. Doch die Zebras trotzten ihrer Verletztenmisere: Sie gewannen mit variablem Spiel und großem Kämpferherz den Saison-Heimauftakt vor 9645 begeisterten Fans in der Wunderino Arena und schickten FrischAuf Göppingen mit einer klaren 24:33 (11:17)-Niederlage auf die lange Heimreise ins Schwäbische. Bester Spieler beim Rekordmeister war Neuzugang Emil Madsen, der neunmal ins Schwarze traf. Alle Treffer steuerte der Däne in den ersten 30 Minuten bei. Auch Andreas Wolff feierte bei seiner Rückkehr in die Kieler Arena einen guten Einstand, hielt insgesamt zwölf Bälle und wurde von den THW-Fans lautstark gefeiert.

Duvnjak lobt Abwehr und die neuen Linkshänder

Eine starke Partie lieferte erneut Eric Johansson ab, die Formkurve des jungen Schweden zeigt nach seiner Operation im Juni steil nach oben. Er glänzte mit Kampfgeist, erzielte zudem sechs Tore aus dem Rückraum, in dem sich auch Kapitän Domagoj Duvnjak in glänzender Spiellaune zeigte. "Das war heute ein Sieg unserer überragenden Abwehrarbeit", schnaufte Duvnjak nach den 60 aufwühlenden Minuten. "Wir haben den Laden hinten dichtgemacht. Göppingen fand dagegen kein Rezept." Begeistert zeigte sich der Kieler Kapitän von Emil Madsen: "Emil hat ein überragendes Spiel gemacht, genau wie auch unsere beiden Linkshänder auf Rechtsaußen, Bence und Lukas. Wir werden an ihnen ganz sicher noch viel Spaß und Freude bekommen."

Drei-Mann-Rückraum trotzt dem Verletzungspech

Das Verletzungspech bleibt zu Saisonbeginn ein treuer Begleiter der Zebras. Trainer Filip Jicha musste gegen die Schwaben auf gleich fünf Stammspieler verzichten: Harald Reinkind (Fersen-OP), Tomas Mrkva (Meniskus), Nikola Bilyk (Muskelfaserriss), Elias Ellefsen á Skipagötu (Knie) und Karl Wallinius (Muskelfaserriss) waren erneut nur Zuschauer, im THW-Lazarett halten sich momentan mehr Rückraumspieler auf als auf dem Spielfeld. Ausgerechnet den in der Regel spielentscheidenden Rückraum hat es also schwer getroffen: Mit Domagoj Duvnjak, Eric Johansson und Neuzugang Emil Madsen hatten die Kieler nur drei Profis auf dem Rückraum-Parkett. Allesamt ackerten nahezu die komplette Spielzeit. Und allesamt zeigten sich in glänzender Verfassung. Vorneweg Kiels wieselflinker und wurfgewaltiger Linkshänder Emil Madsen.

Bärenstarke Kieler Abwehr

Der Däne war erster Torschütze der Partie, traf nach schleppendem Beginn in der fünften Minute zum 1:0 und hatte sichtlich Spaß am Tore werfen: Bis zum Halbzeitpfiff traf Madsen neunmal, schnappte sich nach dem ersten verworfenen Siebenmeter von Bence Imre die Kugel auch an Strafwurflinie und verwandelte fünf Siebenmeter in Folge eiskalt. Göppingens Torhüter Ivanisecic und Buchele waren jeweils chancenlos. Kein Wunder, dass Emil Madsen die THW-Fans schnell auf seine Seite brachte. Der Däne spielte sich schnell in die Herzen seiner neuen Fangemeinde. Frisch-Auf Göppingen, mit acht Neuzugängen angereist, tat sich in der neuen Formationhingegen  schwer, biss sich vor allem in der schnellen und kompromisslosen Kieler Abwehr fest. In der stellten zunächst Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek einen bärenstarken Mittelblock. Später ließ Jicha offensiver decken, oft mit Domagoj Duvnjak in vorgezogener Position, später war Magnus Landin der Göppinger Störenfried, der Duvnjak glänzend vertrat.

Kieler nehmen Heft des Handelns in die Hand

Die Gäste kamen durch Ymir Gislason nach sechs Minuten zum 1:1, es sollte das einzige Remis der gesamten Partie blieben. Madsen legte zum 2:1 vor, Bence Imre traf wenig später zum 3:1 ins leere Göppinger Tor und feierte damit ebenfalls seinen Premierentreffer in der Wunderino Arena. Lastro brachte Göppingen auf 2:3 heran, dann waren Johansson und noch einmal Madsen zur Stelle, trafen nach zehn Minuten zum Kieler 5:2. Grundlage für die frühe klare THW-Führung waren auch die Glanzparaden von Andreas Wolff, der den Ball nach einer Viertelstunde bereits sechsmal aufhielt. Er wurde auch im Duell Mann gegen Mann zum starken Rückhalt der großartigen THW-Abwehr. Die Kieler nahmen das Heft und das Geschehen mit zunehmender Spielzeit noch fester in die eigenen Hände: Domagoj Duvnjak traf nach 19 Minuten zum 10:5, wenig später erzielte Madsen seinen sechsten Treffer, jagte den Ball von der Siebenmeterlinie zum 11:5 in die FAG-Maschen.

Bundesliga-Debüt von Linus Kutz

Von vielen zunächst unbemerkt, feierte ein ganz junger Mann aus der Nachwuchs-Arbeit des THW Kiel sein Bundesliga-Debüt: Linus Kutz, 19 Jahre alt, verzeichnete zunächst einen Kurzeinsatz, weil Duvnjak nach einem Wechselfehler für zwei Minuten auf die Bank musste. Kutz kam frech herein, glänzte mit einem Top-Anspiel auf Petter Överby, der nur auf Kosten eines Strafwurfes am Erfolg gehindert wurde. Den fälligen Siebenmeter verwandelte Madsen. Wenig später dann donnernder Applaus für Johansson: Der Schwede wurde zu spät attackiert, schleuderte den Ball mit Urgewalt zum 14:9 ins Göppinger Netz. Torhüter Ivanisevic fand gegen die Kieler Angriffswucht keine Gegenmittel, machte seinen Platz im Tor in der zweiten Halbzeit für den jungen Julian Buchele frei. Zuvor kassierte Ivanisevic aber den neunten und letzten Treffer von Madsen, der Däne traf mit dem Halbzeitpfiff von der Linie zum 17:11-Pausenstand.

Vier Tore von Lukas Zerbe

Und die zweite Halbzeit? Wurde gerade zu Beginn weiter eindeutig von den Kielern bestimmt. Als Eric Johansson schon nach 36 Minuten zum 23:14 einwarf, drückte FAG-Coach Ben Matschke früh auf den Buzzer, hoffte auf die Wirkung einer Pause. Immerhin lief es im Angriff der Gäste ein wenig flüssiger, Persson traf, Schiller verwandelte einen Siebenmeter mit frechem Heber. Nach 46 Minuten hatten sich die Gäste auf 20:26 herangerobbt, aber die Kieler hatten schnelle Antworten parat. Eric Johansson jagte das Spielgerät unter die Latte, Hendrik Pekeler traf nach Traum-Anspiel vom Kreis. Und auch Lukas Zerbe zeigte sein Können und holte sich Szenenapplaus ab: Per Tempogegenstoß traf er zum 27:20, verhedderte sich danach im Netz, um kurz darauf erneut den Ball zu bekommen. Nach dem Wurf an die Lattenunterkante sprintete der neue Rechtsaußen zurück und versuchte, artistisch an den Ball zu kommen - dafür gab's Extra-Jubel von den Rängen, die Fans konnten vier Tore des wieselflinken Neuzugangs feiern. 

Youngster bekommen Spielzeit

Nach Wolffs einhändiger Parade gegen eine Persson-Schleuder und Magnus Landins Treffer von Linksaußen stand es  30:20 in der 51. Minute. Die Kieler hatten zehn Tore vorgelegt, Grund genug für Filip Jicha, seinen Youngstern Spielzeit zu geben und dafür Madsen und Duvnjak Verschnaufspausen zu gönnen. Henri Pabst und Linus Kutz kamen, fügten sich nahtlos ins gute Kieler Spiel ein und feierten am Ende gemeinsam mit ihren begeisterten Fans den 80. Sieg über den Altmeister aus dem Schwabenland. Petter Överby war es vorbehalten, das 33:24 und damit das Endergebnis ins Ziel zu bringen. 

Erst nach Magdeburg, dann kommt Melsungen

Die Kieler haben nun ein paar Tage Zeit, die Wunden zu lecken. Dafür hat es die nächste Aufgabe der dezimierten Zebraherde aber umso mehr in sich: Am Sonntag, 22. September, sind sie beim Doublesieger in Magdeburg gefordert. Anwurf in der Getec-Arena ist um 18 Uhr, Dyn überträgt die Begegnung live. Am Donnerstag darauf, am 26. September, stellt sich den ersatzgeschwächten Zebras der nächste Top-Gegner in den Weg: Zu Gast ist dann die ambitionierte MT Melsungen, die mit ihrer stark besetzten Mannschaft und den namhaften Neuzugängen wie Aron Mensing, Mohamed Darmoul und Alexandre Calvacanti zum Favoritenkreis auf die Meisterschaft gehört. Für das Spiel gibt es noch Tickets in allen Kategorien. Diese sind rund um die Uhr online unter www.thw-tickets.de sowie in der THW-FANWELT und bei CITTI erhältlich. Weiter geht’s in Mageburg, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

DAIKIN HBL, 2. Spieltag: THW Kiel – Frisch Auf! Göppingen: 33:24 (17:11)

THW Kiel: Wolff (1.-53., 12 Paraden), Bellahcene (53.-60., 2 Paraden); Duvnjak (3), Landin (2), Överby (1), Wiencek (1), Pabst, Johansson (6), Dahmke (2), Zerbe (4), Kutz, Madsen (9/5), Pekeler (3), Imre (2); Trainer: Jicha
Frisch Auf! Göppingen: Buchele (38.-60., 5/1 Paraden), Ivanisevic (1.-38., 5/1 Paraden); Neudeck (1), Ten Velde (1), Klöve, Flodman (2), Sarac (2), Hallbäck (1), Persson (5), Schiller (1/1), Jurmala (3), Sunnefeldt, Lastro (2), Gislason (1), Newel (1), Schmidt (3); Trainer: Matschke

Schiedsrichter: Steven Heine / Sascha Standke
Zeitstrafen: THW: 2 (Duvnjak (22.), Wiencek (34.)) / FAG: 3 (Sarac (6.), Persson (23.), ten Velde (34.))
Siebenmeter: THW: 7/5 (Ivanisevic hält Imre (3.), Buchele hält Zerbe (45.)) / FAG: 2/1 (Schiller an die Latte (13.))
Spielfilm: 1:0, 3:2 (8.), 5:2 (9.), 6:4, 9:4 (16.), 11:6 (20.), 11:9 (23.), 15:9 (26.), 17:11;
2. Hz: 18:11, 19:13 (33.), 21:14 (34.), 23:14 (36.), 26:17 (44.), 26:20 (46.), 30:20 (51.), 31:23 (57.), 33:24
Zuschauer: 9645 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Ich möchte meinen drei Rückraumspielern ein Lob aussprechen, dieses möchte ich aber erweitern auf alle meine Spieler, die heute einsatzfähig waren: Wir haben mit viel Elan und Engagement gespielt, und wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten: Wir wollten variabler spielen als zuletzt und damit Frisch Auf! vor Aufgaben stellen. Wir mussten aber auch was tun, um die Köpfe frisch zu halten, deshalb haben wir die 3-2-1 gespielt und uns im 7 gegen 6 gute Chancen erarbeitet. Das 7 gegen 6 ist die einzige Möglichkeit im Angriff, ein bisschen Kraft zu sparen. In der zweiten Halbzeit habe ich mich gefreut, wie wir darauf reagiert haben, dass Göppingen mit viel Tempo aus der Kabine kam: Gegen die 5-1-Deckung haben wir im Positionsangriff sehr gute Lösungen gefunden, obwohl wir das bisher kaum trainieren konnten. Für mich war es aber auch eine Freunde, dass Henri und Linus zum Einsatz kamen. Linus war in der ersten Halbzeit, als Dule eine Zeitstrafe hatte, sofort frech auf dem Feld, das hat mir gut gefallen. Trotz des Sieges sind wir immer noch im Prozess des Zusammenwachsens, deshalb möchte ich ein stückweit auch zur Vernunft aufrufen und die Erwartungen an uns ein wenig realistischer werden zu lassen. Das heute war zu einhundert Prozent ein Sieg des Kollektivs. So wollen wir auftreten. Wir brauchen jeden einzelnen Spieler, wir sind wie eine leistungsorientierte Familie. Bei Emil möchte ich, dass wir ihn einfach erst einmal ankommen lassen. Hoffentlich wird er dann irgendwann richtig explodieren, bis dahin nehme ich ihn unter meinen Schutzmantel. Heute haben alle sehr viel für ihn gearbeitet, und der hat Klasse und seine Kaltschnäuzigkeit gezeigt. Auch Andi hat seine Klasse unter Beweis gestellt, aber auch die Abwehr und deren Begeisterung, Frisch Auf! vor immer neue Aufgaben zu stellen.

FAG-Trainer Benjamin Matschke: Glückwunsch an den THW Kiel und speziell auch an Dich, Filip. Es ist gewiss keine einfache Zeit, und das Spiel heute angesichts der vielen Verletzten so souverän zu lösen, spricht für Dich. Wir haben es heute nicht geschafft, Ruhe in unser Spiel zu bringen. Wir haben sehr hektisch und fehlerbehaftet gespielt, 16 Technische Fehler sprechen für sich. Aber auch meine Mannschaft ist in einem Prozess, und speziell am Anfang haben uns die vielen freien Würfe, die wir nicht im Tor unterbringen konnten, daran gehindert, enger am THW Kiel dran zu sein. So konnte Filip variabel spielen lassen und einen kontrollierten Heimsieg feiern. Ich wünsche ihm und allen Kielern, dass die verletzten Spieler bald zurückkommen. Denn es macht Spaß, ihnen zuzusehen.

THW-Debütant Lukas Zerbe: Es war ein schönes Gefühl, dass die 10.000 heute hinter einem standen Unbeschreiblich, ich hatte mich tierisch auf das erste Heimspiel gefreut und hätte mir dieses nicht schöner ausmalen können. Jeder hat heute seine Rolle gespielt, jeder hat Spielanteile bekommen, und die Halle hat uns enorm gepusht. Über 60 Minuten konnten wir so das Spiel dominieren. Ich habe mich über das Bundesliga-Debüt von Linus Kutz gefreut. Er trainiert wirklich fleißig, und das heute hat er sich wirklich verdient.