Klarer Sieg mit Anlauf: THW Kiel gewinnt in Hannover
Die Favoritenrolle war klar verteilt: Handballmeister THW Kiel reiste als Tabellenzweiter in die ZAG-Arena der niedersächsischen Landeshauptstadt an, Gastgeber TSV Hannover-Burgdorf war als aktueller 14., einer 14-tägigen Quarantäne und sechs zu ersetzenden Spielern Außenseiter. Und doch benötigten die Zebras 30 Minuten Anlauf, um bei den "Recken" richtig auf Betriebstemperatur zu kommen. Am Ende aber kam es, wie es kommen musste: Der THW Kiel gewann nach einer grandiosen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit und dank der Führung der überragenden Domagoj Duvnjak und Sander Sagosen mit 35:29 (16:16).
Jicha froh über zwei Punkte
Filip Jicha war froh, das Spiel gewonnen zu haben. "Das war kein schönes Spiel, seltsam", sagte Kiels Trainer, "in der Bundesliga musst du in jedem Spiel über die volle Distanz Leistung bringen, um am Ende als Sieger das Parkett zu verlassen. Das war auch heute so gegen einen Gegner, der von Corona geschwächt war." Bester Kieler Torschütze am Sonnabendabend war Niclas Ekberg, der acht Mal ins Schwarze traf. Überragender Werfer bei den Gastgebern war der dänische Nationalspieler Johan Hansen, der zehnmal einnetzte, sein schwedischer Mannschaftskamerad Alfred Jönsson hatte ebenfalls kräftig am Zielwasser genippt, traf insgesamt sieben Mal ins Kieler Tor.
Zebras kamen schwer ins Spiel
Nahm früh eine Auszeit: Filip Jicha
Während Filip Jicha bis auf seinen Langzeitverletzten Niklas Bilyk alle Mann an Bord hatte, musste Kollege Ortega auf Lesjak, Pevnov, Lehte, Büchner, Fischer und seinen Haupttorschützen Martinovic verzichten. Zwar brachte der Spanier eine durchaus schlagkräftige erste Sieben auf die Platte, aber es blieb eine schwere Hypothek, die sein auch durch Spieler der zweiten Mannschaft aufgestocktes Team in der ersten Halbzeit mit viel Einsatz wettmachte. Die Zebras fanden schwer ins Spiel, taten sich gegen die taktische Variante sieben gegen sechs schwer, auch, weil sie Ballverluste der Hannoveraner anfangs nicht im leeren gegnerischen Tor unterbrachten. So liefen sie ständig einem Rückstand hinterher. "Wir hatten in den ersten fünf Minuten zwei Mal den Ball in der Hand und haben das leichtfertig weggeschmissen", schimpfte Kiels Trainer, der bereits nach zehn Minuten die grüne Karte zog: "In der Auszeit war ich ein wenig wütend, weil ich mir das anders vorgestellt hatte."
Trainerworte fruchten
Schwerstarbeit hatte die Abwehr gegen die verschleppten TSV-Angriffe zu verrichten
Zu diesem frühen Zeitpunkt führten die Gastgeber mit 6:3, suchten ihr Heil in quälend lang vorgetragenen Angriffen. Die ungewohnt lauten Jicha-Worte zeigten zunächst nur langsam Wirkung, auch wenn im Angriff jetzt konsequenter agiert wurde. Bis zum 9:6 blieb Hannover mit drei Toren in Führung, doch jetzt fruchtete die Defensiv-Umstellung der Kieler, die mit ihrer 3:2:1-Formation mit dem in vorderer Linie engagiert zu Werke gehenden Domagoj Duvnjak Druck auf Hannovers Angreifer machten. "Geburtstagskind" Rune Dahmke, am Sonnabend 28 Jahre alt geworden, traf nach Schneller Mitte, Patrick Wiencek klaute sich den Ball und netzte vorn ein, und Niclas Ekberg traf in der 17. Minute per Tempogegenstoß zum 9:9. Endlich landete auch ein langer Ball im leeren Tor der Gastgeber: geworfen von Patrick Wiencek in der 22. Minute zum 11:10 und damit zur ersten Kieler Führung an diesem Abend.
Zebras finden zu ihrem Spiel
Körpersprache und Einsatz: Wiencek und Reinkind feiern ein Tor
Mit einem leistungsgerechten 16:16 ging es in die Kabinen, aus denen die Zebras deutlich entschlossener und vor allem konzentrierten zurückkehrten. Reinkind und Ekberg trafen zur ersten Zwei-Tore-Führung der Zebras, aber abschütteln ließ sich Hannover zunächst keineswegs - auch dank treffsicherer Akteure wie Jönsson und Hansen. Dennoch: Die Zebras fanden immer besser zu ihrem Spiel, vor allem im Angriff glichen die zweiten 30 Minuten einer wahren Demonstration Kieler Stärke. Als Niklas Landin in der 41. Minute mit der Hüfte gegen Rechtsaußen Hansen zur Stelle war, war dies auch der Startschuss für die THW-Schlussoffensive, in der nahezu jeder Angriff im Tor des bis dahin guten Domenico Ebner landete.
Sagosen überragend
Bester Torschütze: Niclas Ekberg
Selbst TV-Experte Stephan Kretzschmar geriet ins Schwärmen: "Kein Fehlpass, keine Fehler." Ein Sonderlob hatte "Kretzsche" dann auch für Sander Sagosen parat: "Sollte Sander einer der teuersten Spieler der Welt sein - er hätte jeden Cent verdient." Tatsächlich traf der Norweger in seiner unnachahmlich dynamischen Art, hatte zudem Augen für seine Mitspieler, so profitierten Dahmke nach einem No-look-Pass und Niclas Ekberg von großartigen Anspielen auf die Außenpositionen. "Sander ist schon ein Ausnahmespieler, man muss ihn heute herausheben", befand Hannovers Nationalspieler Fabian Böhm. Nach 47 Minuten führte der THW 29:24, in der 50. Minute war das Spiel beim 32:27 für Kiel vorzeitig entschieden. Torschütze: Sander Sagosen - zum sechsten Mal an diesem Abend. "Uns ist es allen lieber, wenn wir von Anfang an da sind", kommentierte Kiels Linkshänder Steffen Weinhold den Sieg, "aber wir sind glücklich, dass wir Moral gezeigt und gewonnen haben."
Donnerstag gegen den Bergischen HC
Zwei Punkte geholt und Sonntag frei: Zufrieden ging's für den THW zurück nach Kiel
Der THW Kiel bestreitet am kommenden Donnerstag sein letztes Heimspiel in diesem Monat: Um 19 Uhr empfangen die Zebras den Bergischen HC. Der BHC, bis zum vergangenen Donnerstag nach zwei positiven Covid19-Fällen in der Mannschaft in Quarantäne, schickt sich an, seine beste Platzierung überhaupt in der "stärksten Liga der Welt" zu erreichen. Nach 22 absolvierten Partien stehen die Bergischen "Löwen" mit 27 Punkten auf Platz sieben der Tabelle und haben längst Sichtkontakt zu den vor ihnen platzierten Füchsen (29 Punkte nach 24 Spielen). Auf den THW Kiel wartet also eine schwere Heim-Aufgabe, bevor die Zebras dreimal auswärts bestehen müssen. Sky überträgt das Spiel genauso live wie RADIO.BOB!: Der THW-Medienpartner informiert per Audio-Stream direkt aus der Wunderino Arena: Weiter geht's zu Hause, Kiel!
Fotos: Oliver Vosshage
LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 25. Spieltag: TSV Hannover-Burgdorf - THW Kiel: 29:35 (16:16)
TSV Hannover-Burgdorf: Ebner (1.-60., 11/1 Paraden), Wehrlein (n.e.); Kuzmanovski (1), Mävers, Hansen (10/3), Juric (2), Jönsson (7), Böhm (1), Ehlers, Krone, Donker, Hanne (2), Brozovic (4), Feise (2), Ayar; Trainer: Ortega
THW Kiel: Landin (1.-21., 31.-60., 8 Paraden), Quenstedt (21.-30., 2 Paraden); Ehrig (1), Duvnjak (1), Sagosen (6), Reinkind (4), M. Landin (n.e.), Sunnefeldt (1), Weinhold (1), Wiencek (4), Ekberg (8/3), Dahmke (4), Zarabec (3), Voigt (n.e.), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Sascha Wild
Zeitstrafen: TSV: 3 (Kusmanovski (12.), Juric (35.), Feise (38.)) / THW: 1 (Duvnjak (39.))
Rote Karte: Kusmanovski (grobes Foulspiel (54.))
Siebenmeter: TSV: 3/3 / THW: 4/3 (Ebner hält Ekberg, der den Nachwurf verwandelt (20.))
Spielfilm: 1:0 (5.), 2:0, 2:1 (6.), 3:2 (8.), 5:2 (9.), 7:4 (12.), 9:6 (15.), 9:9 (17.), 10:9, 10:11 (22.), 11:12, 13:12 (26.), 16:15 (30.), 16:16;
16:18 (32.), 18:18 (33.), 20:20 (36.), 20:22 (39.), 22:23 (40.), 22:26 (42.), 23:26, 23:28 (44.), 25:30 (48.), 27:31 (50.), 27:34 (53.), 28:35 (55.), 29:35.
Zuschauer: 0 (ZAG Arena, Hannover)