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THW Kiel mit Kantersieg gegen Erlangen

Bundesliga

THW Kiel mit Kantersieg gegen Erlangen

Mühsam quälten sich Zuschauer und Fans durch eine erste Halbzeit, in der der HC Erlangen das Tempo bis an die Grenze des Erträglichen verschleppte, dann zündeten die Zebras mit der offensiven Deckung ein Feuerwerk: Am Ende feierten 10285 Zuschauer in der Sparkassen-Arena einen 29:15 (12:8)-Kantersieg des THW Kiel, der damit seine Tabellenführung in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga ausbaute. Bester Torschütze der Schwarz-Weißen war Niclas Ekberg (6/4), Heim-Tor-Premieren feierten Keeper Dario Quenstedt, der zweimal traf, und Pavel Horak. Bitter endete der Abend hingegen für Patrick Wiencek: Der Kreisläufer schied nach 21 Minuten mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung aus und wurde noch während der Partie zur weiteren Beobachtung in eine Klinik gebracht. 

Wiencek musste in die Klinik

Schrecksekunden: Patrick Wiencek verlor kurzfristig das Bewusstsein

Gegen den HC Erlangen musste THW-Trainer Filip Jicha auf den mit einem Infekt zu Hause gebliebenen Nikola Bilyk verzichten. Eine 2020-Premiere im THW-Trikot konnte hingegen der von einer schweren Rückenprellung genesene Lukas Nilsson feiern. Nach der stimmungsvollen Ehrung der erfolgreichen EM-Fahrer vor dem Anpfiff war es dann in der 21. Minute richtig still in der Arena: Patrick Wiencek wurde nach einem Wurf von Nikolai Link unglücklich am Kopf getroffen und schlug hart auf dem Hallenboden auf. Dabei verlor der Kieler Kreisläufer kurzfristig das Bewusstsein, wurde von Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker versorgt. Dennoch ging es für Wiencek nicht weiter: Noch während des Spiels wurde er mit Verdacht auf Gehirnerschütterung zur weiteren Beobachtung und Versorgung in ein Kieler Krankenhaus eingeliefert, verfolgte danach das Spiel nur noch am Mobil-Telefon weiter. 

THW braucht Anlaufzeit

Einen schweren Stand hatten Harald Reinkind und die Zebras im ersten Durchgang

Zu diesem Zeitpunkt war die Richtung der Partie bereits vorgegeben: Erlangen zog die Angriffe in quälend stoischer Ruhe in die Länge, stand in der Defensive sicher und hatte in Nikolas Katsigiannis einen zunächst auftrumpfenden Rückhalt. Die Folge: Zwischer der 3:2-Führung der Kieler durch Harald Reinkind und dem 6:5 durch Reinkind nach Schneller Mitte gelang den Zebras neun Minuten lang kein Feldtor, während die Gäste immer wieder eine Lücke fanden. Als Spielmacher MIchael Haaß, der im kommenden Sommer das Trainer-Amt bei den Franken übernehmen wird, zum 7:7 (20.) ausglich, schien der Plan von Dr. Rolf Brack perfekt aufzugehen. Filip Jicha setzte nun auf die offensive Abwehr - mit Erfolg: Nilsson hämmerte den Ball zum 8:7 in die Maschen, nach Wienceks Ausscheiden traf Ekberg per Siebenmeter zum 9:7, und nach einem technischen Fehler der Gäste war es erneut Ekberg, der per Gegenstoß zum 10:7 traf. Bis zum Wechsel bauten die Zebras die Führung noch auf ein torarmes 12:8 aus.

Furioser Neustart

Nach drei Zeitstrafen war für Ex-Zebra Firnhaber die Partie früh beendet

Die zweite Hälfte dann begann spektakulär: Brack setzte gegen die 3-2-1-Abwehr der Kieler auf den siebten Feldspieler und insgesamt drei (!) Kreisläufer, doch das THW-Bollwerk blieb offensiv. Und das fruchtete: Dario Quenstedt erzielte sein erstes Tor im THW-Dress, Sebastian Firnhaber musste kurz darauf nach seiner dritten Zeitstrafe an alter Wirkungsstätte vom Feld. Bis zum 10:14 blieben die Gäste trotzdem dran, dann brachen alle Dämme. Domagoj Duvnjak störte vorgezogen effektiv die ellenlangen Pass-Staffetten der Gäste, und die machten Fehler: Haaß spielte den Ball ins Aus, Pekeler traf ins leere Tor zum 16:10. Quenstedt hielt und traf - bereits sein zweites Tor - zum 17:10, das Projekt "Siebter Feldspieler" war danach beendet. Und trotzdem überrollte der THW-Express nun den HC Erlangen.

THW wie im Rausch

Jubel: Der THW Kiel verteidigt die Tabellenführung!

Pavel Horak stahl hinten den Ball, Weinhold traf mit einem Unterarm-Wurf zum 18:10, Quenstedt hielt gegen die frei vor ihm auftauchenden Murawski, Mosindi und Schäffer. Pekeler netzte zum 19:10 ein, und nach einem Duvnjak-Steal traf Magnus Landin zum 20:10 - die Zebras spielten sich mit dem 8:2-Lauf in einen Rausch, setzten Erlangen permament unter Druck und legten nach: Reinkind, der einmal mehr hundertprozentige Landin und Pavel Horak, der von den Fans besonders laustark für sein erstes Heim-Tor im Dress der Kieler gefeiert wurde, erhöhten auf 24:12, nach einem Monsterblock legte Rahmel das 25:12 nach. 47 Minuten waren da gespielt, La Ola kreiste, die Fans sangen. Zwar gelang den Gästen beim 15:26 noch einmal eine Resultatsverbesserung, doch Rahmel und ein Doppelpack durch Landin sorgten letztendlich für den auch in dieser Höhe verdienten 29:15-Erfolg.

Mittwoch Königsklassen-Kracher gegen Veszprem

Lukas Nilsson ist rechtzeitig zum Königsklassen-Kracher zurück

Für die Kieler steht jetzt in der VELUX EHF Champions League das erste "Finale" um den Gruppensieg an: Am Mittwoch kommt es in der Sparkassen-Arena zum Königsklassen-Klassiker mit ganz besonderen Vorzeichen. Gewinnt der THW Kiel das Spitzenspiel gegen die ungarische Weltklasse-Mannschaft Telekom Veszprem (15.2., 19 Uhr, jetzt noch Tickets sichern!), wäre ihm Platz eins vom direkten Verfolger Veszprem nicht mehr zu nehmen. Die Partie könnte also beinahe historischen Charakter haben: Noch nie ist es einer deutschen Mannschaft im aktuellen Modus der VELUX EHF Champions League gelungen, die Vorrunde auf dem ersten Tabellenplatz abzuschließen. Weiter geht's mit der "weißen Wand" im Top-Spiel, Kiel!

LIQUI MOLY HBL, 22. Spieltag, 09.02.2020: THW Kiel - HC Erlangen: 29:15 (12:8)

THW Kiel: N. Landin (1.-20., 3 Paraden), Quenstedt (20.-60., 8 Paraden, 2 Tore); Duvnjak, Reinkind (3), M. Landin (5), Weinhold (2), Wiencek, Ekberg (6/4), Rahmel (3), Dahmke (1), Zarabec (1), Horak (1), Pekeler (2), Nilsson (3); Trainer: Jicha
HC Erlangen: Lichtlein (31.-44. und 1 Siebenmeter, keine Parade), Katsigiannis (1.-30., 44.-60., 5 Paraden); Sellin, Överby (1), Haaß (2), Firnhaber, Ivic (5), Büdel, Bissel, Mosindi (2), Murawski (1), Schäffer (1), Link (1), Minel, v. Gruchalla (2/2); Trainer: Dr. Brack

Schiedsrichter: Colin Hartmann / Stefan Schneider
Strafzeiten: THW: 0 / HCE: 5 (3x Firnhaber (21.,26., 32.), Haaß (53.), Ivic (58.))
DIsqualifikation: Firnhaber (3. Zeitstrafe (32.))
Siebenmeter: THW: 4/4 / HCE: 2/2
Spielfilm: 1:0, 1:2 (4.), 3:2, 3:4 (8.), 5:4 (13.), 7:7 (20.), 10:7 (24.), 10:8 (25.), 12:8;
13:9 (31.), 14:10 (33.), 20:10 (41.), 21:12, 25:12 (47.), 26:15 (55.), 29:15.
Zuschauer: 10.285 (Sparkassen-Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Es fiel mir schwer, Patrick Wiencek so zu sehen. Er wird uns am Mittwoch mit Sicherheit nicht zur Verfügung stehen, und ich wünsche ihm an dieser Stelle vor allem eine gute und schnelle Genesung. Zum Spiel: In der ersten Halbzeit war ich nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie wir uns bewegt haben und nach welchen Lösungen wir gegen die 6-0 gesucht haben. Ich war fast ein bisschen wütend darüber, dass wir nicht mit der nötigen Einstellung unterwegs waren. Mit der Umstellung auf die 3-2-1-Abwehr und der Einwechslung von Dario Quenstedt, der einen sehr guten Tag hatte, hat uns der Spielverlauf dann in die Karten gespielt. Gerade mit der 3-2-1 war ich sehr zufrieden, weil wir diese in 2020 bisher noch nicht so gut wie heute gespielt haben.

HCE-Trainer Dr. Rolf Brack: Wir haben einen passablen bis guten Beginn hingelegt, nach 20 Minuten stand es 7:7. Gegen die 3-2-1 haben wir nicht so gute Lösungen gefunden, obwohl ich erstmals mit drei Kreisläufern und dem 7-6 dagegen agiert habe. Das war ein Lehrbeispiel, wie man mit guter Taktik und individueller Klasse gegen die Überzahl mit drei Kreisläufern verteidigen kann. 17 Fehlwürfe haben es dann zu dieser Lektion werden lassen, wir haben das Torwartspiel verloren, wir haben das Konterspiel verloren - aber wir haben gegen einen THW Kiel in super Verfassung nur mit drei Toren mehr als der HC Vardar verloren. Man kann hinfallen, entscheidend ist, wie man wieder aufsteht - ich hoffe, dass wir das gegen Balingen tun.

THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Es war für unsere Mannschaft und unser Trainerteam keine einfache Situation, zum zweiten Mal nacheinander gegen eine Mannschaft zu spielen, die gerade den Trainer gewechselt hat. Wir haben darauf sehr gut reagiert. Es ist nicht absehbar, wann uns Patrick Wiencek wieder zur Verfügung stehen wird. Deshalb haben wir die Riesen-Hoffnung, dass Nikola Bilyk bis Mittwoch wieder fit ist. Denn das Spiel gegen Telekom Veszprem ist eine Riesen-Aufgabe. Wir haben uns eine Ausgangslage geschaffen, mit der wir den ersten Platz holen können. Das wäre eine Riesen-Sache, und es wäre dafür wichtig, dass unsere Fans noch ein paar mehr Dezibel als normal draufpacken würden!

Kevin Schmidt, Sportlicher Leiter des HCE: Uns hat heute der Mut gefehlt, wir müssen mit einer ganz anderen Einstellung in solch ein Spiel gehen. Das ist die Lehre, die wir aus der heutigen Partie ziehen können.