KN: Zebras stürzen Bayerns Handballmacht
Nürnberg. In der Stadt Nürnberg, wo der HC Erlangen seine Heimspiele austrägt, gab es am Wochenende viel zu feiern. Volksfest, ein Kulturfest mit dem Namen "Blaue Nacht", eine voll besetzte Handball-Arena. Einzig der THW Kiel betätigte sich am Sonnabend als Spaßbremse. Die Zebras besiegten die zuvor seit vier Heimspielen ungeschlagenen Franken vor Vereinsrekord-Kulisse mit 30:21 (siehe auch THW-Spielbericht). Kommenden Sonntag haben sie die Chance, den Abstand auf den Tabellenführer Flensburg auf zwei Punkte zu verkürzen.
THW Kiel gewinnt nach umkämpfter erster Halbzeit vor Rekordkulisse beim HC Erlangen
8600 blaue und rote Fahnen hatte der HC Erlangen zur Feier des Tages auf den Sitzplätzen der Arena verteilt. Zum allerersten Mal in der Klub-Geschichte war ein Spiel in der Arena Nürnberger Versicherung ausverkauft. Auf der Stirnseite warnte ein rangübergreifendes Banner vor dem Anpfiff vor der "Handballmacht in Bayern". Einschüchtern ließen sich die Kieler davon nicht. Genauso wenig von der motivierten, aggressiven HCE-Abwehr, die weit auf Startsieben-Spielmacher Lukas Nilsson und seine Rückraum-Nebenleute Steffen Weinhold und Nikola Bilyk hinausrückte.
Abschütteln? Fehlanzeige. Bis zur 23. Minute konnte sich der THW nie auf mehr als ein Tor absetzen. Der Grund: Die 3:2:1-Abwehr war für den HCE um Spielmacher Nico Büdel (6 Tore) zu leicht zu knacken. "In der ersten Hälfte waren wir nah am Optimum", lobte HCE-Trainer Adalsteinn Eyjólfsson seine Mannschaft, während sein Kieler Gegenüber Alfred Gislason den "Zugriff in der Abwehr" der Zebras vermisste. So stellte er nach 13 Minuten auf die 6:0-Formation um. Aber auch dahinter bekam Niklas Landin keine Hand an den Ball. Nach einer Viertelstunde wechselte sich der THW-Torwart selbst aus und machte Platz für Andreas Wolff.
Der Nationalkeeper legte mit seiner ersten Parade den Grundstein für die erste Zwei-Tore-Führung der Kieler durch Niclas Ekberg (12:10/23.). Erlangen hatte an der neuen, "überragenden" (Duvnjak) Abwehrformation zu knapsen. Und an Wolff, der unter anderem einen Siebenmeter von Nico Büdel hielt. Eine "starke Vorstellung" bescheinige Gislason seinem Schlussmann. "Andi kommt immer gut von der Bank." Nur zwei Treffer gelangen Erlangen in den ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit. Eine Torflaute, die der THW nutzte, um auf 21:14 davonzuziehen. Ausgebremst wurden die starken Zebras einzig von Ex-Zebra Nikolas Katsigiannis. Doch auch seine Gegenstoß-Parade gegen Wiencek oder die artistische Doppelparade gegen Nilsson und Ekberg reichten nicht, um die Gastgeber noch einmal in Schlagdistanz zu bringen. "Wir wollten nicht ab der 40. Minute abgehängt werden, aber genau das ist passiert. Gegen so einen starken Gegner dann den Kopf oben zu behalten, ist natürlich schwierig", sagte der Ex-Kieler nach dem Spiel.
Die Handballmacht Bayerns hatte kapituliert - das spürten auch die Fans. Übel nahmen sie es ihren Gästen aus dem Norden nicht. Mit einem Sonderapplaus begrüßten sie in den Schlussminuten ihren einstigen Star Ole Rahmel. Auch der künftige Erlanger Sebastian Firnhaber durfte sich seine neue Heim-Arena für fünf Minuten schon mal vom Feld aus ansehen. Die Machtverhältnisse waren geklärt, der THW bleibt weiterhin ohne Punktverlust gegen die Franken.
Wettbewerbsübergreifend feierte er den 14. Sieg in Folge. Der nächste soll am Donnerstag (19 Uhr) in Wetzlar folgen, bevor am Sonntag das Spitzenspiel gegen Tabellenführer SG Flensburg-Handewitt ansteht. Die SG schied am Sonnabend durch eine 25:29-Niederlage in Veszprém im Viertelfinale aus der Champions League aus. "Das wird ihnen in der Liga helfen. Sonst hätten sie Anfang Juni beim Final Four noch zwei Spiele mehr gehabt", prognostizierte Gislason. Sein Kapitän Domagoj Duvnjak wollte noch nicht an das Duell mit dem nördlichen Nachbarn denken. "Erst einmal konzentrieren wir uns jetzt auf Wetzlar. Gegen die haben wir letzte Saison zweimal verloren. Das darf uns jetzt nicht passieren."
(Von Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 06.05.2019, Foto: Sascha Klahn)