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Zebra-Journal: Bundesliga-Telegramm

Bundesliga

Zebra-Journal: Bundesliga-Telegramm

Auch abseits des Spielfeldes war in der vergangenen Saison einiges los: Trainerkarussell, ein Weltmeister in der Elternzeit, ein ungewöhnliches Comeback, ein ehemaliger Champions-League-Sieger in der Krise - eine Rundreise durch die Handball-Bundesliga.

Berlin - Die Füchse Berlin gewannen erstmals in ihrer Vereinsgeschichte den DHB-Pokal. Das Team von Dagur Sigurdsson qualifizierte sich durch einen 30:28-Sieg gegen die MT Melsungen für das Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt (30:26 gegen die Löwen). Vor 12.850 Zuschauern in der Hamburger o2-World entwickelte sich ein Drama, in dem Nationaltorhüter Silvio Heinevetter und der neunmalige Torschütze Konstantin Irgopulo zu den Helden wurden. Die Flensburger, die nach einer 7:2-Führung noch 21:22 (11:11) verloren, witterten nach der vierten Finalniederlage im DHB-Pokal in Folge Betrug. Manager Dierk Schmäschke beschwerte sich anschließend über die Doppelfunktion von Füchse-Manager Bob Hanning, der als Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB) auch Vorsitzender der Schiedsrichterkommission ist. Die Endrunde am 12./13. April fand ohne den THW Kiel statt. Die "Zebras" unterlagen im Achtelfinale den Rhein-Neckar Löwen mit 30:32 (14:16). Vor rund 7500 Zuschauern verlor der Titelverteidiger erstmals nach 23 Jahren wieder ein Heimspiel im DHB-Pokal. Zuletzt hatte der neunmalige Champion im November 1990 gegen TuSEM Essen (15:25) verloren. Elternzeit - 1. April. Vielleicht lag es an Berti Vogts, dass so viele glaubten, Dominik Klein würde in Elternzeit gehen. Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann verpflichtet einen Ex-Bundestrainer, um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM zu stoppen. Was nach April klang, war wahr. Ein Scherz dagegen, dass der Linksaußen des THW Kiel sich bis zur Saison 2015/2016 ausschließlich um seinen sechs Wochen alten Sohn Colin Marcel kümmert. Seine Frau traut ihm zu, trotz des Handballs ein fürsorglicher Vater zu werden. "Wenn er zu Hause ist, übernimmt er mit großer Begeisterung alle Pflichten", sagt Isabell Klein, die Kapitänin des Handball-Nationalteams ist und in der nächsten Saison wieder für den Buxtehuder SV spielen will. Ihr Mann war von der großen Resonanz seitens des Freundeskreises und der Fans völlig überrascht. Rund die Hälfte gratulierte ihm zu seiner Entscheidung. "Das zeigt, dass dieser Aprilscherz ein sensibles Thema getroffen hat", sagt der 30-Jährige. Tatsächlich würde er sich eine Diskussion darüber wünschen, welche Optionen es für Leistungssportler geben könnte. "Ich beneide alle, die Elternzeit nehmen", sagt er, "auf keinen Fall wollte ich mich darüber lustig machen". Würde er bis zum Sommer 2015 aussetzen, wäre er aber nicht mehr in der Verfassung, um für einen Top-Verein wie den THW zu spielen. Auch das Kapitel Nationalmannschaft wäre dann vorzeitig beendet. Außerdem seien sie beide noch zu handballverrückt. "Vielleicht mache ich es beim zweiten Kind", sagt Klein. "Und das ist kein Scherz." Siege - Der höchste Sieg in der Bundesliga-Historie, das 44:17 des HSV gegen den Wilhelmshavener HV (Saison 2007/08), blieb unberührt, doch der Auswärtssieg der Rhein-Neckar Löwen gegen den ThSV Eisenach (42:19) rückte auf Platz fünf in der ewigen Rangliste vor. Die höchsten Siege auf einen Blick: 1. HSV - Wilhelmshaven 44:17 (Saison 2007/08) 2. HSV - Stralsunder HV 43:16 (Saison 2008/ 09) 3. FA Göppingen - TuSEM Essen 43:17 (Saison 2008/09) 4. THW Kiel - VfL Pfullingen 48:25 (2003/04) 5. ThSV Eisenach (in Coburg) - RN Löwen 19:42 (Saison 2013/14) Trainerwechsel - Nach über neun Jahren trennte sich FA Göppingen Anfang Dezember von Trainer Velimir Petkovic. Ursprünglich hätte der 57-Jährige sein Amt im Sommer an den Schweden Magnus Andersson (HK Malmö) übergeben sollen. Mit nur noch vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze musste Petkovic, der 2011 und 2012 mit den Göppingern den EHF-Pokal gewann, vorzeitig aufhören. Aleksandar Knezevic kam als Interimscoach und wird ab der kommenden Saison als Sportlicher Leiter fungieren. Auch Frank Carstens musste im Dezember seinen Stuhl beim SC Magdeburg räumen. Nach dreieinhalb Jahren, in denen er den SCM zweimal in den EHF-Cup führte, lief sein Team den Erwartungen hinterher. Uwe Jungandreas (zuvor DHfK Leipzig) führte den Meister des Jahres 2001 noch auf Platz sieben. In der kommenden Saison übernimmt Geir Sveinsson. Der 49-Jährige, zuletzt beim österreichischen Serienmeister A1 Bregenz beschäftigt, unterschrieb einen Zwei-Jahres-Vertrag. Eine knapp zehnjährige Amtszeit endete bei HBW Balingen-Weilstetten: Dr. Rolf Brack musste vor dem Jahreswechsel für den bereits als Nachfolger feststehenden Markus Gaugisch gehen. Brack wurde Nationaltrainer der Schweiz. Abgesang - Geplant ist ein Riesenevent. Am 6. September 2014 wollen die Rhein-Neckar Löwen ihr Bundesliga-Heimspiel gegen den HSV Hamburg in der Frankfurter Arena austragen. Der Tag des Handballs soll mehr als 50.000 Fans in das Fußballstadion locken. Gut möglich, dass es klappt. Aber: Die Mannheimer müssen sich einen anderen Gegner suchen. Der HSV steht nicht mehr zur Verfügung. Am 3. Juni kam es nämlich knüppeldick für die Hanseaten. Auch im zweiten Anlauf gab es keine Lizenz für die Bundesliga- Teilnahme 2014/15. "Maßgeblicher Grund für die Entscheidung ist der weiterhin fehlende Nachweis einer gesicherten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit", hieß es in der Begründung der HBL. Die Entscheidung des Lizenzierungsausschusses sei einstimmig gefallen, erklärte HBL-Präsidiumsmitglied und THW-Manager Klaus Elwardt. "Es gab keine Alternative." Aus, vorbei also. Nach zwölf Jahren und fünf Titeln verschwindet der HSV von der Bundesliga-Landkarte, ausgerechnet ein Jahr nach dem größten Triumph der Vereinsgeschichte, dem Gewinn der Champions League. In den Strudel waren die Hanseaten geraten, nachdem Präsident Andreas Rudolph den Geldhahn zugedreht hatte, rund 20 Millionen Euro soll der Medizintechnik-Unternehmer seit 2005 in den Klub gesteckt haben. Er wollte nicht mehr. Jetzt fehlen 2,7 Millionen Euro, der Insolvenzverwalter muss die Scherben zusammenkehren, der HSV ist Geschichte. Gestorben - Die Nachricht erreichte die Spieler des THW Kiel kurz vor dem Auswärtsspiel bei Metalurg Skopje (19. April). 13 Jahre lang war Roland Breitenberger (67), den alle nur "Rolli" nannten, Betreuer des THW Kiel gewesen. Am Karfreitag verstarb er nach langer, schwerer Krankheit. Im Jahr 2010 hatte der gebürtige Badener seinen Abschied genommen, so, wie es seine Art gewesen war: Ohne große Worte, er hörte einfach auf. "Die Spieler stehen im Rampenlicht, ich gehöre da gar nicht hin", sagte er, der als A-Jugendlicher Kreisläufer in der nordbadischen Auswahl war. "Schade, dass das Löwen-Spiel das letzte war, was er vom THW gesehen hat", sagte Manager Klaus Elwardt nach dem 31:21-Sieg in Skopje in der Mannschaftskabine. "Er hätte dieses noch erleben sollen." Der Kaufhaus-Detektiv, der nach eigenen Schätzungen 6000 Diebe schnappte, war mit seiner ruhigen, bescheidenen Art schnell die gute Seele geworden, ein "Urgestein" (Alfred Gislason). Spieler wie Ex-Kapitän Marcus Ahlm, die ihre gesamte THW-Karriere mit dem gelernten Werkzeugmacher verbrachten, schätzten vor allem seine Ehrlichkeit. "Leute wie er tragen einen Verein", sagte Ahlm einst über ihn. Für Igor Anic war er sogar eine Art Opa gewesen. "Eine Vaterfigur, aber nicht so streng." Unter dem Dach seines Hauses in Altenholz hatte er sich sein eigenes THW-Museum eingerichtet, Tresen und Zapfanlage inklusive. Die KN durften ihn dort einmal besuchen. Es wurde eine unvergessliche Zeitreise mit einem besonderen Menschen. Rückkehrer - Die außergewöhnliche Personalnot des SC Magdeburg machte es möglich: Thomas Knorr, zuletzt beim Oberligisten Preetzer TSV aktiv, kehrte noch einmal in die Bundesliga zurück. Als siebter Akteur rückt das Ex-Zebra auf diesem Umweg in den elitären "Klub der 500er" ein. "Es war reiner Zufall, dass mich mein Kumpel Kjell Landsberg (Abwehrchef des SCM, d. Red.) angesprochen hat", sagte der 42-Jährige. "Ich war sofort Feuer und Flamme." Aufsteiger - Die TSG Friesenheim, die SG BBM Bietigheim und der HC Erlangen mit Ex-Zebra Sebastian Preiß steigen in die Erste Liga auf. Erlangen wird die Heimspiele voraussichtlich in Nürnberg austragen, Bietigheim in Ludwigsburg. Elwardt - Zwei Tage nach der Niederlage im Champions-League-Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt (28:30) verkündete der THW das "einvernehmliche Ende" der Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Klaus Elwardt, der im Juni 2011 als Nachfolger für den erkrankten Uli Derad eingesprungen war. (Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 07.06.2014)