KN: Die Allzweckwaffe der Füchse
Berlin. Seit fast neun Jahren warten die Füchse Berlin auf einen Sieg über den THW Kiel. Zuletzt unterlagen sie dem Handball-Rekordmeister im Pokal-Halbfinale. Gerade einmal zwölf Tage ist das her, wenn die beiden Mannschaften am Donnerstag (siehe THW-Vorbericht) in der Liga aufeinander treffen. Mattias Zachrisson, einer der dienstältesten Füchse, sieht einen gelungenen Zeitpunkt für eine Revanche.
Bei THW-Gegner Berlin ist Zachrisson der Mann für Überraschungen
Der Schwede spielt seine sechste Saison in der Hauptstadt und ist zur Allzweckwaffe von Trainer Velimir Petkovic geworden. Im Pokal-Halbfinale gegen den THW übernahm er zwischenzeitlich die Regie auf der Rückraum-Mitte, wechselte dann auf die halbrechte Position. Auf seinem Stammplatz auf Rechtsaußen tauchte der 28-Jährige in den letzten eineinhalb Jahren eher selten auf. Stattdessen gab es im EHF-Cup-Spiel gegen St. Raphael eine ganz neue Herausforderung: Plötzlich stand der Linkshänder für eine Viertelstunde am Kreis. Eine Position, auf der das 1,78 Meter große Kraftpaket noch nie gespielt hatte. Der Grund: Immer wieder reißt Verletzungspech in dieser Spielzeit Lücken in den Berliner Kader. Zeitweise hatten die Füchse bis zu neun Ausfälle zu kompensieren. Auf Rechtsaußen ist Routinier Hans Lindberg fast immer gesetzt. Für Zachrisson bleibt so die Rolle des Feuerwehrmanns. "Ich spiele, wo der Trainer es mir sagt", sagt Zachrisson, der sich auch im Rückraum pudelwohl fühlt. Immerhin war er bei seinem Stammverein Eskilstuna Guif in Schweden ursprünglich im rechten Rückraum beheimatet. "Im Rückraum ist man mehr dabei im Spiel, kann mehr entscheiden. Das macht mir Spaß", sagt Zachrisson, der jahrelang parallel auf zwei Positionen spielte: auf Halbrechts für Guif, auf Außen in der Nationalmannschaft. Erst als er bei der EM 2018 für Schweden auch mal im Rückraum auflief, schwappte diese Idee in die Bundesliga. "Das hat der Trainer sich wohl abgeguckt", sagt er.
Inzwischen schaltet Zachrisson auch innerhalb eines Spiels mehrfach um, wenn der Trainer es verlangt. "Vielleicht überrascht das den Gegner manchmal", sagt er. "Für mich ist es aber nicht leicht, Kontinuität in mein Spiel zu bekommen, wenn ich erst fünf Minuten auf Außen und dann fünf Minuten im Rückraum spiele." Beklagen will er sich über seine Rolle aber nicht. "Beides macht Spaß. Als Außen bei der ersten und zweiten Welle dabei zu sein, ist auch schön."
Die 22:24-Niederlage im Pokal-Halbfinale gegen den THW hat der Schwede längst abgehakt. "Wir haben uns in der zweiten Halbzeit zurück gekämpft und waren nah dran. Wir haben gezeigt, dass wir den THW schlagen können", sagt er. In seinen sechs Bundesliga-Jahren bei den Füchsen ist ihm das allerdings noch nie gelungen. "Das lag aber glaube ich nicht nur an mir", sagt er lachend. In der vergangenen Saison holten Zachrisson und die Füchse zu Hause beim 25:25-Unentschieden immerhin einen Punkt. Für Donnerstag haben die Füchse noch einmal aufgerüstet und die Max-Schmeling-Halle zum ersten Mal seit 2008 mit einer Zusatztribüne auf 10 000 Plätze aufgestockt. Alle Tickets sind verkauft. "Außer für Angela Merkel hätte ich keine einzige Karte mehr", sagt Füchse-Manager Bob Hanning. Die Füchse blasen zur Zebra-Jagd, allen voran Zachrisson. "Für uns ist jeder Punkt so wichtig wie für den THW", sagt er. Um nächste Saison in einem europäischen Wettbewerb dabei zu sein, müssen es die Füchse auf Tabellenplatz vier oder fünf schaffen. Derzeit stehen sie mit zwei Punkten Rückstand auf die MT Melsungen auf Rang sechs. "Es wäre ein guter Zeitpunkt für meinen ersten Sieg gegen den THW Kiel", findet Zachrisson. Auf welcher Position er am Donnerstag spielen wird, weiß er noch nicht. Auch Trainer Petkovic will sich nicht in die Karten gucken lassen. "Ich bin froh, wenn ich nicht improvisieren muss. Alles andere beantworte ich nach dem Spiel", sagt er. Eines ist für Zachrisson aber sicher: "Ins Tor gehe ich nicht."
(Von Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 17.04.2019, Foto: Sascha Klahn)