KN: THW verschiedet sich von seinen Fans
Kiel. Ein letzter Ritt, die Hufe sind abgewetzt, die Kräfte nahezu verbraucht. Am Sonntag endet die Saison in der Handball-Bundesliga. Um 15 Uhr treten die Zebras des THW Kiel bei GWD Minden an, können noch auf Platz vier springen, wenn der SC Magdeburg zeitgleich gegen Melsungen patzt. Die Teilnahme am EHF-Cup ist längst gesichtert, die Champions League nur noch eine vage Hoffnung.
Zebras verabschieden sich von den Fans
Doch vor der Fahrt im Mannschaftsbus "KI-EL 1" nach Ostwestfalen, ehe am Montag die Spieler von Coach Alfred Gislason in alle (Nationalmannschafts-) Winde verstreut werden, richtete sich der Blick zumindest am Donnerstag nach dem 31:25-Pflichtsieg gegen den TVB Stuttgart zurück. Abschied, Innehalten, Bilanz - die Fans feierten noch einmal ihre Stars, besonders René Toft Hansen (Telekom Veszprém), Raul Santos (SC DHfK Leipzig) und Emil Frend Öfors (HSG Wetzlar), die den Verein am Saisonende verlassen. Ein solcher Abschied ist in der Sparkassen-Arena gewohnt emotional, feierlich, mischte sich aber auch mit dem trüben Gesamtergebnis einer erneut titellosen Saison.
So wusste der Schwede Emil Frend Öfors in mittlerweile sehr gutem Deutsch die "besten Fans der Welt" zu preisen. Linksaußen Raul Santos, der gern noch an der Förde geblieben wäre, zeigte sich für einen schönen Moment an der Seite von Freundin Julia und Töchterchen Lia (1) mit demversöhnt: "Lia ist in Kiel geboren, das bleibt. Abschied ist ein scharfes Schwert, aber ich werde sehr viel aus Kiel mitnehmen können. Und ich denke auch, dass die Jungs mich vermissen werden."
Der 33-jährige Toft Hansen, den es für zunächst ein Jahr nach Ungarn zieht, bedauerte zwar, aufgrund seiner hartnäckigen Schambeinentzündung zum Abschluss nicht noch ein Spiel für den THW geschafft zu haben. "Aber es waren richtig tolle Jahre, die mich froh und stolz machen. Das war eine Riesen-Ehre." An seinen Trainer gerichtet sagte der Olympiasieger von 2016: "Alfred, du hast an mich geglaubt, du hast mich geholt. Danke!"
Mit einer Prise Galgenhumor gestaltete Domagoj Duvnjak das letzte Wort, das traditionell dem Käpt’n gebührt: "Ich stehe hier wie im letzten Jahr, leider ohne Titel. Das war anders versprochen", so der Kroate. "Aber wir haben in vielen Spielen gezeigt, dass wir Handball spielen können. Ich freue mich auf die nächste Saison, werde aber lieber nichts versprechen. Aber wir werden bis zur letzten Minute alles geben."
Danach mischten sich müde Handballer unter die Fans, übernahmen Zapfhähne, schrieben geduldig Autogramme, auch Alfred Gislason nahm sich viel Zeit für die Anhänger des Rekordmeisters. "Wir hatten natürlich andere Ziele", sagte der Isländer und ergänzte frei nach Ex-Kanzler Gerhard Schröder: "Die Saison ist suboptimal gelaufen." Die fehlende Konstanz sei jedoch auch erklärbar. "Welche Mannschaft kann schon auf Toft Hansen, Duvnjak und oft auch Weinhold verzichten? Wir haben uns punktuell Spiele erlaubt, die man sich nicht erlauben darf. Gegen Wetzlar ist Niklas Landin im Kreißsaal, und Andi Wolff zeigt seine schlechteste Saisonleistung." Darum richtete Spielmacher Miha Zarabec den Blick lieber nach vorn: "Diese schwarzen Minuten, die wir auch gegen Stuttgart hatten, dürfen in der nächsten Saison nicht passieren. Wenn man jetzt die Tabelle sieht... Hätten wir die drei, vier unnötigen Spiele nicht verloren, würde alles ganz anders aussehen, wären wir Zweiter oder sogar Erster." Hätte, wenn und aber - am Sonntag ist die Saison 2017/2018 Geschichte.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 02.06.2018, Foto: Sascha Klahn)