Spielbericht Szeged Rückspiel
Die "Zebras" haben souverän das Viertelfinale der "VELUX EHF Champions League" erreicht: Im Achtelfinal-Rückspiel bei MOL-Pick Szeged zeigte der THW Kiel über 60 Minuten eine konzentrierte Leistung, verpasste in der Schlussphase allerdings einen möglichen Sieg. Trotz der 27:28 (13:12)-Niederlage beim ungarischen Vizemeister geriet das Weiterkommen angesichts des Sieben-Tore-Vorsprungs aus dem Hinspiel nie in Gefahr. Überragend in einer starken Zebraherde waren einmal mehr Torhüter Niklas Landin, mit insgesamt 15 Paraden erneut ein starker Rückhalt, Abwehrchef Patrick Wiencek, der neun Treffer erzielte, der sieben Mal erfolgreiche Nikola Bilyk und Marko Vujin, der vier seiner sechs Tore vor dem Halbzeitpfiff erzielte und zeitweise für Ruhe im ausverkauften Hexenkessel "Varosi Sportcsarnok" sorgte. Im Viertelfinale trifft der THW Kiel zunächst zu Hause auf den Titelverteidiger HC Vardar aus der mazedonischen Hauptstadt Skopje.
Aufmerksame Kieler
Die Ausgangslage vor dem Rückspiel in Szeged war klar: Niemand aus dem Kieler Lager wollte lediglich das 29:22 aus dem Hinspiel verteidigen. Zu stark hatte sich MOL-Pick Szeged vor allem im ersten Durchgang in der Sparkassen-Arena präsentiert. Und dass sich die Gastgeber einiges für das Rückspiel vorgenommen hatten, war bereits in der dritten Minute klar: Bodo wischte Wiencek bei einer Abwehraktion durchs Gesicht und bekam dafür die erste Zeitstrafe der Partie. Die Überzahl nutzten die Kieler durch Patrick Wiencek, der von Lukas Nilsson angespielt worden war, zum ersten Treffer. Nach dem 2:2 durch Vujins Kracher entglitt den Zebras kurzfristig die Partie: Szeged zog auf 5:2 davon und entfachte den Hexenkessel richtig. Doch der THW blieb cool, agierte aufmerksam. Vujin ging ins Eins-gegen-Eins und stoppte den Lauf der Ungarn, dann blockte Ole Rahmel einen Bodo-Wurf, was Christian Dissinger zum 4:5-Anschluss verwerten konnte. Kurz darauf ging es anders herum: Dissinger fing einen Ball ab, und Rahmel traf im Gegenstoß zum Ausgleich. Källmann brachte seine Farben mit einem Gegenstoß wieder nach vorn, postwendend folgte der Ausgleich: Miha Zarabec sah Wiencek am Kreis, und der Kieler Hüne traf sehenswert mit einem Heber zum 6:6, dem Vujin kurz darauf die erste Kieler Führung folgen ließ.
THW geht mit Führung in die Pause
Erneut überragend: Niklas Landin
Diese hielt zwar nur kurz, aber die Kieler blieben den Gastgebern stets auf den Fersen. So wie nach Källmanns 9:8, als Raul Santos im Zurücklaufen grandios einen weiteren Gegenstoß-Pass abfing. Oder wie nach dem 11:9 für Szeged, als der THW zuvor zweimal an Pfosten oder Latte gescheitert war. Gislason reagierte mit einer Auszeit auf diese Phase der Begegnung, in der die Gastgeber versuchten, mit viel Hektik die "Zebras" aus dem Konzept zu bringen. Gislason brachte Nikola Bilyk für Dissinger - und der Österreicher zahlte das Vertrauen sofort zurück, ging den ganz weiten Weg und traf von halbrechts zum 10:11. Und doch war die gefährliche Situation noch nicht bereinigt: Banhidi traf zum 12:10 für Szeged, Sego hielt grandios gegen Duvnjak und Wiencek. Doch einen weiteren Drei-Tore-Vorsprung für die Ungarn wollte vor allen Dingen einer nicht zulassen: Niklas Landin. Er parierte zwei Mal gegen Zhitnikov, und weil Szeged durch die sattelfest auftretende Abwehr zu Fehlern gezwungen wurde, blieb der THW sechs Minuten ohne Gegentor - was zunehmend die frenetischen Fans verstummen ließ. Bilyk bediente den an den Kreis eingelaufenen Rahmel zum 11:12, traf kurz darauf erneut von halbrechts zum Ausgleich, und wenige Sekunden vor dem Pausenpfiff krönte Vujin seine gute Leistung im ersten Durchgang mit einem wahren "Strich" zum 13:12 für den THW.
THW muss knifflige Phasen überstehen
Unverzichtbar in Abwehr und Angriff: Patrick Wiencek
Der zweite Durchgang begann nicht optimal: Nach einem Zeitspiel der Schwarz-Weißen traf Källmann zum Ausgleich. Der Auftakt für rasante Minuten, in denen beide Teams ordentlich aufs Tempo drückten. Der THW legte durch Wiencek nach tollem Vujin-Pass vor, Bilyk drehte in Unterzahl den Ball zum 15:14 in die Maschen, Vujin sorgte - ebenfalls in Unterzahl - für das 16:15, ehe erneut die Achse Vujin-Wiencek wieder zuschlug: 17:16 nach 36 Minuten. Doch sicher sein konnte sich der THW auch jetzt nicht: Szeged legte alles in die Partie, ging durch Skube und zwei Srsen-Treffer mit 19:17 in Führung. Nach 39 Minuten nahm Gislason erneut eine Auszeit und schwor seine Mannschaft, die sich zunehmend in der aggressiven Deckung der Gastgeber festlief, auf die eigenen Stärken ein. Und die legte Bilyk eindrucksvoll auf den Tisch: Mit einem Freiwurf über die Kieler Drei-Mann-Mauer erzielte er das 18:19. Doch Szeged war am Drücker, bestrafte jeden THW-Fehler eiskalt: Alvarez und Källmann trafen per Konter zum 21:18.
THW behält den Anschluss
Urplötzlich war auch das Publikum wieder da - und nun wurde es richtig heiß: Nilsson hatte den am Kreis auftauchenden Bilyk gesehen, der zum 19:20 traf. Dann unterlief den Ungarn ein falscher Anwurf, was das dänische Unparteiischen-Gespann sofort ahndete. Darüber regte sich Szegeds Coach Juan Carlos Pastor derart auf, dass eine Zwei-Minuten-Zeitstrafe gegen die Bank ausgesprochen wurde. Die Überzahl nutzte der THW aber nicht wie erhofft: Vujin verlor den Ball, Sigurmannsson verwandelte einen Siebenmeter zum 22:20. Doch die "Zebras" reagierten stark, blieben dran. Nilsson traf in eigener Unterzahl zum 21:22 (47.), der nicht zu stoppende Wiencek verkürzte auf 22:23 und 23:24, Zarabec beantwortete Bodos Tor mit einer feinen Einzelleistung zum 24:25. Zehn Minuten vor dem Ende blieben die Kieler auf Kurs - auch, weil Landin nun ein kaum zu überwindendes Hindernis für Szeged wurde. Er parierte einen versuchten Kempa-Trick von Srsen, einen Gegenstoß von Källmann und etliche Rückraum-Würfe. Beim 25:25 gelang Wiencek der Ausgleich, kurz darauf legte der Kreisläufer nach einem Traum-Anspiel von Bilyk das 26:25 für den THW nach.
Im Viertelfinale gegen Skopje
In den Schlussminuten verpassten es die Zebras aber nach Bilyks 27:26, die Partie für sich zu entscheiden. Den Viertelfinal-Einzug vor Augen unterliefen ihnen leichte Fehler, die Szeged noch zum 28:27 nutzen konnte. Die Enttäuschung darüber hielt sich auf Kieler Seite aber in Grenzen: Mit einer starken Mannschafts-Leistung hatten sich die Schwarz-Weißen für ihre Mühen belohnt und zum 14. Mal in Folge das Viertelfinale der Königsklasse erreicht. Hier trifft der THW Kiel - voraussichtlich am 21. oder 22. April - zunächst in eigener Halle auf den Titelverteidiger HC Vardar, die Entscheidung fällt dann in Skopje.
Pause für den THW Kiel - nicht für die Spieler
Nach der Partie ging es für einen Großteil der THW-Mannschaft mit dem Bus nach Budapest, wo noch am Abend das Charter-Flugzeug in Richtung des dänischen Sonderborgs startete. Ausruhen oder gar das restliche Osterfest mit den Familien verbringen konnten trotz dieser verhältnismäßig entspannten Rückreise aber nur die wenigsten "Zebras": Bereits am Montag rufen die Nationalmannschaften zahlreiche THW-Spieler zu sich. Die wenigen Kieler, die nicht für ihre Heimatländer aktiv sind, trainieren in den kommenden Tagen mangels Trainingsparter individuell - sie haben Zeit zum Durchschnaufen. Weiter geht es für den THW am Sonntag, 15. April, mit der Auswärtsaufgabe in der DKB Handball-Bundesliga bei den Eulen Ludwigshafen (12:30 Uhr, live auf Sky).
Statistik: VELUX EHF Champions League, Achtelfinal-Rückspiel: MOL-Pick Szeged - THW Kiel: 28:27 (12:13)
MOL-Pick Szeged: Sierra (39.-49., 1 Parade), Sego (1.-39., 49.-60., 9/1 Paraden); Srsen (3), Källmann (6), Bodo (4), Sigurmannsson (4/4), Gorbok, dos Santos (2), Zubai, Balogh, Skube (2), Blazevic, Sostaric (3/1), Alvarez (1), Banhidi (2), Zhitnikov (1); Trainer: Pastor
THW Kiel: Landin (1.-60., 15/1 Paraden), Wolff (3 Siebenmeter, keine Parade); Duvnjak, Firnhaber, Weinhold, Dissinger (1), Wiencek (9), Ekberg, Frend Öfors (n.e.), Rahmel (2), Zarabec (1), Vujin (6), Bilyk (7), Nilsson (1), Santos; Trainer: Gislason
Schiedsrichter: Martin Gjeding / Mads Hansen (DEN)
Zeitstrafen: Szeged: 6 (Bodo (3.), 2x Blazevic (16., 52.), Banhidi (36.), Bankstrafe (43.)) / THW: 5 (2x Duvnjak (16.. 33.), Bilyk (37.), 2x Weinhold (46., 49.))
Siebenmeter: Szeged: 7/5 (Sigurmannsson an den Pfosten (15.), Landin hält Sigurmannsson (47.)) / THW: 1/0 (Sego hält Vujin (8.))
Spielfilm: 1:0, 1:1 (3.), 2:2 (5.), 5:2 (8.), 5:5 (11.), 6:5 (13.), 6:7 (16.), 8:7, 9:9, 11:9 (21.), 12:10 (24.), 12:13;
13:13, 15:15 (34.), 16:17, 19:17 (38.), 19:18, 21:18 (41.), 21:20 (44.), 25:23 (49.), 25:26 (56.), 26:27 (57.), 28:27.
Zuschauer: 3.200 (ausverkauft) (Varosi Sportscarnok, Szeged (HUN))
Stimme zum Spiel:
THW-Trainer Alfred Gislason: Glückwunsch an Szeged zum heutigen Sieg. Es war für uns ein sehr schwieriges Match. Es gab einige Momente, in denen wir ein bisschen die Nerven verloren haben - vor allem in der ersten Hälfte. In beiden Halbzeiten konnten wir uns aber auf die Torhüterleistung verlassen, Niklas Landin hat erneut sehr gut gespielt. Am Ende haben wir dann richtig gut agiert, und das war der Grund fürs verdiente Weiterkommen.